Das neue Cervélo Soloist 2023 im ersten Test: Das Soloist ist zurück! Cervélo hat den berühmten Namen aus dem fast 15-jährigen Tiefschlaf erweckt und zeigt ein neues Soloist. Es ist selbstverständlich Aero-optimiert und gefällt mit modernen Formen. Für wen das neue Cervélo Soloist gedacht ist und wie es fährt, lest ihr hier.
Video: Cervélo Soloist 2023 Test
Cervélo Soloist 2023 – Infos und Preise
- Allround-Rennrad mit Carbon-Rahmen und -Gabel
- Schneller als das Climbers-Bike Cervélo R5 (126 g drag – ca. 16 Watt)
- Leichter als Aero-Rennrad Cervélo S5 (ca. 250 g)
- Aggressiveres Fahrverhalten als Caledonia Allroad-Rennrad
- Fit, Handling, und Steifigkeit vergleichbar mit R5
- Semi-integrierte Kabelführung
- Kompatibel mit Vorbauten für komplette Kabelintegration
- Neue Aero Lite Sattelstütze SP27
- Gewicht Rahmen 920 g (Gr. 56, Herstellerangabe)
- Gewicht Gabel 345 g (Gr. 56, Herstellerangabe)
- Tretlager BBRight T47
- Reifenfreiheit bis 34 mm
- Rahmengrößen sechs, von 48 bis 61
- Ausstattung mechanische und elektrische Schaltungen
- Verfügbar ab sofort
- Preis ab 4.299 €
- Info www.cervelo.com
Cervélo Soloist – Hintergründe und Positionierung
Einsatzbereich | Tour, Rennen, Aero |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,9 kg |
Stack | 565 mm |
Rahmengrößen | 48, 50, 52, 54, 56, 61 (im Test: 56) |
Website | www.cervelo.com |
Das neue Cervélo Soloist hört auf den Namen eines der berühmtesten Bikes, die Cervélo hervorgebracht hat. Sein Vorgänger war in den frühen 2000er-Jahren durch die Einsätze beim Team CSC und dem Cervélo Test Team weltbekannt – unvergessen die Solos von Jens Voigt „auf Soloist“. Auch das Nachfolgemodell beruft sich auf diese famose Renntradition, will jedoch mehr ein Rennrad für den Amateur-Racer sein. Ohne aufwendige komplett integrierte Cockpits und sündhaft teure Top-Schaltgruppen und mit einem Rahmen, der zwar deutlich schwerer als der des Cervélo R5 ist, dafür aber leichter als das Cervélo S5 und aerodynamisch besser als der Kletterspezialist R5.
Kompromiss aus Aerodynamik und Gewicht
Ein vernünftiger, bezahlbarer Kompromiss also aus den beiden Spitzenmodellen R5 und S5, die jeweils in ihren Kategorien ganz weit oben im Spitzenfeld zu finden sind und bei der diesjährigen Tour de France mit Team Jumbo-Visma mehr TV-Zeit hatten als alle anderen Race-Rennräder. Das Soloist richtet sich an alle, die schnell unterwegs sein wollen, aber auch ohne Teammechaniker die Vorbaulänge ändern möchten. Zudem ist das Soloist mit Preisen ab 4.299 € deutlich erschwinglicher als die Spitzenmodelle R5 und S5 – freilich aber noch kein Schnäppchen.
Der Rahmen des Soloist ist deutlich stärker aerodynamisch optimiert als der des Kletterspezialisten R5. Damit einher geht jedoch auch ein höheres Gewicht. Laut Cervélo ist das Soloist zwar rund 250 Gramm leichter als das S5, gleichzeitig aber auch rund 230 Gramm schwerer als das R5. Dafür soll es jedoch auch 16 Watt schneller sein als das kalifornische Kletterbike. Bei welcher Geschwindigkeit dieser Vorteil erzielt werden kann, gibt Cervélo in der Pressemeldung leider nicht an. Üblicherweise werden die Rahmen von Cervélo jedoch bei 40 km/h und mit Dummy gemessen.
Cervélo sieht das Soloist übrigens deutlich abgegrenzt vom Caledonia als Race-Rennrad und nicht als Endurance-Rennrad. Die Geometrie und das Handling sind laut Cervélo klar an das R5 angelehnt und somit eindeutig in der Race-Kategorie beheimatet.
Hohe Servicefreundlichkeit
Im Gegensatz zu den beiden Spitzenmodellen gibt es das Soloist serienmäßig nicht mit komplett integrierter Zugverlegung. Das hält nicht nur die Komponenten technisch einfacher, sondern erleichtert in erster Linie Servicearbeiten und individuelle Anpassungen. So lässt sich etwa der Vorbau in Windeseile tauschen, ohne Bremsleitungen kappen zu müssen.
Trotzdem sieht das Cockpit des Soloist sehr aufgeräumt aus, denn Cervélo hat die Zugführung geschickt gelöst. Unter dem Vorbau werden die Züge bzw. Bremsleitungen von einem simplen Halter gebündelt, ehe sie vor dem Gabelschaft direkt in das Steuerrohr des Rahmens geführt werden.
Wer dennoch eine volle Integration bevorzugt, kann sich aus dem Teileregal von R5, R5CX oder Áspero-5 bedienen. Die Vorbauten und Lenker dieser Modelle sind zum Soloist kompatibel.
Auch das geschraubte BBRighT-47 Gewinde-Tretlager trägt zur Servicefreundlichkeit des Soloist bei. Damit kann man auch als halbwegs begabter Schrauber zu Hause das Tretlager ohne teures Spezialwerkzeug tauschen. Eine Option, die vorwiegend für Vielfahrer und Hobby-Racer interessant sein dürfte.
Viel Freiheit bei der Reifenwahl
Nicht zuletzt bietet der Rahmen des neuen Cervélo Soloist viel Freiheit bei der Reifenwahl. Pneus bis zu 34 mm Breite finden im Carbonrahmen Platz. Zudem will Cervélo darauf geachtet haben, dass auch ausreichend Platz für breite Felgen vorhanden ist, die in modernen Aero-Set-Ups durchaus auch mal breiter als der Reifen sein können.
Ausstattung: mechanisch oder elektrisch – keine Top-Gruppen
Im Gegensatz zu den High End-Rennmaschinen R5 und S5, die Cervélo ausschließlich mit elektronischen Schaltgruppen ab dem Niveau Shimano Ultegra Di2 bzw. SRAM Force eTap AXS anbietet, gibt es das Cervélo Soloist auch mit mechanischen Schaltgruppen. Zudem verzichten die Kanadier bei den Einstiegsmodellen auf teure Aero-Rennrad-Laufradsätze und ermöglichen somit für die hochpreisige Marke relativ moderate Einstiegspreise ab 4.299 €. Das Spitzenmodell Soloist Ultegra Di2 kommt mit 40/44 mm hohen Aero-Laufrädern und kostet 7.900 €.
Modelle mit den Spitzengruppen von Shimano oder SRAM finden sich in der Modellliste nicht. Damit wird klar, dass sich Cervélo mit dem Soloist eher an preisbewusste Fans der Marke richtet und die kompromisslosen Kunden mit maximalem Anspruch weiter mit dem R5 und S5 bedienen möchte. Nebenbei: Anders als einst werden die Profi-Teams auch bei S5 und R5 bleiben und nicht das Soloist fahren.
Modelliste
- Cervélo Soloist Force eTap AXS Powermeter, Reserve 40/44mm mit Zipp ZR700, 8.599 €
- Cervélo Soloist Ultegra Di2 Reserve 40/44mm mit Zipp ZR700, 7.899 €
- Cervélo Soloist Rival etap AXS Fulcrum Racing 600, 5.999 €
- Cervélo Soloist 105 Di2 Fulcrum Racing 600, 5.799 €
- Cervélo Soloist Ultegra Fulcrum Racing 600, 5.399 €
- Cervélo Soloist 105 Alexrims Boondocks 5, 4.299 €
- Cervélo Soloist Frameset 3.699 €
Cervélo Soloist Force eTap AXS | Cervélo Soloist Ultegra Di2 | Cervélo Soloist Rival etap AXS | Cervélo Soloist 105 Di2 | Cervélo Soloist Ultegra | Cervélo Soloist 105 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Preis | 8.599 € | 7.899 € | 5.999 € | 5.799 € | 5.399 € | 4.299 € |
Gabel | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork | Cervélo All-Carbon, tapered Soloist Fork |
Gruppe | SRAM Force eTap AXS 2x12 | Shimano Ultegra Di2 2x12 | SRAM Rival eTap AXS 2x12 | Shimano 105 Di2 2x12 | Shimano Ultegra 2x11 | Shimano 105 2x11 |
Übersetzung | 48/35 - 10-33 | 52/36 - 11-30 | 48/35 - 10-36 | 50/34 - 11-34 | 52/36 - 11-30 | 52/36 - 11-30 |
Laufradsatz | Reserve 40/44 mm Felgenhöhe, Innenweite 25,4 mm (vorn), 24,4 mm (hinten) | Reserve 40/44 mm Felgenhöhe, Innenweite 25,4 mm (vorn), 24,4 mm (hinten) | Fulcrum Racing 600 DB, Innenweite 20 mm | Fulcrum Racing 600 DB, Innenweite 20 mm | Fulcrum Racing 600 DB, Innenweite 20 mm | Alexrims Boondocks 5, Innenweite 20 mm |
Reifen | Vittoria Rubino Pro TLR G 28c Black | Vittoria Rubino Pro TLR G 28c Black | Vittoria Rubino Pro TLR G 28c Black | Vittoria Rubino Pro TLR G 28c Black | Vittoria Rubino Pro TLR G 28c Black | Vittoria Zaffiro Pro V G2.0 700x28c |
Lenker | Cervélo AB07 Alloy | Cervélo AB07 Alloy | Cervélo Alloy | Cervélo AB07 Alloy | Cervélo Alloy | Cervélo Alloy |
Sattel | Selle Italia Novus Boost Evo Superflow Manganese | Selle Italia Novus Boost Evo Superflow Manganese | Selle Italia Model X Superflow FeC | Selle Italia Model X Superflow FeC | Selle Italia Model X Superflow FeC | Selle Italia Model X Superflow FeC |
Besonderheiten | Quarq-Powermeter |
Ausstattung Testrad
Unser Testrad Cervélo Soloist 105 ist das günstigste Rad im Line-up und kommt mit der mechanischen Ultegra 105 mit 2×11 Gängen. Die Schaltung funktioniert völlig problemlos und zuverlässig. Schade ist nur, dass Cervélo nicht die Standard-Kurbel aus der 105-Gruppe verbaut. Beim Schaltverhalten macht das keinen Unterschied, aber die genutzte FC-RS510-Kurbel ist deutlich schwerer (und günstiger) als die gruppentreue Variante.
Die Übersetzung ist mit der Kettenblatt-Kombo 52/36 vorn und der Kassette mit 11-30 Zähnen durchaus sportlich gewählt. Reine Anfänger*innen oder weniger Ambitionierte, an die sich das Einstiegsmodell ja durchaus richtet, könnten damit am Berg überfordert sein. Sportlich Ambitionierte freuen sich hingegen über die enge Abstufung der Übersetzung, die jedoch naturgemäß nicht ganz an die feinen Gangsprünge von 2×12 Schaltungen herankommt.
Die Boondoks 5 von Alexrims sind solide Laufräder mit einem sehr dezenten Freilaufgeräusch, mit 1830 g (Herstellerangabe) aber auch keine Leichtgewichte. Auch in Sachen Reifen sollte man beim günstigsten Modell des Soloist keine Spitzenware erwarten. Die Vittoria Zaffiro Pro Graphen 2.0 sind mit rund 320 g ebenfalls alles andere als Leichtgewichte, rollen in der montierten Breite von 28 mm aber ordentlich und ermöglichen angemessenen Komfort. Auf Tubeless umrüsten ist theoretisch mit den Laufrädern möglich.
- Innenlager-Bauart BBRight T47, geschraubt
- Steuerlager FSA IS2 1-3/8″ unten und 1-1/8″ oben
- Bremsaufnahme Flat-Mount
- Antrieb- /Schaltungs-Kompatibilität 1-fach und 2-fach, elektronische und mechanische Schaltungen
- Garantie Rahmen lebenslang für Erstbesitzer
- Gewichtszulassung k.A.
Geometrie: angelehnt an das Cervélo R5
Die Geometrie des neuen Soloist orientiert sich laut Cervélo weitestgehend an der des R5. Allerdings ist der Reach über alle Rahmengrößen hinweg etwas länger und der Stack einige Millimeter flacher. In Rahmengröße 56 hat das Soloist einen 3 mm längeren Reach und einen 7 mm flacheren Stack. Damit verringert sich der Stack-To-Reach-Wert auf 1,44 im Vergleich zu 1,47 beim Cervélo R5.
Folglich ist die Sitzposition des Soloist auf dem Papier einen Hauch sportlicher als beim R5. Zumindest, wenn man ansonsten die gleichen Vorbaulängen und -winkel annimmt. Das S5 hat hingegen die gleichen Stack und Reach Werte wie das Soloist, wobei das S5 aufgrund seiner speziellen Lenker-Vorbau-Einheit ein Sonderfall ist. Tendenziell dürfte es auch aufgrund der um 5 mm kürzeren Kettenstreben etwas handlicher als das Soloist sein.
Alle Geometriedaten im Detail findet ihr hier in der Tabelle aus unserem Geometrie-Vergleich Geometrics. Dort könnt ihr das neue Soloist auch direkt mit dem R5 und S5 oder jedem beliebigen Rad aus der Datenbank vergleichen.
Rahmengröße | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
---|---|---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 365 mm | 374 mm | 383 mm | 392 mm | 401 mm | 410 mm |
Stack | 491 mm | 515 mm | 540 mm | 565 mm | 590 mm | 615 mm |
STR | 1,35 | 1,38 | 1,41 | 1,44 | 1,47 | 1,50 |
Lenkwinkel | 71° | 72° | 73° | 73° | 73° | 73° |
Sitzwinkel, real | 73° | 73° | 73° | 73° | 73° | 73° |
Oberrohr (horiz.) | 516 mm | 532 mm | 548 mm | 565 mm | 581 mm | 598 mm |
Steuerrohr | 86 mm | 106 mm | 130 mm | 156 mm | 184 mm | 211 mm |
Sitzrohr | 433 mm | 483 mm | 507 mm | 531 mm | 555 mm | 579 mm |
Überstandshöhe | 708 mm | 748 mm | 774 mm | 798 mm | 824 mm | 848 mm |
Kettenstreben | 410 mm | 410 mm | 410 mm | 410 mm | 410 mm | 410 mm |
Radstand | 972 mm | 974 mm | 977 mm | 994 mm | 1.011 mm | 1.028 mm |
Tretlagerabsenkung | 74,5 mm | 74,5 mm | 72 mm | 72 mm | 69,5 mm | 69,5 mm |
Gabel-Offset | 57,5 mm | 51,5 mm | 45,5 mm | 45,5 mm | 45,5 mm | 45,5 mm |
Harry: Mit meiner Körpergröße von 1,76 m und einer Sitzhöhe von 76,5 cm würde ein 54er Rahmen besser für mich passen. Das Testbike in Größe 56 war mir ein wenig zu lang und gleichzeitig der Lenker zu hoch. Selbst ohne Spacer unter dem Vorbau ergab sich für mich nur eine Überhöhung von 10 cm. Das ist mir für diese Kategorie von Rennrad zu komfortabel und zu wenig aerodynamisch. Mit einem Rahmen in Größe 54 dürfte das Soloist hingegen gut zu mir passen.
Jan: Ich bin zwar etwas größer als Harry, sitze aber nur wenig höher, habe also eher einen längeren Oberkörper. Damit war das Testbike in Größe 56 dennoch kein Perfect-Fit. Ich würde „mein Soloist“ zwar in 56 kaufen, dazu aber einen etwas kürzeren Vorbau wählen und ein, zwei Spacer entfernen. Die nächstkleinere Größe mit längerem Vorbau und passender Spacer-Zahl wäre mir zu „flach“. Auch mit der Balance des 56er war ich sehr zufrieden.
Cervélo Soloist 2023 auf dem Kurs
Der erste Kontakt mit dem Soloist ist durchaus positiv. Die hochwertige Lackierung in der Farbe „Alpenglow“ hat einen edlen Perlmutt-Effekt und wirkt sehr hochwertig. Auch die Verarbeitung des kompletten Rahmens ist sehr sauber. Der Selle Italia Model X Superflow ist nicht die Krönung des modernen Sattelbaus, aber auch nicht so unbequem, dass man ihn möglichst schnell austauschen möchte. Das Lenkerband wirkt im Stand recht griffig, wird jedoch mit schwitzigen Händen leider recht schnell rutschig (Handschuh-Verächter aufgemerkt).
Beim Losfahren wird sofort klar, dass man nicht auf einem spritzigen High End Renner mit beeindruckender Beschleunigung sitzt. Die Alexrims Laufräder wiegen mit Bremsscheiben, Reifen, Schläuchen und Kassette gute 3,3 Kilogramm. Und diese Masse muss nach jedem Stopp wieder erneut in Rotation gebracht werden. Ist das Soloist 105 jedoch erst mal in Fahrt wird man überrascht, wie einfach es ist, auch hohe Geschwindigkeiten zu halten.
Das Fahrverhalten ist sicher und Vertrauen-einflößend. Auch hektische und aggressive Lenkbewegungen führen nicht zu abrupten Richtungswechseln. Damit ist das Cervélo Soloist in der gefahrenen Version auch ideal für Anfänger*innen und alle, die einen zuverlässigen Tourenwagen einem nervösen Rennboliden vorziehen. Was jedoch nicht heißen soll, dass man nicht sportiv mit dem Soloist 105 unterwegs sein könnte.
Der Rahmen ist steif und verschenkt rund um das Tretlager keinerlei Energie. So lassen sich auch lange Anstiege mit Spaß bewältigen, auf den Abfahrten lässt sich das Soloist ohnehin nicht aus der Ruhe bringen. Es zieht souverän durch Kurven aller Couleur und wirkt auch bei harten Bremsmanövern – die mit den verbauten Shimano 105 Bremsen problemlos möglich sind – sehr sicher. So machen auch lange, schnell gefahrene Touren auf dem Soloist viel Spaß.
Sein wahres Potenzial konnte der Rahmen jedoch erst dann zeigen, als wir die schweren Serienlaufräder exemplarisch durch die brandneuen Cadex 50 Ultra Carbon-Laufräder ersetzten. Damit einher ging eine Gewichtsreduktion von fast 900 Gramm, ausschließlich an den rotierenden Massen. Dermaßen erleichtert änderte sich nicht nur die Beschleunigung von träge auf schnell, sondern auch das Handling von gemächlich auf sportlich.
Doch selbst mit diesem High-End Laufradsatz wird das Cervélo Soloist kein aggressives und nervöses Racebike, sondern bleibt eher auf der entspannten und berechenbaren Seite. Es ist dabei deutlich weniger aggressiv im Handling, als etwa das neue Giant Propel 2023, das wir zur gleichen Zeit im Test hatten.
Aber aufgepasst – alle oben genannten Einschränkungen gelten auf hohem Niveau. Das Soloist ist kein Endurance-Rennrad mit super entspannter Sitzposition und viel Komfort im Rahmen. Es ist vielmehr ein vielseitig einsetzbares Race-Rennrad mit sportlicher Position, steifem Rahmen und einem für diese Kategorie angemessenem Komfort. Es ist nicht so konsequent wie R5 und S5, dafür jedoch etwas günstiger und universeller einsetzbar.
Die mechanische Shimano 105 Schaltung mit 2 x 11 Gängen bremst die Performance des Soloist 105 übrigens nicht wesentlich ein. Die Gänge wechseln knackig und nach Wunsch, die Bremsen funktionieren trotz der günstigen Bremsscheiben einwandfrei. Mehr Schaltung benötigt man streng genommen nicht, um schnell zu fahren. Was jedoch nicht bedeutet, dass sich Komfort, Schaltgeschwindigkeit und Geräuschentwicklung mit einer modernen elektronischen Gruppe nicht wesentlich verbessern ließen.
Das ist uns aufgefallen
- Gelungener Kompromiss? Kompromiss mit vielen Nachteilen oder das Beste von R5 und S5 in einem Bike? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte und letztlich im Auge des Betrachters.
- Eingebremst Unser Testbike Cervélo Soloist 105 wird leider durch die schweren Serien-Laufräder und -Reifen deutlich eingebremst. Der Rahmen kann deutlich mehr und hat bessere Laufräder und Reifen verdient, gerne auch als nachträgliche Tuning-Maßnahme.
- Für wen? Für Cervélo Fans, die keine zwei Spezialisten-Räder in der Garage haben möchten und nicht bereit sind fünfstellige Beträge für ein Rennrad auszugeben.
- Für wen besser nicht? Für Leistungs-Freaks, die keine Kompromisse eingehen und immer das beste, leichteste und schnellste Material fahren möchten.
Fazit Cervélo Soloist 2023
Ist das Cervélo Soloist die goldene Mitte zwischen S5 und R5? Die reinen Daten lassen das vermuten, denn es ist aerodynamisch betrachtet schneller als das Kletterbike R5 und leichter als der Aero-Bolide S5. Damit ist es zumindest ein guter Kompromiss für alle diejenigen, die sich keine zwei Spezialisten leisten können oder wollen. Echte Rennfahrer und hoch engagierte Amateure sieht Cervélo offensichtlich nach wie vor eher auf R5 oder S5, sonst würden die Kalifornier das Soloist auch mit Spitzen-Schaltgruppen anbieten und ihre gesponserten Rennfahrer auf den neuen Rahmen setzen. Für alle, die nicht das maximal Mögliche ausreizen wollen, ist das Soloist jedoch kein fauler Kompromiss, sondern ein klasse Rennrad. Es ist schnell, nicht allzu schwer und bietet ein sehr sicheres und solides Fahrverhalten, das auch Rennradeinsteigern sofort viel Vertrauen vermittelt. Das getestete Soloist 105 wird leider durch die schweren Laufräder eingebremst und kann damit sein volles Potenzial nicht entfalten.
Pro / Contra
Pro
- Sicheres Fahrverhalten
- Für die Marke moderater Preis
- Hochwertige Lackierung
Contra
- Schwere Laufräder drücken aufs Gewicht
- Beschleunigung (Testkonfiguration)
Was sagt ihr zum neuen Cervélo Soloist?
Testablauf
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, d.h. vormontiert. Testräder wurden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und der Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, Triathlon-Rennen, Trainings-Einheiten auf dem Rollentrainer
- Vorlieben bei der Geometrie
- Sportlich, nicht zu lang
- Fahrvorlieben
- Lieber kurz und schnell als lang und erschöpfend
- Bevorzugtes Terrain
- Mittelgebirge, Flandern, kurvig, gerne auch mit Flatterband auf Wiesen
- Vorlieben bei der Sitzposition
- Kompromiss zwischen Endurance und Race
- Sprinter, Rouleur oder Kletterer?
- Am ehesten wohl Rouleur. Für den Sprinter fehlen die Ellenbogen und die Watt, für den Kletterer zu schwer
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