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Am Ausbauende des RS1 - Mülheim Speldorf
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Man liest sowas oft in den Kleinanzeigen und gelegentlich auch hier im Forum im "Biete".
"Wegen der neuen Gesetzesbestimmungen erfolgt der Verkauf unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung, Garantie und Rücknahme. Da es sich um einen Privatverkauf handelt, kann Ich keine Garantie nach neuem EU-Recht übernehmen. Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!
Laut dem neuen EU-Recht muss dieser Zusatz unter jeder Online-Verkaufsaktion stehen, ansonsten haftet der Verkäufer auch als Privatperson ein ganzes Jahr für die verkaufte Ware."
Dass viele Leute sowas verwenden und durch Kopie des Textes immer weiter verbreiten, macht den Inhalt auch nicht richtiger.
Nehmen wir das mal auseinander:
1. Wegen der neuen Gesetzesbestimmungen... Laut dem neuen EU-Recht...
Na ja, die Schuldrechtsreform, in der die Sachmängelhaftung grundlegend neu geregelt wurde, war 2002. Das ist immerhin 22 Jahre her.
2. Da es sich um einen Privatverkauf handelt, kann ich keine Garantie nach neuem EU-Recht übernehmen.
Wenn man das auslegt, ist wohl nicht Garantie, sondern Sachmängelhaftung (ugs. "Gewährleistung") gemeint.
(Def.: Eine Garantie ist ein schuldrechtlicher Vertrag, mit dem sich der Garant dazu verpflichtet, die Haftung für den Schaden an einem Gegenstand zu übernehmen.)
3. Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!
§ 312d BGB, aha...
Lesen wir doch mal den Abschnitt und dann die Einzelnorm nach. Aha, hier geht es um Informationspflichten aber...
§ 312d hat nur Absatz 1 und Absatz 2. Einen Absatz 4 gibt es nicht.
Ach, es handelt sich um die alte Fassung bis 13.06.2014. So lange wird der Mist also schon verbreitet, ohne dass jemand sowas bemerkt.
https://www.buzer.de/gesetz/6597/al43921-0.htm
Da stand also in der alten Fassung mal: "Das Widerrufsrecht besteht... nicht bei Fernabsatzverträgen... die in der Form von Versteigerungen (§ 156 BGB) geschlossen werden.
Früher™ regelte das also, dass bei Fernabsatzverträgen in Form von Versteigerungen kein Widerrufsrecht besteht.
Sehr schön. Nun hat man auch noch das Widerufsrecht aus den Regeln über den Fernabsatz in die Formulierung mit reingebastelt.
Dummerweise sind Ebay, Kleinanzeigen sowie auch der "Biete" hier keine (echte) Versteigerung nach § 156 BGB. In allen Varianten kommt der Vertrag durch Angebot und Annahme, nicht aber durch Zuschlag (so verlangt es § 156 BGB) zustande.
Darüber hinaus sind die Regeln über den Fernabsatz nur anwendbar bei VK = Unternehmer und K = Verbraucher (§ 312 I BGB).
Es ist daher schon falsch, §§ 312 ff BGB überhaupt bei privat/privat anzuwenden. Das Lesen der Neufassung der Fernabsatzregeln ab 14.06.2014 kann man sich also sparen.
Es gibt bei Verträgen, wie hier üblich kein Widerrufsrecht.
Problem:
Das Kopieren und Nutzen eines solchen Textes stellt eine AGB dar. Hier reicht auch ein erstmaliges Verwenden. Es ist unschädlich, dass eine Privatperson AGB verwendet (OLG Hamm, Beschluss v. 27.11.2019, I-30 U 128/19).
Kann die Formulierung wie "Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!" dieGarantie = Sachmängelhaftung wirksam ausschließen?
Nun kommt die Inhaltskontrolle der AGB, konkret § 309 Nr. 7a BGB zur Anwendung:
§ 309 Nr. 7a BGB
"Schadensersatzansprüche des Käufers für Körper- und Gesundheitsschäden durch allgemeine Geschäftsbedingungen können nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden, soweit dem Verkäufer dabei ein Verschulden zu Last gelegt werden kann."
Gerade so etwas ist aber nicht formuliert, mit der Folge, dass der Ausschluss der Sachmängelhaftung durch die verwendeten AGB unwirksam ist.
Die Formulierung "Der Käufer erklärt sich damit einverstanden... zu verzichten und erkennt dies... an!" ist für die Tonne. Da hilft auch kein Ausrufezeichen am Ende.
Ein vereinbarter Verzicht auf gesetzliche Rechte ist unwirksam.
Welche Folge hat nun das Verwenden der o.g. Formulierung?
Ganz einfach gar keine. Es wird also mit Sachmängelhaftung verkauft und zwar für volle zwei Jahre.
Warum nicht ein Jahr?
Na, bei gebrauchten Sachen kann man (sowohl Unternehmer als auch Verbraucher) die Sachmängelhaftung von zwei auf 1 Jahr verkürzen. Das wurde wegen der unwirksamen Klausel aber nicht gemacht.
Damit wäre auch der letzte Satz der Formulierung, dass Privatpersonen ein ganzes Jahr haften, falsch.
Der Zusatz muss nicht unter jeder Online-Verkaufsaktion stehen.
Man kann als Privatperson (=Verbraucher) bei gebrauchten Sachen von 2 auf 1 Jahr verkürzen oder aber mit einer wirksamen Klausel auch völlig ausschließen.
Der Unternehmer hingegen kann bei gebrauchten Sachen auf 1 Jahr verkürzen, jedoch nicht ausschließen.
________________________
So ist es nach aktueller Rechtsprechung richtig:
„Der Kaufgegenstand wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung/Sachmängelhaftung verkauft. Der Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus grob fahrlässiger bzw. vorsätzlicher Verletzung von Pflichten des Verkäufers sowie für jede Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.“
Wenn man so etwas möchte, dann bitte in den PN/(PM) mit dem Verkäufer vereinbaren und nicht im "Biete".
Das reicht vollkommen aus und muss nicht unbedingt im "Biete" erfolgen. Im "Biete" macht es den Text unnötig lang.
"Wegen der neuen Gesetzesbestimmungen erfolgt der Verkauf unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung, Garantie und Rücknahme. Da es sich um einen Privatverkauf handelt, kann Ich keine Garantie nach neuem EU-Recht übernehmen. Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!
Laut dem neuen EU-Recht muss dieser Zusatz unter jeder Online-Verkaufsaktion stehen, ansonsten haftet der Verkäufer auch als Privatperson ein ganzes Jahr für die verkaufte Ware."
Dass viele Leute sowas verwenden und durch Kopie des Textes immer weiter verbreiten, macht den Inhalt auch nicht richtiger.
Nehmen wir das mal auseinander:
1. Wegen der neuen Gesetzesbestimmungen... Laut dem neuen EU-Recht...
Na ja, die Schuldrechtsreform, in der die Sachmängelhaftung grundlegend neu geregelt wurde, war 2002. Das ist immerhin 22 Jahre her.
2. Da es sich um einen Privatverkauf handelt, kann ich keine Garantie nach neuem EU-Recht übernehmen.
Wenn man das auslegt, ist wohl nicht Garantie, sondern Sachmängelhaftung (ugs. "Gewährleistung") gemeint.
(Def.: Eine Garantie ist ein schuldrechtlicher Vertrag, mit dem sich der Garant dazu verpflichtet, die Haftung für den Schaden an einem Gegenstand zu übernehmen.)
3. Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!
§ 312d BGB, aha...
Lesen wir doch mal den Abschnitt und dann die Einzelnorm nach. Aha, hier geht es um Informationspflichten aber...
§ 312d hat nur Absatz 1 und Absatz 2. Einen Absatz 4 gibt es nicht.
Ach, es handelt sich um die alte Fassung bis 13.06.2014. So lange wird der Mist also schon verbreitet, ohne dass jemand sowas bemerkt.
https://www.buzer.de/gesetz/6597/al43921-0.htm
Da stand also in der alten Fassung mal: "Das Widerrufsrecht besteht... nicht bei Fernabsatzverträgen... die in der Form von Versteigerungen (§ 156 BGB) geschlossen werden.
Früher™ regelte das also, dass bei Fernabsatzverträgen in Form von Versteigerungen kein Widerrufsrecht besteht.
Sehr schön. Nun hat man auch noch das Widerufsrecht aus den Regeln über den Fernabsatz in die Formulierung mit reingebastelt.
Dummerweise sind Ebay, Kleinanzeigen sowie auch der "Biete" hier keine (echte) Versteigerung nach § 156 BGB. In allen Varianten kommt der Vertrag durch Angebot und Annahme, nicht aber durch Zuschlag (so verlangt es § 156 BGB) zustande.
Darüber hinaus sind die Regeln über den Fernabsatz nur anwendbar bei VK = Unternehmer und K = Verbraucher (§ 312 I BGB).
Es ist daher schon falsch, §§ 312 ff BGB überhaupt bei privat/privat anzuwenden. Das Lesen der Neufassung der Fernabsatzregeln ab 14.06.2014 kann man sich also sparen.
Es gibt bei Verträgen, wie hier üblich kein Widerrufsrecht.
Problem:
Das Kopieren und Nutzen eines solchen Textes stellt eine AGB dar. Hier reicht auch ein erstmaliges Verwenden. Es ist unschädlich, dass eine Privatperson AGB verwendet (OLG Hamm, Beschluss v. 27.11.2019, I-30 U 128/19).
Kann die Formulierung wie "Der Käufer erklärt sich damit einverstanden auf Garantie, Rücknahme, Minderungen sowie Nachverhandlungen ausdrücklich zu verzichten. (§ 312 d. Abs. 4 Nr. 5 BGB) und erkennt dies mit seinem Kauf an!" die
Nun kommt die Inhaltskontrolle der AGB, konkret § 309 Nr. 7a BGB zur Anwendung:
§ 309 Nr. 7a BGB
"Schadensersatzansprüche des Käufers für Körper- und Gesundheitsschäden durch allgemeine Geschäftsbedingungen können nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden, soweit dem Verkäufer dabei ein Verschulden zu Last gelegt werden kann."
Gerade so etwas ist aber nicht formuliert, mit der Folge, dass der Ausschluss der Sachmängelhaftung durch die verwendeten AGB unwirksam ist.
Die Formulierung "Der Käufer erklärt sich damit einverstanden... zu verzichten und erkennt dies... an!" ist für die Tonne. Da hilft auch kein Ausrufezeichen am Ende.
Ein vereinbarter Verzicht auf gesetzliche Rechte ist unwirksam.
Welche Folge hat nun das Verwenden der o.g. Formulierung?
Ganz einfach gar keine. Es wird also mit Sachmängelhaftung verkauft und zwar für volle zwei Jahre.
Warum nicht ein Jahr?
Na, bei gebrauchten Sachen kann man (sowohl Unternehmer als auch Verbraucher) die Sachmängelhaftung von zwei auf 1 Jahr verkürzen. Das wurde wegen der unwirksamen Klausel aber nicht gemacht.
Damit wäre auch der letzte Satz der Formulierung, dass Privatpersonen ein ganzes Jahr haften, falsch.
Der Zusatz muss nicht unter jeder Online-Verkaufsaktion stehen.
Man kann als Privatperson (=Verbraucher) bei gebrauchten Sachen von 2 auf 1 Jahr verkürzen oder aber mit einer wirksamen Klausel auch völlig ausschließen.
Der Unternehmer hingegen kann bei gebrauchten Sachen auf 1 Jahr verkürzen, jedoch nicht ausschließen.
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So ist es nach aktueller Rechtsprechung richtig:
„Der Kaufgegenstand wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung/Sachmängelhaftung verkauft. Der Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus grob fahrlässiger bzw. vorsätzlicher Verletzung von Pflichten des Verkäufers sowie für jede Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.“
Wenn man so etwas möchte, dann bitte in den PN/(PM) mit dem Verkäufer vereinbaren und nicht im "Biete".
Das reicht vollkommen aus und muss nicht unbedingt im "Biete" erfolgen. Im "Biete" macht es den Text unnötig lang.
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