Renner der Woche Aus Esche plus Krabo mach‘ Tree-Racer

Krabo trifft CYCO, Ruhrgebiet trifft Allgäu in diesem erstaunlichen Renner der Woche. Ein Holzrennrad eines Mifa-Ablegers diente Forumsnutzer Jueva 25 Jahre lang als Alltagsrad. Der Maschinenbauer erlag dann der Faszination des Naturmaterials und schuf seinen eigenen Holzracer. Und in den integrierte er einen ausgedienten Rahmen von Krautscheid aus Bochum – viel Spaß mit diesem Renner der Woche.
Titelbild

Renner der Woche

Tree-Racer, Stahlrahmen aus Columbus-Stahl gebaut von der Firma Krabo, Holzrahmen aus Esche-Funier 1,5 mm, Jueva

Rennrad-News.de: Hallo Jueva. Wie bist Du zu dem Rad gekommen, das wir heute als Renner der Woche vorstellen? Warum hast Du Dich für genau diesen Aufbau entschieden?

Holzrenner faszinierten mich schon lange. Nach der Wende kaufte ich von einem Außendienstmitarbeiter ein Holzrad von der Marke CYCO, Modell: Boss, ab, ein Spross des einstigen DDR-Herstellers Mifa. 25 Jahre lang fuhr ich dieses Tourenrad im Alltag. Immer wieder wurde ich von Passanten auf das Holzrad angesprochen und ich dachte mir, „bau doch selber so ein Rad!“. Monatelang habe ich in meiner Freizeit für die Verwirklichung meines Traums herum getüftelt. Ich wollte ein einzigartiges Fahrrad mit einem Rahmen aus Holz und Stahl, vereint mit neuer Technologie. Nach dem Entwurf von detailgenauen Plänen setzte ich mein Vorhaben mit dem benachbartem Schreiner Matthias Willmann und einer Reihe von Spezialfirmen um.

25 Jahre auf dem CYCO Holzrad – unter anderem auch bei der Eroica – gaben den Ausschlag, den eigenen Tree-Racer zu bauen
# 25 Jahre auf dem CYCO Holzrad – unter anderem auch bei der Eroica – gaben den Ausschlag, den eigenen Tree-Racer zu bauen

Was zeichnet das Rad für Dich besonders aus? Wenn es ein Selbstaufbau oder Tuning ist: Worauf hast Du besonders geachtet?

Entstanden ist ein 22-Gang-Rennrad mit moderner Schaltung (Campagnolo Athena) und vergleichsweise wenig Gewicht: 10,4 Kilo wiegt der „Tree-Racer“. Ich habe so wenig Stahl wie möglich verwendet. Der Glanz und die Struktur der Holz-Elemente lassen mein Herz höher schlagen. Das sieht einfach wunderschön aus. Andere Räder aus Holz haben auch ein gewisses Etwas, entsprechen aber nicht meiner Philosophie. Manche haben ein Charisma im Baseballschläger Outfit, das sagte mir nicht zu!

Bleibt jetzt alles so oder wird es weitere Ausbaustufen geben?

Bisher habe ich zwei Musterräder gebaut, ein Rennrad und ein Lifestyle-Rad „Urban“. Das Interesse von Radsportlern ist da, wurde mir immer wieder zugetragen und motivierte mich auch. Leider wurde bis Heute keines bestellt bzw. verkauft. Ich frage einfach mal hier ins Forum: Was wäre denn eine preisliche Vorstellung?

Der Bauplan für das halbe Holz-Rahmendreieck...
# Der Bauplan für das halbe Holz-Rahmendreieck...
...und der Beitrag von Krautscheid, Bochum, alias Krabo
# ...und der Beitrag von Krautscheid, Bochum, alias Krabo
Der zusammengefügte Rahmen
# Der zusammengefügte Rahmen

Was wiegt Dein Renner der Woche?

Das Rad in der abgebildeten Version wiegt 10,4 kg, für einen Stahl/Holz-Rahmen mit Laufrädern aus Holzfelgen, nicht schlecht. Da ich das Rad nicht verkaufen konnte, werde ich es für den Eigenbedarf umbauen, also einem Tuning unterwerfen. Gabel (Vollcarbon), Sattel und Laufradsatz werden das Gesamtgewicht auf 8,45 kg drücken.

Wo fährst Du mit diesem Rennrad? Welche Rennen, RTF oder andere Veranstaltungen hat es schon bestritten?

Das Musterrad wurde circa 300 km bewegt. Die erste große Ausfahrt beim Tannheimer Radmarathon konnte aus witterungsbedingten Gründen (Gewitter) nicht stattfinden.

Das Musterrad wurde circa 300 km bewegt
# Das Musterrad wurde circa 300 km bewegt

Wie würdest Du das Fahrverhalten des Rades charakterisieren?

Das Fahrverhalten mit den Holzfelgen ist sehr komfortabel, ein geschmeidiges Dahinrollen, ein Genuss. Nicht zu vergleichen mit einem Renner mit Carbon- oder gar Alu-Rahmen.

Wie und wann bist Du zum Rennradfahren gekommen?

Vor 45 Jahren habe ich mir ein Rennrad mit STVO beim örtlichen Kaufhaus „Quelle“ gekauft. Zu Hause angekommen, runter mit dem Schutzblech und dem Sonstigen, was an einem Rennrad überflüssig ist. Ich denke, das Teil wog damals 15 kg.

Wie würdest Du Dich jetzt selbst als Rennradfahrer charakterisieren?

Radsportverrückt, bis heute. Circa 8000 km fuhr ich im Jahr 2019, 63 Jahre, 4 Bypässe, 10 Stents und ein Prostatakarzinom, es geht mir gut. Jedes Jahr (bisher 11x) fahre ich im Frühjahr mit einer kleinen Gruppe zum Radtraining nach Mallorca. Ötztaler-, Arber-, Tannheimer Tal- Radmarathon und ca. 100 Pässe in den Alpen, Madeira, Teneriffa, Mallorca, Sardinien habe ich aufzuweisen.

Das CYCO Holzrad lieferte Inspiration und die Blaupause...
# Das CYCO Holzrad lieferte Inspiration und die Blaupause...
...für den Tree-Racer
# ...für den Tree-Racer
Das vordere Rahmendreieck ist aus Eschenholz
# Das vordere Rahmendreieck ist aus Eschenholz
Der Steuerrohr-Bereich
# Der Steuerrohr-Bereich

Wie bist Du zum Forum von Rennrad-News gekommen?

Ein Freund hat mir den Link mitgeteilt. Tolles Forum.

Was macht für Dich den Reiz des Rennradfahrens aus?

In der Jugend und auch später war der Schwimmsport mein Sport (Nationalmannschaft usw.). Bahn auf, Bahn ab, jeden Tag tausende von Meter Bahnen schwimmen. Das Radfahren hat mir eine Abwechslung gezeigt. Die täglich wechselnden Strecken, das Wetter, die Distanzen, der Erlebniswerte in der Natur, usw…

Dein Verhältnis zur Radbranche – immer das neuste oder am liebsten noch mit Rahmenschalthebel?

Bei meinem Freund darf ich (Rentner) mir in der Werkstatt mit dem Aufbau der neuen Räder etwas dazu verdienen. Dadurch komme ich ständig mit den neuesten Rädern in Kontakt und darf diese auch einmal ausprobieren. Ebenso bin ich jährlich auf der Eurobike. Als Maschinenbautechniker habe ich ein Interesse an der neuesten Technik, fahre aber auch gerne bei der alljährlichen Eroica eine 45 Jahre alte Campagnolo Super Record Schaltung mit großem Spaß.

Klaus Gessenauer zeigt stolz sein Werk – demnächst will er sich das Heben einfacher machen und das Gewicht auf 8,45 kg senken
# Klaus Gessenauer zeigt stolz sein Werk – demnächst will er sich das Heben einfacher machen und das Gewicht auf 8,45 kg senken

Technische Daten: Tree-Racer, Stahlrahmen aus Columbus-Stahl, gebaut von der Firma Krabo, Holzrahmen aus Esche-Furnier 1,5 mm

Rahmen: Tree-Racer, Stahlrahmen aus Columbus-Stahl, gebaut von der Firma Krabo, Holzrahmen aus Esche-Furnier 1,5 mm
Gabel: Columbus-Stahl, gebaut von der Firma Krabo
Schalthebel: Campagnolo Athena 2×11
Umwerfer: Campagnolo Athena 2×11
Ritzelkassette / Abstufung: Campagnolo Chorus 11-32
Tretkurbel / Abstufung / Innenlager: Campagnolo Chorus Carbon Compact 50-34
Pedale: ohne
Kette: Campagnolo 11-fach
Bremsen: Campagnolo Athena
Laufräder: Naben: k.A., Holzfelgen
Reifen: Continental
Sattel / Sattelstütze: Selle Italia Ledersattel Vintage
Vorbau / Lenker: Deda
Lenkerband: Selle Italia Leder
Sonstiges (Licht, Gepäckträger, Dynamo, integrierte Funktionen): k.A.

Über den Renner der Woche

Die letzten Renner der Woche findet ihr hier:

Infos: Redaktion / Fotos: privat

7 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Das ist wirklich ein tolles Projekt. smilie
    Ich hoffe wir bekommen ein Update nach dem Abspecken des Rades.

    Ist das mit der unterschiedlichen Wärmeausdehnung von Holz zu Stahl kein Problem?

  2. Holz ist da weniger mimosenhaft als Metall und macht die unterschiedliche Wärmeausdehnung, bei entsprechender Konstruktion, ganz locker mit.

  3. Ohne Titel.jpg

    Faszination der Kurzlebigkeit
  4. Witzige Sache, vor allem solche Details wie, die Flaschenkorken als Lenkerstopfen.

  5. Für mich wird gerade ein Edelstahlrahmen gebaut, der den Holzrahmen aufnimmt. Dazu noch eine Edelstahlgabel. Beim kompletten Rad werden also blanke Metall-Komponenten mit hellen Holzteilen kombiniert (außer dem Rahmen die Pedale, Felgen und Schutzhölzer). In den nächsten Wochen wird das Rad fertig.

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