Der deutsche Cyclo-Cross-Fahrer Philipp Walsleben hat einmal gesagt, „der Unterschied zwischen einem Profi und einem Hobbyfahrer ist, dass sich der Profi sein Material nicht aussuchen kann“. Welche Arbeitsgeräte die CX-Profis fahren, ist Sache des Team-Sponsors. Welche Komponenten sie daran verbauen, gehört ebenfalls weitgehend in die Verantwortung der Manager, aber nicht zu 100 Prozent, wie ein Rundgang durch das Fahrerlager zeigt.
Wir haben uns beim letzten Lauf des Weltcups im Fahrerlager zwischen den Campern umgesehen und uns die Cyclocross-Räder der Profis, mit denen sie auch zur Weltmeisterschaft in Dübendorf reisen werden, genau angeschaut. Im Gegensatz zum letzten Jahr gab es dabei vor allem im Lager der Amerikaner einige neue Marken zu sehen – und so manches Set-up, das offenkundig nicht rein Sponsoring getrieben ist. Wie die Teams mit Reifen, Pedalen und Kettenblättern ihre CX-Bikes schneller (oder zuverlässiger machen), erfahrt ihr in Teil 1 der Fotostrecke aus Hoogerheide.
=> Hier findet ihr den Bericht über die Cyclocross-Bikes der Pros 2019
Scott Addict RC CX von Tom Meeusen
Tom Meeusen stieg im Januar um von Canyon auf Scott. Sein neues Scott Addict RC CX hat auf jeden Fall deutlich mehr Bling-Faktor. Es soll rund 7,3 kg wiegen verriet der Vater, der auch der Mechaniker ist, auf Nachfrage. Einen Tipp zur Rad-Präparierung, der zum Arbeitsgerät passt, hatte er auch noch zur Hand. Das „Glitter“-Spray von Denicol sorgt ihm zufolge dafür, dass der Schlamm am Glamour-Lack nur so abgleitet. Im Unterschied zum ähnlich aussehenden Serienrad fährt Tom Dura Ace Di2 und Carbon-Laufräder mit DT Swiss 240-Naben, die übrigens im Peloton weit verbreitet sind, wenn der Laufradsponsor nicht Shimano ist.
Specialized S-Works Crux von Tom Pidcock
Das Trinity Rennteam um den britischen CX-Star Tom Pidcock fährt auf Specialized S-Works Crux. Das Rad von Pidcock war mit SRAM Red eTap AXS 1×12-Gruppe aufgebaut – auffallend: das relativ große Kettenblatt vorne. Hinten kommt wie bei vielen Teams auf SRAM die 10-33-Kassette zum Einsatz. Mit Ritchey-Pedalen ist Pidcock ein Außenseiter, was den Kontakt zum Rad angeht.
Bianchi Zolder Pro von Wout van Aert
Das Bianchi Zolder Pro ist eine Ausnahme-Erscheinung im Feld der Querfeldeinfahrer. Spannend macht es vor allem sein Fahrer: Wout van Aert. Der Belgier gedenkt nach langer Genesung, bei den Weltmeisterschaften ein Wort mitzureden und fuhr in den letzten Rennen regelmäßig unter die Top10, war aber in Hoogerheide etwas weiter abgeschlagen als sonst. Sein Arbeitsgerät erinnert in allen Details an die Teambikes, bis auf die Reifen, bei denen Van Aert ebenfalls auf Dugast setzt. Auffallend: Auch er ist mit Aero-Cockpit unterwegs wie die Canyon-Teams und einige andere CX-Pros.
Cube Cross Race C:62 von Quinten Hermans
Das Cube Cross Race C:62 ist ein Newcomer in der Weltelite des CX-Sports. Quinten Hermans und Corné van Kessen zeigten sich damit in Hoogerheide lange in der Spitzengruppe des Feldes. Ausgestattet ist es mit Dura Ace Di2 2×11 und Fulcrum-Laufrädern mit Dugast-Bereifung. Fast alle Fahrer, die Shimano fahren, sind auch mit 2-fach-Gruppen unterwegs.
Cannondale von Katie Clouse
Katie Clouse war die zweitbeste US-amerikanische Fahrerin in Hoogerheide hinter Kathie Compton. Clouse fährt für das Team Cannondale p/b Cyclocrossworld.com. Ihr Arbeitsgerät, ein Cannondale SuperX, folgt weitestgehend den Regeln des Team-Sponsorings – was ihr nicht die schlechteste Ausgangslage bringt. Sie ist mit einer SRAM Red eTap AXS 1×12 Gruppe und relativ kleinem 38er Kettenblatt unterwegs. Auf die Zipp 303-Carbonlaufräder sind für Hoogerheide Vittoria Terreno-Mix Schlauchreifen geklebt.
Cervélo Áspero von Joris Nieuwenhuis
Dass man mit einem Gravelbike an der Weltspitze bei Cyclo-Cross-Rennen fahren kann, beweist Joris Nieuwenhuis nun schon fast eine Saison lang. Zumindest, wenn es wie das Cervélo Áspero als rennmäßiges Gravelbike ausgelegt ist. Wie sein Arbeitsgerät bewegt sich auch Nieuwenhuis zwischen den Welten. Im Sommer fährt er bei den Roadies von Team Sunweb mit. Im Winter hat er allerdings keine Kollegen (und auch nicht den Teambus, wie Wout van Aert). An seinem Áspero finden sich kaum Anpassungen für den CX-Einsatz. Die Geometrie des Cervélo Gravelbikes lässt sich ohnehin an verschiedene Bedürfnisse anpassen. Dazu dient ein Einsatz in der Gabel. Joris bevorzugt für das CX-Rennen offenbar die Achse weiter vorne, die den Nachlauf verringert und die Lenkung agiler macht. Die überzähligen Bikepacking-Ösen sind überklebt.
=> Hier findet ihr eine ausführliche Vorstellung des Cervélo Áspero
Sim Works von Aya Akamatsu
Die Japanerin Aya Akamatsu ist die Zweite der japanischen Meisterschaften im Cyclo-Cross. Die Fahrerin hatte ihre Premiere in der europäischen Saison in Hoogerheide. Ihr Arbeitsgerät von Sim Works aus Portland ist eines der letzten Alu-Bikes im Feld und zeugt von viel Liebe zum Sport. Aya baut inzwischen sogar eigene Rahmen. In Hoogerheide stand das Sim Works in der Boxengasse. Für das Rennen sattelte sie um auf ein Seven Cycles Titan-Rad. In Europa seien die Kurse technisch und konditionell anspruchsvoller als in Japan sagte sie. In Hoogerheide wurde sie vorzeitig aus dem Rennen genommen.
Austro-Daimler Übercross von Patrick Collins
Austro-Daimler? Ein Arbeitsgerät mit österreichischen Wurzeln im Namen und in der Modellbezeichnung fährt der US-Amerikaner Patrick Collins. Rahmen und Gabel des Übercross sind aus Carbon. Der Macher der Marke fuhr in den 80er Jahren selbst Rennen auf Rädern der damals noch österreichischen Marke. Patrick Collins stimmt der Japanerin Aya Akamatsu in ihrer Einschätzung der europäischen Rennszene zu.
Kona Super Jake von Kerry Werner
Kerry Werner hatte bei den US-Meisterschaften großes Pech, als er in das Flatterband fuhr, das der amtierende US-Meister Gage Hecht mit seinem Lenker eingesammelt und wie eine Barriere aufgespannt hatte. Hecht war einfach bis zum Riss weiter gefahren, Werner kam zu Fall. In Hoogerheide pilotierte er das Kona Super Jake auf Platz 43.
Pedale: XT oder XTR – Hauptsache Shimano
Galten Time-Pedale lange als das Maß der Dinge im Querfeldein-Sport, so ist jetzt Shimano eindeutig der Platzhirsch. Zwar sind noch vereinzelt Fahrer auf Time unterwegs, die größte Alternative zu Shimano ist aber inzwischen Crankbrothers mit den Candy-Modellen – Eggbeater-Pedale waren praktisch gar nicht zu sehen, obwohl sie die bessere Schlammverträglichkeit versprechen. Bei Shimano geht es nur um die Frage „XT oder XTR?“. Kathie Comptons Mann und Mechaniker Mark Legg schwört auf XT wegen der besseren Selbstreinigung von Schlamm (und des Budgets) wie auch einige andere Teams. Belgische Top-Fahrer und Marcel Meisen waren vielfach auf XTR unterwegs.
Canti gibt es auch noch
Längst nicht alle CX-Fahrer im Weltcup sind gut bezahlte Profis und können jedes Jahr auf das neuste Material wechseln – zumal, wenn 16 Laufräder für einen Fahrer keine Besonderheit sind, wie der Vater von Simon Sägesser aus der Schweiz sagte. Dann bedeutet der Umstieg auf neue Bremsen eine hohe Sekundär-Investition. Neue Laufräder, neue Schlauchreifen kleben und so weiter. Wenn Canti, dann Avid war unsere Beobachtung, wie an diesem „alten“ Ridley X-Night.
Welches Arbeitsgerät der Profis würdet ihr gerne einmmal fahren?
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18 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDer Profi fährt das, was ihm sein Arbeitgeber hinstellt.
Dann lies dir mal die Geschichte zum 3T mit der 1x12 durch …
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