Die Bespoked 2024 in Dresden ging als größte Ausgabe der internationalen Handmade Bike Show am Wochenende über die Bühne. Und erneut wimmelte es auf den umfunktionierten Flughafen-Terrassen nur so von besonderen Rennrädern- und Gravel-Bikes. Wir waren vor Ort und haben die Dream Bikes, die Randonneure, die krass gefederten Gravel Bikes und Aero-Boliden der Show für euch portraitiert. Schaut rein!
Video: Bespoked 2024 Rennräder und Gravel Bikes
Es ist immer wieder überraschend, was sich aus einem eigentlich simplen Fahrrad-Design wie dem Rennrad alles herausholen lässt – jedenfalls, wenn man die Showbikes auf der Bespoked 2024 betrachtet.
Und das Beste daran: Bei diesem Schaustücken handelt es sich in der Regel nicht einmal um Fahrräder, die nur hergestellt wurden, um auf einer Messe für große Augen zu sorgen. Im Gegenteil, der größte Teil entstand – in Handarbeit – als Auftrag für Kunden oder aus einem Wunsch der Erbauer selbst. Denn Bespoked Bikes sind in der Regel Einzelanfertigungen, gebaut und lackiert nach den Maßen und Vorstellungen der Auftraggeber (oder Erfinder), entstanden in kleinen Werkstätten, aber auch auf 3D-Druck-Anlagen und an Carbon-Webmaschinen oder an Computer gesteuerten Fräsen.
Das Spektrum ist so groß wie die Szene selbst, die nun auf der Bespoked 2024 zum zweiten Mal am Dresdner Flughafen die Gelegenheit hatte, ihr Können zur Schau zu stellen.
Amapola
Amapola Bikes haben wir auf der Bespoked ebenfalls schon einmal kennen gerlernt. Diesmal gab es aus der niederländisch spanischen Koproduktion ein Bahnrad aus einem aufgekauften Restbestand von Columbus Air Rohren zu sehen. Und auch die Lackierung des Gravel Bikes war wieder eine willkommene Abwechslung.
Avalanche
Avalanche hat einmal mehr abgeräumt. Das Duo aus Laurent Beurriand und Marie Kervella hat gleich zwei Awards eingeheimst, einmal für „Best Road“, außerdem für „Best Offroad“ – dass das kein Zufall ist, weiß jeder, der die letztjährige Berichterstattung verfolgt hat.
Avalanche baut bestechend schöne Fahrräder aus Stahl, Edelstahl oder Titan und legt – wenns sein darf – auch noch im Bereich Komponenten einen drauf. Das Siegerrad aus Titan ist mit Formschönen Titan Muffen aus dem 3D-Drucker und gegehrten Rohrstößen am Steuerrohr zusammengefügt, auf Hochglanz poliert und mit einer feinteiligen Lackierung mit Höhenlinien und Pfaden vollendet.
Dazu passend der ebenso polierte Vorbau aus eigener Fertigung, sowie die eigene Sattelstütze. Hut ab!
Ballern Cycleworks
Bennet von Ballern gehört im zweiten Messejahr quasi bereits zum Inventar der Bespoked – auf seinem Stand direkt am Eingang gab es laute Musik, die direkt gute Laune brachte.
Als Kontrast zum Auftritt, gab es dieses Jahr ein optisch leiseres, zurückhaltendes Modell mit treffendem Namen – Ballern mit Steel – klassisch, geradlinig, wunderschön!
Big Forest Frameworks
Würde es einen Award für schönste Sitzstreben geben, dann hätte ihn ohne Zweifel das Allroad Bike am Stand von Big Forest Frameworks abgeräumt.
Dlouhy Cycles / Wide Ways
Dlouhy hatte eines der am schönsten lackierten Räder der Messe am Stand stehen. Dlouhy sitzt in Leipzig und teilt sich mit Lackierer Mario von Wide Ways die Werkstatt. Das TravelGravel Modell wurde für einen Kunden gefertigt – Marios Warteliste war zu dieser Zeit komplett voll.
Der Kunde wollte das Rad aber unbedingt in Empfang nehmen und fahren. Etwa ein Jahr später wurde es dann mitsamt der Patina, die es gesammelt hatte beschichtet. Ein negativ ausgespartes Logo am Unterrohr und das komplett klarlackierte Oberrohr machen das Rad zum absoluten Hingucker – und dann gibt es da auch noch den tollen Farbverlauf.
Aber auch der Rahmen weiß zu überzeugen: Schön verschliffene Fillets, feine Details, wie die Lampenhalterung und die integrierte Sattelklemme, zeichnen diesen Maßrahmen aus.
Don Sebastiano
Sebastian aus der Nähe von Wien kommt aus dem Aerospace Engineering und hat kürzlich seine Passion für den Rahmenbau entdeckt – das ausgestellte Bike ist erst sein dritter Rahmen. Mit Liquid Masking wurden die Fillets aus der schicken, dunkelblauen Lackierung herausgehoben, für einen eleganten Look und edlen Farbkontrast.
Absoluter Hingucker ist aber die selbst gefertigte Parallelogrammgabel mit 51 mm Federweg, Custom tuned Dämpfer mit 51 mm Hub. Die Besonderheit – Sebastian hat die Hebelage so gestaltet, dass die Raderhebungskurve der Gabel Linear ausfällt.
Vollkommen zurecht hat er sich damit den Best New Builder Award gesichert.
Favaloro
Michele Favaloro baut seit 24 Jahren in der Nähe vom Gardasee Maßrahmen aus Stahl, Aluminium und Carbon. Der Italiener hat in Italien bereits ein hervorragendes Standing – das hat er sich auch hart erarbeitet.
Michele setzt auf eine extrem hohe Fertigungstiefe, baut seine Rohre komplett selbst im Autoklav – hat also volle Kontrolle über Querschnitte und Layup seiner Rahmen. Statt diese zu einem Rahmen zu verkleben, packt er den fertig zusammengesetzten Rahmen erneut in den Autoklav und vereint damit alles.
Ob Mountainbike, Rennrad oder andere Rahmen – Michele hat schon viel gebaut. Für einen Carbon Maßrahmen analog zum ausgestellte Rennrad geht es ab 4.000 € los!
Fern Fahrräder / Allygn Components / Gramm Tourpacking
Flo von Fern hat sich in Vorbereitung auf die Bespoked gedacht: Ich mach mal was anderes. Entstanden ist das Yo Fernie, als technisch durchdachtes Bike, dass aber mit einem gewissen Augenzwinkern konzeptioniert ist.
Flo wollte gegen den Trend ein Rad bauen, dass Spaß macht und hat eine Hommage an das Fat Chance Yo Eddy Team Purple Lavender erschaffen. Highlights sind die vollständg Außenverlegten Züge, der Drop Stop zum Auflegen der Kette beim Laufradausbau und die Cyber Cycles Gabel, für die Flo Entwicklungsmotivator war.
Abgerundet wird das Bike mit Allygn Racks und Taschen von Gramm Tourpacking – inklusive einer reflektierenden Tool Bag am Sattel.
Fernweh
Fernweh aus München hat sich auf Dropbar Bikes aus Titan spezialisiert, die in München endmontiert werden und dort ihr Finish bekommen.
Kocmo
Kocmo aus Berlin hatte ein leicht geupdatetes Daytona PI mit Pinion Getriebe, Smartshift und auffälliger Optik dabei. Verändert wurde das Ausfallende – hier soll es aber noch ein Redesign geben. Die Rahmenöffnung wurde zum Suchspiel – der Coupler ist verdammt gut versteckt – damit er in Zukunft noch besser versteckt ist, gibt es Überlegungen ihn ins Ausfallende zu Integrieren.
Den Rahmen gibt es ab 4.699 € in sieben Größen.
Finnbar Trout
Finnbar Trout und Velociao haben gemeinsam den Award für das Bike mit der besten Lackierung gewonnen.
Gefertigt werden die Maßrahmen in Köln – James arbeitet dafür mit verschiedenen Bike Fittern, um immer einen Idealen Fit zu erschaffen. Die Kooperationen mit unterschiedlichen Beschichtern versprechen außerdem: Wer sich hier ein Rad fertigen lässt, bekommt in jedem Fall ein wahres Unikat!
Ingrid Components
Ingrid Components hatte ein Highlight dabei: STIs! Die fein gefrästen Schalt-Bremshebel greifen sich gut und haben eine unkonventionelle Schaltlogik, die dem der MTB-Shifter ähnelt. Verbunden war die Bremse mit einer Formula Cura Bremse, auch der Zug am Bremshebel war gefällig und fühlt sich nach guter Dosierbarkeit an.
Details zu Preisen, Kompatibilitäten und Verfügbarkeit lassen noch auf sich warten.
Maruya
Maruya hatte das “Gekko” dabei – Gekko bedeutet Mond und war Inspiration für das Rahmenfinish – Ja, das ist wirklich Blattgold. Es handelt sich um ein Track-Bike für japanische Keirin-Racer. Um das Rad möglichst stabil zu bekommen, wird hier statt Messing mit Silberlot gelötet – Silberlot schmiltz schon bei geringeren Temperaturen und soll laut Aussage von Maruya festere und stabilere Verbindungen erzeugen.
Im Bereich des Sitzdoms gibt es zudem eine kleine Finne, die Kettenstreben sind zum Teil aus Vollmaterial, um an diesem wichtigen Knotenpunkt die Steifigkeit zu erhöhen.
Spannend waren auch die Holzfelgen mit Tubular-Reifen.
Meerglas
Tom von Meerglas hat sich durch die letzte Bespoked inspirieren lassen – eigentlich beim klassischen Randonneur beheimatet, wollte Tom sich ein Gravel Bike bauen. Das Rad strotzt nur so vor kleiner, feiner Details.
Obwohl er sich etwas aus seiner Komfortzone bewegt hat, trägt das Rad ganz klar seine Handschrift. Der Rahmen ist aus dünnwandigen Rohren gelötet und soll möglichst viel Flex zulassen. Komfort kommt auch aus der Gabel und den voluminösen Reifen.
Bei der Ausstattung bleibt es oldschool – Cantilever Bremsen mit integrierte Zugführung im Vorbau, ein altes XTR Schaltwerk, ein eigens für die alte Stahlkurbel gefrästes Kettenblatt für den Einfach-Antrieb, ein Velogical-Dynamo, der die SON Doppel-Scheinwerfer aus vergangenen Tagen betreibt.
In wahrer Last-Minute-Manier wurde nicht nur das Rad gefertigt, Tine von Gramm Tourpacking hat auch die zum Teil Custom ausführten Taschen gerade so vor der Messe genäht.
Eine besondere Interpretation des Gravel Bikes, die sich den Best Gravel Award sichern konnte.
Memento
Memento ist ein Rahmenbau Duo aus Kanada – Éliane und Ronny Perez hatten ihre persönlichen Bikes auf der Messe im Rahmen des SRAM Scholar Programms ausgestellt.
Für die beiden ist das Rad ein Kunstwerk, also deutlich mehr, als nur gerade Rohre, aber auch deutlich mehr als nur ein Transportmittel. Memento ist der Fahrradbotenszene entsprungen, der Name soll an die tollen Erlebnisse beim Radfahren erinnern.
Élianes Bike konnte auf der Philly Bike Expo bereits den Peoples Choice Award gewinnen ist mit einem angelöteten Rack an der Gabel ausgerüstet und auffällig lackiert.
Ronny’s Bike ist inspiriert von seinem Lieblingstier – dem Octopus – und mit ornamentähnlicher Feilarbeit am Steuerrohr versehen, einer Zugführung, die sich wie ein Tentakel ums Oberrohr windet und einer aufwändigen Sitzstreben Konstruktion ausgerüstet. Auch hier ist der Frontgepäckträger an die Gabel gelötet, die wiederum eine Octopus Silhouette ziert.
milli Cycles
Milli Cycles aus Freiburg hatte ein in Kooperation mit Tune entstandenes Allroad Bike als Exponat mitgebracht.
Project D
Project D konnte sich im letzten Jahr den Best New Builder Award sichern. Dieses Jahr war ein Fertigungstechnisch ähnliches Bike in deutlich klassischerer Ausführung, mit Felgenbremsen und schönen silbernen Anbauteilen am Stand ausgestellt.
Quokka
Aus der Hüfte haben wir das Quokka Track Bike im vorbeigehen abgelichtet – eines der wenigen Track Bikes auf der Messe, mit integriertem Sitzdom und 3D gedruckter Gabelkrone – schlicht kann so schön sein!
Timba
Thea von Timba näht in Dresden Fahrradtaschen und hatte für das am Stand ausgestellte Stijn Cycles Mini-Rennrad eine coole Wechseltasche konzipiert. Die Tasche kann sowohl als Rahmentasche, als auch als Oberrohrtasche verwendet werden, bietet dafür zwei Zugriffe und jeweils ein Logo in der richtigen Orientierung, je nach Montageposition.
Die Zitronentasche war das Tüpfelchen auf dem i!
True Love
Die schönste Sitzstrebenbrücke hatte True Love – eine Augenweide!
TWMPA
Moooment mal – das ist Holz? Das TWMPA AR1.1 Allroad Bike tarnt sich gut. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man, dass das in UK gefertigte Rad aus Holz ist. Es soll durch besonders hohen Fahrkomfort bestechen, kann in verschiedenen Größen, oder als Maßrahmen gekauft werden.
VanWoid
VanWoid kommt aus dem bayerischen Wald und hatte neben dem Hunter Allroad Bike auch ein Aero-Rennrad im Prototypenstadium am Stand, dass ihr im Video begutachten könnt.
Für die Messe gibt es einen Aufbau, der Carbon nur an den, für die Performance wichtigsten Stellen, einsetzt und es unter 7 kg in Rahmenhöhe 58 schaffen soll.
Antrieb und Sattelstütze sind dafür aus Metall.
Die Bikes gibt es in 2er Schritten von Größe 50 bis 60 zu kaufen.
Vapour
Das Vapour Phantom war vermutlich der größte Kontrast auf der ganzen Messe – erstmal fehlt ein Sitzrohr, außerdem eines der wenigen Räder aus Carbon. Das Rad wurde in Berlin gebaut und ist anhand von Simulationen aerodynamisch auf den Fahrer angepasst.
Große Rohrquerschnitte und gewobenes Rohr sollen den Bereich von Hinterradachse über Tretlager bis Steuerrohr möglichst steif machen, für hohe Präzision und beste Kraftübertragung – während das Oberrohr und das fehlende Sitzrohr außergewöhnlichen Fahrkomfort generieren sollen.
Das stealth Finish mit integriertem Rücklicht soll eine Fighter Jet Optik erzeugen. Der Rahmen ist selbst gebaut – genaue Infos zu den eigens entwickelten Fertigungsmethoden wollte man nicht verraten.
Wheel Dan
Wheel Dan aus Berlin hatte ein schlichtes Gravel Bike dabei, dass entgegen des 3D-Druck Trends erfrischend ehrlich, mit gegehrten Rohren, schöner Wishbone-Verbindung von Sitzrohr zu Sitzstreben und schönen Schweißnähten die hohen handwerklichen Fähigkeiten des Rahmenbauers untermauert.
Wunderlich
Noch ein Schuss aus der Hüfte – Wunderlich – haben aus der Masse herausgestochen und uns gefallen.
Was sind eure Favoriten unter diesen kunstvollen Bikes von der Bespoked 2024?