De Kuil
Die meisten Cyclocross-Rennen haben so ihre speziellen Fiesigkeiten: Viele haben Schlamm, aber manche haben besonders zähen „Modder“, Val di Sole hat den Schnee, Koksijde hat die Dünen. Zonhoven hat „de Kuil“. Hier stürzen sich die Rennfahrer*innen über zwei Sandhänge in ein Loch in der Heidelandschaft, das sie anschließend laufend oder fahrend wieder hinaufklettern.
Und überall, wo kein Sandweg verläuft, stehen Menschen. Aus dem Kessel dringt ein Sound wie im Fußballstadion, jedesmal, wenn ein besonders waghalsiges Manöver gelingt, die Abfahrt einfach nur glückt oder einer der ganz großen Stars hinunter rauscht. In diesem Jahr war es der Zweikampf der Giganten Mathieu van der Poel und Wout van Aert, der den Jubel- und „Ahhhh“-Pegel steigen und fallen ließ wie bei Dortmund gegen Bayern. Aber auch der Beifall für den letzten Nachzügler im Cyclocross-Peloton war kaum leiser: Felipe Timoteo Nystrom Spencer aus Costa Rica ist inzwischen schon eine Berühmtheit in Belgien ob seines Durchhaltewillens.
Aber die Schwierigkeiten und berühmten Bilder aus der Kuil dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kurs auch noch andere Schlüsselstellen hat: eine lange fiese Gerade, weitere durchfurchte Abfahrten und das übliche Geschlängel mit vielen 180-Grad-Kurven.
Die Rennen
Spezielle Bedingungen hatte der anhaltende Regen der Vortage und des Vormittags auf dem Rennkurs geschaffen. Feuchter Sand und teilweise größere Matschflächen im Mix mit loser Heide-Erde, unter der Steine lauern, machten die Reifenwahl schwierig. Bei unserem Boxenrundgang (Fotostory dazu folgt) pendelten die Teams zwischen Semi-Slick Sandreifen wie dem Dugast Pipistrello und klassischen Grifo-Allroundprofilen mit Dreiecks-Stollen auch in der Mitte. Schlauchreifen dominieren nach wie vor im CX-Sport. Den Reifendruck der Wahl bezifferten die Mechaniker mit 1,1 bar bis 1,2 bar.
CX Weltcup Zonhoven: Frauen-Rennen
Der Cyclocross Weltcup in Zonhoven, Belgien, war der vorletzte Lauf vor den Weltmeisterschaften der Radsportdisziplin und die Niederländerin Puck Pieterse hatte eine Chance, sich an die Spitze des Weltcups zu setzen. Ihre größte Widersacherin und Weltcupführende Fem van Empel freute sich vor dem Rennen vor laufenden Kameras noch über den geänderten Kurs, aus dem eine lange Laufpassage entfernt wurde.
Die erste Runde durch die Kuil war im Frauenrennen von Stürzen geprägt. Immer wieder blieben die Vorderräder in den tiefen Spurrillen stecken und die Fahrerinnen gingen über ihre Lenker. Der Regen machte die Spurrillen fester, fast wie die Autos auf einer klassischen Carrera-Bahn mussten die Fahrerinnen in den Abfahrten den eingefahrenen Rillen folgen. Spurwechsel gleich Risiko.
In der ersten Runde in der ersten Abfahrt traf es gleich Fem van Empel, die eigentlich den besten Start hingelegt hatte und nach ihrem Sturz einen Rückstand von über einer halben Minute einstecken musste. In der zweiten Runde verhakte sich das Vorderrad bei Puck Pieterse in einer Rille und sie verlor die Führung an Shirin van Anrooij. Die Niederländerin fuhr von da an ein sauberes Rennen wie aus dem Lehrbuch und brachte ihren Vorsprung ins Ziel. Dahinter holte Fem van Empel Platz für Platz auf und arbeitete sich noch zurück bis auf Platz Drei. Nicht wenige Fahrerinnen entschieden sich mit fortschreitenden Rennen, die erste Sandabfahrt hinunter zu laufen, statt zu fahren. Als einzige deutsche Fahrerin im Rennen fuhr Sina van Thiel auf Platz 55 mit einer Runde Rückstand.
Das Podium:
- 1. Shirin van Anrooij (Baloise – Trek Lions)
- 2. Puck Pieterse (Alpecin-Deceuninck)
- 3. Fem van Empel (Jumbo – Visma)
CX Weltcup Zonhoven: Männer-Rennen
Das Cyclcocross Weltcup Rennen der Männer in Zonhoven war geprägt von der Aussicht auf das erwartete Duell zwischen Mathieu van der Poel und Wout van Aert, er kam mit einigen Siegen in der Tasche in Top-Form zum Start. Die Rennentscheidung folgte einem leicht anderen Drehbuch als bei den Frauen. Zwar kam es auch bei den Männern zu einem Sturz gleich in der Eröffnungsphase (der Weltcupführende Laurenz Sweeck legte hier im übrigen wie gewohnt einen guten Start hin). Wout van Aert machte nach einem Start aus zweiter Reihe in der ersten Runde im Matsch gleich vier Positionen auf einen Streich gut, bevor es zum zweiten Mal in die Kuil ging. Mathieu van der Poel erwischte dann eine Spurrille falsch und kam zu Fall – aber anders als im Frauenrennen brachte dieser Sturz noch nicht die Vorentscheidung.
Stattdessen entwickelte sich ein Dreikampf zwischen Wout van Aert in der Führung mit Mathieu van der Poel dahinter und Europameister Michael Vanthourenhout an dritter Position. So ging es in die zweite Runde. Van der Poel konnte noch einmal überholen, aber bereits in der zweiten Runde setzte sich Van Aert in der Kuil erneut an die Spitze und fuhr den einen Vorsprung heraus, den er in der Folge konsistent ausbaute. Van der Poel blieb der Kampf um Platz Zwei und Drei mit Laurens Sweeck und Vanthourenhout, den er für sich entscheiden konnte, aber am Ende nicht besonders glücklich mit diesem Ausgang wirkte. Marcel Meisen fuhr als bester deutscher Fahrer auf Platz 29.
Das Podium
- 1. Wout van Aert (Jumbo – Visma)
- 2. Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck)
- 3. Laurens Sweeck (Crelan – Fristads)
Tipps für den Besuch eines Cyclocross-Rennens
Auch für Zuschauer haben die großen Cyclocross-Rennen in Belgien und den Niederlanden ihre Herausforderungen parat. Deshalb hier ein paar Tipps für den erfolgreichen Start in die Karriere als „Supporter“ – so heißen die Fans in Belgien – aus erster Hand:
- „BOB“ so heißen in den Niederlanden die Leute, die mit Ansage nüchtern bleiben, um andere zu fahren. Sich dem Gelage am Streckenrand anzuschließen, hat seine eigenen Verlockungen, also: BOB. Die meisten Fans aus Belgien und NL reisen mit Bussen an, was aus Deutschland nicht organisiert wird.
- Bons Bier und Burger nur gegen Bons. Die Schlangen an den Bon-Verkaufsstellen sind länger als an den Essständen, also lieber bevorraten, solange noch nicht so viel Betrieb ist.
- Bande Antizyklisch an die Absperrungen gehen und dort bleiben. Zwischen zwei Rennen wird es an den Gittern um die Strecke etwas leerer, diese Gelegenheit sollte man nutzen.
- Schuhe Wir haben auch schon Pöms gesehen, aber Gummistiefel sind die bessere Wahl. Oder irgendwas, was gut abwaschbar ist
- Pommes Erst die Pommes machen den CX-Rennbesuch rund, unbedingt eine der zahlreichen belgischen Saucen dazunehmen, Andalouse zum Beispiel oder Americaine (schärfer).
- Team Busse Hier gibt es Autogramm-Karten für die Supporter, wenn man lieb fragt. Der Jumbo-Visma Bereich ist eher eine Wagenburg aus Bussen, die meisten Teams sind aber zugänglicher, nicht an die Camper klopfen.
- Zelt Im zentralen Festzelt findet irgendetwas zwischen Trash-Party und Oktoberfest statt, belgischer Schlager trifft Cover-Band, die Stimmung ist so, dass alle Nicht-BOBs schnell Anschluss finden können.
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11 Kommentare
» Alle Kommentare im Forumüberzeugt 🙂 und zugegebenermaßen hatte ich mich von der opulenten Anzahl der Bilder mit beinahe Stürzen und Tragepassagen etwas - sagen wir mal - hinreißen lassen.😉
Tolle Fotos!
@lupus Sand fahren macht so Bock. Ehrlich.
Kommendes Wochenende ist in Berlin Eisenschweinkader Störtebeker Cup Rennen und danach beginnt die Suppenprestige Serie in Leipzig. Wir sind am Start, vielleicht sieht man ja den ein oder anderen.
*jost
Zum KSGC wollte ich schon seit vielen Jahren mal, aber zu mehr als einem Mal als Zuschauer hat's nie gereicht
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