Wenn ich bei Kälte fahre sind die untersten Schichten komplett durchgeschwitzt. Trotzdem frieren ich nicht, denn die Plastefasern der Sportkleidung reichen das Wasser recht bereitwillig an die nächste Schicht durch statt sich (wie etwa Baumwolle) erst mal komplett selber vollzusaugen und dadurch fast die gesamte Isolierungswirkung zu verlieren. Der Wärmeentzug durch Verdunstung entsteht dann erst in den Schichten, in denen das Gleichgewicht zwischen Verdunstung und nachrückender Flüssigkeit erreicht ist. Dies darf weder zu weit außen sein, denn für die effektive Verdunstung ist je nach Luftfeuchtigkeit ein gewisser Temperaturvorsprung vor der Umgebung erforderlich und eine warme Oberfläche bedeutet immer einen hohen Wärmeverlust, noch darf sie zu weit innen sein, denn sonst hat man überhaupt keine Isolation zwischen "Verdunstungkälte" und Haut.
Das ganze funktioniert natürlich am besten bei trockener Kälte, aber da ich ein nur gelegentlich kälteresistenter Schönwetterfahrer bin reicht das für mich. Bei feuchter Kälte käme wahrscheinlich einfach nicht genug Verdunstung in Gang. Aber auch bei trockener Luft wären und Pausen, egal ob Wirtschaft, Platten oder eine lange Abfahrt natürlich eine ziemliche Katastrophe - einfach sein lassen. Vor Platten habe ich deshalb im Winter natürlich ganz besonders Respekt.
Trotzdem würde ich lieber kurz und anstrengend fahren (schnell wird es leider sowieso nicht) als auf absolute Schweißvermeidung zu setzen, denn beim System "dünn und noch langsamer" sehe ich kein Zurück mehr, wenn man doch einmal ins Schwitzen gekommen ist - und dann fehlen einem schlicht die Schichten, um das volle Spektrum von trockenen, trocknenden und durchgeschwitzten Schichten getrennt abdecken zu können. Eine Fehleinschätzung in Richtung "zu dünn" lässt sich auch kaum kompensieren, denn wenn man versucht, das durch mehr Leistungsabgabe zu kompensieren wird der Schweiß noch vor der Wärme kommen.
PS: wer meint, bei extremer Kälte ein Grundlagenprogramm durchziehen zu müssen sollte sich vorher genau überlegen, wie er Grundlage denn eigentlich definiert. Denn wenn es nach Pulsbereichen geht könnte es schon sein, dass man schon an der Obergrenze angekommen ist während man nur bibbernd in der Bushaltestelle sitzt. Abgesehen von einer ordentlichen Erkältung hat das dann garantiert keine Auswirkung. Wer hingegen nach Wattmeter oder einem geschulten Bauchgefühl geht dürfte sich über die Pulswerte (wenn vorhanden) kräftig wundern und die Einheit nachher im Trainingstagebuch unter "eigentümliche Sonderbelastung" verbuchen (während der Schönwetterfahrer ein schlichtes "schee wars" von sich gibt).