Video: Don Sebastiano bei den Craft Bike Days 2024
Rad Nummer 3, Best Newcomer Award Nummer 2. Obwohl Don Sebastiano kein Profi-Rahmenbauer ist, heimste er mit seinem auffälligen Gravel Bike schon auf der Bespoked Bike Show den Best New Builder Award ein. Auch auf den Craft Bike Days 2024 wählten die Teilnehmenden den Selbstbau mit Trapez-Federgabel und freigestellten Lötstellen zum Best Newcomer presented by Pinion.
Also, wer steckt hinter Don Sebastiano? Sebastian Bauer aus Österreich, genauer im Süden von Wien beheimatet, hat sich mit dem mehrfach preisgekrönten Gravel Bike selber ein Fahrrad für seine ganz persönlichen Bedürfnisse gebaut. Gebaut heißt in dem Fall im Fillet Brazed-Verfahren gelötet und natürlich selbst aufgebaut. Das grundlegende technische Verständnis dafür brachte Sebastian als ausgebildeter Kfz-Mechaniker-Meister mit. Inzwischen arbeitet er aber in der Raumfahrttechnik an Pointing-Mechanismen für Satelliten-Antriebe.
Die Konstruktion der ersten Trapez-Gabel waren circa zweieinhalb Monate Arbeit.
Sebastian – Don Sebastiano
Don Sebastiano Gravel Bike #3
Die „#3“ auf dem Oberrohr des Don Sebastiano der Craft Bike Days macht es klar: Es ist das dritte Rad, das Sebastian aus eigener Hand gefertigt hat. Den Rahmen ebenso wie die Gabel lötete Sebastian aus Stahl im Fillet-Brazed-Verfahren, was bedeutet, die Rohre sind auf Stoß maßgefertigt und mit Auftragslot verbunden. Das Verfahren lebt davon, dass die Fügestellen haargenau zueinander passen, was angesichts des erst dritten Rahmens und der zahlreichen Verbindungsstellen der Gabel von handwerklichem Geschick zeugt. Seine beiden ersten Rahmen fertigte Sebastian dabei noch im TIG-Schweißverfahren. Kein Wunder, dass er vor der (eigenhändigen) Lackierung die Lötstellen maskierte, so dass sie jetzt offen zu sehen sind. Auch auf die selbst gefertigten Ausfallenden ist Sebastian stolz.
Das Highlight des Don Sebastiano #3 bildet natürlich die Trapez-Federgabel. „Die Gabel ist angelehnt an Motorräder von 1930/1940. Die hatten diese Trapezgabeln mit Lederreibscheiben, wo man die Reibung einstellen konnte und damit auch die Dämpfung bestimmte“, berichtet Sebastian von der Entstehungsgeschichte: „Ich habe das mit einem Freund gemeinsam gesehen auf einer Messe und habe gedacht, sowas muss ich unbedingt einfach für ein Rad bauen.“ An seinem Gravel Bike #2 probierte er die Bauweise bereits aus: „Die erste Gabel hat viel dickere Standrohre gehabt, war für 28-Zoll-Laufräder und viel schwerer, eher an ein Mountainbike angelehnt“, sagt Sebastian.
Ausstattung
Die Don Sebastiano Trapez-Gabel besitzt 51 mm Federweg – mehr als Serien Gravel-Federgabeln, die meist bei 40 mm Schluss machen. Sebastian hat sich lange mit der Kinematik und den Anlenkpunkten beschäftigt, um eine lineare Raderhebungskurve zu schaffen. So kann das Lenkverhalten und die Cockpit-Ergonomie erhalten bleiben – bei Teleskopfedergabeln ändert sich dagegen der Lenkwinkel mit dem Eintauchen. Der Dämpfer ist eigentlich für einen MTB-Hinterbau gedacht. Mit den Österreichern von Suspension Express Tuning wurde er für die Anforderungen der Gabel weicher abgestimmt.
Für zusätzlichen Komfort sorgen breite Schwalbe Hurricane Semi-Slick-Reifen in 29-Zoll, die auf einem robusten DT Swiss E1800 Spline-Laufradsatz montiert sind. „Die rennen gut“, sagt Sebastian über die Reifen.
Ergänzt wird der Selbstaufbau passend zur Reise-Leidenschaft mit einem einfach zu wartenden mechanischen Set-up. Für passende Gänge in jedem Terrain sorgt die mechanische Variante eines Mullet-Antriebs: SRAM Apex Double-Tap Shifter (mit Grip-Tape verfeinert) sind kombiniert mit einer SRAM NX Eagle MTB-Kurbel sowie einem SRAM Rival 1x Schaltwerk und MTB-Kassette. Auch die Avid BB7 Disc-Bremsen werden mechanisch angesteuert.
Don Sebastiano – Radfahrt und Raumfahrt
Mit dem Rahmenbau begann Sebastian vor rund drei Jahren. Ein Grund war, dass er nach einem Bandscheibenvorfall wieder zur Bewegung finden wollte. Dafür wählte er das Fahrrad. Jedoch kam Sebastian, zumal von großer Statur, nicht mit den üblichen Geometrien zurecht. Für seine Vorliebe Tourenfahren und seine gesundheitliche Vorgeschichte war sein Rad schlicht zu tief und zu lang. Also baute er sein erstes eigenes Rad. Es wurde ein Gravel Bike, aber noch ohne Federgabel. Dabei baute Sebastian van Anfang an auch die benötigten Werkzeuge selbst, bis hin zu den Rahmenlehren. Alle notwendigen Fähigkeiten brachte er sich autodidaktisch bei und nutzte dazu vor allem Online-Ressourcen, insbesondere die Videos von Paul Brody, einem bekannten Rahmenbauer.
Don Sebastiano Bikes sind Tourenräder, gemacht für Sebastians Touren. Mit Gravel Bike #2 fuhr er bereits 1.700 km von Wien nach Albanien, wo er die Reise aufgrund einer Krankheit abbrechen musste. Mit Gravel Bike #3 startet Sebastian gleich nach den Craft Bike Days zu einer Tour durch Friesland. Eine Reise durch Tschechien steht ebenfalls auf dem Plan.
Für die Reisen fertig Don Sebastiano übrigens auch passgenaue Gepäckträger für seine Bikes. Und hier beschränkt er sich nicht auf den Eigenbedarf, sondern er arbeitet auch gerne mit Kunden oder Kundinnen an individuellen Trägern für vorne oder hinten.
Don Sebastiano ist auf Instagram: bastel_mann
Was sagt ihr zum Gravel Bike #3 von Don Sebastiano?
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6 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDisgusting!
Wenn bei einer Trapezgabel die unteren Längslenker in "Normallage" nach unten zeigen, bewegt sich die Vorderachse beim Einfedern nach vorn. Denk Dir dazu einfach einen Kreis um den rahmenseitigen Drehpunkt des Lenkers und folge ihm in der Bewegungsrichtung.
Davon kann man sich einen gewissen Einfluss gegen Bremstauchen erhoffen, aber das hägt immer auch vom restlichen Rad samt Reiter ab.
Sind die oberen und unteren Lenker unterschiedlich lang, und/oder stehen in unterschiedlichen Winkeln, ändert sich beim Einfedern auch der effektive Lenkkopfwinkel nach Bedarf; Radstand und Nachlauf entsprechend.
Richtig interessant kann es werden, wenn man das Prinzip umdreht und die beweglichen Gabelteile samt "Standrohren" hinter den rahmenseitigen Drehpunkten anordnet, die dann demnach vorn liegen - google mal "Hurrycat Vorace", das Teil hatte wirklich einige interessante Ansätze.
Abgelöst wurden Trapezgabeln von den Hossack-Gabeln und ähnlichen Ideen, die je nach Hersteller immer andere Namen haben, z.B. BMW Duolever. So etwas kann man leichter, steifer und sensibler als jede Telegabel bauen, dazu noch mit jedem denkbaren Verhalten auf Last aus unterschiedlichen Richtungen (Bremstauchen, Wippen, ...) - der Preis dafür ist freilich ein mindestens ungewöhnlich aussehender, meistens aber erschreckend hässlicher Rahmen, an den keine andere Gabel passt, wie damals beim Whyte PRST.
Die ungefederte Masse... ach lassen wir es. Es sieht einfach so geil aus!
Für Gravelbikes wird wirklich alles wieder aufgewärmt, was man beim MTB vor 20 Jahren ausprobiert (u. a. Proflex) und sich nicht bewährt hat.
So was gab es bereits um 1930 für Mopeds (NSU etc.) und ist dann wieder verschwunden.
Da könnte man auch sagen: BMW hat seit vielen Jahren bei Motorrädern von Weltklasse wieder Parallelogrammgabeln, demnach sind Telegabeln Mist.
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