Grundlegendes
Bersillies l´Abbaye, ein kleiner Ort auf der belgisch-französischen Grenze. Wenn dort nicht der Startort wäre, wüsste ich nicht von der Existenz dieser Gemeinde. Für mich waren es etwas mehr als 3 Stunden mit dem Rad von Dinant (Belgien) bis an dieses „Ende der Welt“. Eine Runde um die Kirche, Ausschau halten nach einem Schlafplatz, dann Anmeldung. Djoeke und Jefte steigen aus ihrem Fahrzeug, als ich mein Rad im belgischen Landregen zum Halten bewegen kann. Sie sind die Erfinder, Organisatoren, Kommissäre und alles darüber hinaus, was die Veranstaltung Arden2Eifel betrifft. Die beiden kommen aus den Niederlanden, sind ein Paar im Leben und ein Paar beim Bike-Packing. Als Team haben sie sich schon bei den ganz feinen Adressen in der Szene ins Gästebuch eingetragen: Seven Serpents, Atlas Mountain Race etc. Nun haben Sie ihre eigene Veranstaltung gestaltet. Auf 660 km geht es durch zwei Mittelgebirge und über satte 13.000 Höhenmeter. Das Zeitlimit beträgt 96 h. Das Beste an der Geschichte? Der Zielort ist Trier! Ich fahre also nach Hause. Klingt einfach, nur wird es das auch?
Djoeke und Jefte haben für mich die Startnummer 17 parat. Die Cap mit der 17 und all die anderen Kappen hat Djoeke in Handarbeit hergestellt. Dazu noch einen Starterbeutel mit einem kleinen Snack, dem Tracker und meine Stempelkarte für die Checkpoints in Herbeumont (BEL), Neroth (GER) und das Ziel an der Porta Nigra in Trier.
Erste Nacht
Ab 21 Uhr stellt sich mir die Frage – Wie weiter? Da es noch regnet und ich keine Ambitionen verfolge, mir mit dem Rad einen luxuriösen Schlafplatz zu suchen, kann ich den Verlockungen der Asphaltfläche vor mir nicht widerstehen. Von oben schützt mich ein Zelt vor Niederschlag, eine Barrikade aus Plastikstühlen vor den neugierigen Blicken der wenigen Eingeborenen zu dieser Uhrzeit. Biwaksack ausgelegt, Schlafsack obendrauf und als Kirsche auf der Torte, bette ich mich auf diese schmächtige Unterlage. Zu Beginn nutze ich meine Beinlinge noch als Kopfkissen, dann nicht mehr. Der Wind lässt die Zeltplane gegen eine Zeltstange schlagen. Ein Geräusch wie eine Person, die in Badelatschen ein Läufchen wagt. Es ist eine schwierige Nacht mit wenig Schlaf, doch ich ahne noch nicht, dass das Wohlfühl-Drumherum in den nächsten Tagen weniger wird.
Letzte Vorbereitungen
Bonjour Raceday. Kleine Korrektur, es ist kein Rennen, es ist eine Herausforderung, die es zu erleben und zu meistern gilt. Diese Herausforderung wollten bis wenige Wochen vor dem Start knapp 30 Wagemutige angehen. Auf der endgültigen Startliste finden sich nur 21 Hasardeure – vier sagen kurzfristig noch ab und einer startet berufsbedingt erst am Freitag. Es bleiben eine Amazone und 15 tollkühne Zweiradartisten, die sich ab 8 Uhr im Startbereich aka meinem Schlafplatz einfinden. Neben vielen kurzen Gesprächen beäuge ich die Materialwahl der anderen Teilnehmer*innen. Es fällt auf, dass überwiegend 11/12-fach Schaltungen mit einem Kettenblatt gefahren werden. Mein Rad ist mit einem 32T Kettenblatt und einer „hochmodernen“ 10-fach-Schaltung 11-36 wohl etwas stramm gekettet. Einzig die beiden Gravel-Bikes im Feld machen mir Mut, denn die Empfehlung für diese Fernfahrt von Jefte und Djoeke bezog sich eindeutig auf MTBs.
Die Frage, ob es Sinn macht, vor dieser Ausdauerfahrt seriös zu frühstücken, dem würde ich zustimmen. Nur meine Brotbüchse ist nicht mehr allzu prall gefüllt und ins benachbarte Dorf zum Supermarkt zu tingeln, ist mir zu einfach. Mit den Resten vom gestrigen Einkauf, einem Brot mit Nuss-Nougataufstrich, welches mir Djoeke und Jefte anbieten, lege ich eine kleine Grundlage. Das prächtige Cafe an Ort und Stelle serviert mir noch zweimal Kakao mit je einem Beilagekeks. Perfekt, mein Diättag kann beginnen.
Le Grand Depart
Dass es sich bei Arden2Eifel nicht um ein Rennen handelt, hatte ich bereits erwähnt. Natürlich fahren wir die ersten Meter nach dem Start seriös und gesittet, bis wir den Weg ins Gelände gefunden haben. Natürlich ist es damit auch irgendwann vorbei. Einer ruckt und viele machen mit. Gut möglich, dass ich da meinen Anteil daran habe, denn irgendwie ist Spannung auf der Kette. Jeder dreht sich mal um – wo sind denn die anderen? Aerodynamisch geht es bergab, so kann das doch nicht weitergehen. Zu fünft ziehen wir für eine Weile um die Büsche, dann bin ich wieder allein. Dann stehe ich neben meinem Rad. Irgendwas hat im hinteren Laufrad geklingelt. Es sind doch erst 1h 44min vergangen.
Aha, eine von zweiunddreißig Speichen hat die Veranstaltung vorzeitig verlassen. Im Stile von Rapunzel wickle ich die kaputte um eine intakte Speiche und weiter. Direkt nach meinem Stopp an der Chaussée Brunehaut folgt eine Morastmeile durch einen Wald, die es in sich hat. Keine Höhenmeter, dafür ziemlich tief. Für einen der beiden Fahrer mit einem Gravelbike scheint hier schon eine Grenze erreicht zu sein. Seine ganze Kraft und Ausdauer bringen ihn nicht wirklich weiter, da er und sein Rad nur unzureichend Bodenhaftung genießen. Die Strecke bietet auf den ersten 100 km viele einfache Gravel-Abschnitte, im losen Wechsel mit schwach besuchten Nebenstraßen und punktuellen MTB-Abschnitten.
Knapp fünf Stunden mit einem 22er Schnitt sind durch, da fängt die Strecke an zu brillieren. Von jetzt auf gleich geht es sehr ruppig bergan, Schluss mit lustig. Ein Trail in Schlamm gelagert, lässt mich fahren, laufen oder auch mal mittendrin knien. Durch die fehlende Speiche habe ich ohnehin schon einen leichten Schlag im Hinterrad, mit Schlamm dreht sich da nur noch wenig. Dann wieder easy, breite Wege und Straßen führen mich nach Chimay. Nun, 140 km in 6h 40 min habe ich sicher, nur die Höhenmeter haben sie noch irgendwo versteckt.
Nutriscore des Verderbens
Meine Ernährungsstrategie ist simpel angelegt: Mit Gels und Riegeln weit fahren, zwischendrin mal Getränke auffüllen, Sandwiches und Bananen in Supermärkten einkaufen. Tankstellen und Supermärkte abseits des Tracks ignorieren, es zählt nur das, was an der Strecke liegt. Restaurantbesuche oder Frittenbuden binden mich auch nur zeitlich, deswegen: Nein. In Chimay (BEL) folgt mein erster Shopping-Stopp. Ein Sportgeschäft an der Strecke hat es mir angetan. Die Sprachbarriere ist unüberwindbar, doch die Damen und Herren zeigen dem Landstreicher (mir) nach etwas Zeichensprache die Packungen mit dem heißen Scheiß.
Riegel und Gel für 47 €, Bon Appetit! Schräg gegenüber öffnet ein Supermarkt mir seine Pforten. Wraps, Sandwiches, Bananen, Smoothie, Cola, Wasser und Haribo, nur der Kassierer macht mich hier nicht froh. Fünf Minuten Lebenszeit verliere ich mit Warten. Vor der Tür esse und verpacke ich. Ein Sandwich in der Tasche der Cargo-Bib, Cola in der Trikottasche und wohin mit den Haribos? Auf Bauchnabelhöhe zwischen Hose und Trikot ist noch Platz. Ihr könnt dann mal raten, wie lange diese wunderbare Nahrung dort verbleiben durfte.
Gut zu Fuß
Ein paar Kilometer entlang des Radwegs in südöstliche Richtung, dann links. Schluss mit lustig, die Trails offenbaren sich. Alles, was bisher geschah, war nur Halligalli. Denn auf den schmierigen und steilen Passagen reduziert sich die Zeit auf dem Rad, dafür erhöht sich die Zeit neben dem Rad. Bei der Gelegenheit möchte ich erwähnen, dass ich ein bisschen was von Sven Nys und Lothar Matthäus habe, denn ich kann rechts wie links …, zumindest absteigen und Fahrrad schieben. Die erste moralische Delle lässt mich innerlich jammern und ich fange an, wie bei jeder Herausforderung, mein Handeln zu überdenken. Jede bucklige Wiese mit schwimmbadgroßen Pfützen lässt mich fluchen. Der Mann mit dem schönsten Rad im Peloton (pinkfarbenes Specialized) und ich rollen gemeinsam nach Couvin (BEL). Er macht Abendbrot, ich nicht.
Aus Couvin heraus wird es steil. Beim Denken bin ich auch etwas glücklos, oder warum sollte ich sonst ein Strava-Segment markieren, nur um zu sehen, dass ich ganz weit weg bin von der Zeit. Es sind nur 27 km bis zum nächsten Ort garniert mit ganz viel Einsamkeit. Nach den flachen bis welligen Einstiegskilometern nehmen die Ardennen allmählich Kontur an. Es sind fast 3 Stunden, die ich für dieses mit Schlamm und Steinen durchzogene Waldgebiet benötige. Meine Moral ist am Boden, denn ich entspreche nicht meinen eigenen Ansprüchen. Dieser Zustand gipfelt in einer Spitzkehre, in der die Strecke halb rechts den Berg hinaufführen soll. Da ist nix. Gerade hoch Fahrrad tragen oder gerade runter für die Wahnsinnigen.
Dass dieser Punkt irgendwann kommen muss, lehrte mich die Vergangenheit. Niedergeschlagen plumpse ich in den Waldboden und esse mein Sandwich. Es ist auch das erste Mal, dass ich einen Blick aufs Live-Tracking werfe: Ich bin vorn, aber egal, ist ja kein Rennen. Als ich mich wieder gefangen habe, wuchte ich mein Rad durchs Gebüsch, da lang wo ein Weg seien müsste, aber keiner ist. Die Vorderradbremse meldet Fehlanzeige, auch das noch. In Revin richte ich im Lampenschein der Straßenbeleuchtung die Bremse. Der Mann mit dem pinken Bike fragt höflich nach meinem Befinden, wir tauschen uns kurz aus, dann sucht er sich einen Schlafplatz. Am nächsten Tag wird er das Rennen verlassen. Die Aussichtslosigkeit, mit dem Gravel-Bike die Strecke zu überstehen, hat er dann leider erkannt. Wie ich Tage später erfahre, hat er auch noch beim Beine waschen am Fluss sein Schlafequipment versenkt. Hier müsste jetzt ein Smiley stehen!
Zweite Nacht
Es sind etwas mehr als 11,5 h vergangen und keiner hat mir gesagt, dass es noch schwerer wird. In einer Kneipe habe ich die Flaschen noch einmal vollgemacht, in der Hoffnung, dass es reicht. Die Serpentinen fahre ich noch, bis der Track den breiten Weg verlässt. Fahrrad schieben. Das Live-Tracking verrät mir, dass Frank nicht weit hinter mir fährt/schiebt. Alle paar Meter halte ich an und resigniere ein Stück mehr. Der Lichtkegel von Frank schneidet sich allmählich durch die Dunkelheit, dann ist er endlich da. Für mich wäre es gut, wenn seine Laune ähnlich wie bei mir auf Tretlagerhöhe wäre. Zusammen jammert es sich einfach besser. Doch Frank transportiert eine positive Ausstrahlung, die mich mitnimmt. Mit etwas Abstand kommen wir langsam voran. Wir krabbeln mit den Rädern über Felsen, verfahren uns, balancieren, laufen irrwitzige Abfahrten runter … ein Erlebnis, das ich in diesem Moment nicht brauche. Diese 8-9 Kilometer haben fast 90 min an Zeit verschlungen.
Mit Frank biege ich in den nächsten langen Anstieg ein. Breiter Forstweg, nicht zu steil, fast zu einfach, bin ich geneigt zu sagen. Nun kommen die Haribos mit Bauchwärme zum Zug. Vorgewärmte Pfirsichringe in der Nacht bringen etwas Abwechslung in die Energiezufuhr. Diesen Anstieg kann ich fast komplett fahren, nur die letzten Meter und ein Teil der Abfahrt ist nicht machbar. In Monthermé suche ich nach einer Tankstelle oder einem Getränkeautomaten, aber nix. Eine Flasche bleibt mir noch, es ist kurz nach Mitternacht. Im Rinnstein sitze ich und ziehe mir die Beinlinge, Ärmlinge und Jacke über. Beim Blick die Straße hoch erwarte ich Frank in jedem Moment, doch da tut sich nichts. Ob ich für den Rest der Zeit noch mal einem anderen Fahrer begegne, weiß ich gerade nicht.
Allein, allein
Nächster Berg, nächste Laufpassage. Der Track muss hier irgendwo sein. Vor und zurück fahre und suche ich diesen einen Abzweig. Da endlich. Selbst mit Schieben gewinne ich nur eingeschränkt an Metern. Das muss eine Downhill- oder Enduro-Strecke sein. Jefte bestätigt später meine Annahme. Wieder dieser Anflug von Resignation, aber es heißt doch: „Never scratch at night“. Verdammt, das würde sich in diesem Moment gerade richtig anfühlen. Tragen, wuchten, schieben, endlich oben. Als ich wieder rolle, entdecke ich unweit von mir auf einer Anhöhe ein Lagerfeuer. Ist da wer? Für Angst fehlt mir schlicht die Kraft, einfach weiter und nicht zurückschauen.
Menschen, die allein im Wald sich selbst anfeuern, sind selten, vielleicht auch etwas komisch. Ich bin einer von Ihnen, aber das weiß zum Glück ja niemand.
Jede Stunde belohne ich mich mit einem Schluck Wasser, es ist gerade sehr knapp. In den Ortschaften schaue ich nach Brunnen. Nix da. Auch Komoot weiß keinen Rat. Ich bin einsam und fahre berghoch, da nehme ich meine rechte Hand vom Lenker und balle sie zur Faust. Der erste Teil von drei Teilstücken ist geschafft. Menschen, die allein im Wald sich selbst anfeuern, sind selten, vielleicht auch etwas komisch. Ich bin einer von Ihnen, aber das weiß zum Glück ja niemand. Siebzehn Stunden und 40 min sind rum, da knirscht die Kette. In Schlangenlinien knechte ich das Rad in Membre (FRA) bergan, bis mich das Quietschen nervt. Das Rad lehne ich an eine Laterne, hocke mich neben das Rad und reinige die Kette und schmiere sie im Anschluss.
Diese Position neben dem Rad ist ganz nett, also beschließe ich einen Powernap von 10 bis 15 Minuten zu machen. Als ich wieder wach werde, sind es wirklich nur rund 15 Minuten gewesen. Ich packe alles Material wieder weg und mache mit einer gewissen Frische im Kopf weiter.
Einfach ist anders
Kalt vernebelt offenbart sich mir der Wald, den ich durchstreune. Meine Absicht, Jefte und Djoeke meinen Ausstieg am Checkpoint mitzuteilen, verfestigt sich mit jedem Meter, den ich laufen muss, mit jedem Abzweig, den ich aufwendig suchen muss. Bleibt es auch dabei? Würde ich weniger die Herausforderung suchen, wenn ich zu später Stunde meine Moral wie eine Zitrone auspresse, dann könnte ich über den Tag die Schönheit der Ardennen genießen. Dann wäre auch mein Geist nicht so gebeutelt. Es sind ganz wunderbare Ortschaften, Flussbiegungen und Ausblicke, die sich mir bieten, nur erkenne ich sie nicht. Der Streckenverlauf ist nicht nur darauf ausgelegt, uns Teilnehmer*innen alles abzuverlangen, diese Strecke ist ein Präsentierteller für die Schönheiten dieser Region.
Es kommt vor, dass sich uns kleinere Bäche oder Flüsse in den Weg stellen, die gequert werden müssen. Bei solch einem Exemplar an Wasserweg nutze ich eine Spur an Steinen zur Überquerung, lande mit einem Fuß im Wasser, erreiche das andere Ufer und erblicke links von mir … eine Brücke. Diese Momente machen mich so fertig! Jeden einzelnen Anstieg zu beschreiben, würde sich nicht lohnen, sie sind alle schwer. Diese Nacht ist fast schwerer als die dritte Nacht bei meinem Tausender im Mai, und ich habe noch gar nicht halluziniert. Ja, selbst die Abfahrten sind unbarmherzig. Meine Gabel schreit seit Stunden: „Ach komm, leck mich!“
Diätmorgen
Doch dann windet sich die Morgensonne allmählich durch den Nebel. In Corbion lasse ich die Schatten der Nacht hinter mir. Ein Bäcker wäre jetzt gut. Leider nicht hier, denn Bäckereien öffnen in Belgien recht häufig erst gegen 8:30 Uhr ihre Tore. In Bouillon habe ich vielleicht die nächste Chance auf Verpflegung.
Auf dem Weg nach Bouillon warten eine Hängebrücke und eine Serpentinenabfahrt auf Besuch. Sehr schön alles. Die Abfahrt fahre ich nicht, ich habe kein Zutrauen in mich und das Rad. Noch immer bin ich gewillt, am Checkpoint auszusteigen. Doch vorher will ich noch etwas essen. Auch in Bouillon gibt es so früh am Tag noch keine Einkaufsmöglichkeit. Schön ist es hier. Weiter. An einer Schnellstraße befindet sich eine Tankstelle. Wie komme ich dahin? Jeden möglichen Weg probiere ich, um mich dem Tempel für Cola und Marsriegel anzunähern. Bin ich bereit als Verkehrsmeldung im belgischen Radio zu fungieren, … keine Chance.
Jetzt muss ich durchziehen bis zum Checkpoint. Von zu Hause bekomme ich die Info, dass ich einen Vorsprung von 40 bis 50 km habe. Läuft, aber hey, es ist ja kein Rennen und ich will sowieso aussteigen. Es kringelt sich der Track, die Sonne kitzelt, Wildschweine kreuzen meinen Weg, dann ist Herbeumont erreicht.
Herbeumont CP1-Scratch?
Meine Bedenken an der Schwere des Kurses äußere ich trotzdem. Jefte versichert mir in seiner ruhigen Art, dass es ganz genauso sein soll.
Bei Einfahrt in den Ort liegen die Worte schon parat, um meine Aufgabe zu begründen. Dann sehe ich Jefte an der Straße und Djoeke am Hotel, das CP1 markiert. Kein Wort bringe ich über die Lippen, dass ich jetzt diese Fernfahrt beenden werde. Meine Stempelkarte übergebe ich an Djoeke für den ersten Stempel. Für Djoeke und Jefte ist es besonders, so scheint es mir, dass sie ihren ersten Stempel bei ihrer eigenen Veranstaltung setzen können. Antrocknen lassen und weggesteckt. Ich kann nicht aufgeben, ich fahr doch nach Hause, ich bin der einzige Teilnehmer, der aus dem Zielort kommt. Meine Bedenken an der Schwere des Kurses äußere ich trotzdem. Jefte versichert mir in seiner ruhigen Art, dass es ganz genauso sein soll. Akzeptiert und für den Rest meiner Reise hinterfrage ich es auch nicht mehr. Mein Fokus wendet sich in diesen Minuten in Herbeumont. Von dem Kerl, der in Selbstmitleid ein Bad nehmen könnte, wird der Mittvierziger, der jetzt den Rest der Strecke erleben möchte, ohne sich dabei zu schonen.
Bevor ich weiterfahre, statte ich dem ortsansässigen Gemischtwarenladen einen neugierigen Besuch ab. Die Auswahl ist überschaubar, perfekt für mich, so erledige ich meinen Einkauf ohne große Rennereien zwischen kilometerlangen Regalen. Vor dem Geschäft noch schnell Sonnencreme auf die Arme und mit Sprudel das Gesicht waschen, meine Duschmöglichkeit ist dann doch noch 380 Kilometer entfernt.
Jefte fotografiert während meiner Zeit an CP1 und beim Supermarkt und unterdessen kümmert sich Djoeke um die Stempelkarte und alles Weitere. Beide sind sehr unaufgeregt in ihrem Auftreten, sie geben mir den Raum, den ich benötige. Bereits nach anderthalb Tagen sind sie ein wichtiger Orientierungspunkt für mich geworden, mit denen ich mich, wann immer wir uns sehen, austauschen kann. Beide sprechen perfektes Englisch, Jefte dazu noch ein fehlerfreies Deutsch. Er spricht mich immer mit „Sie“ an. Das passt zwar nicht ganz zu dem, was wir da gerade machen, aber es hat doch irgendwie Charme. Sprachlich pendle ich zwischen Englisch und Deutsch. Eine klare Linie bekomme ich nicht geregelt. Nach müde kommt blöd, ich bin der Beweis.
Easy
Es ist kurz nach 10 Uhr am Vormittag. Um welchen Tag es sich genau handelt, kann ich nicht sagen, es ist alles möglich. Die Strecke für mich und für alle, die noch kommen werden, führt in den südöstlichsten Zipfel von Belgien. Zu Beginn noch mit vielen Wäldern, später dann kommen Wiesen und Felder dazu. Die Anstiege in diesem Bereich der Fernfahrt sind nicht lang und bei weitem nicht so anspruchsvoll wie in der vergangenen Nacht. Ohne nennenswerte Zwischenfälle steuere ich Arlon an. Hier überfällt mich die große Müdigkeit. Alles Essen und Trinken hilft nichts, um wach zu bleiben, ich brauche einen Schlafplatz. Die erstbeste Bank soll es sein. Fahrrad hingelegt, den Timer auf 15 min, nicht einmal den Helm nehme ich ab. Nach 15 Minuten erklingt ein Ton, weggedrückt, noch einmal 15 Minuten nach Gefühl. Kurz nach halb fünf bin ich wieder voll da, weiter. Ein Blick auf die Tracking-Seite verrät mir, dass ich jetzt 70 km vor Frank liege. Ein Teil vom Feld hat vorzeitig die Segel gestrichen, aber ganz viele fahren noch …
Wie es weitergeht, erfährst du kommende Woche in Teil 2!
Wäre so ein Rennen etwas für dich?
Mehr zum Rennen gibt es hier: https://arden2eifel-bikepacking.com
7 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumEgal, um was es geht, steht schon in der Einleitung und wenn es nicht interessiert, dann einfach nicht lesen und nicht meckern.
Dann allerdings verpasst ihr einen klasse geschriebenen, toll bebilderten Bericht zu einer herrlich kranken Veranstaltung!
Danke! Ich freue mich auf den zweiten Teil des Berichts. Das macht viel mehr Spaß als die hundertste Diskussion über passende oder unpassende Rahmengrößen, Alteisen vs. modernes Teufelszeug und ähnliches mehr.
Ich find's richtig gut! Launig geschrieben und tolle Bilder. Weiter so!
Wäre auf jeden Fall was für mich. Trier ist ja auch meine (gefühlte) Heimatstadt. 🙂
edit: ach so, nee, leider zu MTB lastig.
ich meckere nicht, ich wundere mich nur und habe beide Berichte bereits auf MTB news gelesen
toller Bericht, tolle Photos! Ist mir egal, daß der mit einem MTB unterwegs ist, da ich ohnehin kein Purist bin 🙂...
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