Die besten Bikes von der Premiere der Bespoked 2023 in Dresden – hier kommt Teil 2 unseres Berichtes von der Handmade Bikes Messe, auf der sich erstmals die internationale Rahmenbauer-Szene an der Elbe versammelte. Diesmal geht es weiter mit den Bespoked Awards im Video sowie einem besonderen Fokus auf Rennräder und Randonneure mit passendem Zubehör in unserem Rundgang.
Video: Bespoked 2023 Best of Awards
Meerglas
Meerglas genießt international Renommee für mit viel Liebe zum Detail gemachte Randonneure, die oft auch auf klassische Rennrad-Technik setzen. Für heutige Verhältnisse eher schlanke Stahlrohre und Reifen in 650b kennzeichnen häufig die Kreationen von Tom von Meerglas, der nach einer zweijährigen Pause jetzt die Arbeit wieder aufgenommen hat. Den Start des Rahmenbauens machte er übrigens zusammen mit Fern in einer gemeinsamen Werkstatt in Berlin – man kann fast von einer Berliner Randonneur-Schule sprechen, bei der Meerglas die klassischere Optik vertritt und Fern die modernere.
Meerglas übt das Rahmenbau-Handwerk bereits seit 9 Jahren aus, die Wartezeit für ein Fahrrad aus Tom Beckers Händen war zwischenzeitlich bei über einem Jahr. Fast alles an seinen Rennrädern kommt bei Meerglas aus der eigenen Werkstatt, vom Rahmen über die filigranen Gabeln bis hin zu den Gepäckträgern und den Gegenhaltern für die Cantilever-Bremsen. Nicht nur die Geometrien, sondern auch die Auslegung der Stahlgabeln mit spezieller Vorbiegung und die schlanken Rohre werden auf die Bedürfnisse und Statur der Fahrerinnen und Fahrer abgestimmt und sollen für ein stimmigeres Fahrerlebnis sorgen. Randonneure von Meerglas sind nicht selten auch bei Brevets wie Paris – Brest -Paris am Start und entsprechend mit Licht und Strom aus dem Nabendynamo versorgt. Mehr: http://meerglas.org/
Cycles Steil
Cycles Steil kommen aus Hamburg und sind ebenfalls den klassischen Randonneuren verpflichtet. Auch hier geben schlanke Stahlrohre und 650b-Laufräder das Grundgerüst für gelungene Maschinen für die Langstrecke ab. Die Rahmen entstehen natürlich nach Maß auf Kundenwunsch. Bei den Farben mag man es allerdings etwas frischer. Neben „Randonneusen“ baut Johannes Steil auch klassische, für die Stadt und Transport ausgelegte „Porteure“ und auch Rennräder gehören zum Portfolio. Dem Rahmenbau geht immer ein Bikefitting voraus. Mehr: http://cycles-steil.com/
Fern
Fern und Gramm Tourpacking aus Berlin haben wir euch auf den Craft Bike Days schon ausführlich vorgestellt – hier geht es zum Fern & Gramm Portrait. Auf der Bespoked 2023 rückten sie noch einmal Randonneure ins Rampenlicht, ergänzt mit neuen schlanken Taschenlösungen von Gramm für die hauseigenen Allygn-Gepäckträger.
Rahmenbau richtet sich nicht nach Konventionen. Sowohl ein klassischer Randonneur mit 650b-Laufrädern und weniger klassischen V-Bremsen und Neon-Farbverlauf war zu sehen, als auch ein Touring Gravel Bike mit Slicks, Campagnolo Ekar 1×13-Gruppe und Laufrädern von Beast Components, das die Schönheit von Schwarz feiert. Unter ihrem Gepäckträger-Label Allygn präsentierten die Berliner ein offroad orientiertes Gravel Bike mit Stollenreifen und geschweißtem Stahlrahmen fürs Grobe. Die Carbon-Schutzbleche kommen von Veloduo aus dem UK. Mehr: www.fern-fahrraeder.de
Avalanche Randonneur & Gravel Bike
Der Bespoked Award für „Bestes Gravel Bike“ ging an Avalanche Cycles aus Paris. Es handelt sich um das erste Titan Gravel Bike der beiden Rahmenbauer und es ist mit einem hohen Anteil Titankomponenten komplettiert. So ist etwa auch der Vorbau aus Titan 3D-gedruckt und die Verbindungen zwischen den Rohren ebenfalls. Das Avalanche Duo führt auch die Lackierungen eigenhändig aus.
Avalanche hat einen Namen in der Longdistance- und Brevet-Szene und entsprechend ist auch das Titan Gravel Bike gleich mit einem lichtstarken Nabendynamo-Scheinwerfer von Sinewave ausgestattet. Neben dem Gewinner Gravel Bike zeigte Avalanche noch ein Randonneur-Modell, das für eine Teilnahme am Concours des Machines zusammen mit einer Kundin realisiert wurde. Der Concours – Deutsch: Wettbewerb – richtet sich an Rahmenbauer und ist dadurch gekennzeichnet, dass nur solche Maschinen (Fahrräder) teilnehmen dürfen, die tatsächlich die 1.218 km von Paris – Brest – Paris bestanden haben. Die Fahrerin des Avalanche Randonneurs musste wegen Schlafproblemen jedoch wenige Kilometer vor dem Ziel aufgeben. Und so durfte der Avalanche Audax-Randonneur mit seinen vielen tollen Details nicht teilnehmen (leider haben wir in der Show-Hektik, die Fotos der Komplettbikes nicht gut getroffen, sodass wir hier ein Bild von Avalanche zeigen). Mehr: www.avalanche-cycles.com
Paul van de Zwaard
„Wer ein Tattoo und ein Rad auf Maß will, kann gerne vorbeikommen“, lädt Paul van de Zwaard auf seinem Instagram-Kanal ein. Tagsüber tätowiert Paul in Groningen, in seiner Freizeit baut er Rahmen und Gabeln aus Stahl, gerne auch für lange Touren. Eine Spezialität ist die Gabel mit integriertem Gepäckträger für 20-Zoll-Laufräder. Paul fertigt sie nach Maß und mit ihr lassen sich Rennräder und Co. durch einfachen Umbau in ein Lastenrad mit günstigem Schwerpunkt verwandeln. Sie soll circa 360 € kosten.
Yaad
Yaad gewann den Bespoke Award in der Kategorie Bestes City- und Touringbike. Aber die Stuttgarter beherrschen auch Gravel- und Roadbikes, wie sie am Stand zeigten. Auch Liebhaber von Felgenbremsen und kurzen Radständen fürs Crit-Racing werden hier fündig. Till von Yaad baut schon seit 13 Jahren eigene Rahmen. Wer direkt passende Bikepacking-Taschen zum Custom-Bike will, ist bei Yaad ebenfalls gut aufgehoben. Mit FoGoods aus Stuttgart hat man eine Kooperation und kann die Taschen aus XPac und anderen Materialien nach Wunsch gleich farblich und funktional auf das Rennrad- oder Gravel Bike abgestimmt bekommen. Flo von FoGoods greift dazu auch gerne auf Recycling-Materialien zurück. Mehr: FoGoods | Yaad
Rossmann & SON
Nein, hier geht es nicht um „Rossmann und Söhne“, sondern um eine ziemlich geniale Umsetzung des US-Rahmenbauers Rossmann mit Technik der deutschen Nabendynamo-Legende Schmidts Original Nabendynamo, besser bekannt als SON. Rossmann hat alte Ansätze wiederbelebend einen neuen Weg für den Strom zum Rücklicht gebahnt: durch die Lager des Steuersatzes – wie Wilfried Schmidt sagt, nichts Besonderes, da bei einadriger Kabelführung der Strom schon immer diesen Weg genommen habe. Hier geht es aber um die zuverlässigere zweiadrige Lösung mit Koaxialkabel. Vorteil der Konstruktion: Die Stromleitung tritt nur an den Lichtern zum Vorschein. Verbunden mit der Abnahme des Dynamo-Stroms im Gabel-Ausfall-Ende ergibt sich damit eine sehr saubere Lösung.
Entstanden ist die Lösung am Randonneur von Rossmann, den er für einen Kunden baute, und der am Concours des Machines teilnahm – für den wiederum die Teilnahme an Paris – Brest – Paris Voraussetzung ist (hier im Video könnt ihr ein anderes Rad von Rossmann im Einsatz sehen). Und dahinter steckt der Ansatz, ein Rad zu bauen, das den Ansprüchen des Transports in der japanischen Bahn genügt, also so klein packbar ist, dass es auch in Schnellzügen mitgenommen werden kann. Dafür muss die Gabel ausgebaut werden. Und der Ehrgeiz Rossmann war es, dies zu ermöglichen, ohne Kabel zu trennen. So entstand übrigens auch der magnetische Schalter für Licht und Ladestrom, bei dem der schaltende Teil immer in der Gabel verbleibt. Auch seine Vorbauten fertigt Rossmann selbst.
Warum er eine Dropper-Post am Rad montiert habe, fragten wir Rossmann auf der Bespoked 2023 auch. Seine Antwort: Um mit dem Gesäß tiefer zu kommen und den Nacken weniger zu belasten, wenn er auf den vielen Hügelabfahrten auf der PBP-Strecke in den Aero-Tuck geht.
Der Preis des Concours des Machines Randonneurs mit sämtlicher Technik, eigens gefertigten, größeren Abdeckungen für die Gewinde-Einsätze für die Flaschenhalter, eigenen Ausfall-Enden und mehr soll bei rund 11.900 € gelegen haben. Der Großteil seiner Räder gehe aber für unter fünfstellige Preise an die Kundinnen und Kunden, sagt Rossmann. Mehr: www.rossmancycles.com
Spoon Customs
Die Custom-Bauer von Spoon aus dem UK hatten gleich eine ganze Reihe von Rennrädern und Gravel Bikes im Gepäck. Darunter war auch ein auffällig lackiertes Rennrad, für das der Lackierer zusammen mit Quirk Cycles (ebenfalls aus UK) den Best Finish Award erhielt. Das Rennrad von Spoon heißt Izoard und wird entsprechend aus einem leichten Columbus Spirit HSS-Rohrsatz gefertigt. Es wurde auf der Bespoked 2023 erstmals mit integrierten Leitungen vorgestellt. Spoon nutzt hier das Cinelli-System mit einem Kleeblatt-förmigen Gabelschaft, das ebenfalls noch recht neu ist. Auch Carbon verarbeitet Spoon zu Custom-Bikes, bietet aber auch Rennäder von der Stange an. Mehr: www.spooncustoms.com
Festka Spectre LE Bodies
Die tschechischen Hightech-Rahmenbauer von Festka stellten auf der Bespoked 2024 eine limitierte Edition ihres gerade erst erneuerten Rennrades Spectre aus. Das Spectre LE „Bodies“ entstand in Zusammenarbeit mit dem polnischen Künstler Jakub Kois, dessen Werk oft um den menschlichen Körper kreist. Zu der Kooperation kam es auch, weil Festka Gründer und Ex-Profi Michael Moureček sich bei einem Sturz während einer Ausfahrt schwer verletzte und während der Reha-Zeit seinen Körper ebenso neu kennenlernte wie den Künstler. Die Limited Edition mit Shimano Dura-Ace Di2 und Enve-Parts ist ab 31. Oktober auf der Festka-Seite bestellbar. Preis: 18.490 €.
Das Spectre ist Festkas pure Race-Maschine. Sein Carbonrahmen mit integrierter Sattelstütze soll etwas über 1,000 g wiegen und in der neusten Generation noch einmal steifer geworden sein. Reifen bis 33 mm in 700c passen in den Rahmen, den es jetzt auch mit integrierten Leitungen gibt (ausschließlich für E-Schaltungen). Mehr: https://festka.com
Bordure Cycles
Bordure Cycles aus Epernay, Frankreich, gewann zwar den Bespoked Award für das Beste MTB, hatte aber einen großen Stand mit einigen anderen interessanten Rennrädern und Gravel Bikes. Die französische Custom-Schmiede arbeitet viel mit Enve-Komponenten und ihr Gravel Bike im Blumendesign war das erste Bike, das weltweit mit Gabel- und Vorbau der US-Marke für die Vollintegration ausgestattet war. Es soll 8,3 kg wiegen.
Unter dem Lack verbirgt sich Titan, das Bordure bevorzugt verbaut, dann mit 3D-gedruckten Verbindungen oder geschweißt. Eigene Kurbeln aus Titan haben die Franzosen ebenfalls. Für reges Interesse sorgten auch die Titan-Carbon-Kombinationen. Bordure setzt – wie viele andere Rahmenbauer auf der Messe – bevorzugt auf den T47-Tretlager-Standard und sieht in als großen Fortschritt. Alle
Jaegher
Aus Belgien ist Jaegher nach Dresden gereist, um die hauseigenen Kreationen zu präsentieren. Die Belgier setzen hauptsächlich auf Edelstahl wie Columbus XCR für ihre Rahmen. Die Lackierung wird unmittelbar auf dem Metall aufgebracht, was den Farben einen speziellen Glanz verleiht. Generell stehen die Rennräder und Gravel Bikes bei Jaegher für einen edleren Auftritt.
Das Modell FL-X Acender ist ihr Rennrad aus Columbus XCR Stahl, der laut Jaegher steifer ist als die weniger edlen Stähle. Der Rahmen soll rund 4.750 € kosten [Update 3.1.2024: In einer ersten Version des Artikels wurder der Preis falsch mit 7.000 € angegeben], circa 14.000 € werden für das Komplettrad fällig, das 7,9 kg wiegen soll, wie es auf der Messe stand. Der Rahmen allein soll 1,5 kg wiegen und kann für Reifen bis 32 mm in 700c oder sogar für 35 mm ausgelegt werden. Jaegher arbeitet mit 2 Schweißern, wobei ihr Mitarbeiter „Eddy“, wie sie sagen, bereits Rahmenbauer in dritter Generation ist. Demnächst will die Customschmiede Produktion und Büro zusammenlegen und dann auch für Besuche zugänglich machen. Mehr: https://www.jaegher.be/
Light Wolf
Nicht weit hatte es Felix von Light Wolf auf die Bespoked 2024 – der Custom-Laufradbauer hat seine Werkstatt direkt in Dresden. Neben den eigenen, handgefertigten Laufrädern mit erprobten, aber gerne auch exklusiv leichten Komponenten, baut Light Wolf Studio auch Custom Bikes von verschiedenen Herstellern auf Kundenwunsch auf. Eine kleine Auswahl davon hatte man mit auf die Bespoked gebracht, ergänzt unter anderem mit Teilen von Beast Components aus Dresden, die an einem Showabend auch einen Rundgang durch ihre Fertigung für die Besucher anboten. Mehr: https://www.light-wolf.de/
Finn Bar Trout Cycles
Ein paar Rennräder aus dem vielseitigen Schaffen von Finn Bar Trout mit Werkstatt in Köln haben wir euch schon im Bericht von den Gravel Games 2022 vorgestellt. Rahmenbauer James Buckley hat schon eine Karriere in der Modebranche hinter sich, was man seinen Rennrädern und Gravel Bikes auch ansieht.
Das Rennrad im gepflegten und kommentierten RAW-Look entstand aus dem Kundenwunsch, vorhandene Teile an einem neuen Bike wieder einzusetzen. Das Rad selbst legt nicht nur seine Entstehung offen, sondern auch die Bausteine, aus denen es im Fillet-Brazed-Verfahren zusammen gefügt ist.
James Buckley fertigt sowohl in Muffenbauweise als auch im Fillet-Brazed-Verfahren. Er setzt meist auf Stahl und will auch dazu ermutigen das Rad in zeitloser Form als einen Begleiter fürs Leben aufzufassen und damit dem Rahmenmaterial, das bei seiner Herstellung viel Energie verbraucht, einen verhältnismäßig geringen Fußabdruck zu verleihen (auf dem Habenkonto in Sachen Ressourcenschonung verbucht Stahl gegenüber Carbon ohnehin die Recyclingfähigkeit). Mehr: https://finnbartroutcycles.com/
Acto5
Über das Acto5 MTB aus dem Video erfahrt ihr mehr im Bespoked 2023 Mountainbike-Bericht auf MTB-News. Schaut mal rein!
Was sind eure Favoriten unter diesen kunstvollen Bikes von der Bespoked 2023?
Hier lest ihr mehr zur Bespoked 2023:
- Best of Bespoked Dresden 2023 – Teil 1: 21 Highlights des Handmade-Fahrradbaus
- Best of Bespoked Dresden 2023 – Teil 2: 14 Rennräder & Randonneure im Rundgang
- Best of Bespoked Dresden 2023 – Teil 3: 10 + 20 Gründe fürs Custom-Bike
4 Kommentare