Muddy Monday: Wie sehen die Cyclocross-Räder der Profis aus der Nähe aus? Wer fährt welchen Reifen? Und welche Pedale bevorzugen die CX-Pros? Rennrad-News hat sich im Fahrerlager beim CX-Weltcup Zeven umgeschaut und dabei manchen Tipp bekommen, von dem auch Hobby-Fahrer profitieren können.
Auf dem Parkplatz neben dem Acker an der Bäckerstraße in Zeven sieht es aus, als gastiere ein Wanderzirkus. Wohnmbobil reiht sich an Wohnmobil. Manche Mobilehomes ragen so hoch aus dem Dächermeer auf, dass sie gleich mehreren anderen die tiefstehenede Wintersonne nehmen. Das sind die Camper der Stars der Cyclocross-Szene. Sie stehen direkt am Eingang zum Fahrerlager, nicht weit von den Kassen. So finden die Fans leichter den Weg dorthin. Sie bekommen zwar nur selten die Fahrer zu sehen, können aber ganz in Ruhe das Material in Augenschein nehmen. Denn direkt vor den Campern machen die Mechaniker die Wettkampfräder rennfertig.
Cyclocross ist ein Radrennsport mit Tuchfühlung. An der Rennstrecke kann man den Atem der Fahrer beinahe im Gesicht spüren, so dicht fahren sie mit geringem Tempo an den Flatterbändern vorbei. Wie bei einer Bergetappe einer Rundfahrt, nur öfter und mit mehr Dreck verbunden. Manchmal wühlen sich die Reifen so durch den Matsch, dass er den Zuschauern an die Daunenjacken spritzt.
In Zeven steht der Modder knöcheltief
In Zeven steht der Modder, wie die cyclocrossverliebten Belgier sagen, knöchelhoch auf der Strecke. „Es ist eine eklige Mischung aus Gras und Schlamm, die das Rad sofort zusetzt“, sagt der Vater von Witse Meeussen, der im Rennen der Junioren den 10. Platz gemacht hat. Was macht man gegen die Verstopfung: „Man muss das Rad in jeder Runde wechseln, wir haben nur in der ersten Runde nicht gewechselt, das hat uns einen kleinen Zeitvorteil verschafft“, sagt er. Später im Rennen der Elite-Frauen und der -Männer scheiden eine ganze Reihe von Fahren und Fahrerinnen mit Materialdefekt aus. Auch Favorit Mathieu van der Poel verliert viel Zeit durch ein Problem mit der Kette.
Papa Meeussen kümmert sich selbst um das Material seines Sohnes. Genauso wie bei den van der Poels: Dort übernimmt ebenfalls der Vater, Ex-CX-Weltmeister Adrie van der Poel, die penible Wartung des Materials. Zwei Stunden vor dem Start sieht man ihn die Laufräder des neuen Wettkampfrades in Europameister-Lackierung einseifen und kärchern. Vater Meeussen packt derweil die Laufräder in einen kleinen Anhänger. Mit welchem Reifendruck wurden die Schlauchreifen gefahren? „Vorne 1,15 bar und hinten 1,20 bar“, gibt der Sohn zu Protokoll. Dass der Druck bis auf die zweite Nachkommastelle genau eingestellt wird, ist den Rennfahrern wichtig. Zum Befüllen der Reifen kommt bei vielen Teams ein Bosch Akku-Kompressor mit intergriertem Manometer zum Einsatz. Das Modell wird nicht mehr produziert. „Die werden auf ebay für 170 Euro gebraucht verkauft“, erzählt Vater Meeussen.
Vier Wettkampfräder hat ein Cyclocross-Profi
Witse Meeussen fuhr sein Rennen mit einem Challenge Limus Team Edition-Reifen. Das Profil: wenige, offene Stollen, damit sich der Reifen nicht zusetzt. Der Reifen ist an diesem Tag häufig zu sehen. Beim Team Telenet Fidea werden von vorneherein nur Laufräder mit Schlammreifen in die Wettkampfräder eingebaut. „Vier Wettkampfräder hat Lars van der Haar in seinem Teamfahrzeug zur Verfügung“, sagt sein Mechaniker Marcel van Rossum: „Die Bedingungen sind so schlecht, dass wir nur Schlammreifen brauchen. Auf allen leuchtend gelben Trek Boone Teambikes ist der Dugast Rhino montiert. Es gibt noch eine Alternative, den Ernst, aber wenn man den brauchen kann, dann kann man meistens genauso gut laufen, zumindest Lars.“ Der Dugast Rhino ist der andere Reifen, den man an diesem Tag überwiegend auf den Felgen sieht. Alle fahren auf Carbon-Laufrädern. An Mathieu van der Poels Rad sind die Laufräder sogar durchnummeriert. Sein Team, wie auch viele andere, setzen bereits auf breitere Carbonfelgen. Dagegen kleben die Pneus bei Beobank Corendon – dem Team von unter anderem Laurens Sweeck noch auf eher schmalen DT Swiss RC 38 Spline-Modellen.
„Im Schlamm fahre ich eigentlich lieber weniger hohe Felgen“, sagt Manon Bakker, die niederländische Nationalmeisterin der U23 vom letzten Jahr. Daran bleibe weniger Schlamm hängen, der das Rad schwer macht. An ihrem Liv-Bike für heute hat sie trotzdem Hochprofil-Räder von Giant. Ihr Teamfahrzeug ist ein weißer Lieferwagen. Wohnmobil: Fehlanzeige.
Etwas besser sind da die Elite-Fahrerinnen aus den USA ausgestattet, die in großer Zahl beim Cx-Weltcup Zeven am Start stehen. Sie haben zumindest einige Wohnmobile, auch ein Teamfahrzeug mit Waschmaschine ist dabei. Am Camper von US-Meisterin Katie Compton klebt Mark Legg gerade neue Reifen auf die Felge. Er ist Mann, Mechaniker und Betreuer zugleich. Während sich seine Frau auf der Rolle warm fährt, bringt er in aller Ruhe Lage für Lage Klebstoff auf die Carbonfelgen auf. „Ich nutze Vittoria Mastic One“, sagt er, „der füllt die Lücken zwischen Felge und Reifen am besten und hält überhaupt am besten“. Die Reifen werden schon für das nächste Rennen am Folgetag präpariert. Für das Trek Boone Rad von Compton hat Legg die Farbe selber ausgesucht: Porsche Miami Blue – in seinem anderen Leben gibt Legg Fahrstunden auf Rennwagen.
„Ich fahre mich 30 Minuten lang vor dem Rennen auf der Rolle warm“, sagt Ellen Noble. Wie die meisten Frauen im amerikanischen Team fährt sie einen 1×11-Antrieb. Bei den Ritzelpaketen sind auch große „Bergritzel“ zu sehen. Bei den Männern sind grob geschätzt genauso viele mit 2-fach-Antrieben unterwegs wie mit 1-fach. Mathieu van der Poels Rad hat an diesem Tag vorne die Übersetzung 49-39.
Bei den Pedalen sind Shimano XTR SPD-Pedale grob geschätzt das meistgefahrene Modell. Bei den US-Teams sieht man häufiger auch Crankbrothers-Pedale in verschiedenen Varianten. Einige wenige Bikes sind auch mit Time-Pedalen ausgestattet.
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