Matej Mohorič gewann Mailand – San Remo dank einer geradezu halsbrecherischen Abfahrt. Dabei nutzte der Bahrain-Victorious Fahrer auch eine absenkbare Sattelstütze, eine sogenannte Dropper Post. Holte er damit die entscheidenden Sekunden beim Downhill vom Poggio?

Hat Matej Mohorič wegen seines Wagemuts in der Abfahrt oder wegen des Einsatzes einer Dropper Post am Rennrad am Samstag Mailand – San Remo gewonnen? Man wird es nicht mehr sagen können. Fest steht, dass er das erste Radsportmonument der Saison vor der versammelten Weltelite und begnadeten Fahrtechnikern auf dem Rennrad wie Mathieu van der Poel und Wout van Aert in der Abfahrt gewonnen hat.

Poggio Abfahrt bei Mailand – San Remo

Zum Hintergrund: Beim 300 km langen Frühjahrsklassiker Mailand – San Remo folgt nach dem letzten, rennentscheidenden Anstieg, dem Poggio, nur noch eine anspruchsvolle Abfahrt, gefolgt von einem kurzen Flachstück bis die Rennfahrer im Ziel sind. Vom Gipfel bis zum Ziel sind nach dem 162 Meter hohen Berg rund 5,6 km zurückzulegen. Häufig kommen die wichtigen Attacken am Anstieg, der aber gerade noch nicht steil und lang genug ist, um sprintstarke Allrounder abzuschütteln.

Video: Abfahrt Mohorič Mailand – San Remo

Abfahrtswagnis mit Variostütze

Matej Mohorič sagt, er habe den ganzen Winter auf Mailand – San Remo hingearbeitet. Er kam mit der stark ausgedünnten Spitzengruppe über den Gipfel des Poggio und setzte seine Attacke aus einer hinteren Position genau bei dere Überquerung der Höhe.

Was folgte, beschreibt Lance Armstrong in seinem Wedu Podcast mit den Worten „Safety Third!“ – Sicherheit an dritter Stelle. Einmal gerät Mohorič bei rasendem Tempo in den Rinnstein, nur weniger Zentimeter entfernt von einer Hauswand und rettet sich nur reflexartig mit einem Bunny Hop.

Was zu dem Zeitpunkt nur wenige wissen: Mohorič nutzt eine Variostütze. Solche Sattelstützen lassen sich vom Lenker aus absenken. Sie kommen normalerweise zum Einsatz, um mehr Bewegungsfreiheit auf technisch schwierigen Trails mit dem MTB oder neuerdings auch dem Gravel Bike zu haben, besonders an Steilstücken.

Um Vorteile bei der Fahrtechnik wird es Mohorič und seinem Team aber weniger gegangen sein, auch wenn er sie offenkundig benötigte. In der Abfahrt bringt ihm die Dropper Post zwei Vorteile: einen niedrigeren Schwerpunkt bei dennoch Unterstützung vom Sattel – im Unterschied zum verbotenen Supertuck. Außerdem bedeutet ein weiter abgesenkter Oberkörper auch einen aerodynamischen Vorteil, was der Hauptgrund für den Einsatz des Supertucks war.

Matej Mohorič gewann Mailand - San Remo auch vor begnadeten anderen Fahrtechnikern wie Mathieu van der Poel (3.) und dem Zweiten Anthony Turgis.
# Matej Mohorič gewann Mailand - San Remo auch vor begnadeten anderen Fahrtechnikern wie Mathieu van der Poel (3.) und dem Zweiten Anthony Turgis. - Foto: @sprintcycling @bahrainvictorious

Wie das Portal Bikeradar berichtet, handelte es sich bei der eingesetzten Variostütze um eine Fox Transfer SL (Fox Transfer Test). Laut Mohorič konnte sie 6 cm vom Cockpit aus abgesenkt werden. Er nutzte den Mechanismus mehrmals während der Abfahrt, sagt er. Voraussetzung für den Einsatz einer Dropper Post am Rennrad ist dabei ein rundes Sattelrohr, weshalb Mohorič in diesem Rennen auf das Merida Scultura umstieg. Normalerweise nutzt er das Merida Reacto Aero-Rennrad.

UCI Statement zur Dropper Post

Die UCI hat heute ein offizielles Statement zum Einsatz der Dropper Post in Straßenrennen veröffentlicht. Demnach ist der Einsatz von absenkbaren Sattelstützen legal, solange sie Artikel 1.3.013 der UCI Regularien genügen. Darin wird unter anderem der mögliche Versatz des Sattels im Bezug zu einer Senkrechten durch die Tretlagermitte geregelt. Demnach ist der Einsatz legal, wenn der Sattel am höchsten und niedrigsten Punkt nicht die mindestens 5 cm Versatz unterschreitet oder den maximalen Versatz überschreitet.

Was sagt ihr zur Dropper Post am Rennrad – werden wir sie zukünftig öfter in Rennen sehen, bei denen die Abfahrt entscheidend ist?

Text: Jan Gathmann / Fotos: @Sprintcycling @TeamBahrainVictorious
  1. benutzerbild

    Rines

    dabei seit 11/2014

    Wie nutzen? Jeder kann den nutzen, nur dann ist er eventuell raus 😛 wie meinst du das?

  2. benutzerbild

    minimal21

    dabei seit 01/2021

    Ich glaube nicht, dass die Dropper Post wirklich rennentscheidend war.
    Sehe ich auch so. Geschwindigkeit kommen immer noch aus den Beinen und aus dem Kopf.

    Das wurde hier noch nicht diskutiert aber ich bin mir ziemlich sicher vorne eine 180er Bremsscheibe zu sehen. Wenn die anderen 140er hatten dann hatte er einen deutlichen Vorteil in der Abfahrt weil er einfach länger schnell fahren konnte und seine Bremse nicht so schnell überhitzt.
  3. benutzerbild

    getFreaky

    dabei seit 06/2011

    Sehe ich auch so. Geschwindigkeit kommen immer noch aus den Beinen und aus dem Kopf.

    Das wurde hier noch nicht diskutiert aber ich bin mir ziemlich sicher vorne eine 180er Bremsscheibe zu sehen. Wenn die anderen 140er hatten dann hatte er einen deutlichen Vorteil in der Abfahrt weil er einfach länger schnell fahren konnte und seine Bremse nicht so schnell überhitzt.

    Meiner Erfahrung vom MTB nach kannst du gar nicht die Performance einer 180er Scheibe in negative Beschleunigung voll Ausreizen da die schmalen Pneus die Kraft nicht auf die Straße übertragen können. Mit meiner 160er DA bin ich mehr als happy und das jeden Alpenpass runter (knapp über 70kg). 160 kann man da noch gut dosieren, 140er gehört vorne verboten.
  4. benutzerbild

    getFreaky

    dabei seit 06/2011

    Der konnte aber noch den Supertuck nutzen, oder?

    Theoretisch, und/oder gut ansaugen bergab. Mohoric hatte da auch ein Motorrad vor ihm, was ihm etwas die Kurven zeigt und Windschatten spendet
  5. benutzerbild

    Recordfahrer

    dabei seit 02/2005

    Wie war denn die Trittfrequenz von Mohoric? Mir ist es nämlich mal passiert, dass mir beim Fahren die Sattelstütze um etwa 15mm reingerutscht ist. Das hatte ich erst zu Hause gemerkt, vorher konnte ich auf einer an sich unspektakulären Abfahrt (max. 8% Gefälle, allerdings mit ordentlich Anlauf) meine Maximalübersetzung von 53/11 ohne das übliche Sattelhüpfen mit 150 U/min ausfahren, so eine hohe Trittfrequenz hatte ich vorher (und auch danach) nie erreicht (nur später mal knapp soviel, allerdings auf einer deutlich steileren Abfahrt). Schon damals hatte ich überlegt, ob das wegen der reingerutschten Sattelstütze war. Optimal wäre es dann, die Sattelstütze ab einer bestimmten Trittfrequenz sukzessive abzusenken, um sie dann wieder mit abnehmender Drehzahl rauszufahren.

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