Über 4.000 km quer durch Europa fuhr die 18-jährige Carlotta Schumacher in unter 16 Tagen auf dem Rennrad. Damit ist die Deutsche die bisher jüngste Finisherin des Transcontinental Cycling Race, das dieses Jahr von Roubaix in Frankreich nach Istanbul in der Türkei führte. Wir haben mit Carlotta über das Durchhalten, das Schlafen, das Essen und die Angstgegner auf einem solchen Event gesprochen. Hier das Interview.
Rennrad-News: Hallo Carlotta, du bist mit 18 Jahren die jüngste Teilnehmerin, die bisher das TCR beendet hat – dieses Jahr führte die Strecke vom legendären Startort Roubaix über 4.000 km bis zum Ziel nach Istanbul. Wie fühlst du dich jetzt?
Carlotta: Hallo, ich bin Carlotta. Genau, ich bin jetzt gerade das TCR gefahren. Jetzt bin ich in Istanbul und habe hier noch eine gute Zeit. Für mich geht es tatsächlich heute weiter nach Thessaloniki mit dem Bus und von da aus mit dem Fahrrad zurück.
Aber jetzt gerade fühle ich mich super, weil hier viele andere Leute sind, die auch das TCR beendet haben. Und das ist natürlich eine tolle Community. Wir haben jetzt noch gemeinsam die letzten Tage Istanbul erkundet. Es gibt nichts Besseres, wenn man ein Event gefahren ist und richtig stolz auf sich ist und dann ganz viel essen kann, ganz viel schlafen kann und zusammen die Zeit genießen kann und einfach zusammen glücklich sein kann, weil jeder, der jetzt hier ankommt, sehr, sehr stolz auf sich ist. Genau (lacht).
Man muss sich vorstellen, dass mehr Leute das Rennen aufgegeben haben, als vor dir platziert sind. Spielt das für dich eine Rolle?
Der Platz spielt für mich tatsächlich keine Rolle. Ich glaube, ich bin jetzt Platz 101, soweit ich weiß, aber daran kann sich auch noch viel ändern, denn es gibt sehr strikte Regeln und viele Leute haben, glaube ich, auch sogenannte „Banned Roads“ genutzt, also Straßen, die verboten wurden. Wir bekamen eine Karte von Straßen, die wir nicht nutzen durften und die haben sich permanent geändert. Es war ganz schön herausfordernd, immer zu gucken, dass man nicht auf eine Straße fährt, die nicht erlaubt ist.
Aber ganz unabhängig davon: In das TCR bin ich sehr motiviert und sehr ehrgeizig gestartet, ich wollte mein Bestes geben. Und unterwegs, vor allem an Checkpoints, habe ich dann gemerkt, okay, es ist vielleicht auch nicht so wichtig, einfach so schnell wie möglich da durchzukommen, sondern ich habe dann auch mal angehalten, um mit den Locals Tee zu trinken oder einfach mal die Landschaft zu genießen oder mich bei den Checkpoints mit den anderen Leuten auszutauschen. Ich dachte, es ist eigentlich eine Verschwendung, wenn man das so super ehrgeizig angeht.
Natürlich ist es am Ende des Tages ein Rennen und ich fahre ja auch noch große Strecken mit dem Fahrrad zurück nach Deutschland und kann da die Zeit genießen. Aber alles in allem bin ich auf jeden Fall super happy, dass ich es in diese sogenannte General Classification – die endet am 16. Tag am Abend und da gibt es eine Finisherparty – geschafft habe. Danach wird die Zeit nicht mehr gewertet. Ich habe es tatsächlich in diese General Classification und das war mein größtes Ziel. Es gibt übrigens noch zwei 20-Jährige und ich glaube noch einen 18-Jährigen, der auch mitgefahren ist, also ich bin nicht so alleine. Ich bin natürlich jung, klar, keine Sache, aber da sind auch noch andere junge Leute, die da mitgefahren sind (lacht).
Seit wann fährst du Fahrrad? Machst du schon dein Leben lang Sport?
Ich fahre natürlich schon länger Fahrrad. Meine Schule ist glücklicherweise auf dem Berg und da fahre ich jeden Tag seit der achten Klasse hoch und das ist eben ein gutes Training. Das sind so 200 bis 300 Höhenmeter jeden Tag. Nicht so eine lange Strecke, aber dafür eben mit Höhenmetern.
Ich komme aus einer Fahrradfahrfamilie. Wir haben auch zwei Tandems und wir haben öfter längere Touren gemacht. Beispielsweise letztes Jahr habe ich mit meiner Schwester eine Alpen Überquerung gemacht. Ansonsten spiele ich noch Fußball, beziehungsweise ich habe es lange gespielt. Und ich bin einfach auch gern an der frischen Luft unterwegs.
Was machst du, wenn du nicht Rad fährst?
Ich bin ein Mensch, der immer so seine Phasen hat. Im Rahmen des TCR hatte ich jetzt klar meine Fahrradphase. Aber ich mag es auch total gern, einfach zu Hause zu sitzen und den ganzen Tag zu häkeln oder zu basteln. Ich bin auf eine Waldorfschule gegangen, klar, die Handarbeit mag ich gerne. Prinzipiell sind meine Hobbys Häkeln, Stricken, Handarbeit und Fahrradfahren und draußen Abenteuer erleben – ich bin sonst auch noch bei den Pfadfindern, da habe ich eine Gruppe, die ich jeden Freitag betreue, das bringt mir sehr viel Freude.
Viel Zeit davor habe ich mit Arbeiten verbracht, weil das TCR natürlich seinen Preis hat. Ich musste mir mein Fahrrad kaufen, die Startgebühr bezahlen und so weiter. Bis zu einem gewissen Grad haben mich meine Eltern unterstützt. Aber mir ist auch wichtig, dass ich möglichst viel selbst bezahle. Führerschein und Abi habe ich auch noch gemacht, das kostet auch Zeit.
Was schätzt du, hat das TCR dich finanziell gekostet?
Die Startgebühr lag ungefähr bei 500 Euro (umgerechnet von Pfund). Ich habe zusätzlich noch eine Medienlizenz gekauft, damit mein Sponsor SON, für die ich ein neues Modell getestet habe (unter anderem den hier vorgestellten SON Ladelux, Anmerkung der Redaktion), mit meiner Teilnahme werben darf.
Für meine Ausrüstung, also das Fahrrad mit all meinen Taschen, habe ich ungefähr 3.000 Euro ausgegeben, ich denke, da war ich noch relativ Low Budget unterwegs. Zwei Taschen habe ich selber genäht. Prinzipiell habe ich pro Tag dann noch circa 35 bis 40 Euro für Essen ausgegeben. Für Hotels waren es zwischen 20 und 50 Euro pro Nacht, die waren in den Balkan Ländern sehr günstig. Insgesamt waren es sieben bis acht Übernachtungen (wir haben rund 4.400 Euro Kosten errechnet, Anmerkung der Redaktion).
Ich habe von Dir erfahren, weil mir ein Freund beim Radfahren erzählte, dass er dich beim Ultracycling Event Tanspyrenees getroffen habe, wo dein Vater dich begleitete. Welche Rolle spielte die Unterstützung deines Vaters für dich?
Zusammen mit meinem Papa bin ich vor vier Wochen die Transpyrenees gefahren. Das ist ein Event, das 1000 Kilometer lang ist und mit 27.000 Höhenmetern versehen. Das war schon echt nett, weil man schon mal Vater-Tochter-Zeit hat, die man sonst nicht hat, dadurch, dass man ein gemeinsames Hobby hat. Wir sind auch letztes Jahr zusammen Paris-Brest-Paris gefahren. Durch ihn bin ich überhaupt in die Szene reingekommen, weil er die Qualifikations-Events für Paris-Brest-Paris organisiert. Das sind 200, 300, 400 und 600 Kilometer. Die bin ich letztes Jahr mitgefahren.
Dadurch bin ich überhaupt zu dem Punkt gekommen, dass ich längere Distanzen fahre. Ich habe erst letztes Jahr damit angefangen. 200 Kilometer war mein Start. Nach den 200 Kilometern war ich immer noch fit. Dann konnte ich die 300 Kilometer fahren. Die waren schon ziemlich hart, aber dann bin ich die 400 Kilometer gefahren und die 600 Kilometer gefahren. So arbeitet man sich Stück für Stück hoch. Es ist natürlich cool, wenn man einen Papa hat, der einen mit seinem Fahrrad unterstützt und generell das unterstützt. Ich glaube, viele Eltern werden eher kritisch, wenn das Kind einmal Europa überquert mit dem Fahrrad. Aber mein Papa hat gesagt, er melde mich jetzt mal an, weil er eine Challenge für das Jahr 2024 haben wollte. Er hat gesagt, er macht mal. Ich glaube, er hat am Anfang nicht gedacht, dass ich das so durchziehe und ich es in der General Classification, also in der Zeit von 16 Tagen, schaffe. Er hat gedacht, dass ich irgendwo im Balkan stecken bleibe mit massiv Plattenflicken und Pannen und dann nicht mehr weiterweiß. Aber ich glaube, er war schon überrascht, als ich es geschafft habe.
Was waren deine Gedanken vor dem Start in Roubaix und wie hast du dann die ersten Kilometer erlebt?
Also vor dem Start sagt ich mir, ich muss jetzt einfach erst mal ruhig bleiben. Man sieht natürlich ganz viele Leute, die in erster Linie sehr professionell aussehen und dann denkt man sich die ganze Zeit, bin ich gut vorbereitet? Man denkt dann an die ganze Distanz, an über 4000 Kilometer, was ist da? Dann tauscht man sich aus, welche Route hast du gewählt?
Viele fahren die erste Nacht durch und das war eigentlich auch ursprünglich mein Plan. Ich habe mir gar nicht groß was gedacht, alles was an den ersten zwei Tagen passiert, spielt eigentlich gar nicht so eine große Rolle, dachte ich, sondern es geht ja eigentlich um die Kontinuität.
Ich habe versucht, mich nicht zu stressen und als ich dann losgefahren bin, die ersten 70 Kilometer waren ja gesetzt, bin ich einfach gefahren wie so eine normale Tour. Und dann ging es über die belgische Grenze und ich war glücklich, weil es nicht geregnet hat, es war gutes Wetter, es war auch nicht zu heiß, ich war sehr dankbar dafür. Am Ende habe ich dann in der ersten Nacht zwischen zwei Einkaufswägen geschlafen, vor einem Supermarkt, weil ich doch so müde war und keine Koffein-Tablette schon in der ersten Nacht nehmen wollte. Da habe ich zwei Stunden geschlafen und bin dann weitergefahren und habe dann auch auf meinem Weg an den nächsten Tagen noch überraschend viele Leute getroffen.
Wie haben die anderen Fahrerinnen und Fahrer auf deine Teilnahme reagiert?
Viele wussten tatsächlich nicht, dass ich 18 bin. Man fragt ja auch nicht, „Hallo, wie ist dein Name, wie alt bist du?“ Sondern erst mal: „Hey, woher kommst du?“. Und: „Ah ja, und okay, wie heißt du?“ Und das Alter hat da gar nicht so eine Rolle gespielt.
Dann war ich bei der Finisherparty, da habe ich noch einen kleinen Preis bekommen, dafür, dass ich so jung bin. Und als die Leute das dann erfahren haben, haben sie schon „Woah, okay“ gesagt. Ich hab das gar nicht an großen Nagel gehängt. Das kam erst im Nachhinein.
Was war die größte Herausforderung – hast du auch ans Aufgeben gedacht?
Also mir war eigentlich von Anfang an klar, dass ich es bis nach Istanbul schaffe, weil ich einfach die Zeit habe. Ich wollte ohnehin hin, mein Ziel war einfach Istanbul. Ich habe mir gesagt, wenn irgendwas passiert, dann gehe ich ins Hotel, schlafe mich erst einmal aus, schaue, dass ich mein Zeug repariere und dann fahre ich weiter.
Schlussendlich ist es ja so, bei vielen ist der limitierende Faktor die Zeit, sie müssen irgendwann zurück nach Hause, um zu arbeiten. Aber ich arbeite eben bisher nicht, habe jetzt gerade meine Schule abgeschlossen. Und deshalb war für mich klar, okay, ich komme auf jeden Fall in Istanbul an. Aber ich war schon dankbar, dass ich es eben auch in der Zeit geschafft habe. Es ist natürlich ein anderer Effekt, wenn nicht mehr so viele Leute oder kaum noch Leute da sind, die dich empfangen. Und ich habe tatsächlich nie ans Aufgeben, also ans „Scratchen“ gedacht.
Zwischendurch dachte ich, ich schaffe es nicht mehr im Zeitlimit, als ich in Bosnien war. Da hatte ich mehrere Pannen, einmal zwei auf dem Parcours 2 und dann bin ich zum Checkpoint. Da habe ich beim Checkpoint viel Zeit verbracht, weil ich es sehr genossen habe, mit meinen Mitmenschen da zu sein. Am nächsten Tag war es wieder Gravel und ich bin erst einmal gestürzt und habe meine Wunde dann desinfiziert, bin weiter gefahren und bin dann aber immer wieder auf die Wunde gefallen.
Ich verstehe mich nicht gut auf Gravel. Wenn man dann irgendwie wegrutscht und nicht rechtzeitig aus den Pedalen kommt, dann fällt man halt und ich bin mehrfach wieder gefallen und die Wunde ist mehrfach wieder aufgegangen und wieder ist Dreck reingekommen. Schlussendlich waren meine beiden Knie offen und voller Dreck, haben sich dann entzündet und es haben sich Eiterwunden gebildet – nicht so schön.
In Nordmazedonien, mitten im Rennzeitraum, hatte ich eine dicke geschwollene linke Hand. Die hat zwar nicht so weh getan, aber ich hätte da auch ein Problem gehabt, wenn ich eine Reifenpanne gehabt hätte, weil ich nicht in der Lage gewesen wäre, meinen Reifen von der Felge abzulösen, weil die Hand einfach so dick war. Ich konnte mit ihr kaum was machen.
Es war zwischendurch echt verdammt hart. Als ich nach Mazedonien reingefahren bin, da war es einfach so verdammt heiß. Dann habe ich tagsüber geschlafen und bin nachts gefahren.
Aber was war die größte Herausforderung? Das ist schwierig zu sagen, aber ich glaube im Prinzip ist es der Kopf, also für mich war es tatsächlich gar nicht mal so das Körperliche, sondern der Kopf, besonders weil ich ziemlich viel von dem fiesen Parcours nach Checkpoint 4 gehört habe. Parcours sind Streckenabschnitte, die jeder fahren muss und die sind oft ziemlich gemein. Also das entweder mit krasser Steigung oder eben doofem Untergrund oder sonst irgendwas.
Zu Parcours 4 war die Gerüchteküche ordentlich am Brodeln und viele Fahrer weiter vorne hatten immens viele Platten auf dieser Strecke und es hieß, es gibt kaum Wasser auf dieser Strecke, es ist bergig und es ist Gravel. Es war gar nicht mal so, dass ich Angst hatte vor irgendwas, sondern ich hatte nur Angst davor, einen Platten zu bekommen und da dann irgendwie festzustecken. Das war ein Faktor, der mich die ganze Zeit gestresst hat, weil ich ständig runtergeschaut habe, ob mein Hinterrad noch genügend Luft hat. Das war der größte Stressfaktor für meinen Kopf, weil es mich wirklich permanent beschäftigt hat. Und als ich aus diesem Parcours raus war, war ich einfach nur super glücklich.
Was würdest du sagen, ist das wichtigste, das man für so ein Self Supported Race mitbringen muss?
Also das Wichtigste für so ein Self-Supported Race ist im Prinzip der Kopf, natürlich generell Optimismus, aber auch einfach, dass man nicht sofort, wenn es mal ein bisschen hart wird, aufgibt. Ich würde sagen, das Transcontinental Race ist mehr eine Herausforderung für den Kopf, als für den Körper. Es kommt natürlich darauf an, auf welchen Platz man fährt. Aber ich glaube, wenn man eine gewisse Grundfitness hat, dann spielt der Kopf einfach eine wesentliche Rolle. Eine gesunde Portion Optimismus und ja, Zuversicht, dass alles gut wird. Und dass man nie an die ganze Strecke an sich denkt, sondern sie nur aufteilt.
Was ist mit der Ausrüstung? Was für ein Rad fährst du, würdest du etwas ändern?
Also mein Fahrrad ist das Rose Reveal AL Endurance-Rennrad, das habe ich mir vor dem Start im Januar gekauft. Ich habe ein bisschen dickere Reifen, Continental 4Season, darauf gemacht und mit den Reifen hatte ich eigentlich noch nie eine Panne. Eine Ausnahme war Bosnien, aber da war zumindest bei der ersten Panne das Problem, dass ich nicht genügend Druck in meinem Reifen hatte. Ich hatte insgesamt vier Platten in Bosnien.
Ich würde wieder mit meinem Fahrrad fahren. Zwischendurch habe ich mir überlegt, dickere Reifen für Gravel zu nehmen. Mehr Halt auf Gravel wäre für mich schon gut, weil ich entweder total langsam gefahren bin und dann seitlich weggerutscht bin oder viel zu schnell gefahren bin und gefühlt die komplette Kontrolle verloren habe. Also, das war wirklich der Horror für mich.
Ich habe mir tatsächlich noch vor dem Rennen selbst noch so eine Tasche für vorn genäht, weil ich wusste, okay, nicht anhalten ist ein großer Faktor, wie man Zeit sparen kann. Und wenn vorn alles verfügbar ist, bedeutet das auf jeden Fall schon einen großen Vorteil. Auch das würde ich auf jeden Fall wieder machen.
Wo fandest du es am schönsten?
Es gab natürlich sehr viele sehr, sehr, sehr, sehr schöne Orte, an die ich wirklich gerne wieder zurückkommen würde und noch ein wenig mehr Zeit da genießen. Der Parkour 2, also Checkpoint 2 in Bosnien. Bosnien fand ich sehr, sehr, sehr, sehr schön, weil es auch immer ein bisschen anders war, eher mit viel Wald, aber auch Felsen und dann wieder Schluchten, sehr abwechslungsreich. Aber auch Slowenien fand ich toll, noch in den Alpen, wo auch Parkour 1 lag. Der ging über zwei Pässe und der eine davon war eine Sackgasse, Mangart heißt der gute Berg und da mussten alle rauf fahren und man sah die Leute, die wieder runtergefahren sind, die sind einem entgegengekommen, gleichzeitig war es ein wunderschöner Berg und ich bin gerade da in der Abend-Nachmittagsstimmung angekommen, die Sonne stand schön, ein paar Paraglider hingen, es war wunderschön da, es ist auch ein Naturschutzgebiet, glaube ich und da gab es auch wunderschöne Blumen. Ich war einfach nur glücklich da zu sein. Aber es war total schade, dass man dann wieder direkt runter musste. Ja, das war wirklich ein Ort, an den ich noch mal zurückkehren würde.
Wo hast du meistens übernachtet?
Am Anfang habe ich viel draußen geschlafen. In der ersten Nacht habe ich nur zwei Stunden geschlafen. Da würde sich ein Hotel gar nicht lohnen. In der zweiten Nacht habe ich mir ein Hotel oder ein Apartment genommen, weil ich gerade vor Ort eins gesehen hatte. Es war um 10 Uhr rum. Dann dachte ich mir, das nehme ich jetzt. Weil es natürlich auch wichtig ist, man muss auf die Hygiene achten. Dass man sich nicht den Hintern entzündet, weil der permanent unter Belastung ist. Man muss gucken, dass man eine Gesäßcreme hat. Aber irgendwann, man kann machen, was man will, irgendwann treten Erscheinungen auf, mit denen man leben muss. Da muss man dann eben schauen, dass das wenigstens schön sauber bleibt. Dass da kein Dreck reinkommt, sonst wird es ungemütlich. Das kann sogar ein Faktor sein, warum man so ein Rennen beenden muss. Deshalb dachte ich mir, es ist vielleicht schlauer, eine Dusche zu haben.
In Deutschland habe ich immer draußen geschlafen, auch in Kroatien. Da hatte ich eine Horror-Nacht, denn ich bin durch Zagreb gefahren. Dort war ich so müde, dass ich mich in die Wiese neben die Straße hingelegt habe. Ich habe mich sicher gefühlt, aber es gab Mücken. Dann nahm ich den Schlafsack und habe versucht, mich damit zu schützen. Dann sind die Mücken in meinen Schlafsack gekommen. Es war viel zu warm, ich habe geschwitzt. Die Mücken waren in meinem Schlafsack. Sie haben mich richtig tot gestochen. Am nächsten Tag bin ich aufgewacht. Ich hatte nicht gut geschlafen. Ich war vollgestochen. Das war wirklich schlimm.
In Bosnien habe ich auch beim Checkpoint übernachtet. Sonst habe ich viel im Hotel geschlafen. Man schläft besser. Vor allem wegen der Dusche. Man kann den Schweiß und die Sonnencreme vom Tag abwaschen. Das ist ein anderes Lebensgefühl. Ich konnte mein Fahrrad stehen lassen, unter die Dusche und ins Bett.
Welches Essen kannst du nicht mehr sehen?
In den ersten Tagen habe ich relativ viele Gummibärchen gegessen. Eis war auf meiner Liste ganz viel und in den letzten Tagen ganz viel süße Limonade und Fruchtsäfte. Es gibt jetzt tatsächlich eigentlich gar kein Essen, das ich so nicht mehr essen würde. Zwischendurch konnte ich keine Gummibärchen mehr sehen, weil ich sie kiloweise gegessen habe.
Ich dachte, wenn ich schon anhalte, um mir beim Fastfood-Imbiss Pommes zu kaufen, habe ich dann drei Portionen oder vier Portionen geholt.
Aber prinzipiell würde ich sagen, was ich nicht mehr sehen kann, sind kalte Pommes. Denn die habe ich auch unterwegs gegessen. Ich dachte, wenn ich schon anhalte, um mir beim Fastfood-Imbiss Pommes zu kaufen, habe ich dann drei Portionen oder vier Portionen geholt und die noch unterwegs gesnackt. Aber die waren natürlich zum Teil ziemlich „läppelig“ und kalt. Dann habe ich mich an Pommes öfter verschluckt, weil sie zum Teil auch echt trocken waren und habe dann einen Hustenanfall auf dem Fahrrad bekommen. Kalte Pommes geht gar nicht mehr.
Worauf hast du dich am meisten gefreut nach dem TCR?
Nach dem TCR war das beste Gefühl wirklich einfach schlafen. Schlafen, solange man will. Weil man lebt ja permanent auf Schlafdefizit. Ich hab, glaub ich, im Durchschnitt pro Nacht noch relativ viel im Vergleich zu anderen geschlafen. In den ersten Nächten habe ich immer so 3 bis 4 Stunden geschlafen. Später hab’ ich immer mehr geschlafen, weil ich gemerkt hab’, okay, ich brauch den Schlaf. Das war das beste Gefühl, dass man sich in ein Bett legen kann und weiß, ich muss keinen Wecker stellen und ich muss nicht wieder aufstehen.
Und natürlich Essen, das ist natürlich auch toll, so richtig gutes Essen. Ich hab dann auch die ganze Zeit das Bild von meinem Fahrrad von mir und meinen Händen vor Augen gehabt und mir nur im Kopf gedacht, okay, jetzt treten, treten, treten, treten. Und da hat man gemerkt, wie sehr auch der Kopf davon betroffen ist, von diesem ganzen Rennen. Aber Schlafen war wirklich einfach das Beste.
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