Steckbrief: Focus Paralane Red eTap
Einsatzbereich | Tour, Gravel, Commute |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,0 kg |
Stack | 404 mm |
Website | www.focus-bikes.com |
Die Paralane-Serie bedient im Modellprogramm von Focus die Bedürfnisse der Endurance-Fahrer – also aller, die zwar schnell, aber vor allem gerne lange unterwegs sind. Im Vergleich zu Racebikes der Marke wie den Izalco-Modellen verfügen die Paralane-Varianten daher über eine Geometrie für eine aufrechtere Sitzposition und einen niedrigen Schwerpunkt. Preislich ist das Paralane breit gefächert: Von 1799 € für das Paralane 6.9 mit Aluminium-Rahmen geht es hoch bis zum Focus Paralane Red eTap für 7499 €, das wir getestet haben. Es hat zwar einen stolzen Preis, bietet aber auch jede Menge Leistung mit hochwertigsten Komponenten.
Das Focus Paralane will nicht einfach nur ein Bike für Fahrer sein, die etwas aufrechter sitzen möchten – sondern ein Endurance-Racer mit spannenden Features. Denn davon gibt es einige, die man gerne an mehr Rädern sehen würde: Die schon bekannte R.A.T.-Steckachse ist wohl die am simpelsten und am schnellsten zu montierende Achse auf dem Markt – aufziehen, 90° drehen, rausziehen. Das System funktioniert so simpel wie schnell und konnte bei unserem Test vollends überzeugen. Ebenso eine Besonderheit am Paralane ist die große Reifenfreiheit. Im Rahmen ist Platz für Pneus bis 35 mm. So bleibt mit schmaleren Reifen auch Raum zur Montage von Schutzblechen, die sogar dabei sind. Um auch im Regen nicht bis in die Kimme nass zu werden, spendiert Focus der Modellreihe eigens von Curana produzierte Radschützer für Front- und Hinterrad. Diese benötigen zwar einige Montage-Minuten, sitzen dann aber ordentlich fest.
Ausstattung: keine Wünsche offen
Als Topmodell lässt das Focus Paralane Red eTap nahezu keine Wünsche offen. Allem voran steht, der Name sagt es bereits, die elektronische Funkschaltung Sram Red eTap, die bis vor der Vorstellung der SRAM Red AXS das Nonplusultra der US-amerikanischen Schaltungsexperten darstellte. Dank zwei Kabeln weniger gibt es ein schön aufgeräumtes Cockpit. Simple Justage und Einstellung der einzelnen Schaltkomponenten sprechen für die Schaltung, die Notwendigkeit immer aufgeladener Akkus sprechen als kleiner Kontrapunkt dagegen.
Auch der Rest der Ausstattung kann sich sehen lassen: Das hochwertige Aero-Cockpit (Easton EA90) sorgt für Steifigkeit und schnittige Verhältnisse im Wind, die leichten Zipp 302-Felgen (an unserem Testbike waren Alu-Laufräder montiert, in der Serie kommen 302 aus Carbon) klingen nach ordentlicher Langstreckenperformance. Auch der Reifen hat diesbezüglich ein Wort mitzureden: Grip bei vielen Wetterlagen verspricht der Continental GP 4 Season in 28 mm Breite, Platz nimmt man auf dem Prologo Scratch STN Rail Sattel, der auf einer leicht flexenden BBB CPX Plus-Sattelstütze montiert ist.
Entsprechend der Red-Gruppe kommen auch Red-Scheibenbremsen mit 160 mm-Rotoren zum Einsatz. Generell ist das Paralane ausschließlich für Scheibenbremsen gerüstet und setzt hier auf den Flatmount-Standard.
Preis | 7.499 € |
Gewicht | 8,0 kg |
Rahmen | Carbon SL mit Pressfit 86 BB und 142x12 mm-Achse |
Gabel | Carbon, Disc, 100x12 mm |
Schalthebel | SRAM RED eTAP HRD |
Umwerfer / Schaltwerk | SRAM RED eTap, 11 Gänge, langer Käfig |
Kurbel / Zähne | SRAM RED GXP, 50/34T |
Ritzel / Zähne | SRAM XG-1190, 11-32T |
Bremsen | SRAM RED eTAP HRD Disc, 160/160 mm |
Laufradsatz | ZIPP 302 Carbon, 16-622 ETRTO |
Reifen / Größe | Continental GP 4 Season, 700 x 28C |
Lenker/Vorbau | Easton EC90 Aero Carbon, Drop: 125mm, Reach: 80mm / Easton EA90 Alu-Vorbau, 31.8mm, +/- 10° |
Sattel | Prologo Scratch STN Rail |
Sattelstütze | BBB CPX Plus, Carbon, 25,4mm, 350mm, 20 mm Setback |
Besonderheiten | R.A.T-Steckachsen, Curana-Schutzbleche |
Geometrie: komfortabel schnell
Größe | XS | S | M | L | XL | XXL |
---|---|---|---|---|---|---|
Rahmengröße numerisch | 48 | 51 | 54 | 56 | 58 | 61 |
Sitzrohrlänge mm | 455 | 485 | 515 | 535 | 555 | 595 |
Oberrohrlänge mm | 498 | 526 | 547 | 560 | 577 | 591 |
Lenkwinkel Grad | 71° | 71.5° | 72° | 72° | 72.5° | 72.5° |
Sitzwinkel Grad | 75.5° | 74.5° | 73.5° | 73.5° | 73.5° | 73.5° |
Steuerrohrlänge mm | 120 | 150 | 165 | 180 | 200 | 215 |
Kettenstreben mm | 415 | 415 | 415 | 415 | 415 | 415 |
Radstand mm | 974 | 990 | 996 | 1010 | 1021 | 1036 |
Tretlager Absenkung mm | 75 | 75 | 75 | 75 | 75 | 75 |
Gabelvorbiegung mm | 46 | 46 | 46 | 46 | 46 | 46 |
Stack mm | 534 | 564 | 580 | 594 | 615 | 630 |
Reach | 359 | 369 | 375 | 384 | 394 | 404 |
STR-Wert | 1,49 | 1,53 | 1,55 | 1,55 | 1,56 | 1,56 |
Focus hält das Paralane in sechs Größen bereit, was dem üblichen Spektrum entspricht. Die Geometrie ist die eines klassischen Endurance-Rennrades, aber (zum Glück) übertreibt es Focus nicht mit der Aufrichtung des Fahrers. Gegenüber dem Izalco, dem race-orientierten Rennrad der Marke, verfügt das Paralane einen etwas kürzeren Reach und einen höheren Stack. Das verhilft zu einer etwas komfortableren Haltung. Aber die Stack-to-Reach-Werte – wie immer in der Tabelle für euch errechnet – ordnen das Paralane eher in der Mitte des Endurance-Spektrums ein. Dabei gelingt es Focus, kleine Fahrer nicht in eine deutlich gebücktere Haltung zu zwingen als die ganz Großen. Die STR-Werte decken ein Spektrum von 1,49 bis 1,56 ab und variieren damit quer über alle Rahmenhöhen geringer, als es oft der Fall ist.
Neben der leicht aufgerichteten Sitzposition senkt Focus das Tretlager etwas weiter ab als beim klassischen Racebike. Das passt zu den breiteren möglichen Reifen und sorgt (mit Rennradreifen in traditioneller Größe) für einen etwas tieferen Schwerpunkt. Über mangelnde Laufruhe konnten wir uns bei unseren Testfahrten jedenfalls nicht beklagen, obwohl der Radstand für ein Rad mir dieser Reifenfreiheit vergleichsweise kurz ausfällt und auch der Lenkwinkel eher im steilen Rennradbereich als im flacheren (und beruhigten) Gravelbereich anzusiedeln ist.
Auf dem Kurs: gut für die Langstrecke
https://www.strava.com/activities/1630286525
https://www.strava.com/activities/2227410776
Wir haben vom Herbst bis ins Frühjahr alles mitgenommen, was zeitlich und terrain-technisch möglich war. Touren mit vierstelliger Höhenmeter-Anzahl durch das Lipperland waren ebenso dabei wie Hausrunden mit vielen Hügeln und Zwischensprints oder ein 34er Schnitt auf schlechten Asphalt-Strecken. Als Königsetappe wurde die bereits erwähnte 308-Kilometer-Runde in die Niederlande und zurück gefahren. Allen Touren hat die gemäßigt entspannte Sitzposition gut getan: Der hohe Stack fällt positiv auf und dürfte ambitionierten Hobbyfahrern, die keine Tour de France-Etappen, aber schnelle Runden fahren möchten, in die Karten spielen. Mit negativ montiertem Vorbau und in Unterlenkerhaltung ist man sehr sportlich unterwegs, muss sich aber nicht eine allzu unbequeme Aero-Haltung zwingen. Speziell Fahrer mit großer Schrittlänge wie ich selbst dürften beim Focus Paralane die sehr variable Einstellbarkeit der Sattelstütze gefallen. Auch bei vollem Auszug ergab sich für mich keine unbequeme Haltung.
Generell weiß das Cockpit zu gefallen: Der Easton EA90-Lenker ist bislang von allen Rennradlenkern, die ich bislang gefahren bin, mein Favorit. Der geringe Drop des Lenkers sorgt zusammen mit dem griffigen Focus-Lenkerband für einen angenehmen Griff im Unterlenker, der sich so problemlos auch über längere Distanzen fahren lässt. Das Gesamtkonstrukt ist im Sprint wie auch im Wiegetritt bergauf sehr steif und lässt praktisch keinerlei Verwindung spüren. Diese Steifigkeit zieht sich auch durch den Rahmen: Während lateraler Flex auch im heftigen Wiegetritt selbst mit meinem hohen Gewicht praktisch nicht vorkommt, sorgt die (bei Focus C.I.A. – Comfort Improving Areas – genannte) Rahmenkonstruktion für einigen Komfort im Sitzen. Auch wenn C.I.A. vom Komfort nicht ganz mit anderen mechanischen Lösungen (vgl. Trek IsoSpeed, Specialized Future Shock) mithalten kann, so fährt sich das Paralane insgesamt sehr komfortabel.
Die sündteure Red eTap-Schaltung funktioniert dem Preis entsprechend sehr gut: Schnellste Gangwechsel und eine flotte, weil intuitive Umgewöhnung an die Red-Schaltlogik sorgen für unproblematische Schaltvorgänge. Während eine mechanische Shimano-Schaltung am rechten STI-Hebel für die Schaltvorgänge an der Kassette und am linken Hebel für die am Umwerfer sorgt, genügt der Red-Schaltung ein leichter Tipp an die Schaltwippe vor dem rechten Bremshebel für ein Herunterschalten, ein Tipp links für das Heraufschalten – für den Kettenblattwechsel werden beide Wippen gleichzeitig betätigt. Dieses System ist so intuitiv, dass ich ernsthafte Probleme beim Wechsel zurück auf mein eigenes, mechanisches Shimano-Bike bekam und mich erst wieder umgewöhnen musste.
Auf den schnellen Touren über die Hügel im Umfeld Lemgos war das Antriebssystem mit einer großen Spreizung leicht unterfordert. Immerhin stellt die Kombination aus SRAM Red GXP-Kurbel und SRAM Kassette mit 11-34 Zähnen nahezu eine 1:1-Übersetzung bereit. Aber der leichteste Gang musste hier nur herhalten, wenn die Steigungen deutlich, aber kurzzeitig in den zweistelligen Prozentbereich kletterten. Im Wiegetritt zahlt sich die Steifigkeit des Rahmen- und Gabelsets aus, auch Schleifen machte sich an keiner Stelle beim starken Zerren am Lenker bemerkbar.
Für den Test tauschten wir die insgesamt ordentlich rollenden, aber mir persönlich etwas zu breiten Conti 4 Season-Reifen gegen Schwalbes Pro One Tubeless-Reifen in 25 mm, die dank der tubeless-kompatiblen Zipp-Felgen ideal zum Bike passten. Da die serienmäßigen Laufräder zudem mit 16 mm Maulweite nicht besonders breit ausfallen, dürften sie am Original-Laufradsatz zudem die aerodynamischere Alternative sein. In Verbindung mit den steifen, stabilen und 21 mm breiten Zipp-Felgen am Testrad funktionierten die Schwalbe Pro One sehr gut und zudem recht pannensicher.
Ein Blick in den Reifen nach dem Test zeugte von diversen Punktierungen, die bei Nicht-Tubeless-Reifen wohl in mehreren Platten geendet wären. Erst ein langer Riss im Laufstreifen, zugezogen beim 300 km-Gran Fondo, konnte den Reifen final besiegen.
Durch die angenehme Position an der Front und das tiefe Tretlager lassen sich auch Kurven sehr kontrolliert befahren, an das spritzig-agile Verhalten von Race-Rädern allerdings kommt das etwas ruhigere Paralane nicht ganz heran. Das Zusammenspiel aus den steifen Komponenten und dem steifen Rahmen beschert gut kalkulierbare Abfahrten in der Unterlenker-Position.
In den herbstlichen Monaten wurde das beigelegte Schutzblech-Set montiert. Dieses besteht aus Aluminium, ist gut verarbeitet und lässt sich innerhalb von einer Viertelstunde (Erstmontage) leicht an Rahmen und Gabel befestigen. So ausgerüstet, verloren auch herbstliche, feuchte Ausfahrten bei Regen weitgehend ihren Schrecken: Selbst bei hohen Geschwindigkeiten schafft es nur sehr wenig Wasser durch die gut abschließenden Schutzbleche. Wermutstropfen: Die Schrauben im Montageset lösten sich sich teilweise während einer Tour. Da für die Montage neben einem Multitool auch ein 10er Maul- oder Ringschlüssel zum Kontern benötigt wird, war dies während der Fahrt kein positives Erlebnis – Abhilfe könnten mitgelieferte Schrauben mit Sicherungslack schaffen.
Auf der großen 300 km-Runde gab es bis auf den Reifen-Zwischenfall absolut keine Probleme. Die Akkus der Red-Schaltung hielten, wie nicht anders erwartet, durch. Nichts löst sich, nichts klapperte – ein absolut sorgenfreies Rad auch nach 11 Stunden Fahrzeit.
Haltbarkeit: keine Blöße
Bezüglich der Haltbarkeit lässt sich nichts Schlechtes über das Focus Paralane eTAP sagen. Obwohl das Bike direkt aus dem Focus-Testpool kam und schon vorher genutzt wurde, gab sich das Testrad keine Blöße und funktionierte vom ersten bis zum letzten Testtag problemlos – lediglich einmal musste das Steuersatzspiel eingestellt werden.
Fazit von Rennrad-News
Das Konzept Paralane ist den Stuttgartern praktisch ausnahmslos gelungen: Das Focus Paralane Red eTap überzeugt mit viel Komfort auf der Langstrecke, kontrollierbarem Fahrverhalten und einer Top-Ausstattung, die dem hohen Preis angemessen ist. Die hohe Qualität von Rahmen und Finish ergänzt den sehr guten Eindruck des Endurance-Racers, der nur in kleinen Feinheiten (Schutzblechbefestigung, wenig Platz am Lenker) verbessert werden könnte.
Pro / Contra
Stärken
- Komfortabler Rahmen
- Nahezu kein lateraler Flex, dadurch sprintstark
- Angenehme Geometrie für lange Touren, dennoch sportlich
- Lenkerdrop für Unterlenkerfahrten ideal
- Hoher Preis – aber gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
- Schicke Optik, hohe Lackqualität
Schwächen
- Reifen auf Zipp-Felgen durch tiefes, schmales Felgenbett schwer tubeless montierbar
- Aero-Lenker bietet nur wenig Platz für Zubehör – neben Bike-Computer maximal noch eine Position frei
- Schutzblech lockerte sich trotz festen Anzugs auf der Tour – durch Sicherungslack lösbares Problem
4 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDer eine oder andere geneigte Rennrad News-Leser wird von meinem 300 km-Abenteuer gelesen haben – mit ein Grund für diese lange Tour lag im Endurance-Testbike Focus Paralane Red eTap. Wir wollten es in seiner angedachten Paradedisziplin auf die Probe stellen. So waren im vergangenen halben Jahr mit dem Topmodell der Focus Endurance-Reihe auf den Straßen unterwegs – inklusive dem angesprochenen Gran Fondo. Hier ist der Test!
Den vollständigen Artikel ansehen:
Focus Paralane Red eTap im Test: KOM-Jäger mit Ausdauer-Qualitäten
Immer, wenn ich ich diese Bilder von den Steckachsenhebeln sehe, muss ich an den Kollegen denken, der sich das in sein Bein geschoben hat. Besonders natürlich neulich bei der Vorstellung des neuen Cannondale.
An Rädern für den Wettkampf ja noch vielleicht. Aber nicht an so einem Endurance Rad.
Da bevorzuge ich doch die schlanke, aufgeräumte Optik ohne Hebel.
🙂
Die Lackierungen von Focus, die scheinbar einem Kanarienvogel nach empfunden sind, erscheinen mir immer sehr gewöhnungsbedürftig.
Alles so schön bunt hier
Mein Paralane eTap hat inzwischen auch schon fast 20.000km auf dem Buckel und bisher keine Probleme gemacht. Bin auch sehr zufrieden damit, auch wenn ich mich ein wenig nach einem sportlicheren Bike sehne.
Wir laden dich ein, jeden Artikel bei uns im Forum zu kommentieren und diskutieren. Schau dir die bisherige Diskussion an oder kommentiere einfach im folgenden Formular: