Die Cyclo-Cross WM 2020 war am zweiten Tag eine Schlammschlacht. In der hielt sich Mathieu van der Poel nicht lange mit seine Gegnern auf und fuhr ein langes Solo zum nächsten Weltmeister-Titel. Der Brite Tom Pidcock schnappte der Crossnation Belgien überraschend die Silbermedaille weg. Und alle fanden den Rennkurs in Dübendorf ziemlich garstig. Hier die Bilder und der Bericht aus Dübendorf.
Rennen der Männer Elite
„Lastig“ und „moeilijk“ – die beiden niederländischen Wörter fielen am Sonntag in Dübendorf bei den Fahrer-Interviews ständig. Um zu wissen, was sie bedeuten, musste man sich nur den Gesichtsausdruck der Cyclo-Cross-Fahrer ansehen – sofern er denn hinter der Schlammpackung zu erkennen war: „schwer“, „mühsam“, vielleicht auch mit einem Anklang von Genervtheit.
Alle hatten ihre Mühe mit Kurs und man sah sie ihnen an. Nur Einer wirkte zumindest momentweise noch spielerisch: Mathieu van der Poel. Er gewann das Rennen, was viele erwartet hatten. Und er gewann überlegen, worüber zumindest noch ein kleines Fragezeichen gestanden hatte. MvdP hatte am Ende eine um 1 km/h höhere Durchschnitts-Geschwindigkeit als der Siebtplatzierte Corné van Kessel – ein niederländischer Fahrer, der in den großen belgischen Rennen oft unter den Top 3 fährt. Sascha Weber, der als bester deutscher Fahrer auf Platz 19 kam, drehte im Schnitt rund 2 km/h langsamer als MvdP seine Runden. Auf Tom Pidcock, der überraschend Zweiter wurde, hatte Van der Poel am Ende 1:20 Minute Vorsprung. Er fuhr von Beginn an alle Rundenbestzeiten. Nur die Schlussrunde ließ er ruhiger angehen und kostete sein Solo zum Weltmeistertitel etwas aus.
=> Hier lest ihr den Bericht über das Frauenrennen der CX WM 2020
Kleben statt Abheben auf dem Flugfeld
Waren die Fahrlinien auf dem Rundkurs der Cyclo-Cross WM 2020 auf dem Flugplatz in Dübendorf am Vortag bei den Frauen noch halbwegs zu erkennen, so blieb am Sonntag beim Rennen der Männer Elite nur ein Schlammfeld. Nach langem Regen und zwei Renntagen hatte sich zwischen den Kursbegrenzungen eine breite Schneise aus einem Gemisch aus Matsch und Gras gebildet. Eine Mixtur, die es in sich hat: Sie kleistert jedes Profil und jeden Zwischenraum am Rahmen binnen Minuten zu wie Pappmaschee. Mit den Lenkern hart an der Begrenzung suchten manche Fahrer die letzten Reste Grün unter die Reifen zu bekommen, damit es wenigstens etwas rollte. Aber es rollte überhaupt nicht. „Es gab keine Stelle, an der man auch nur kurz die Beine hängen lassen konnte, allenfalls bei den Brückenabfahrten“, sagte der Belgier Toon Aerts nach dem Rennen.
Einer der härtesten Kurse, die ich bisher gefahren bin.
Mathieu van der Poel
„Es war einer der härtesten Kurse, die ich bisher gefahren bin. Vor allem an den Brücken war es in den letzten Runden so schwer, dass man fast absteigen musste“, sagte Mathieu van der Poel gegenüber dem, belgischen Portal Wielerflits. Van der Poel beurteilte das Rennen als „einer Weltmeisterschaft würdig“. Sascha Weber, der einzige deutsche Fahrer, der bei den Männern Elite ins Ziel kam, fand andere Worte gegenüber dem Portal Radsport-News.de. Ihm fehlte es an technischen Passagen, wofür er sonst die Rennen in der Schweiz schätze: „Die Räder sind ja kaum mehr gerollt und man ist schneller über den Acker gerannt, als gefahren. Das sagt alles, oder?“.
Solo zum Sieg
Wie sich das Rennen ganz vorne entwickelte ist schnell erzählt: Van der Poel legte den besten Start hin und es konnte ihm nur Einer eine Weile folgen: Toon Aerts. Der Sieger des Gesamtweltcups aus Belgien heftete sich an das Hinterrad des Supertalents aus den Niederlanden. Aber auch Aerts musste schon in der ersten Runde reißen lassen. Ob ihn der Kraftakt zu Beginn am Ende die Silbermedaille kostete, darauf wollte Aerts sich im Interview nicht festlegen lassen. Es sei auf jeden Fall den Versuch Wert und die einzige Chance gewesen, MvdP etwas entgegen zu setzen.
Schon früh gleich das Rennen einem Einzelzeitfahren. Jeder kämpfte für sich mit dem Bedingungen in Dübendorf, zuerst im strömenden Regen, dann bei trockenem Wetter. „Der Matsch wurde sogar noch schwerer zu fahren, als er etwas abtrocknete. So gesehen wäre es sogar besser gewesen, es hätte weiter geregnet“, beschrieb Mathieu von der Poel später den Verlauf.
Spannung um Silber und Bronze
Spannend wurde es noch einmal im Kampf um die Medaillen. Der Brite Tom Pidcock fuhr das CX-Rennen seines Lebens und hängte in der vierten Runde Toon Aerts ab. Der versuchte, sich zurück auf den Silbermedaillen-Platz zu kämpfen, während hinter ihm ein von Runde zu Runde aufkommender Wout van Aert um Anschluss an die Podiumplätze rang. Zwei Runden vor Schluss des Rennens, das mit einer Fahrzeit fast 1:09 Minuten für den Sieger auch eines der längeren Sorte war, hatten sich Aerts und Van Aert sogar zu einer kleinen Gruppe zusammengefunden – angesichts des späten Einsiegs von Van Aert in die Saison nach einer langen Verletzung eine beachtliche Leistung. Aber der Ex-Weltmeister Wout van Aert konnte die Position nicht halten. Dennoch: Van Aerts Performance in Dübendorf bewog Mathieu van der Poel offenbar zu der Einschätzung, dass der Belgier sein stärkster Konkurrent bei den Frühjahrsklassikern werden wird, noch vor Klassikerspezialist Van Avermaet. Das zitierte Van Aert in der Zeitschrift Het Nieuwsblad.
Näher als bis auf 10 Sekunden konnten sich Van Aert und Aerts aber nie an Pidcock ansaugen. Van Aert verlor später auch wieder den Anschluss. Am Ende kam Pidcock mit 25 Sekunden Vorsprung vor Aerts ins Ziel. Nach dem Rennen sagte Pidcock, dass ihm derartige Bedingungen lägen, bei denen es darum ginge, sein Tempo zu finden. Er sei weniger ein Fahrer der vielen Tempowechsel.
Aufgeben musste der Deutsche Meister im Cyclo-Cross Marcel Meisen, der offenbar erkrankt war. Er ging zwar als 16. über die Startlinie, fiel aber schon in der ersten Runde auf Platz 25 zurück und beendete das Rennen nicht.
Ergebnisse CX WM 2020 Männer Elite
cro_me_resultsxRundenzeiten CX WM 2020 Männer Elite
cro_me_analysisxzCyclo-Cross Weltmeisterschaft und Weltcup 2021
Am Rande der Weltmeisterschaft gab die UCI auch die Austragung der kommenden CX WM 2021 in der belgischen Küstenstadt Oostende bekannt. Vom 30. bis 31 Januar 2021 werden die Weltmeisterschaften dort auf einem Kurs ausgetragen, der bereits bei der belgischen Meisterschaft erprobt wurde. Die Strecke beinhaltet unter anderem eine spektakuläre Brücke über den Strandboulevard der Stadt und lange Passagen auf dem Strand. Infos gibt es hier: https://www.wkoostende2021.be/en
Die Crossnation Belgien ist auch der Gewinner bei der Neu-Ausrichtung des Cyclo-Cross Weltcups durch die UCI. Dessen Eventkalender für die Saison 2020/21 wurde ebenfalls in Dübendorf festgelegt. Demnach steigt die Zahl der Weltcup-Rennen auf 14. Die meisten gehen in Belgien über die Bühne. So erhält etwa das berühmte Rennen in Zonhoven Weltcup-Status. Außerhalb Belgiens wird es Läufe in Hulst (Niederlande), Waterloo (USA), Villars (Schweiz), Tabor (Tschechien), Besançon (Frankreich) sowie erstmals in Dublin (Irland) geben.
Was sagt ihr zum neuen UCI CX-Weltcup?
Hier lest ihr mehr zum Thema Cyclo-Cross auf Rennrad-News:
- Wahoo Rival Cross x Munich Super Cross: Livestream aus dem Olympiapark
- Wahoo Rival Cross Premiere: Live Stream der Elite CX-Rennen
- Cyclocross Termine: UCI Weltcup und neue Rennen in Deutschland
- Cyclocross Weltmeisterschaft 2021: Lisa Brandau schafft Top10
- Muddy Monday: Lisa Brandau gewinnt in Baden
4 Kommentare