Rennrad-News

66 Pässe in 14 Tagen
Guido Kunzes Guinness-Fahrt

Nach 14 Tagen auf Pass-Tour durch die Alpen ist Guido Kunze wie geplant am 24. August auf dem Reiterjoch im Südtiroler Eggental eingefahren. Hinter ihm liegen 66 Pässe mit 70.000 reinen Pass-Höhenmetern. Damit hat der 49-Jährige etwa ein Drittel mehr an Höhenmetern gesammelt als die Tour- und Giro-Profis es in drei Wochen tun…

Vollständigen Artikel lesen …

Der 66. Pass in zwei Wochen. Guido Kunzes finaler Anstieg auf seiner Ultratour ist nochmals brutal. Das Reiterjoch im Eggental in Südtirol kann man von Welschnofen in zwei Varianten in Angriff nehmen. Der Thüringer entscheidet sich sofort für „kurz und steil“. Das bedeutet Rampen bis zu 18-20%. Hinein in den Nebel. Er hat die vergangenen 14 Tagen so viel schlechtes Wetter durchgestanden und so viel Höhenmeter getreten, da ist das Reiterjoch im Niesel ein Ausrollen. Begleitet wird Kunze von Gigi aus Bozen. Über rennrad-news.de hat er von dem Weltrekordversuch erfahren und tritt nun mit bergan.

# Gigi Holzapfel kam spontan aus Bozen als finale Begleitung.

Noch 400 Höhenmeter zum Ziel. Der Nebel reißt auf. Guido Kunze zieht noch einmal an. Das Ziel. Der 66. Pass. Die Freude ist riesig – die Erschöpfung ebenfalls. Mont Ventoux in der Provence, Seealpen, Piemont, Aostatal, Wallis, Tessin, Sella – die zurückgelegte Strecke ist enorm. Die gesammelten 70.000 Höhenmeter sind gerechnet ohne die vielen Wellen zwischen den Pässen, denn das Guinness Buch der Rekorde erkennt nur die offiziellen Passstraßen des Profiradsports an.

# Da schau her: rare regenfreie Momente...

Herzlichen Glückwunsch, Guido! Jetzt kann man erst einmal sagen: 66 Pässe mit 70.000 Höhenmetern. Wie stolz bist Du?

Naja, wir lesen jetzt noch in Ruhe die Gesamt-Höhenmeter aus – das interessiert mich schon… Aber jetzt ist erst einmal wichtig, dass ich diese Strecke mit all den Pässen durchgestanden habe. 66 Pässe und keinen doppelt – das ist schon eine Hausnummer, denke ich.

# Guido am Passo Pordoi – die Dolomiten spitzeln hervor.

Der Durchfall in der ersten Woche hat Dich gleich richtig geschwächt?

Es war für zwei Tage ein sehr, sehr unangenehmes Stop & Go. Kaum saß ich auf dem Sattel, musste ich schon wieder ins Gebüsch – auch wenn manchmal kein Gebüsch da war… Ich konnte nicht mehr essen und war wirklich platt.

Dennoch ging es weiter…

Das geht es immer. Das ist wohl das, was ich aus dem Sport ziehe und auch weitergeben möchte. Es geht immer weiter. Nicht aufgeben. Natürlich gibt es irgendwann physische Grenzen, aber ich habe meine Gesundheit nie gefährdet. Das Gespür für den Körper muss man eben auch haben. Schmerzmittel gibt es bei mir nicht. Nur meinen Physio Nico und der ist das beste Schmerzmittel, das man sich vorstellen kann.

# Physio Nico (links) und Betreuer Jan kochen Kaffee.

Wie sah Dein Tagesablauf aus?

Anfangs sind wir bis 2-3 Uhr Nachts gefahren, um so viele Höhenmeter wie möglich zu sammeln. Das war schon brutal. Wir hatten die ersten Tage auch nur einen Transporter, weil die Wohnwagenmiete nicht geklappt hat.

Geschlafen wurde im Transporter?

Ja, zunächst zu dritt im Transporter. Ab Tag 4 hatte ich dann den Sprinter für mich. Isomatte ausrollen und schon hatte ich meinen Schlafplatz. Wir sind zum Finale hier im Eggental in einem Bike-Hotel eingeladen, dem Garnischgerhof, der so viel Verwöhnprogramm auffährt, dass ich fast schon überfordert bin. Naja, ich werd’s schon schaffen mit der Sauna und dem 4-Gänge Menü und dem Bett.

Obwohl Du meintest, Du weißt gar nicht, ob Du ohne das Regentrommeln noch einschlafen kannst…

Ja, ernsthaft. Ich dachte mir irgendwann: Daheim installierst du dir eine Sprinkleranlage, die den Regen simuliert. Wir hatten so unglaubliches Pech auf der Tour. Schuhe ausschütten, Trikot auswringen – alles Teil der Routine…

# Stelvio: wenig Aussicht, viel Feuchtigkeit.

Wie sieht das nun mit der Guinness-Prüfung aus?

Wir werden die „meist gefahrenen Höhenmeter rein über Pässe“ als Rekord einreichen. Wobei kein Pass mehrfach oder beidseitig gefahren wurde. Es geht also rein um die Pässe. Und was dazwischen liegt: ich bin mir sicher, dass wir gesamt 100.000 Höhenmeter gesammelt haben. Wir haben schließlich 3.500 Kilometer zurückgelegt. Aber das Einreichen bei Guinness braucht seine Zeit. Ich kenne das von meinen anderen Rekorden. Man liefert all das Material, GPS-Daten, Filmaufnahmen, eidesstattliche Erklärungen der Begleiter etc. Deshalb wollen wir nicht von Rekorden sprechen, bevor wir ein Feedback haben.

Und jetzt ab zur Familie?

Erst einmal in die Sauna, dann Eurobike und meinen Sponsoren danken. Garmin, tune, Ghost – ich hatte das beste Rad, das ich je gefahren bin. Da muss ich ein paar Leuten wirklich, wirklich danken! Und dann nach Hause! Endlich.

Die mobile Version verlassen