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Superrandonnee inWestfalen

Am 14.06. war es soweit. Ich traute mich, die Sauerlandrunde von Andreas in der Superrandonnée Version anzugehen. 600Km mit 10000 hm in max. 60 Std. ist die Zielmarke.


54 Std. 23 min sollten am Ende auf der Uhr stehen davon 33 Std. 24min Fahrzeit. Schnitt von 17,8 km/h


Aber die große Frage war, wie gehe ich die Tour an. Sich trauen, hat viel mit sich vertrauen zu tun. Nach den vielen liegenden Erfahrungen auf der Langstrecke, die ich bisher gemacht habe, standen folgende Aspekte fest. Neben ausreichend Schlaf musste es mir gelingen, langsam zu fahren von der ersten Minute an. Weiterhin sollte mein Körper die Pausen vorgeben. Ich war schließlich allein unterwegs und musste nur auf mich und vor allem in mich hören. Würde mir dies gelingen? Bin ich schon bereit für die Strecke?


Aber warum tut man sich eine derartige Tortour an. Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: die Grenzen verschieben, Neues ausprobieren.


Fünf Jahre „Superrandonneur“ liegend in Serie, 2017 zwei mal 1200 km (SBS, Paris-Hamburg) innerhalb von vier Wochen, Randonneur 5000 in 2017 usw. alles liegend hat bei mir den Sinn nach neuen Herausforderungen hervorgerufen. Die Berge rufen.


Da kam mir die Runde von Andreas genau recht. Der große Vorteil ist die Nähe zur Heimat. Sollte es nicht gelingen, wäre ich fast immer innerhalb von zwei bis drei Stunden wieder zu Hause. Mit dieser Option konnte ich sehr gut leben.


So ging es am Morgen des 14.06. mit dem Zug von Nottulnnach Ennepetal. Dies sollte mein Startpunkt sein. Der kurze Weg bis zur Route war ein lockeres Einfahren auf der Talstrasse. Schnell erreichte ich meinen Routeneinstieg. Eine kurze Bedenkminute und schon galt es, die erste Steigung zu bewältigen. Das Wetter war gut; Sonne abernicht zu warm. Schöne kleine Strassen; viel Wald; die Hochebenen zum Sattsehen und genießen. Und Abfahrten, an die man sich langsam gewöhnen muss. Teilweise ging es im Sturzflug bergab. Immer mit dem Gedanken, wenn esabwärtsgeht, muss auch wieder aufwärtsgehen. So gestalteten sich die folgenden Stunden. Zur Mittagszeit dann der Blick auf die zurückgelegte Strecke. Oh Gott, 50 km erst; wie soll das nur weitergehen.


Aber wie schreiben die Freiburger zu „Belchen Satt“: … „Natürlich wird man „extrem langsam” und auf die Dauer stellt sich ein Fahr- und Landschaftgefühl ein, ruhig und meditativ, das fast schon eher dem Gefühl des Wanderns gleicht als dem des Rennradfahrens. (Randonneur kommt von Wandern!)“.


Genau dieses Gefühl gilt es auf einer derartigen Strecke zu erreichen. Mein Ziel für den ersten Tag waren ca. 225 km. Gerechnet habe ich mit einem Schnitt von ca. 15 km/h.


Viele Ortschaften, die ich durchfuhr, waren mir bekannt, habe ich doch in meiner Jungend und als Motorradfahrer viel Zeit im Sauerland verbracht. Das Gefühl nicht ganz fremd zu sein, trug durchaus zu einer recht positiven Gesamtstimmung bei. Aber auch immer wieder der Dialog mit meinem Körper, ließ mich beruhigt die Kurbel drehen. Das Fahr- und Landschaftsgefühl..., ja das ist es wohl, was notwendig ist. „Genieße es …“! habe ich mir immer wieder vorgesprochen. Schwer gefallen ist mir das Genießen auf den vielen km von Talstrassen im Sauerland. Die Tälersind gespiekt mit Industrieunternehmen aus der Metall-, Holz- und Steinbruchindustrie. Dem entsprechend ist werktags das LKW Aufkommen. Diese 40 Tonner haben in den Tälern keinen Platz und wahrscheinlich auch wenigErfahrung mit Radfahrern auf der Straße. Manchmal war kein Platz für 5 B … Zeitungen zwischen meiner Schulter und den Radgehäusen dieser Brummer. Aber auch die PKW´s standen den Brummern um nichts nach. Abstand halten zum Radfahrer ist ein Fremdwort. Dies gilt auch für die blauen Ortnungshüter, die mich auf Tuchfühlung überholten.


Nach diesen Passagen war ich immer wieder froh, wenn die Route nach links oder rechts in die Wälder abbog. Wenn dies in der Regel auch mit heftigen zweistelligen Anstiegen verbunden war.


Gegen 19 Uhr wurde es Zeit, sich einen Platz zum Abendessen zu suchen. Auch dieses Moment hatte ich mir fest vorgenommen. Es sollte immer ein gepflegtes Abendessen in gepflegter Umgebung stattfinden. Olsberg passte vom Zeitmanagement somit genau. Km 180 und 3200 hm waren genug. Kaum sitze ich beim Italiener, beginnt es an zu regnen. Passt doch. Gegen 20.30 ging es in Regenkleidung verpackt weiter. Im Halbdunkeln durchfuhr ich Willingen. Hier galt es Vorsicht walten zu lassen, denn auf den Straßen bewegten sich doch einige menschliche Objekte, die ihre Bewegungskoordinationnicht mehr so ganz im Griff hatten. Bei der Vorbereitung der Tour hatte ich mirso einige Shelters (Unterstände, Hütten) markiert. Somit war mein Ziel eine dieser Unterstände bei km ca. 225. Gegen 23.30 habe ich mein Nachtlager erreicht. Es war wirklich nur ein Unterstand. Aber ausreichend, um den Schlafsack auszurollen und ein paar Stunden zu schlafen.


Gegen 4 Uhr ging es weiter. Nach der Vorabenderfahrung in Willingen, war der frühe Morgen trotz Bewölkung wieder mal zum Genießen geeignet. Geringe PKW und LKW Frequenz, aber dafürviel Vogelgezwitscher. So liebe ich Radfahren.Nur derSonnenaufgang fehle. Gegen 6 Uhr musste auch wieder die Regenkleidung raus. Es begann zu nieseln. Frühstück gab es gegen 6.30 Uhr in einer Dorfbäckerei. Hier musste ich Rede und Antwort stehen, was mich denn schon so früh bei dem Wetter auf die Strasse bringt. Es war kurz vor Medebach und ich wurde gefragt, wie ich denn weiter fahren wolle. „Wie, nach Winterberg..., da müssen Sie ja über den Schloßberg...“ Mirwar in dem Moment nicht klar, warum dies bei der freundlichen Dame so ein Erstauen hervorrief. Dies sollte sich aber bald ändern.


Der Schloßberg kam. Drei Spuren- zwei bergauf und eine bergab- und leider schon wieder viel LKW Verkehr und lang, lang zog sich der Schloßberg. „Augen zu und durch“. Oh nein, immer einen Blick im Rückspiegel um ggf. schnell die Flucht in den Straßengraben zu wählen. Es war die Hölle. Aber mein Schutzengel war bestens gelaut und top fit. Irgendwann war auch diese Tortour überwunden und im Nieselregen erreichte ich gegen 9.30 bei km 300 den Kahlen Asten. Zu sehen gab es nichts. Aber Zeit für das zweite Frühstück musste sein. Kaffe und Erdbeerkuchen. „Morgens um 10 auf dem Kahlen Asten“


In Regenkleidung ging es dann schnell auf die Abfahrt. Im Tal, in Oberkirchen angekommen, brach dann die Sonne hervor. Schnell die Regenkleidung aus, Sonneschutz aufgetragen und schonfolgte ein langer, langer Anstieg. Wiedermit viel Verkehr.


So ging es über Bad Berleburg, Bad Laaspe ins Siegerland. Die Steigungen waren nicht mehr ganz so heftig. Die Sonne schien, alles war gut. Bei Mörsbach im Siegerland hatte ich den südlichsten Punkt meiner Tour erreicht. Von nun an ging es nur noch Kurz Nord. Dies hatte den Vorteil, dass ich den Wind endlich im Rücken hatte. Denn hatte ich mal eine flache Strecke vor mir, spiele mir Vater Wind in die Karten, der konsequent aus Süden kam. Bei km 420 irgendwo im Nirgendwo des hessischen Norden war dann mal wieder Abendessen angesagt. Wieder war ein freundliches italienisches Restaurant, welches mir den Abend angenehm gestalten ließ.


Bei km 460 und 7000hm in Mohrsbachwar aber die Luft raus. Mein Körper brauchte Erholung. Eine kleine Hütte am Wegesrand wurde mein Nachtquatier. Es war 22Uhr und noch hell. Ich hatte einen schönen Blick ins Tal von meinem Nachtlager. Wecker stellen auf 2 Uhr und Augen zu.


Wach werde ich um 4 Uhr. Ich hatte vergessen, dass es Samstag ist und den Wecker auf 2 Uhr Mo-Fr gestellt. Aber bloß keine Panik. Noch 140km.Ich liebe es, in die Morgendämmerung zu fahren. Angehm, wenn ich allein unterwegs bin. Am frühen Samstagmorgen sind weder PKW´s noch LKW´s unterwegs. Dörfer und Land sind nur mein.


Kurz vor Meinerzhagen wird der Ruf nach Frühstück laut. Die Route biegt nach rechts ab. Ich entscheide mich fürs Frühstück direkt nach Meinerzhagen. Beim Blick auf mein Handy wird klar, da war doch noch was: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. So läßt sich ein Geburtstag beginnen und feiern. Also weiter, noch 80 km. Die werden aber immer mühseliger. Keine Ahnung, warum mir jetzt die Luft ausgeht nach 520km und 8700 hm.


Es läuft so. Noch 50 km. Die werden hart. Wermelskirchen, Remscheid und Wuppertal. Nach sovielen schönen km jetzt dies. Es stinkt, es ist warm und der Verkehr macht mich gar. Ich denke daran, in Wuppertal zum Bf zu fahren. Aber nein, Ziel ist der Ausgangspunkt. Wen schon, wen schon. Ich kämpfe mich durch Wuppertal. Geschafft. Jetzt noch die letzte Steigung nach Remlingrade und dann... dem Ziel entgegen.Um 14.15 rolle ich in Ennepetal ein. Ich habe es geschafft. Ich bin stolz. 607km 10167 hm in 54 Std. 23 min. Respekt. Belohnt wird das Ganze mit einem großen Schokobecher. 14000 kcal müssen wieder aufgefüllt werden.


Resümee:


Mein Konzept ist aufgegangen. 10 Std. Schlafen, Pausen, wenn der Körper dies will und in Ruhe Abendessen.


Rad: die Schaltung sollte um ein 36 Ritzel erweitert werden


Gepäck: hier gilt es, nochmals deutlich einzusparen


Fahrer: alles gut; Po, Hose mit Cream haben sich bewehrt; leichte Taubheit in Ring- und Kleiner Finger


Strecke: gut, wenn sie über kleine Wege in die Höhen führt; schlecht auf den Talstraßen und Bundesstraßen; der Verkehr ist mörderrisch; nie habe ich mich derart nach Radwegen gesehnt


„Belchen Satt“ kann kommen.


Welche Farbe hat der Himmel?
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