So begab ich mich also in den Girlie-Park zu Crossing Hill, um kopflos durch die Dunkelheit zu rasen. Meine großmäulige Ansage, dort mitzumachen trieb mich an diesem Abend mehr dorthin als der Heisshunger auf eine Laktatorgie - ich fühlte mich ziemlich schlapp, da mir von dieser Woche noch ein paar Trainingseinheiten in den Knochen steckten, die eigentlich zu lang oder zu heftig waren und das Einarmige Reissen in der Halbliterklasse hatte ich in den vergangenen Tagen auch zu regelmäßig betrieben. Egal. Einmal geht noch, bevor der geschundene Körper seine wohlverdiente Pause bekommt.
Im Park angekommen fiel mir zunächst einmal auf, dass die versprochene Flutlichtanlage aus ein paar fest installierten Positionslichtern in Lampenform bestand, die es nicht mal ermöglicht hätten einen danebenstehenden Elefanten von einem Mammut zu unterscheiden. Als nächstes stellte ich fest, dass geradezu unglaublich viele Teilnehmer und Zuschauer angereist waren. Ich habe sie nicht gezählt, aber mir kams so vor, als ob es 30-40 Leute gewesen sein müssten.
Glücklicherweise war ich als Höllentourist diesmal nicht mutterseelenallein: sheep, mio, maratona, twobeers und Pirat mit Bruder hielten mit mir wacker die Stellung und auch andere bekannte Gesichter aus den Rennradforen waren noch zugegen: artvandelay, rotporst, tumor-pdm, sprotte und grege waren mindestens da - ich hoffe ich habe niemanden vergessen. Nach allseitiger Begrüßung erfahre ich, dass ich zu den ca. 92% der Teilnehmer gehöre, die sich ausrechnen, nach der ersten Runde rauszufliegen. Vielleicht halte ich es ja doch bis zur zweiten aus?
Der Kurs bestand aus einer ganz flachen Runde; in der Mitte der Fahrspur war ein streifen sandbedecktes Kopfsteinpflaster, links und rechts daneben jeweils sandbedeckter, sehr ebener Naturboden. Die Gefahr, in der Kurve wegzurutschen erschien mir durchaus real - was mich dann gleich mal dazu veranlasste, einem Teil der Luft aus meinen
Reifen die Freiheit zu schenken.
Nach einer neutralisierten Runde ging es direkt in einen fliegenden Start über. Aus vergangenen Stoertebeker-Rennen wusste ich noch, dass es unklug war, sich weit hinten einzureihen - ich war mit einer Position so ziemlich in der Mitte des Feldes erstmal zufrieden. Es war aber klar, dass die Stellung ausgebaut werden musste. Erstmal fuhr ich aber ein paar Runden mit, um ein Gefühl für den Kurs zu bekommen. An einer Stelle ging es in eine kleine Senke, dort musste man frühzeitig auf den Pflasterstreifen fahren, um nicht plötzlich mit einem spektakulären Sturz zwischen zwei Betonvorsprüngen zu landen. Inmitten eines Pulks von vielleicht 15 Leuten, von denen jeweils 3-4 nebeineinander fahren erfordert das dann ein gewisses Ellenbogengefühl und Wachsamkeit aller Teilnehmer...
Hier liessen die meisten Fahrer ein paar Tritte aus um nicht aus der darauffolgenden sandigen Kurve zu fliegen. Sah nach einem guten Platz für einen Angriff aus. Ein paar Meter danach stand ein Baum im Weg - falls man innen fährt und die Kurve nicht ganz schafft, könnte das zu einer unsanften Umarmung mit jenem Gewächs führen. Hier lieber aufpassen. Ein paar Meter später ein kleiner Absatz zwischen Sand- und Pflasterstreifen - zu spät in die Mitte fahren gibt hier wohl aua. Danach nochmal ein Baum am linken Rand der Strecke, aber noch mit Platz vorbeizufahren. Sah nach einem guten Platz zum Überholen aus.
Der Kurs ist schnell und man kann hier immens vom Windschatten profitieren. Vor der nächsten Durchfahrt der Senke verabschiede ich mich innerlich schon wehmütig von meinem Windschatten, dann ist für mich das Rennen eröffnet und ich überhole. In der darauffolgenden Linkskurve bricht mir leicht das Hinterrad aus, ist aber noch kontrollierbar. Der Überholte leistet keine Widerstand. Dann fahre ich auf eine kleine Gruppe auf, die dann am zweiten Baum überholt wird. Nach dem nächsten Senkenangriff kommt erstmal niemand mehr, aber in weiter Ferne sehe ich jemanden, der zu schnell ist um ein Überrundeter zu sein. Den hole ich mir auch noch. So geht das eine Weile, bis ich auf eine Zweier- oder Dreiergruppe auffahre.
Zunächst will ich die nicht überholen, ich fühle mich aber gut und fahre auch vorbei. Keiner leistet Widerstand. Klar, die hängen in meinem Windschatten und warten nur darauf, dass ich müde werde. Ein paar Runden ziehe ich sie - es wird allmählich anstrengend. Ich wechsle in Unterlenkerhaltung. Ist da eigentlich noch jemand vor mir? Ich sehe niemanden, aber das muss ja nix heissen. Jetzt würde ich gerne einen Gang runterschalten, aber das dürfte hinter mir wohl einen Überholreflex auslösen...
Irgendwann überholt einer. Ich denke mir noch "nun gut, kann ja auch gerne einer von den Lutschern die Arbeit machen", aber dann zwängen sich noch zwei vorbei. Während ich noch überlege, ob es wohl besser ist, sich nochmal nach vorne zu setzen und den dritten schon fast wieder passiert habe, kommen wir am Start/Zielbereich vorbei und es heisst "raus mit dem letzten".
Aus der Traum. Die vielen Runden Gehechel vorne im Wind, alles für die Katz. Wenn ich blos gewusst hätte, dass hinter den dreien niemand mehr kommt. Andererseits hätte mir auch klar sein müssen, dass die drei einen Grund hatten, genau jetzt anzugreifen. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, wurde nach mir nochmal jemand rausgenommen, was Platz 5 für mich ergeben müsste. Immerhin: ein bisschen länger als zwei Runden hab ichs ausgehalten...
Die Prozession von etwa 40 Radfahrern Richtung Morena Bar und die Besetzung derselben, die das dortige Personal an den Rande des Wahnsinns, jedenfalls aber an den Rande ihrer Kapazitäten getrieben hat war jedenfalls ein schöner Abschluss des Abends. Nicht zu vergessen natürlich dass die Veranstaltung bei sommerlichen Temperaturen doppelt Spaß machte.
Danke an den ESK für die schöne Veranstaltung, ich freue mich schon auf die künftigen KSGC-Läufe. Und jetzt her mit den Fotos!