Überraschung: Richard Nieuwhuis, Chef von Dugast und Mechaniker des Niederländischen Nationalteams, tauchte kurz im Teamwagen ab und zog einen neuen Dugast-Reifen hervor. Extra für die Weltmeisterschaften in der Schweiz gibt es ein neues Profil, eine Mischung aus Rhino und Typhoon, wie Nieuwhuis sagt. Es habe die schnelle Mittellauffläche des Typhoon und die Seitenstollen vom Rhino. Der neue Reifen besitzt noch keinen Namen. Er soll der niederländischen Equipe um Superstar Mathieu van der Poel auf dem Flugplatz von Dübendorf Flügel verleihen. Rund 5 Stunden eigene Arbeit stecke in jedem der handgemachten neuen Pneus, sagt Nieuwhuis stolz. Neben den Reifen konnten wir noch einen Blick in den Werkzeugkoffer des Reifenmeisters werfen. Auch hier ist die Schweiz schon gegenwärtig.
Die meisten Reifen an den Arbeitsgeräten der CX Pros kommen dem Augenschein nach aus Nieuwhuis Produktion (nicht nachgezählt). Und der Reifen ist im Cyclo-Cross so wichtig wie in der Formel 1. Jedenfalls, scheint es so, wenn man beobachtet, wieviel Aufmerksamkeit die Teams und die Fahrer der Reifenwahl und der Druckbestimmung widmen. Um herauszufinden, was sonst noch gefahren wird, haben wir beim letzten Lauf des Weltcups in Hoogerheide im Fahrerlager zwischen den Campern umgesehen und uns natürlich auch die Cyclocross-Räder der Profis, mit denen sie zur Weltmeisterschaft in Dübendorf reisen werden, genau angeschaut.
=> Hier findet ihr den Bericht über die Cyclocross-Bikes der Pros 2019
Stevens Super Prestige von Yara Kastelijn
Die Stevens Super Prestige Cyclocross-Bikes waren bei den Weltcupläufen der Frauen Elite fast immer an der Spitze zu sehen. Das belgische Team777 stellt nicht nur die Europameisterin Yara Kastelijn. Auch die Niederländerin Annemarie Worst, die in Hoogerheide den Gesamtweltcup gewann, fährt für die Equipe. Die Basis für ihre Arbeitsgeräte bildet der in den kleinen Größen sub 1.000 g leichte Stevens Super Prestige Carbonrahmen. Im Unterschied zum Serienmodell hat Kastelijn erstens eine andere Kurbel (Easton EC90 Carbon) und wie viele Fahrerinnen andere Kettenblätter, ebenfalls von Wickwerks – und natürlich den Lack der Europameisterin.
Canyon Inflite CF SLX von Marcel Meisen
Canyon hat zwar eine neue Team-Edition seines besten Cyclocross Bikes Inflite CF SLX im Programm. Aber an das echte Team-Modell bei Alpecin-Fenix, das Marcel Meisen fährt, kommt sie nicht heran – nicht nur wegen der Lackierung, die an Meisens Rad den Meistertitel würdigt und einen Glitter-Effekt hat. Auch die Shimano Dura Ace Di2 2-fach Antriebsgruppe gibt es nicht ab Werk. Dass die Cyclo-Cross Pros immer eigene Laufräder und Reifen fahren, versteht sich. Und bei den Scheibenbremsen geht Meisen wie die meisten Cyclo-Cross-Fahrer hinunter auf 140 mm während das CF SLX in der Team-Edition für den Normalo-Crosser mit 160 mmm kommt.
Trek Boone von Toon Aerts
Noch ein Pro CX-Bike in Meisterfarben. Toon Aerts hat den belgischen Meistertitel in diesem Jahr zwar an Laurens Sweeck abgeben müssen, sein Rad in Meisterfarben fährt er aber immer noch. Das Trek Boone hat dabei insofern auch eine Sonderstellung unter den Pro-Bikes, als es das einzige CX-Rad mit einer eingebauten Dämpfung ist. Treks IsoSpeed-Aufhängung lässt das Sitzrohr und das Steuerrohr in Fahrtrichtung stärker flexen, was auf Kursen mit vielen Wurzeln oder holprigem Wiesen ein Vorteil sein kann. Interessant: Während das Boone in der Serie mit IsoSpeed vorne und hinten ausgerüstet ist, fährt Aerts offenbar nur hinten gedämpft. Der Belgier gewann den Gesamtweltcup und man darf gespannt sein, was für eine Lackierung sein nächstes Boone in Dübendorf haben wird.
Trek Boone von Kathie Compton
Kathie Compton hat ihr neues Trek Boone mit Sonderlackierung in Hoogerheide zum ersten Mal präsentiert. Das Rahmendesign mit Höhenlinien ist eine Hommage an den Pikes Peak Mountain, einen der 14.000er (über 14.000 Fuß) Gipfel der Rocky Mountains im US-Bundesstaat Colorado. Auf das Oberrohr ist das Gesicht eines Rottweilers lackiert. Kathie und ihr Mann nehmen Rottweiler zu sich auf und pflegen sie. „Wir wollen dieses Jahr auch die Stadt Rottweil besuchen, wenn es geht“, sagt Mark Legg, der auch Kathies Mechaniker ist. Legg legt größten Wert auf perfekte Details. Züge und Leitungen werden in Schrumpfschlauch gebündelt, um das Rad clean zu halten. Zusätzliche Befestigungen erfolgen mit Golddraht oder auch mal mit Hitze abschirmendem Goldband aus dem Auto-Zubehör. Anders als Toon Aerts fährt Compton das Boone mit beiden IsoSpeed-Dämpfungen. Während das Trek Factory Team auf SRAM unterwegs ist, schwört Compton auf einen 2-fach Shimano-Antrieb. Wie viele Fahrerinnen ist sie dabei mit 42-34 Zahnkränzen unterwegs. Auch auf die DT Swiss 240-Naben schwört Mark Legg Stein und Bein. Manche seien schon 6 Jahre im Einsatz, sagt er, und kann es selbst kaum glauben, weil das unter den Bedingungen des CX mit ständigem Hochdruckreiniger-Einsatz wie eine Ewigkeit scheint.
Ridley X-Night Disc von Jens Adams
Auf Ridley X-Night Disc ist das gesamte Team Pauwels Sauzen-Bingoal unterwegs, wo auch Eli Iserbyt fährt, der neben Toon Aerts die Hoffnungen der Belgier auf einen Weltmeistertitel hochhält. Das X-Night ist das Cyclo-Cross-Wettkampfbike der Belgier von Ridley schlechthin, aber wie bei den anderen Marken für den normalen Kunden nur in einer ausstattungsmäßig abgespeckten Version zu haben. Es war das einzige CX Pro Bike mit vollständig innenliegenden Leitungen und Zügen, das wir gesehen haben. Auffallend am Arbeitsgerät von Jens Adams war die 2-fach Rotor Kurbel. Außerdem schwören die Team-Mechaniker auf die gelben Swiss-Stop-Bremsbeläge. Sie sollen länger halten. Auf den Carbonlaufrädern kleben FMB-Reifen, die andere weit verbreitete Schlauchreifen-Marke neben Dugast, Challenge und Vittoria.
Radon von Lisa Brandau
Die deutsche Meisterin Elisabeth Brandau mischt im MTB-Weltcup erfolgreich auf Radon Bikes mit. Auch ihr Cyclocross-Arbeitsgerät trägt den Namen der Bonner, hat aber ganz augenscheinlich einige Gemeinsamkeiten mit dem Rad von Jens Adams. Wie so oft bei den CX-Pros ist die Familie voll ins Teamleben eingespannt. Mann und Mechaniker Marco Brandau kümmert sich um das Material. Neu am Rad sind leichtere Laufräder von Tune. Bei der Reifenwahl kommt auch das Budget zum Tragen. Das EB-Racingteam wird zwar von Vittoria gesponsored, kann aber nicht aus dem Vollen schöpfen und beschränkt sich deshalb auf den besten Schlammreifen im Programm der Italiener – lieber etwas langsamer im Trockenen als im Matsch die Haftung verlieren.
Van Rysel im französischen Team
Ähnlich wie um das Radon ist es um das Van Rysel bestellt, das ein Fahrer des französischen Teams fuhr. Es ist ein reines Pro Bike und nicht im Angebot von Decathlon zu finden, die erst letztes Jahr die neue Marke van Rysel für ihre High-end Rennradprodukte ins Leben riefen. Das Van Rysel Cyclocross-Bike rollt außerdem auf Reifen von Michelin. Der französische Hersteller führte erst vor kurzem eine neue Version des Klassiker Cyclocross Mud und Jet ein.
Focus Mares von Simon Sägesser
Der Schweizer Simon Sägesser hat nächstes Wochenende in Dübendorf ein Heimspiel auf seinem Focus Mares Cyclocrosser. Team-Mechaniker ist auch hier: ein Familienmitglied, nämlich Simons Vater Hansjörg Sägesser. Auf dem Oberrohr des Focus Mares Carbonrahmens hält ein Aufkleber fest, wer alles einen Beitrag zum Auskommen des Teams leistet. Der Sticker dient als Motivationshilfe. Auch hier finden sich viele Familienangehörige, Mutter, Bruder, alle machen mit. Die Rahmen sponsert Focus Schweiz. Für die Laufräder legt Simon selbst Hand an, wie der Vater verrät. Die Carbonfelgen kauft er in China. Jede Saison müssen die alten Reifen runter und neue geklebt werden. Dazu trägt Hansjörg Sägesser vier Lagen Schlauchreifenkleber pro Rad auf, wie er sagt.
Kona Major Jake von Clara Honsinger
US-Meisterin Clara Honsinger reiste mit ihrem Kona Majoa Jake an, das ebenfalls in zahlreichen Details personalisiert war. Auffallend ist, dass Dugast oder FM-Reifen scheinbar unter den US-Fahrern kein „Must“ sind. Challenge und Vittoria sind ebenfalls oft montiert. Bei den Laufräderm setzt Honsinger auf die relativ junge und kultige US-Marke Hifi-Wheels.
Squid Bike von Samantha Runnels
Squid Bikes auf Kalifornien sponsert ein eigenes Cyclo-Cross Team. Das Arbeitsgerät der Fahrer dürfte neben dem Bike der Japanerin Aya Akamatsu das letzte verbliebene Alu-Modell im CX Weltcup sein. Das Aussehen ist auf jeden Fall spektakulär. Und Samantha Runnels bewies im Rennen, dass man mit dem Alu-Racer auch richtig schnell sein kann.
Van Dessel Full Tilt Boogie von Shannon Mallory
Van Dessel ist eine US-Marke. Das CX-Modell Full Tilt Boogie hat Shannon Mallory in ein persönliches Statement verwandelt. Mit SRAM Force 1×11-Gruppe ist es eine Generation und einen Gang hinter den aktuellen Arbeitsgeräten zurück der Pros zurück. Das durchschimmernde Carbon war allerdings ein Hingucker.
KTM Canic CXC von Marta Zanga
Das italienische Frauen-Team KTM Alchemist Selle SMP fährt auf dem KTM Cyclocrosser Canic. Das Rad von Marta Zanga wurde uns als Besonderheit ans Herz gelegt, weil es bereits mit einer absenkbaren Sattelstütze ausgerüstet ist, die eventuell auch von den anderen Fahrerinnen des Teams gefahren werden wird. Im immer technischeren CX-Sport, Beispiel Namur, könnte sie ein Vorteil sein. Ein Hingucker sind auch die Laufräder des italienischen Herstellers Alchemist.
Vermischtes
Welches Arbeitsgerät der Profis würdet ihr gerne einmmal fahren?
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17 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDie GRX-Kurbel gibt es zweifach nur in 48-31, ist also auf max. Spreizung ausgelegt. Die meistens Profis bevorzugen lt. eurem Bericht eine eng abgestufte Übersetzung -> 46/39. Also wieder etwas das gegen die GRX spricht. Ausnahmen gibt es natürlich, z. B. Kerry Werner, der die GRX-Hebel fährt.
Die GRX wäre auch nur als 1-fach-Variante interessant. Zweifach, da stimme ich dir zu, ist sie (eher) nicht für CX geeignet.
Zum Thema welches Blatt;
46/11 sind 49km/h bei 90rpm, selbst bei 70rpm noch 38km/h.
39/11 sind 41,5km/h bei 90rpm und 32km/h bei 70rpm.
Möglich dass 39/11 schon ausgereizt wird, aber das 46er sehe ich nicht.
Man müsste mal die Stats von nem Pro aus den Rennen haben um zu sehen, welche Geschwindigkeits- & Kadenzbereiche auftreten.
So könnte man das mit Gewissheit sagen; Ohne die Daten hab ich eher das Gefühl, dass das 46er Blatt mehr Zierde als echter Faktor ist.
Was vll. noch ein Argument gegen die GRX-Kurbel ist: der Q-Faktor ist größer als der reiner RR-Kurbeln, da sie auch an Rahmen mit größerer Reifenfreiheit passen soll.
Die GRX Kurbel ist auch schwerer. Aber die Di2 Hebel der Gruppe könnten sie ja fahren. Sie sind schlanker und bieten bergab mit den ausgeprägten Höckern mehr Halt. Ich denke, sie können es sich einfach nur bedingt aussuchen.
Pros schauen sich das wohl kaum im Ritzelrechner an. 😉 Die schätzen und fahren es so. In Roubaix werden bspw. Kombis wie 44/53 oder gar 46/53 gefahren. Das rechtzeitige Schalten haben sie auch drauf. Da mach ich mir keine Sorgen.
PauwelsBingoal wird z.b. gar nicht von Shimano gesponsert und Rotor bietet auch äußerst schicke Einfachkurbeln an. Trotzdem haben sie nen Umwerfer dran. Das Sram 1x12 pushen will is ja auch klar.
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