AW: Stickstoff - Schlauch
Stickstoff (N) ist Element 7, Sauerstoff (O) Element 8 im Periodensystem, beide kommen in der Luft als Atompaar N_2, bzw. 0_2 vor, damit ist ein Stickstoffmolekül, wenn überhaupt, einen kleinen Tick kleiner als ein Sauerstoffmolekül.
[Klugscheißmodus an - Warnung, wissenschaftlicher Inhalt! Bitte nicht lesen, wer allergisch dagegen ist.
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Nope, das Gegenteil ist der Fall: Stickstoff ist größer als Sauerstoff.
[Begründung, bitte nur lesen, wer will:] Das liegt daran, dass bei beiden die p-Elektronen der zweiten Schale aufgefüllt werden, Sauerstoff aber eine Kernladung mehr hat. Sehr vereinfacht gesagt wirken beim Stickstoff drei positive Ladungen effektiv auf die p-Elektronen, beim Sauerstoff vier (die 1s- und 2s-Schale ist bei beiden voll, vier Ladungen werden also quasi abgeschirmt).
Da die Elektronen sich grundsätzlich jeweils allein oder höchstens zu zweit in räumlich relativ gut getrennten "Orbitalen" aufhalten, ist diese "effektive" Kernladung dafür verantwortlich, dass die Atomvolumina neutraler Atome immer sinken, solange gerade die gleiche Sorte Orbitale gefüllt wird. Bei N und O sind das, wie gesagt, die 2p-Orbitale und darum ist O ein bisschen kleiner als N, und das gleiche gilt für N2 und O2 (N2 - oder genauer sein Stoßquerschnitt - ist um etwa 7,5% größer als O2).*
*Anmerkung: bei Wikipedia stand im Artikel "Reifengas" das Gegenteil, ist aber falsch laut mehreren Quellen, die einhellig 4,3*10^-19 m^2 für N2 und 4*10^-19 m^2 nennen. Eine Quelle siehe
hier. Ich korrigiere das gerade.
[/Begründung]
Als wäre das nicht schon kompliziert genug, reicht dieser Unterschied aber nicht aus, um zu erklären wie sich beide verhalten. O2 ist nämlich in Gummi besser löslich als N2 und geht deshalb schneller hindurch. Wie schnell, das hängt vom Gummi und vor allem von der Dicke des Materials ab.
Und nun die Überraschung: In der Praxis macht sich das bei Autoreifen gar nicht messbar bemerkbar, da diese sehr dickwandig sind, da ist immer die Undichtigkeit von Ventil oder Felgenauflage entscheidend für den Druckverlust.
Bei Fahrradreifen könnte es aber sogar sein, dass man durch ständiges Aufgepumpthalten den Stickstoffanteil tatsächlich merklich erhöhen kann. Würde ich aber so nicht unterschreiben, da spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass da eigentlich nur ein Versuch helfen können. Wer also Bock hat, kann ja mal einen
Reifen immer stramm aufgepumpt halten und dann zur Inhaltsanalyse abgeben.
Und ehe das alte Märchen von den veränderten (ob besser, weiß ich nicht) Federungseigenschaften kommt, das man in Autoforen immer wieder liest: Das gilt nur für Edelgas-Füllungen, weil ein- und zweiatomige Gase relativ unterschiedlich auf Verdichtung reagieren, nicht aber für Stickstoff. Der verhält sich genau so wie Sauerstoff (beides zweiatomige, lineare Moleküle), und da Luft zu 99% aus beiden Gasen besteht, federt Luft genau so wie reiner Stickstoff. Vergleichbar mit Edelgasen ist nur noch SF6, das quasi kugelförmig ist, sich darum wie ein einatomiges Gas verhält und deshalb sowohl besser federt als auch wegen seiner Größe sehr langsam aus
Reifen diffundiert. Aber bitte nicht mehr nehmen, ist ein saumäßiges Treibhausgas (etwa 20.000 Mal so stark wie CO2!).
So genug der Fachsimpelei, ist eh alles viel zu kompliziert und hat im Radforum nur wenig zu suchen.
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