Fahrrad-Transport mit dem Radkoffer 2.0
Früher war der Fahrrad-Transport im Flieger noch relativ einfach. Wer sein Rennrad mit ins Trainingslager nehmen wollte, besorgte sich beim Radhändler um die Ecke einen Standard-Radkoffer oder einen gebrauchten Versand-Karton, drehte den Lenker um 90 Grad, schob die Sattelstütze bis zum Anschlag in den Rahmen, demontierte die Laufräder und verpackte sein Bike für den Trip in den Süden.
Mit der Einführung der voll integrierten Cockpits, die mittlerweile an fast jedem modernen Aero-Rennrad zu finden sind, wurde die Sache etwas komplizierter. Aufgrund der zum Teil recht kompliziert verlegten Leitungen und unterschiedlich konstruierten Vorbau- und Lenkerbefestigungen, muss man in der Regel über gute Schrauberkenntnisse verfügen, um sein Rad so kleinzumachen, dass es in einen handelsüblichen Radkoffer oder gar einen Versandkarton passt.
Triathleten und Zeitfahr-Spezialisten kennen diese Problematik, denn die Aero-Lenker und Auflieger-Konstruktionen mit integrierten Leitungen und Kabeln sind in der Regel nicht gerade montagefreundlich. Glücklicherweise hat die Rad- und Zubehörindustrie das Problem erkannt und bietet mittlerweile Komfort-Radkoffer an, in denen man sowohl TT und Triathlon-Bikes komplett montiert verpacken kann, als auch Rennräder ohne Verstellen von Sattel oder Lenker sicher für die Flugreise verstauen kann.
Vier Komfort-Radkoffer im Test
Wir haben vier aktuelle Radkoffer mit einer Preisspanne von knapp 600 bis fast 800 Euro von unterschiedlichen Herstellern und mit zum Teil gänzlich unterschiedlichen Konstruktionen und Lösungsansätzen näher unter die Lupe genommen und einem Praxistest unterzogen. Einzige Vorgabe war, dass die Transport-Koffer sowohl ein Triathlon- oder Zeitfahrrad, als auch ein Rennrad ohne Verstellung von Lenker oder Sattel aufnehmen können.
Im Test waren der Elite Borson, die Road Bike Bag Pro von EVOC, die Aerocomfort 3.0 TSA Triathlon Bike Tavel Bag von Scicon sowie die Signature Pro Bike Bag von Canyon.
Hier die Übersicht der vier Testkandidaten:
Canyon Signature Pro Bike Bag im Test
Informationen und Details
- Fahrrad-Transporttasche aus Stoff mit integriertem Kunststoffskelett
- Verstärkte Bodenwanne
- Ausstattung Taschen für zwei Laufräder, Innenfach für Zubehör
- Rollen 2 feste Rollen, 2 Lenkrollen (abnehmbar)
- Farbe Schwarz
- Kompatibilität passend für alle Fahrräder, unabhängig vom Achssystem
- Gewicht 15,1 kg (gewogen)
- Material keine Angabe
- Abmessungen (L x B x H) 162 x 46 x 86 cm
- Info www.canyon.com
Preis: 599,95 €
Die Canyon Signature Pro Bike Bag ist eine Fahrrad-Transporttasche aus Stoff mit einer Bodenwanne aus Kunststoff. Als inneres „Gerüst“ dient ein Skelett aus Kunststoff-Stangen, die einen festen Rahmen für die Tasche bilden. Der Rahmen wird nicht wie sonst üblich über die Achsaufnahmen befestigt, sondern wird mit Gurten und gepolsterten Halterungen in der Tasche fixiert.
Auf- und Abbau
Der Canyon Signature Pro Bike Bag Radkoffer wird mit bereits vormontiertem Kunststoffrahmen geliefert. Vor der ersten Nutzung muss man nur noch vier Stangen in den Rahmen einsetzen und die flächigen Kunststoffplatten zur seitlichen Verstärkung der Stoffbahnen einschieben.
Möchte man die Transporttasche längere Zeit nicht benutzen, kann man den inneren Rahmen in umgekehrter Reihenfolge wieder zum Teil demontieren, die seitlichen Verstärkungen entnehmen und die Tasche im Anschluss zusammengeschoben verstauen. Wer es noch kleiner möchte, kann den inneren Rahmen auch komplett herausnehmen und zerlegen. Dabei gilt jedoch zu beachten, dass die Canyon Signature Pro Bike Bag der größte Radkoffer in unserem Test ist – auch demontiert ist die Transport-Box nicht gerade klein.
Verpacken des Rades
Die Besonderheit am Canyon Signature Pro Bike Bag ist die Art und Weise wie das Rad im Koffer befestigt wird. Es gibt keine Achsadapter und keine Fixierung des Rahmens über Schraubverbindungen. Das hat den großen Vorteil, dass wirklich jedes Fahrrad mit dem Radkoffer von Canyon transportiert werden kann und bei einem Fahrradwechsel kein Umbau nötig ist.
Das Befestigungssystem ist dabei recht pfiffig konstruiert und gut umgesetzt. Die Gabel wird komplett in eine gepolsterte Halterung gesteckt, die wiederum mittels eines großen Klettbandes sehr einfach aber sicher an der Seite des Koffers befestigt wird. Im Bereich des Tretlagers liegt der Rahmen auf einer großen gepolsterten Auflage, die ebenfalls über Klettverbindungen frei in der Tasche positioniert werden kann. Mit mehreren Haltebändern wird der Rahmen schließlich sehr einfach im Koffer fixiert.
Laut Canyon Werbung auf der Homepage muss das Schaltwerk nicht abgebaut werden. Allerdings wird eine sehr simpel, aber auch sehr pfiffig gestaltete Tasche mitgeliefert, die mit einem Klettverschluss an der Kettenstrebe befestigt werden kann und das demontierte Schaltwerk sicher aufbewahrt. Somit geht man mit dem Lösen einer Schraube auf Nummer sicher.
Fassungsvermögen
Dass die Canyon Signature Pro Bike Bag ursprünglich für Triathleten entwickelt wurde, lässt sich unschwer an der Form erkennen. Sie bietet in unserem Test mit Abstand am meisten Platz im Bereich des Lenkers und nimmt somit auch große Zeitfahrrahmen mit hoch montierten Pads und langen Extensions problemlos auf. Dieses komfortable Platzangebot an der Front wird allerdings mit recht knapper Höhe im Bereich des Sattels kombiniert.
Unser Testrad (Giant Trinity in Größe S mit einer Sitzhöhe von 77 Zentimetern) passte nur mit demontierter Sattelstütze komfortabel in die Canyon Signature Pro Bike Bag. Das ist jedoch in jedem Fall das kleinere Übel, anstatt Demontagearbeiten an Lenker oder den Aufliegern vornehmen zu müssen. Für die Stütze gibt es eine gut gepolsterte Halterung direkt an der Aufnahme für die Gabel. Dort ist die Sattelstütze gut und sicher verstaut.
Das Testrennrad mit Rahmengröße M und fixer Sattelstütze ließ sich hingegen mit einer klugen Positionierung auch mit montiertem Sattel in der Tasche verstauen. Allerdings lag der Sattel dann direkt am Stoff an und steht ein wenig nach oben. Da der Rahmen aber nirgends fix mit der Tasche verschraubt ist, birgt das wohl kaum ein Beschädigungsrisiko.
Aufgrund der wirklich großen Abmessungen ist in der Canyon Signature Pro Bike Bag noch jede Menge Platz, um weitere Ausrüstung mitzunehmen. Vor der Gabel gibt es zudem ein praktisches Fach in dem sich etwa Schuhe und ein Helm sicher verstauen lassen. Allerdings sollte man dabei immer das Gesamtgewicht im Auge behalten, denn der Radkoffer von Canyon ist mit 15,1 Kilogramm mit Abstand die schwerste Transportlösung in unserem Test. So läuft man unter Umständen Gefahr das Maximalgewicht seiner Airline zu überschreiten.
Verstaumöglichkeit Laufräder
Zwei Laufräder finden in den integrierten Taschen an den Seiten des Canyon Signature Pro Bike Bag Platz. Dort sind sie gut aufgehoben und mit zwei Kunststoffstangen zusätzlich geschützt. Allerdings ist der Reißverschluss jeweils von außen zugänglich. Möchte man also sowohl den Inhalt des Radkoffers als auch die beiden Laufräder vor Diebstahl schützen, muss man sich folglich drei Sicherungsschlösser anschaffen und alle Reißverschlüsse einzeln sichern.
Canyon bewirbt die Canyon Signature Pro Bike Bag mit einem Fassungsvermögen von vier Laufrädern. Das lässt sich auch zweifelsfrei realisieren, indem man zwei zusätzliche Laufräder einzeln in Taschen verpackt jeweils an der Seite des Rahmens positioniert. Diese Taschen gehören allerdings nicht zum serienmäßigen Lieferumfang. Canyon weist fairerweise aber ausdrücklich darauf hin.
Praxistauglichkeit
Der Canyon Signature Pro Bike Bag Radkoffer ist sehr stabil und lässt sich dank der zwei festen und zwei lenkbaren und leicht laufenden Rollen einfach manövrieren. Viele Griffe an strategisch guten Positionen erleichtern das Handling in allen Situationen. Zudem lässt sich die komplette Front nach dem Öffnen des Reißverschlusses aufklappen. Durch das integrierte Kunststoffskelett bleibt die Tasche dennoch komplett formstabil und lässt sich dadurch sehr angenehm und komfortabel be- und entladen.
Die schiere Größe der Canyon Signature Pro Bike Bag ist allerdings nicht nur von Vorteil. Es geht damit los, wenn man versucht den Radkoffer auf dem Weg zum Flughafen ins Auto zu laden und nimmt seine Fortsetzung am Check-in-Schalter im Flughafen. Mir ist es einmal passiert, dass ein Lufthansa-Mitarbeiter den Transport komplett ablehnen wollte, weil er partout nicht glauben wollte, dass der beladene Radkoffer weniger als 32 Kilogramm wog. Die Waage am Schalter konnte zur Beweisführung nicht genutzt werden, weil der Koffer schlicht und ergreifend zu groß zum Aufladen war. Das war sicher ein Extremfall, der sich mit einer kurzen, sachlichen Diskussion schließlich auch problemlos lösen ließ, aber es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die Canyon Tasche auch optisch sehr groß wirkt.
Schutzwirkung
Auch wenn die Canyon Signature Pro Bike Bag kein Hartschalenkoffer ist, bietet sie durch den integrierten festen Rahmen und die Kunststoffverstärkungen an allen Seiten einen ausgezeichneten Schutz für den wertvollen Inhalt. Cockpit, Lenker und Extensions haben bei keinem anderen Modell im Test so viel Platz und sind einwandfrei von der Außenwelt abgeschirmt.
Zunächst mag es komisch erscheinen, dass der Rahmen nicht über die Achsaufnahmen befestigt wird, aber letztlich schafft diese Tatsache nicht nur eine völlige Unabhängigkeit von Adaptern und Kompromissen, sondern auch ein Plus an Sicherheit. Denn so kann der Rahmen im Fall der Fälle bei einer harten Gewalteinwirkung von außen unter Umständen ein wenig innerhalb der Tasche „ausweichen“ und so eventuell eine Beschädigung verhindert werden.
Fazit – Canyon Signature Pro Bike Bag Radkoffer
Die Canyon Signature Pro Bike Bag bietet sehr viel Platz, hohen Schutz und einen tollen Komfort zum günstigsten Preis im Testfeld. Damit hätte sie eigentlich das Zeug zum Testsieger – wenn sie denn nicht so groß und sperrig und zudem mit gut 15 Kilogramm auch noch die mit Abstand schwerste Tasche im Test wäre. Und so beißt sich die Katze letztlich selbst in den Schwanz. Wer den Platz und den Komfort haben möchte, muss auch damit leben, dass man ein Auto mit riesigem Kofferraum benötigt, um überhaupt zum Flughafen zu kommen. Und man sollte sich gegebenenfalls auf Diskussionen mit dem Bodenpersonal am Flughafen einstellen, denn die Airlines mögen lieber kleinere und leichtere Gepäckstücke. Wer jedoch gute Nerven hat oder ohnehin Businessclass fliegt, darf getrost zugreifen, denn einen besseren Radkoffer wird man zu diesem Preis kaum bekommen.
Pro / Contra
Stärken
- Viel Platz (auch für große TT-Bikes)
- Hohe Schutzwirkung
- Stabile und leicht laufende Rollen
- Günstigster Preis im Test
Schwächen
- Groß und sperrig
- Schwer
Was sagt ihr zum Transport-Riesen von Canyon?
Hier geht es zu den weiteren Tests der Komfort-Radkoffer für Rennrad und TT 2022
- Vier Komfort Radkoffer im Test: Testsieg für Canyon plus Empfehlungen
- Scicon Triathlon Bike Travel Bag im Test: Leichter Radkoffer für Rennrad und TT
- Evoc Road Bike Bag Pro im Test: Stabiler Radkoffer für Rennrad und TT
- Canyon Signature Pro Bike Bag im Test: Riesen-Radkoffer für Rennrad und TT
- Elite Borson im Test: Radkoffer mit Platz für 2 Laufradsätze
3 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumModerne Fahrrad-Transportkoffer ermöglichen den Fahrrad-Transport im Flieger auch mit montiertem Lenker und komplettem Zeitfahr-Cockpit. Wir haben vier Fahrrad-Koffer aus der Businessclass getestet. Kann der Canyon Signature Pro Bike Bag überzeugen?
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Canyon Signature Pro Bike Bag im Test: Riesen-Radkoffer für Rennrad und TT
Was sagt ihr zum Transport-Riesen von Canyon?
Vor 3 Jahren war ich bei Canyon und man sagte mir, das "demnächst" ein solcher Koffer kommt, die Entwicklung ist soweit fertig. Das war ein ganz schön langes "demnächst" bis Heute.
Zieh zwei Jahre C-19 ab, dann passt das schon. Warum etwas auf den Markt bringen, das nicht benutzt werden kann und demnach erstmal im Regal liegen bleibt.
Hallo zusammen,
hat einer von Euch den Koffer im Einsatz bzw. auseinandergebaut? Ich überleg gerade wie ich ihn am besten verstaue. Gerüstz ganz raus? Nur den oberen Teil raus? Wie habt ihr es gemacht?
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