Renner der Woche Dawes Galaxy – als Randonneur zu neuem Leben erweckt

Viel Zeit, Passion und Kenntnis steckt in dem Randonneur aus Reynolds 531 ST-Rohr, den wir diesmal als Renner der Woche würdigen. Rennrad-News Nutzer neongruen hat ihn auf Basis eines Dawes Galaxy Rahmens aufgebaut. Dabei hielt ihn auch Rost am Rahmen nicht davon ab, die aufwändige Restauration und den Aufbau mit Spezialteilen aus Japan zu wagen, was er in diesem Thread hervorragend dokumentierte. Viel Spaß mit diesem Renner der Woche.
Titelbild

Renner der Woche

Dawes Galaxy Stahlrahmen aus Reynold 531 ST. RH 59,5. Modifiziert und neu lackiert, neongruen

Rennrad-News.de: Hallo neongruen. Wie bist Du zu dem Rad gekommen, das wir heute als Renner der Woche vorstellen? Warum hast Du Dich für genau diesen Aufbau entschieden?

Schon lange suche ich nach einem Rad, das gleichermaßen für eine schnelle Tagestour, als auch für eine längere Radreise geeignet ist. Die klassischen französischen Randonneur-Räder sind genau für diesen Einsatzzweck konzipiert. Mein Aufbau folgt – ganz offensichtlich – diesen Vorbildern. Bei der Wahl des Rahmens für ein solches Rad kommt es neben der passenden Größe und Geometrie auf viele kleine Details und Besonderheiten an, die über die Ausbaustufe eines reinen Rennrades hinausgehen. Man findet diese Details nur selten an Rädern, oder Rahmen „von der Stange“. Oft bleibt nur der Gang zum versierten Rahmenbauer, der einem das Rad quasi an den Laib schneidert. Das Rad bzw. den Rahmen habe ich dann über das Forum gefunden. Neben der richtigen Größe entsprach er in den wesentlichen Punkten meiner Vorstellung des zukünftigen Randonneurs: Ein robuster und gleichzeitig relativ leichter Rohrsatz, Platz für breite Reifen und Schutzbleche, Ösen zur Montage eines Lowriders, Cantisockel und die Möglichkeit einen dritten Flaschenhalter anzubringen waren einige dieser Details.

Die Ausgangslage für den Neu-Aufbau
# Die Ausgangslage für den Neu-Aufbau
Macht wenig Mut
# Macht wenig Mut - Zustand des Dawes Rahmens vor dem Wiederaufbau
Raw-Format
# Raw-Format - Der Rahmen nach dem Entlacken mit den neuen Edelstahlhülsen, die bei der Kölner Rahmenbau-Institution GESTA angelötet wurden

Leider stand das Rad in seinem früheren Leben scheinbar zu lange im Regen. Der Lack war an sehr vielen Stellen vom Rost unterwandert. Einerseits natürlich sehr schade, andererseits bot sich dadurch die Möglichkeit, vor dem Neulack noch einige Modifikationen am Rahmen vorzunehmen, die ihn umso perfekter für mich machten.

Was zeichnet das Rad für Dich besonders aus? Wenn es ein Selbstaufbau oder Tuning ist: Worauf hast Du besonders geachtet?

Für mich ist dieses Rad die eierlegende Wollmilchsau: agil genug für eine schnelle Runde und komfortabel für eine lange Tour; leicht rollend auf Asphalt, wie auch abseits der Straße; einsatzbereit bei (fast) jeder Witterung und Tageszeit. In erster Linie kommt es beim Aufbau eines Randonneurs auf die Zuverlässigkeit und Sinnfälligkeit der Teile an. Die Funktionalität macht für mich einen Großteil des Reizes eines Rades aus. Als kleines Detail sei eine der oben angesprochenen Modifikationen erwähnt: von Gerd und Ralf Stammel (Gesta, Köln) ließ ich mir vier kleine Edelstahlhülsen auf die Kettenstrebe löten. Diese dienen als Halterung für zwei Ersatzspeichen (falls auf einer längeren Reise einmal eine Speiche bricht), die gleichzeitig als Kettenstrebenschutz fungieren. Da das Rad noch viel erleben soll, erfolgte auch die Wahl komplett silberner Anbauteile nicht (nur), weil ich sie schöner finde, sondern weil sie schöner altern, wenn einmal eine Macke hereinkommt. Dennoch, neben aller Funktionalität habe ich natürlich auch auf das ästhetische Zusammenspiel der Komponenten und der Details geachtet. Das Rad sollte trotz all der unterschiedlichen Teile als eine Einheit wirken. Letztendlich spiegelt das Rad aber meine Begeisterung für die französischen Vorbilder wider, die ich übrigens mit vielen Radfahrern u.a. in Japan teile, woher einige der besonders schönen Anbauteile stammen. Bei der Beschaffung dieser in Deutschland gar nicht erhältlichen Teile war ein sehr netter Forumskollege behilflich.

Generalüberholt und "neutralisiert"
# Generalüberholt und "neutralisiert" - Die Campagnolo Daytona 10-fach-Hebel
Eins von einigen Teilen aus Japan
# Eins von einigen Teilen aus Japan - Nitto F22 Front-Gepäckträger

Bleibt jetzt alles so oder wird es weitere Ausbaustufen geben?

Im Großen und Ganzen wird das Rad so bleiben. Es ist durchaus möglich, dass noch einmal einzelne Komponenten ausgetauscht werden, aber das wird sich erst über einen längeren Zeitraum des Gebrauchs zeigen. Als erstes wird möglicherweise die an sich tolle Kurbel einer meiner Lieblingskurbeln, einer Specialites T.A. Pro 5 VIS, weichen müssen. Neben der absolut genialen Vielseitigkeit hat diese Kurbel vor allem einen deutlich geringeren Q-Faktor, was sich vor allem auf längeren Touren als vorteilhaft erweisen könnte. Für die kürzeren Touren mit Lenkertasche fehlt noch ein sogenannter Decaleur, der die Tasche sicher auf dem Frontgepäckträger hält. Für die längeren Touren liegt schon ein Lowrider für die Fronttaschen parat, der aber nur bei Bedarf montiert wird.

Was wiegt Dein Renner der Woche?

Das Rad wiegt – so wie es hier zu sehen ist – genau 12,0 kg. Das ist für ein Rad dieser Kategorie gar nicht so schlecht. Aber bei einem solchen Rad spielt die Langlebigkeit natürlich eine wichtigere Rolle als ein Gewichtstuning. Wenn man bedenkt, dass das Rad, wenn es seinem Zweck gemäß eingesetzt wird, mit mehr oder weniger Gepäck herumfährt, kann man an diesem Punkt wahrscheinlich deutlich sinnvoller sparen, als an den Komponenten. An Stellen, an denen es mir sinnvoll erschien, habe ich dennoch auf das Gewicht geachtet. Die äußere rotierende Masse der Laufräder, beispielsweise, habe ich versucht, durch die Wahl der Speichen, Felgen und Reifen so gering wie möglich zu halten.

Das neu aufgebaute Dawes Galaxy
# Das neu aufgebaute Dawes Galaxy
Neuer Dawes Rahmenaufkleber
# Neuer Dawes Rahmenaufkleber
Man achte auf die Lichtkabelführung zwischen Schutzblech und Rahmen
# Man achte auf die Lichtkabelführung zwischen Schutzblech und Rahmen
Leichtlauf-Kraftwerk
# Leichtlauf-Kraftwerk - Shutter Precision Nabendynamo in Silber
An die Feinheiten gedacht
# An die Feinheiten gedacht - Stilechtes Rücklicht von Kimura, Schutzblechmontage mit Leder-Unterlegscheibe und Lichtkabelaustritt unter der Kettenstrebe

Wo fährst Du mit diesem Rennrad? Welche Rennen, RTF oder andere Veranstaltungen hat es schon bestritten?

Das Rad wird sehr wahrscheinlich keine Rennen sehen. Dafür ist es auch nicht gedacht. Vielleicht schaffe ich es einmal, eines der großen Brevets wie Paris-Brest-Paris damit zu fahren. Vorerst will ich es aber hauptsächlich für mich alleine und für Touren mit der Familie und mit guten Freunden genießen.

Wie würdest Du das Fahrverhalten des Rades charakterisieren?

Komfortabel beschreibt es wohl am besten. Dabei ist es weder träge, noch langsam.

Wie und wann bist Du zum Rennradfahren gekommen?

Die Begeisterung für das Fahrradfahren habe ich wohl von meinem Vater geerbt. Er hatte sich Anfang/Mitte der 1980er Jahre ein Rennrad gekauft, sich aber nie auf das Rennradfahren versteift. So kam es, dass das Rad in meiner Jugendzeit häufiger mal ungenutzt im Keller stand… diese Lücke habe ich schamlos ausgenutzt.

Wie würdest Du Dich jetzt selbst als Rennradfahrer charakterisieren?

Als einen, der aus Freude am Schrauben nicht vergessen sollte, auch zu fahren.

Harmonie
# Harmonie - Filigrane Flaschenhalter und eine Sugino-Kurbel mit schlankem Arm sowie ein passend weit herunter gezogenes Schutzblech vorne
Anschaffungskriterien
# Anschaffungskriterien - Ösen für die Gepäckträgermontage und Canti-Sockel, an denen eine Tektro CR720 zum Einsatz kommt
Unscheinbar
# Unscheinbar - Am Panto an den Sitzstreben ist die Herkunft abzulesen

Wie bist Du zum Forum von Rennrad-News gekommen?

Den genauen Grund weiß ich gar nicht mehr, aber ich weiß noch, dass ich nicht an eine lange Liaison geglaubt habe. Die sympathisch-schräge, unglaublich wissende und immer hilfsbereite Gemeinschaft hat sich aber sehr schnell als absolute Bereicherung herausgestellt, so dass ich im nächsten Jahr mein 10-jähriges Jubiläum hier feiern kann.

Was macht für Dich den Reiz des Rennradfahrens aus?

Das Gefühl von Freiheit sobald ich auf dem Sattel sitze, egal ob in der Stadt, oder auf dem Land. Das Sein im Hier und Jetzt – im besten Falle eine Art Meditation… oder ganz unpathetisch: der Spaß an der Freude!

Artgerecht und fein gelöst
# Artgerecht und fein gelöst - Montageplatz für den lichtstarken b+m IQ-X Scheinwerfer am Nitto F22 Träger
Erkennbar eine Hommage an die klassischen französischen Randonneure
# Erkennbar eine Hommage an die klassischen französischen Randonneure
Feine Schraube am Zug-Gegenhalter und edle Klingel
# Feine Schraube am Zug-Gegenhalter und edle Klingel

Dein Verhältnis zur Radbranche – immer das neuste oder am liebsten noch mit Rahmenschalthebel?

Man könnte das Rad als Statement auf diese Frage (miss-)verstehen. Dabei finde ich durchaus Gefallen an vielen neuen Rädern und an sinnvollen technischen Neuerungen. Da ich reiner Hobbyfahrer bin, bin ich mir aber sicher, dass mich auch das aktuellste neue Rad weder signifikant schneller, noch glücklicher machen wird. Es gibt andere Aspekte des Radfahrens, die mir bei der Auswahl der Räder und Komponenten wichtiger sind, als immer das Neuste zu haben.

Dawes Galaxy Randonneur
# Dawes Galaxy Randonneur - Rahmen und Gabel aus Reynolds 531 ST Stahlrohr, Canti-Bremsen, Campa Daytona 10-fach, Dura-Ace Schaltwerk

Technische Daten: Dawes Galaxy Stahlrahmen aus Reynold 531 ST. RH 59,5. Modifiziert und neu lackiert.

Rahmen: Dawes Galaxy Stahlrahmen aus Reynold 531 ST. RH 59,5. Modifiziert und neu lackiert.
Gabel: Dawes Galaxy Stahlgabel aus Reynold 531 ST. Modifiziert und neu lackiert.
Schalthebel: Campagnolo Daytona 10f Ergopower. Komplett überholt und poliert.
Umwerfer: Campagnolo Daytona 10f Umwerfer / Shimano Dura Ace RD-7700 Schaltwerk
Ritzelkassette / Abstufung: SRAM PG 850 8-fach / 12-26
Tretkurbel / Abstufung / Innenlager: Sugino Mighty Tour mit Specialites T.A. Syrius Kettenblättern / 50-34 / Token Innenlager
Pedale: MKS Urban Platform / MKS Alloy Pedalhaken / MKS Fit Alpha Riemen
Kette: Campagnolo Record C9
Bremsen: Tektro CR720 mit Kool Stop MTB Belägen
Laufräder: VR-Nabe Shutter Precision Nabendynamo / HR-Nabe Shimano XT FH-M 737 / Sapim Laser Speichen (hinten rechts: DT Alpine III)
Reifen: Panaracer Gravelking 700x32C
Sattel / Sattelstütze: sehr alter Brooks Professional / Nitto S65
Vorbau / Lenker: Nitto NP, 100 mm / Nitto B135 Randonneur, 45 cm
Lenkerband: Velox Textil-Lenkerband mit Schelllack versiegelt
Sonstiges (Licht, Gepäckträger, Dynamo, integrierte Funktionen): Frontlicht: Busch & Müller IQ-X, Halterung Eigenbau / Rücklicht: Kimura tail light, Halterung Eigenbau / Reflektor: Kimura / Front-Gepäckträger: Nitto NF22 / Schutzbleche: Honjo H-31 700N

Detail Kettenschutz
# Detail Kettenschutz

Über den Renner der Woche

Die letzten Renner der Woche findet ihr hier:

8 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. Wow. Wunderschön!

    (Hab mich extra hier registriert um das zu schreiben)

  2. Wunderschönes Bike.

  3. Hab die Vorstellung jetzt erst über den RDW-Button entdeckt und grabe das hiermit mal wieder aus. Der Aufbau gefällt mir auch ausnehmend gut. Bedenken hätte ich nur bei der Bremshebel - Cantilever Kombination, wie zufrieden bist Du mit der Bremsleistung?

  4. Hab die Vorstellung jetzt erst über den RDW-Button entdeckt und grabe das hiermit mal wieder aus. Der Aufbau gefällt mir auch ausnehmend gut. Bedenken hätte ich nur bei der Bremshebel - Cantilever Kombination, wie zufrieden bist Du mit der Bremsleistung?
    Vielen Dank für die Blumen (gilt für alle, die hier verteilt wurden 🙂)

    Ich bin sehr zufrieden mit der Bremsleistung (nicht mit den originalen Belägen).

    Aber wieso Bedenken? Cantis und Rennbremshebel sind doch schon lange eine gängige und sehr gut funktionierende Kombination (an Randos, Crossern etc.)...verwechselst Du das evtl. mit V-Brakes?
  5. Aber wieso Bedenken? Cantis und Rennbremshebel sind doch schon lange eine gängige und sehr gut funktionierende Kombination (an Randos, Crossern etc.)...verwechselst Du das evtl. mit V-Brakes?
    Da hast Du wohl recht. Ich hing zusätzlich noch der Vorstellung nach, dass Cantis mit dem auf Dual-Pivot-Bremsen ausgelegten Zugweg der modernen Schaltbremshebel nicht so gut harmonieren. Aber der ist ja nur marginal anders - alles gut also smilie
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