sulka
zementsackzement
es gibt ja noch genug originale ;-)
ich sehe das rad als lebendiges objekt. d.h. es ist völlig natürlich, daß es im laufe seines lebens seine erscheinung verändern kann, sofern es erforderlich scheint. dazu gehört als eine der letzten maßnahmen (für mich) auch eine neulackierung ggf. in einer zum original abweichenden farbgebung. das ist nach 30 jahren und geänderten lackqualitäten nicht schwer ;-) für mich bedeutet das nicht zwangsläufig die völlige aufgabe der originalität, ich will es eher als eine anerkennung an den rahmen sehen, daß er es wert ist einen frischen lack zu tragen.
ich gehe davon aus, daß selbst eine sehr hohe km-leistung kein hindernis sein wird das rad wieder sportlich zu bewegen. mittlerweile bin ich mir fast sicher, daß der angedeutete aufbau nur eine weitere phase im leben des rades sein wird, die schwungscheiben sind schon eine gewisse konterkarierung der vorlage durch den rahmen. im moment ist es auf dem weg ein bislang offenes segment im aktiven fuhrpark zu besetzen.
eigentlich (schande über mich, sage ich heute) ist es nur als "beifang" für eine besseres preisgespräch ins haus gekommen. der eigentliche "hauptfang" ein spätes 70er mittelklasse-bianchi ging mit seiner für mich etwas knappen rahmengröße und seiner schön patinierten originalität direkt weiter zu einem freund als neuen liebhaber. und ich bin "notgedrungen" in diese überraschende, zuvor nicht in betracht gezogene liebesaffäre geraten.
Ich will Euch eine Geschichte erzählen …
... von meinem
1984er PINARELLO Treviso 30 Anni refurbish
Ist schon ein Weilchen her, daß ich darüber gegaggert hatte.
So stand sie vor mir, die Maschine von Giovanni aus ca. 1984, aus dem Nachlaß eines ambitionierten Radsportlers. Gebraucht, abgewetzt, top gewartet und bereit für den Einsatz unter allen Bedingungen. Jahrelang war sie sein Roß und begleitete ihn über Jahre und auch den Radsportnachwuchs den er trainierte.
Bei mir landete sie direkt in der Halle mit den Schraubenziehern, -schlüsseln & Inbussen. Meine Beweggründe waren niedere, eine Starr-/Eingang Trainingsmaschine stand auf der Bedarfsliste des Fuhrparkes: Funktion vorrangig, Aussehen sekundär. Dachte ich.
Beim planmäßigen Zerlegen des Rades schwirrte mir die vom Enkel des Erstbesitzers berichtete Geschichte im Kopf, offenbarte sich der vitale Komponentenmix der Jahre, dessen funktionale Zusammenstellung und die hervorragende Wartung die all den Teilen zuteil wurde. So wartet und pflegt nur jemand der ein inniges, respektvolles Verhältnis zu seiner Maschine hat !
Ich hielt mich an mein Vorhaben und verbesserte beim Arbeiten daran halblaut meine Aussprache „Pinarello, Pinarrello, Pinarrrelllo ...“.
Blau ist meine Lieblingsfarbe, aber bei Rennrädern nicht wirklich. Die Decals waren markenüblich schon länger über dem Jordan, hatten nur ihre Schatten auf dem verbleichenden und geschundenen Lack hinterlassen. Schon lange wartete ich auf die Gelegenheit einen Rahmen nach eigenem Gusto neu zu lackieren (lassen). Der komplett unterverchromte Rahmen schien mir wie geschaffen dafür zu sein. Letztlich verkam ich auf ein dezentes Two-Tone Grau-Hellgrau Schema das einerseits den gesetzten Starrgang-Walzen eine Beruhigung geben sollte und zugleich die Hintertür zum Re-Klassifizieren offen halten sollte.
Der Originallack sollte verschliffen als Unterbau für die neue Lackierung herhalten. Phase 1 der Rohrbehandlung begann und sie zeigte mir die schönen Seiten des Rahmens auf, Muffenverarbeitung, Pantographie und nicht zuletzt auch sein erstaunlich geringes Gewicht.
Immerhin wurde er vor knapp 30 Jahren gelötet und besteht nicht aus SL-Rohr, jedenfalls habe ich keine Spiralisierung ertastet.
Ein Meister der Lackpistole legte schließlich seine Hand an die drei Lackschichten hellgrau, dunkelgrau, Klarlack und übergab mir einen um gefühlt ein halbes Kilo schwereren Rahmen bei dem die Farbkanten nicht da saßen wo sie angezeichnet waren und überhaupt, das war alles ScheiXXe.
Also. Kein Bild davon gemacht, in den Baumarkt gegangen Abbeizer und sonstiges grobes Zeugs besorgt um dieses Fehlkleid direkt wieder verschwinden zu lassen.
Nun ging es ans Eingemachte. Nicht für den Lack, nein für mich. Ich weiß nicht mehr genau wie oft ich den Rahmen mit der ätzenden Pampe bestrichen habe und ebenso oft abgebürstet, gewaschen habe. Die dicke, junge Farbe war rasch entschwunden aber dann stand mir die Lackierung von Giovannis Mannen im Wege .. ähemm unterm Schleifflies, Bürste, Pinsel, Lappen … erst das Blau, dann die Grundierung.
Also es waren unzählige Male die der Rahmen samt Gabel durch meine mittlerweile gegerbten Hände glitten. Die konnten nicht ständig schrubben sondern mußten immer öfter streicheln. Irgendwann bemerkte ich meine betörte Weggetretenheit beim Befingern des Werkstückes und es entwich mir ein leises „ Capolavori“ - Meisterarbeit ! Sie hatte mich voll erwischt !
Nicht daß die Mannen in Giovanni Pinarellos (Pinarrrelllo !) Werkstätten nur einen schönen Rahmen sauber gefertigt hatten, sie haben auch ihre Spuren darauf hinterlassen. Nicht die Spuren von Maschinen, sondern jene von Menschen die mit ihren Händen arbeiten. Die immer gleich präzise sind doch auch immer unterschiedlich, analog - nie digital. Das gleichmäßig, in exakt passender Menge velaufene Lot an den Muffen, das ungleichmäßge Linienbild der rotierenden Bürste an die der Rahmen mal so und mal so zum Verschleifen vor der Verchromung gehalten wurde. Ich wurde immer mehr verzaubert, war überhaupt nicht gram über die mißlungene Neulackierung. Im Gegenteil ich genoß es immer wieder den Rahmen zu streicheln, zu spüren wie mir eine neue Geliebte erwuchs (…)
Und es kam zu einer Stellprobe. Und ja, es pornt !
Der Chrom macht mir zu schaffen, die ganze Ware aus dem Fixiebedarf. He, es ist eine Pinarello !
Das ist kein Pina, kein Bumsbomber, pornographisch darfs schon gerne sein, aber subtiler ....
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