Wieso eigentlich mit dem Auto in den Bikeurlaub fahren? Die Antwort war für Frank und Moni von Radlblog.de der Kauf eines Radanhängers. Den kuppelten sie an ihre Mountainbikes und fuhren damit in den geplanten Trailpark-Urlaub in Tschechien. Die Geschichte ihrer Reise über 1.500 km und 26.000 Höhenmeter ist zwar besonders spannend, wenn man auf Abfahrten steht, aber auch fürs Reisen per Rad und Bikepacking gibt es die eine oder andere Anregung.
Ist jetzt schon etwas her, aber irgendwie fand ich nie die Zeit, mal einige Worte zu der gesamten Tour zu schreiben. Von daher fange ich mal von vorne an. Schon oft waren Moni (meine Frau) und ich in den Beskiden, um an dem MTB-Etappenrennen Beskidy Trophy teilzunehmen. Was uns aber immer gestört hat, war die lange Anreise mit dem PKW. So kam es, dass wir letztes Jahr bei der Saisonplanung 2019 die Beskidy Trophy nicht berücksichtigt haben. Stattdessen sind die Flowtrailparks in Tschechien in unseren Sommerurlaubsfokus gerückt. Und während ich daheim sitze und eine Route von Park zu Park erarbeite, lande ich plötzlich in Bílá. Und was soll ich sagen? Nur wenige Zentimeter entfernt auf der Karte liegt Istebna, der Dreh- und Angelpunkt der Beskidy Trophy.
Ich gehe zu Moni und frage sie, ob wir zur Beskidy Trophy mit dem Rad fahren wollen. Und wie so oft bei solch bekloppten Ideen zögert Moni nur wenige Sekunden, um aus einem „ich weiß nicht!“ ein „schaff ich das?“ und dann ein „hört sich gut an, machen wir so!“ zu machen.
Doch dann fällt mir ein, wir haben uns ja auch für das Heavy24 angemeldet. Was von Moni aber nur so kommentiert wird: „Dann plane die Route so, dass wir rechtzeitig dort sind!“ Gesagt, getan. Auch wenn die Erfahrung der Vergangenheit immer wieder zeigte: Selten landet man bei solch längeren Touren dort, wo man eigentlich entlangkommen wollte.
Die Bike- und Anhängerwahl
Als nächstes machten wir uns an die Planung und Zusammenstellung unseres Reisegepäcks und die damit verbundene Frage der Radwahl. Denn Folgendes musste ja unter einen Hut gebracht werden: Unser Gepäck samt Zelt und Schlafsäcke musste schnell und einfach am Rad zu befestigen sein, damit wir in den Flowtrailparks schnell Spaß haben können. Somit waren viele Taschensysteme von uns schon keine Ideallösung mehr. Und bei so viel Gepäck waren unsere leichten Racemaschinen auch keine gute Wahl. Somit beschlossen wir, unsere eierlegenden Wollmilchsäue von Nicolai zu nehmen und hinten einfach unsere Thule Pack ‚n Pedal Tour Racks draufzuknallen. Doch schon der erste Test zeigte, bei abgesengter Sattelstütze und vollem Federweg knallte der Gepäckträger an den Sattel. Egal, wie wir nun die Positionen veränderten, das Problem blieb. Und jedes Mal den Gepäckträger abzubauen an zwei Fahrrädern, hatte ich auch keinen Bock.
So kam es, dass wir nach Anhängern schauten und beim Burley Coho XC fündig wurden. Angeblich mit einer Hand schnell an- und abgehängt, geländetauglich, viel Ladevolumen, erweiterbar mit einem Gepäckträger und der verbaute Ständer soll stabil genug sein, um auch noch das Fahrrad zu halten. Schnell bei Nicolai nachgefragt, ob wir überhaupt Anhänger an die Saturn 11 anbringen dürfen und als Antwort erhalten: „Wenn die Räder das nicht aushalten, müssen sich einige Ingenieure demnächst einen neuen Job suchen.“. Okay, ganz so krass war die Antwort dann zwar nicht, aber zusammengefasst kann man es so stehen lassen. Doch die Verfügbarkeit des Anhängers war dank Red Dot Design Award und Eurobike Award zu unserer Überraschung alles andere als einfach, konnte dann aber zum Glück doch noch über Versand geklärt werden.
So wurde unser Tourstart diesbezüglich um einige Tage verschoben, und wir fuhren mit unseren holländischen Freunden erstmal zum Urlaubsbeginn ins Trailparadies Singltrek pod Smrkem. Ich glaube, man kann seinen Urlaubsstart auch schlechter verbringen als mit Freunden, Trails und einem leckeren Feierabendbierchen.
Um die verlorenen Tage wieder aufzuholen und eine noch immer fehlende passende Steckachse für den Burley zu besorgen, beluden wir daheim unseren Bus mit den Rädern, Anhängern und Gepäck und machten uns auf nach Dresden. Denn die einzige zu diesem Zeitpunkt noch lieferbare passende Steckachse in Deutschland gab es bei Bike24. Zu unserer mega großen Freude erlaubte uns das Team von Bike24 dann auch noch, unseren Bus für die kommenden drei Wochen auf deren Werksgelände abzustellen. Dafür auch heute noch einen ganz dicken Dank.
Tourstart: Elberadweg
So ging unsere Tour nun endlich los. Kurz an der Elbe entlang bis Pirna und dort ab ins Hinterland, um eine Line des kleinen Bikeparks Telnické MTB stezky rüber nach Tschechien zu nutzen. Hier wird uns aber schnell klar, so richtig vollgeladen sind die Anhänger auf so einem Downhillparcours etwas überfordert. Unten angekommen sind wir trotzdem und haben an der kleinen Bikerkneipe erstmal ein leckeres Radlerchen getrunken.
Die folgenden Tage genossen wir entlang des alten Elberadweges mit ständigen Abstechern zu den kleineren und teilweise auch größeren Radwegnetzen und Flowtrailparks links und rechts der Elbe. Mal wurden wir beim Vorbeiradeln auf eine Familienfeier samt Spanferkel und Pivo eingeladen, mal erlebten wir Kanumeisterschaften.
Die Temperatur stieg an manchen Tagen auf 39 Grad, und so landeten wir sehr oft irgendwo in einer kleinen Bar oder unter bzw. in einem Kirschenbaum für eine kleine Siesta. Schlafplätze gibt es in Tschechien sehr viele für Camper und fast jeder Flowtrailpark hat auch eine kleine Zeltwiese oder Autocamp in der Nähe. Unser Zeltplatz in der Nähe der berühmten MTB-Wettkämpfe in Nové Město na Moravě am See Sykovec gehörte zu den romantischeren direkt am Wasser. Natürlich haben wir auch in Nové Město den Trailpark besucht und genossen.
Flowtrail Boskovice
Unsere nächste Übernachtung war dann aber schon etwas Besonderes. Irgendwie hatten wir den Tag verbummelt und erreichten erst sehr spät unseren anvisierten Campingplatz. Doch dieser war gar kein Campingplatz im klassischen Sinne, sondern eine Westernstadt. Eine Westernstadt, die aber offiziell erst in den nächsten Wochen öffnen sollte. Trotzdem durften wir mitten in der Westernstadt übernachten, was schon irgendwie genial war. Abends sind wir alleine durch die Stadt geschlichen und haben uns in eine andere Zeit versetzt gefühlt. Doch am nächsten Morgen entdeckten wir zu unserer großen Freude ein Wegeschild, dass direkt aus der Westernstadt heraus auf die Flowtrailanlage des Sportpark Boskovice führte.
Es ist wirklich faszinierend, wie die Tschechen in jeden noch so kleinen Wald so geniale Flowtrailparks reinzimmern und dazu noch ein Infozentrum, Duschen, WC und Gastronomie anbieten. Doch so begeistert wir auch waren, jetzt galt es mal, 80 Kilometer die Arschbacken zusammenzukneifen und durch das Flachland, bei 37 Grad im Schatten, rüber in die Beskiden zu ballern. Und zwar direkt in das nächste Mountainbike-Paradies. Denn direkt an der Bike Aréna Vsetín liegt das Bike Fishing Camp Semetin und hier gab es eine große Party mit leckerem Gulasch, Schweinekeule vom Grill und vieles mehr. So lieben wir es: Geiles Wetter, perfekte Trails und dazwischen geniale gastfreundliche Stimmung, überall ist man sofort mittendrin und dabei.
Bikepark Kyčerka červený Trail
Am nächsten Tag war die Hitze, obwohl wir nun in den Bergen waren, noch schlimmer. Trotzdem machten wir einen Abstecher zum Bikepark Kyčerka červený Trail. Denn hier war ein großes Testevent von Cannondale. Dort angekommen, gaben wir nur unsere Anhänger in vertrauensvolle Hände und genossen die Trails mit unseren Geschossen. Von hier wollten wir über den berühmten Grenztrail zwischen Tschechien und der Slowakei weiterfahren nach Bila in den nächsten Bikepark.
Grenztrail nach Bílá
Dazu mussten wir entlang des Vsetínská Bečva flussaufwärts fahren und den ersten 1000er erklimmen. Ich hielt kurz an, um ein Foto zu machen. Doch irgendetwas stimmte nicht. Meine Beine fingen an zu zittern und ohne Vorwarnung musste ich mich übergeben. Schlimmer noch, ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, mir die Hose runterzuziehen. Denn plötzlich wollte irgendwie aus jeder meiner Körperöffnungen etwas heraus, um diese schöne Landschaft zu beglücken. 10 Minuten später lag ich völlig fertig unter einem Baum. Es dauerte fast 30 Minuten, bis ich wieder aufstehen konnte und mich, so plötzlich wie es mir schlecht ging, wieder gut fühlte.
Wir fanden einen Supermarkt, kauften kräftig ein und rollten nun in ein Seitental, was uns über verschlungene Pfade hoch auf den Grenzweg geleiten sollte. Mein körperlicher Aussetzer vom frühen Vormittag war schon fast wieder vergessen, als dieselbe blöde körperliche Reaktion mitten im Wald wieder losging. Diesmal jedoch hielt sie an. Ich fror plötzlich abartig und schwitzte gleichzeitig wie bei einem FTP-Test in der Sauna. Wir beschlossen, einfach hier mitten im Wald das Zelt aufzubauen. Ich schlief sofort ein und wurde irgendwann von Moni geweckt, um bissel was zu essen.
Doch leider war das lange Kochen von Moni umsonst, ich bekam nichts runter. Bevor ich wieder einschlief, murmelte ich: „Pack bitte das gesamte Essen in einen Beutel und hänge ihn irgendwo hundert Meter entfernt an einem Seil über einen Ast. Dann kommen die Bären nicht dran!“
„Bären?“, fragte Moni und ich sagte: „Ja, wir sind hier in den Beskiden, hier gibt es noch viele Bären und vorhin stand doch auch extra ein Schild am Waldrand mit UWAGA niedźwiedzie“, und schlief endgültig ein. Während ich nun einen tiefen festen Erholungsschlaf genoss, tat Moni kein Auge zu. Bei jedem Knacksen im Wald hielt sie den Atem an. Moni hat danach noch oft gesagt, dies war eine ihrer längsten Nächte.
Ich jedenfalls wurde am nächsten Morgen in einem klatschnassen Schlafsack wach. Ich fühlte mich aber gut und auch ein kleines Frühstück blieb, wo es bleiben soll. Während Moni sich einen Tee kochte, schlief sie einfach ein. Ich weckte sie und sagte: „Komm, genug gefaulenzt und geschlafen, wir fahren weiter.“ Oh Mann, welch bösen Blicke ich da erntete.
Beskidy Trophy
Wir erreichten jedenfalls problemlos Istebna. Hier hatten wir im Vorfeld wieder unsere kleinen Hütten gemietet und nach und nach kommen unsere Mitbewohner auch an. Wir waren mal wieder ein bunter Haufen aus ganz Deutschland. Natürlich könnt ihr nachlesen, wie wir die Beskidy Trophy 2019 und 2018 erlebt haben.
Jedovnice: Singletrail Moravsky Flowtrail
Mein Körper hatte sich noch nicht ganz erholt während des Etappenevents, aber es ging mir schon wieder deutlich besser. So packten wir unsere Anhänger und fuhren wieder los. Zum Volle-Kanne-Durchziehen mit jeden Tag 140 Kilometer bis Deutschland hatten wir aber keine Lust und so entwickelten wir einen neuen Plan. Wir fuhren über einen wunderschönen Radweg nach Ostrava zum Bahnhof und von dort mit dem Zug nach Vyškov. Von Vyškov ging es vorbei an wunderschönen Gebäuden bis nach Jedovnice. Jetzt werden sich einige fragen, warum fährt man in diese komische Stadt? Ganz einfach, diese Ecke von Tschechien hat viel mehr zu bieten, als viele wissen. Da wäre ein genialer See mit perfekter Infrastruktur zum Erholen inkl. Wasserskianlage, da wären die vielen Karsthöhlen in der Umgebung und die geniale Singletrail Moravsky Flowtrail-Anlage, die zur größten in Tschechien heranwächst. Mit einer kleinen Überbrückungstour kann man via Trail bis nach Brno fahren. Denn die Flowtrails werden aus Richtung Jedovnice nach Brno in den Wald angelegt und von Brno Richtung Jedovnice. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis beide den Zusammenschluss finden.
Jedenfalls gönnten wir uns hier Tage der Entspannung mit Wasserboard fahren, lecker Essen gehen, spazieren gehen, am See liegen und natürlich Trailsurfen. Wenn ihr mal in der Ecke seid, lasst euch das nicht entgehen! Für uns ging es dann nach einigen Tagen über wieder wunderschöne Radwege zum Bahnhof nach Brno und von dort nach Prag, von Prag mit einem kleinen Regionalzug an die Elbe und von dort wieder mit dem Rad nach Dresden zu unserem Bus.
Chemnitz: Heavy24
Mit dem Bus fuhren wir rüber nach Chemnitz und direkt auf das Eventgelände des Heavy24. Spoileralarm, das Event ist mega, aber Moni und ich haben es nicht hinbekommen, den Kopf von Urlaub auf Race umzuschalten. So lagen wir nach ca. 7 Stunden Sonne und Staub im Stausee und feuerten von dort die noch fahrenden 24-Stunden-Helden an. Eigentlich ein typischer Urlaubsabschluss für uns.
Fazit zu drei Wochen Bikepacking-Urlaub
Zusammengefasst haben wir in diesen drei Wochen ca. 1.500 Radkilometer mit ca. 26.000 Höhenmetern absolviert. Wir haben 13 Trail- bzw. Flowtrailparks angefahren und nur nette Leute auf dieser Tour getroffen. Wir waren Ende Mai / Anfang Juni unterwegs. In dieser Zeit hatten zu unserer Überraschung noch nicht alle Autocamps offen, da es noch Vorsaison war.
Mit unserer Materialwahl waren wir sehr zufrieden und sind komplett ohne eine einzige Panne durchgekommen. Die Nicolairäder haben mal wieder bewiesen, sie können schnell, sie können bequem, sie können ausdauernd. Der Anhänger ist voll beladen allerdings weniger geländetauglich, im leichten Gelände und auf Feldwegen aber ein treuer Begleiter mit viel (zu viel, wie jeder lernen wird) Stauraum. Drei Funktionen haben wir wirklich lieben gelernt:
- Das mitgelieferte Spannnetz: Wir haben am Ende einfach alles in den Anhänger geworfen, Spannnetz drüber und weiter.
- Das An- und Abkoppeln hat wirklich problemlos funktioniert.
- Der Ständer am Anhänger ist ausreichend, um auch das Fahrrad zu halten. Allerdings haben wir uns die Standfüße mit Klebeband und Ästen etwas erhöht.
Insgesamt können wir die Trailparks in Tschechien nur empfehlen und hoffen, auch in Deutschland mal eine solche Tour fahren zu können. Von daher hier der Aufruf: Wo gibt es schon solche Trailparks in Deutschland und wo kann man in der Nähe gut übernachten?
Mit dem Rad in den Bikeurlaub – wer hätte Bock drauf?
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