Welche Wege heute mit dem Rennrad – neudeutsch Drop Bar Bike – unter die Räder genommen werden, erinnert teils an die Anfangszeiten der Tour de France. Längst muss es nicht mehr feinster Asphalt sein (so man ihn denn findet). Es darf auch mal ein befestigter Kiesweg mit dem Race-Rennrad oder gar grober Schotter mit dem Gravel Bike sein – auch bei den Profis stehen immer öfter Etappen über Schotterstraßen im Rennkalender.
Die Kehrseite der neuen Freiheit sind mehr Stöße, die auf den Körper wirken und in der Summe mehr Kraft rauben. Breitere Reifen, die an immer mehr Rennrädern gefahren werden, gleichen das etwas aus. Zusätzliche Stoßminderung lässt sich mit passenden Komponenten schaffen.
Ergon Allroad-Kollektion – kurz & knapp
Für mehr Komfort auf den unterschiedlichsten Wegen haben die Ergonomiespezialisten von Ergon ihre neue Allroad-Kollektion entwickelt. Sie soll zu weniger Belastung beim Fahren auf allen Untergründen führen und damit die Leistung verbessern, ohne das klassische Rennrad-Fahrgefühl zu verlieren. Dafür gibt es im Programm der Koblenzer die Blattfeder-Sattelstütze CF Allroad Pro Carbon sowie den Ergon SR Allroad Core-Sattel. Am Cockpit sorgt die neue Ergon BT-Lenkerbandserie für bessere Dämpfung und Stoßabsorption, die speziell für die verschiedenen Rennradtypen optimiert wurde. Ebenfalls neue BT Orthocell Pads versprechen noch mehr Stoßdämpfung am Lenker.
- Ergon SR Allroad Core-Sattel 2 Breiten | Kern aus Infinergy – ab 139,95 € (UVP)
- Ergon CF Allroad Pro Carbon-Sattelstütze bis 20 mm Federweg | 2 Set-Back-Varianten | 240 g – 249,95 € (UVP)
- Ergon BT-Lenkerband Road | Allroad | Gravel – ab 32,95 € (UVP)
- Ergon BT OrthoCell Pads reduzieren Vibrationen – 29,95 € (UVP)
- Info www.ergonbike.com
Ergon SR Allroad Core Men-Sattel
Der neue Ergon SR Allroad Core Men Sattel soll sich durch eine vollflächige Stoßabsorption auszeichnen und den Sitzdruck deutlich reduzieren. Dafür setzt Ergon bei seinem ersten Allroad-Sattel auf die hauseigene Core HD-Technologie. Unter der Satteldecke kommt dabei eine spezielle Lage Infinergy-Material zum Einsatz – ein E-TPU-Kunststoff von BASF, der in anderer Form zum Beispiel als „Boost“-Sohle bei Adidas-Laufschuhen für geringe Kraftverluste und hohen Komfort sorgen soll. Das Material zeichnet sich durch seine Rückstellkräfte aus. Es ist einerseits punktuell nachgiebig, nimmt aber andererseits schnell die alte Form wieder an, wenn der Druck weg ist. Für den Einsatz im Sattel hat die Ergon-Entwicklung in Koblenz mit BASF zusammengearbeitet. Außerdem besitzt der neue Sattel einen Entlastungskanal in der Mitte, der speziell auf die männliche Anatomie abgestimmt ist.
Die wichtigsten Details:
- Männerspezifischer Allroad-Rennrad-Sattel
- Kern aus stoßabsorbierendem Infinergy-Material (in Adidas-Laufschuhen als „Boost“ bekannt)
- Orthopädischer AirCell-Sitzschaum
- Größen S/M für 9-12 cm und M/L für 12-16 cm Sitzknochenabstand
- 3 Varianten CrMo-Schiene, TiNox-Schiene, Carbon-Schiene
- Gewicht 248 g (Testsattel M/L, gewogen)
- Info www.ergonbike.com
Preise
- SR Allroad Core Comp Men mit Nylon-Composite-Sitzschale und CroMo-Rail: 139,95 €
- SR Allroad Core Pro Men mit Carbon-Sitzschale und TiNox-Rail: 159,95 €
- SR Allroad Core Pro Carbon Men mit Carbon-Sitzschale und Carbon-Rail: 199,95 €
Ausführlicher Fahreindruck vom Ergon SR Allroad Core Sattel
Zur optimalen Anpassung bietet Ergon den SR Allroad Men in zwei Größen an: S/M für 9-12 cm und M/L für 12-16 cm Sitzknochenabstand. Mit verschiedenen Ausführungen der Sattelschale und der Sattelschiene wird Ergon den unterschiedlichen Anforderungen an das Gewicht und den Strebenflex gerecht. Wie bei vielen Sätteln stehen CrMo, TiNox (Edelstahl mit Titananteil) und Carbon zur Wahl.
Ergon CF Allroad Pro Carbon-Sattelstütze
Besonders effektives Vorgehen gegen die Belastungen durch raue Untergründen im Allroad- und Gravel-Einsatz verspricht die neue Ergon CF Allroad Pro Carbon-Sattelstütze. Gerade im Sattel bedeutet mehr Entlastung von Vibrationen und Schlägen, auch mehr Leistung, da die Haltemuskulatur weniger beansprucht wird – ein Grund, warum etwa auch bei den Profi-Rennrädern des Kopfsteinpflaster-Rennens Paris-Roubaix auf besonders dämpfende Bikes gesetzt wird.
Die neue Ergon CF Allroad Pro Carbon-Blattfederstütze mit bis zu 20 mm Federweg vereint dabei Leichtbau und Komfort-Plus. Sie wiegt weniger als 250 Gramm. Damit ist sie nicht nur im Vergleich zu anderen Federstützen erheblich leichter. Sie ist auch kaum schwerer oder gleich schwer wie viele herkömmliche runde Carbon-Sattelstützen, gegen die sie getauscht werden kann. Bei der Carbon-Blattfeder wirken Stoßrichtung und die Einfederrichtung optimal zusammen. Der wichtige Abstand zur Kurbelachse ändert sich nicht, was für den Kraftfluss zentral ist. So soll das Rennrad-typische Fahrgefühl erhalten bleiben. Die wichtigsten Infos:
- Carbon-Blattfederstütze für unverfälschtes Rennradgefühl
- VCLS-Blattfedern aus Carbonfaser-Composite für sensibles, sportlich straffes Ansprechverhalten
- Flip Head für erweiterten Sattel-Einstellbereich
- 2 Versionen: Zero Set Back und 25 mm Set Back-Variante
- Federweg bis zu 20 mm
- Durchmesser 27,2 mm (keine Reduzierhülsen erlaubt!)
- Länge 345 mm
- Max. Belastung 100 kg (inkl. Bekleidung & Ausrüstung)
- Gewicht ca. 240 g
- Preis 249,95 € (UVP)
- Info www.ergonbike.com
Eine Neuerung der CF Allroad Pro Carbon gegenüber dem Vorgängermodell ist die Zulassung nach US-amerikanischem ASTM-Level-2, also für den leichten Offroad-Einsatz. Zudem kann die neue Blattfederstütze dank mehr Länge auch mit solchen Rahmenformen kombiniert werden, die auf einen langen Auszug der Stütze setzen.
Ergon BT Lenkerband-Serie
Zum Ergon Allroad Performance-Paket gehört auch das neue Allroad BT-Lenkerband. Sein spezieller EVA-Schaum (AirCell) soll Vibrationen dämpfen und auf diese Weise Handbeschwerden verringern. Das Band kann auf zwei Weisen gewickelt werden: mit 1/3 Überlappung für den Fokus auf Griffgefühl und mit 2/3 Überlappung für gesteigerten Komfort. Die Textur des Bandes hilft dabei, die richtige Wicklung zu finden. Clever: Da Gravel Lenker in der Regel breiter ausfallen, hat Ergon das Gravel Lenkerband auch länger ausgelegt (Tipp für alle, die breite Rennlenker fahren).
- Ergonomische Lenkerband-Serie mit angepassten Eigenschaften für verschiedene Einsatzbereiche
- 3 Lenkerband-Typen mit speziellen Texturen und Dicken: Road mit 2 mm Stärke, Allroad mit 2,5 mm Stärke, Gravel mit 3,5 mm Stärke
- Materialaufbau mit AirCell Foam soll Vibrationsdämpfung erhöhen und Druckverteilung verbessern
- Kann wahlweise für Fokus auf Griffgefühl oder Komfort gewickelt werden
- Mit eingearbeiteter Wickelhilfe
- Verfügbar sofort
- Preis ab 32,95 € UVP
- Info www.ergonbike.com
Ergon BT Allroad Lenkerband Fahreindruck
Als Ergänzung zum BT Allroad Lenkerband – oder zu anderen Lenkerbändern – kann das Ergon OrthoCell Pad-Set das Cockpit komfortabler machen. Dabei handelt es sich um speziell an die Rennlenker-Form angepasste Pads, die genau unter dem Lenkerband platziert und fixiert werden können. Für optimale Stoßabsorption und Formbeständigkeit setzt das Ergon Pad-Set auf sogenannten OrthoCell-Schaum in 2,5 mm Dicke. Das Ergon-Material soll besonders hohe Rückstellkräfte bieten. Das Dämpfungs-Set deckt die Oberlenker-, Unterlenker-, sowie Brems- und Schaltgriff-Position ab – und wir haben es zusammen mit dem Ergon BT Allroad Lenkerband genutzt.
Ergon Allroad Kollektion Erfahrungen
Das komplette Ergon Allroad Komfortpaket konnten wir über mehrere Monate an einem Gravel Bike probefahren. Was fiel uns auf?
Zunächst die unkomplizierte Nachrüstung. Das BT Allroad Lenkerband macht das leidige Lenkerbandwickeln durch die gute Anleitung und die unkomplizierte Handhabung wirklich einen Tick einfacher. Auch die OrtoCell Pads sind leicht anzubringen und passen sich hervorragend der Lenkerform an.
Gerade in Verbindung mit den Pads ist eine verbesserte Stoßdämpfung am Lenker spürbar. Am Oberlenker, wo weniger Gewicht auf den Händen liegt, mag das nur auf sehr langen schlechten Strecken zum Tragen kommen. Aber am Unterlenker, wo sich die Pads hervorragend platzieren lassen, wirkt es sich auch auf der kurzen Gravel Runde schon positiv aus – unseren ausführlichen Eindruck findet ihr hier. Bleibt nur noch zu ergänzen, dass das BT Allroad Band über den Testzeitraum schön griffig blieb und Pads und Band nicht verrutschten.
Zur Einsatz der Ergon CF Allroad Pro Carbon Sattelstütze: Hier geht das Nachrüsten ebenso leicht wie der Einbau einer konventionellen Stütze – vorausgesetzt, man hat einen Rennradrahmen mit dem (noch) gebräuchlichen runden Stützenmaß von 27,2 mm. Gut: Die nötige Carbon-Montagepaste liegt bei. Für Sättel mit Carbonstreben gibt es optional einen extra Stützenkopf (Flip-Head), wie bei seitlichen Klemmungen üblich.
Passung und Halt in unserem Testrad waren über die Erprobungsdauer konstant gut. Im Unterschied zu anderen Stützen muss nur der Sitzwinkel vor dem Einsatz in den Rahmen festgestellt werden. Das erscheint zunächst umständlich. Es geht aber in der Praxis genauso schnell wie das Hantieren mit den Schrauben vieler anderer Klemmsysteme. Zudem besteht keine Gefahr, dass die Sitzlänge sich mit verstellt.
Wie gut der Ergon SR Allroad Pro Sattel den Druck mit einer starren Stütze verteilt, konnten wir schon vor dem Einsatz der Ergon Blattfederstütze erfahren – und haben es hier ausführlich beschrieben. In Kurzform: Obwohl das Sitzgefühl wie für Rennradsättel für längere Touren meist gewünscht straff ist, kommen Stöße doch fühlbar gefiltert an. Nach den ersten langen Touren in diesem Sommer können wir auch feststellen, dass der Entlastungskanal so funktioniert, wie man es erwartet und das Sitzklima auch sehr heißen Tagen gewachsen ist. Der sichtbare und stoßmildernde HD Core-Kern sieht trotz intensiver Nutzung noch ansehnlich aus – im Gegensatz zum gleichen Material in Weiß an manchen Sneakern.
Einen richtigen Aha-Effekt bringt aber der Einsatz der Ergon CF Allroad Pro Carbon Sattelstütze zusammen mit dem Sattel. Dass die Carbon-Blattfedern ihre Arbeit sehr effektiv verrichten, ist schon vom ersten Meter an spürbar. Und je länger die Sattelstütze im Einsatz ist, desto mehr gewöhnt man sich daran, bei kleineren Unebenheiten, wo man vorher instinktiv den Sattel entlastet hat, einfach mehr Gewicht im Sattel zu lassen. Das schont gerade auf langen Gravel-Strecken die Kraftreserven spürbar. Auch die nervliche Belastung, die das ständige Geholper bisweilen mit sich bringt, wenn man schon etwas erschöpft ist, nimmt ab.
Ein Effekt des Federns auf das Sitz- und Trittgefühl ist dabei zwar vorhanden, aber bei Weitem nicht so gravierend, dass man den Komfortvorteil dafür eintauschen würde. Das gilt auch für den Einsatz auf reinen Asphaltstrecken und gut befestigten Wegen. Auch hier bleibt wie beim Sattel eine Grund-Straffheit erhalten.
Schon nach einer Woche Nutzung war für mich klar, dass die Kombi am liebsten am Rad bleibt. Die Stöße, die die Ergon Allroad-Stütze glattbügelt, können auch durch breitere Reifen nicht so gut ausgemerzt werden – zumindest nicht mit dem Terrain angepasstem Reifendruck.
Die Sattelnase wurde noch etwas nach unten korrigiert, um das Einfedern auszugleichen, dann blieb alles unverändert und wartungs- und geräuschfrei. Wer sehr sensibel auf kleinste Positionsveränderungen im Tretzyklus reagiert oder unrund tritt, könnte jedoch beim rein straßenorientierten Einsatz wieder mit einer konventionellen Stütze vorliebnehmen. Und natürlich spielt bei einer nicht einstellbaren Federung wie dieser auch die Passung mit dem eigenen Körpergewicht eine Rolle. Für den Einsatz auf gröberen Feld-, Wald- und Wiesenwegen a.k.a. „Gravel“, wo die Stöße den runden Tritt mehr irritieren als die „Federung“ ist der Vorteil so unmittelbar spürbar, dass er fast universal gelten dürfte.
Wie seht ihr mögliche Leistungsverbesserungen durch Stoßabsorption?
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8 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDie Sattelstütze gibt es 40,- Euro billiger bei Canyon. Zumindest noch.
Die Gewichtssumme von Stütze und Sattel sind aber schon heftig … wobei sich die Frage aufdrängt, was mensch denn mit dem Rad so vorhat. Langes Reisen ok, aber für kurze <4h Ausfahrten ist das wie mit Stöcken wandern – die muskuläre Vorspannung verliert sich und es erhöht sich die Tendenz alles einfach auszusitzen.
BTW. ich hatte lange überlegt ob ich mir wirklich einen Carbonio an meinen Graveler schrauben soll. Und nach nun einem Jahr sind die Zweifel obsolet.
Ergänzend muss ich hinzufügen, dass nichts meine Erwartungen mehr übertroffen hat, als in meine 40mm G-One (alter Baureihe) Latexschläuche zu montieren und den Luftdruck zwischen 1,8 und 2,3 zu orientieren.
Das schlägt so ziemlich alles, was ich an Fahrkomfort-Gewinn erwartet hätte. Dazu kommt ein unschlagbarer Grip und die beste Rückmeldung die ich je bei einem Rad hatte – hört sich übertrieben an, aber für mich das Tuning-Highlight der letzten Jahre.
Trotzdem empfehle ich das nur selten weiter, weil die Nachpumperei muss schon gewollt werden. 😉
Die vermutlich gleiche Sattelstütze, halt von Canyon habe ich auf meinen Alu-Gravel. Dort funktioniert sie ganz gut. An einem anderen Fahrrad ausprobiert, war's eine ungute Schaukelei. Das Problem dieser Stütze ist halt, das ihre Funktion von Faktoren wie Auszug und Gewicht des Fahrers abhängig ist. Sie passt oder eben nicht, einstellbar ist sie nicht.
Der Rest haut mich nicht von Hocker. Gute Sättel, deutlich leichter, gibt es einige. Auch von diesem Lenkerzeug gibt es schon vieles.
Ich hatte die Stütze auch an meinen Cyclocrosser verbaut.
Mit meinen damaligen 95kg und 22cm Auszug wurde es mir dann auf Dauer doch zuviel geschaukel.
Mit 40mm TerraSpeed auf Tubeless mit 2.2 - 3.0 Bar Druck je nach Untergrund ist Komfort mehr als genug vorhanden.
Mit etwas Gewicht bekommt man auch von „normalen“ Carbonstützen mit etwas Auszug genügend Komfort.
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