Video: Tipps gegen Fußschmerzen beim Rennrad-Fahren
Woher kommen Fußschmerzen beim Rennradfahren?
Jedes Watt, das auf die Straße oder den Gravel kommt, nimmt auch den Weg über die Füße. Kein Wunder, dass Profis genauso wie ambitionierte Rennradfahrerinnen und Rennradfahrer dieser Schnittstelle besondere Aufmerksamkeit widmen. Schon seit Jahrzehnten sind Klickpedale und Schuhe ein System, das immer weiter optimiert wird, um maximale Kraftübertragung zu gewährleisten. Bei den Pedalen entstanden entsprechend unterschiedliche Lösungen, die alle eins versprechen: mehr Leistung.
Doch wie immer, wenn viel Ehrgeiz und Geld im Spiel ist, kann es auch zu viel „des Guten“ sein. „Lieber zu eng als zu weit“, lautet zum Beispiel eine oft gehörte, aber falsche Devise beim Rennradschuh-Kauf, damit kein Quäntchen Kraft verloren geht.
Fundament Füße
Schlecht sitzende Schuhe sind eine der Hauptursachen für Fußschmerzen beim Rennradfahren. Wenn es besonders schlecht läuft, „drückt der Schuh“ dann nicht nur am Fuß, sondern auch an ganz anderer Stelle. Das weiß Dr. Kim Tofaute aus 20 Jahren Erfahrung als Bike-Fitter und Sport-Ergonom bei Ergon. Tofaute: „Wenn ihr richtig schnell fahrt, etwa mit Druck einen Pass hoch, habt ihr natürlich eine massive Belastung auf dem Fuß, aber nicht nur auf dem Fuß, sondern auch zum Beispiel auf den Knien. Das wird oft vergessen. Die Füße sind sozusagen das Fundament, die Beschwerden können sich von unten nach oben arbeiten – bis hin zum Rücken oder sogar bis hin zu Kopfschmerzen.“
Die Füße sind sozusagen das Fundament und die Beschwerden können sich von unten nach oben arbeiten – bis hin zum Rücken oder sogar bis hin zu Kopfschmerzen.
Dr. Kim Tofaute, Ergon
Die passenden Schuhe sind deshalb die Grundmaßnahme gegen Fußschmerzen beim Rennradfahren. „Natürlich soll der Schuh richtig passen. Aber das ist gar nicht so einfach. Also probiert auf jeden Fall verschiedene Schuhe an, bevor ihr einen kauft!“, rät Dr. Tofaute, um gleich ein gutes Fundament zu legen. Und beim Rennradfahren ist es wie beim Laufen oder Wandern: Der Schuh muss während der Aktivität passen, nicht nur im Stand.
Zu wenig Unterstützung an der Sohle?
Oft sind auch die standardmäßig mitgelieferten Einlagen keinesfalls ausreichend. „Die Einlagen, die beim Kauf drin sind, sind oft sozusagen nur Platzhalter für vernünftige Einlagen, die der Tatsache gerecht werden, dass der Fuß gerade beim Rennradfahren sehr, sehr hohe Belastungen hat“, so Tofaute.
Falsche Cleat-Position
Doch nicht nur die Rennrad-Schuhe und ihr Innenleben sind entscheidend. Eine falsche Einstellung der Pedalplatten (Cleats) kann ebenfalls zu erheblichen Problemen führen. „Eine falsche Einstellung zum Beispiel auf den Pedalen kann der Grund für Rückenschmerzen, Nackenschmerzen oder auch Fußschmerzen sein“, erklärt Dr. Tofaute. Die richtige Position der Cleats ist daher ebenfalls entscheidend, um die Belastung auf den Fuß optimal zu verteilen und Beschwerden zu vermeiden.
Tipps gegen Fußschmerzen beim Rennradfahren
Rennrad Pedal-Cleats richtig einstellen
Wie stellt man Cleats für Rennrad-Pedale oder Gravel Bike-Pedale richtig ein?
Radprofis nutzen dazu auf jeden Fall Einstellhilfen, mit denen sich die Position der Pedalplatten millimetergenau auf Schuhe übertragen lässt, etwa wenn ein Sponsorenwechsel neue Schuhe mit sich bringt. Aber auch schrittweises Verbessern der Einstellung ist nur möglich, wenn die Ausgangsposition vorher genau dokumentiert ist. Für die exakte Cleat-Einstellung muss längst kein stationäres Mechanikerwerkzeug sein, wie von uns am Tour de France Teamtruck gesehen. Dass Tour- und Giro-Sieger Tadej Pogacar ein kompaktes Ergon Cleat-Tool einsetzt, war schon öffentlich zu sehen. Das Problem: Anders als Profis kennen viele Rennradfahrerinnen und Rennradfahrer ihre optimale Position für die Cleat-Einstellung noch nicht.
Das Ergon TP1 Cleat-Tool hilft Neulingen und Profis gleichermaßen, die Pedalplatten optimal einzustellen. „Das Tool enthält eine Bedienungsanleitung, in der Schritt für Schritt erklärt wird, wie man zur richtigen Einstellung kommt“, sagt Kim Tofaute. Und praktischerweise kann dieses, genauso wie das nötige Werkzeug auch im Inneren der Box aufbewahrt werden. Auch auf der Box selbst sind noch einmal die grundlegenden Einstellungen verewigt.
Das Pedalplatten-Tool besteht zum einen auf einer Aufnahme, die genau zu dem genutzten System passt. Im Road-Bereich gibt es vom Ergon TP1 passsende Modelle für Shimano SPD-SL, Look Keo, Wahoo/Speedplay und neuerdings auch Time. Im Gravel-Bereich sind mit Shimano SPD, Time und Crankbrothers ebenfalls alle gängigen Bindungen abgedeckt.
Zum anderen ermöglicht ein aufgedrucktes Linienraster die genaue, beliebig oft wiederholbare Ausrichtung des Schuhs. „Man sieht dann hier diese Schablone, dort kann man den Schuh einstecken und die entscheidenden Parameter steuern“, beschreibt Dr. Tofaute die Funktion. Was sind die Parameter?
- Position über der Pedalachse Der Fußballen sollte über der Pedalachse stehen, nennt Dr. Tofaute als gute Anfangsposition.
- Fußwinkel Wie steht der Fuß zur Radachse? Parallel oder ganz leicht mit der Ferse nach innen gedreht gilt hier als guter Startpunkt. Tipp: Einen kleinen Sprung im Stand machen und schauen, wie die Füße landen. Das auf den Pedalen nachzuempfinden, ist ein guter Anfang.
- Q-Faktor Der Abstand des Schuhs zu Radmitte. Kurbeln und Rahmen geben schon teils vor, wie weit die Füße beim Pedalieren auseinanderstehen. Aber auch an den Cleats lassen sich hier noch Feineinstellungen vornehmen. Meist ist ein Beginn in der Mitte des Spektrums sinnvoll.
Von hier aus kann man sich millimeterweise weiter an die optimale individuelle Position herantasten.
Besonders wichtig ist es, die Cleats individuell anzupassen. „Viele denken, dass die Cleats auf beiden Seiten genau identisch ausgerichtet sein müssen, um die Symmetrie zu wahren“, sagt Dr. Tofaute. „Doch wenn man zum Beispiel mal ein Bein gebrochen hat, kann es Sinn machen, die Seiten unterschiedlich einzustellen.“ In solchen Fällen empfiehlt er allerdings, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Cleateinstellung: Gravel- vs. Roadbike?
Gibt es Unterschiede bei der Cleateinstellung zwischen Gravel Bike und Straßenrennrad? „Oft ist es so, dass die Road-Fahrer die Platte ein wenig weiter vorne haben, während die Gravel-Fahrer sie lieber ein bisschen weiter hinten einstellen“, berichtet Kim Tofaute aus der Praxis. Es lohne sich aber auch hier, verschiedene Positionen auszuprobieren und zu schauen, welche am besten zu den eigenen Bedürfnissen passt.
Mehr Infos: Ergon TP1 Cleat Tool
Einlagen: Unterstützung für den Fuß
Wir erwähnten schon die großen und langanhaltenden Kräfte, die auf die Füße beim Rennradfahren wirken. Sie sollten möglichst frei von punktuellen Belastungen über die Sohle in die Pedale fließen. „Die Einlage, die meistens mit Radschuhen mitgeliefert wird, ist ganz platt, sodass der Fuß sehr viel punktuellen Druck besonders im Bereich des Vorderfußes ausgesetzt ist“, beschreibt Kim Tofaute ein Problem.
Um eine passende Radsporteinlage zu entwickeln, hat sich Ergon deshalb mit Solestar zusammengetan – das Kölner Unternehmen passt vielen Radprofis die Rennradschuh-Sohlen an. Die Ergon IP Solestar Einlage verringert die Rotation im Fußgelenk und soll so die Kraftübertragung in steiferen Sportschuhen optimieren, wie sie bei Road Bikes und auf Gravel zum Einsatz kommen.
„Unter dem Fuß besitzt sie eine große Kunstfaserplatte, die dafür sorgt, dass der Druck vom Pedal absorbiert wird. Gleichzeitig gibt es eine leichte Wölbung, die den Mittelfuß unterstützt und verhindert, dass das Knie nach innen knickt. Eine Kleinzehnerhöhung sorgt dafür, dass der Ballen – der ist ja wie bei der Hand dicker – auch vorne schön gerade aufsteht“, erklärt Dr. Tofaute die wirksamen Details des Fußbettes. Und: „Ihr werdet den Unterschied merken, ich selbst benutze das schon seit vielen Jahren, obwohl ich keine besonderen Fuß-Probleme habe. Ich will nicht mehr ohne die Sohlen fahren.“
Mehr Infos: Ergon IP Solestar Einlegesohle
Fazit
Fußschmerzen beim Rennradfahren können durch eine Kombination aus der richtigen Schuhwahl, optimalen Einlagen und einer präzisen Cleat-Einstellung vermieden werden. „Wenige Millimeter machen oft den Unterschied“, betont Dr. Tofaute. Wer diese Tipps beachtet, kann nicht nur Schmerzen vorbeugen, sondern auch seine Leistung auf dem Rad verbessern.
Habt ihr noch Tipps zur Vermeidung von Schmerzen an den Füßen beim Rennradfahren?
Mehr Tipps gegen Schmerzen aus dem Ergonomiespezial mit Ergon auf Rennrad-News
- Ergonomiespezial mit Ergon – Teil 3: Hilfe gegen Fußschmerzen auf dem Rennrad
- Ergonomiespezial mit Ergon – Teil 2: Tipps gegen Handschmerzen am Rennlenker
- Ergonomie Spezial mit Ergon – Teil 1: Tipps gegen Schmerzen auf dem Rennrad-Sattel
13 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumUnd passen mir sehr gut🤷♂️ … und ich habe keine sonderlich schmalen Füße.
Habe die beiliegenden hohen Unterstützer eingeklebt, Vorne laufen sie auch nicht spitz zu…
Ist halt individuell, siehe den Text.
Schade, dass der Sachverhalt der Fußgewölbeunterstützung/ausgeprägtes Fußbett nicht kritischer/differenzierter dargestellt wurde.
Im Gegensatz zu den 90ern, wo die Birkenstocknisierung aller Schuhe als Heilsbringer seine Verbreitung begann, wird heute sehr wohl von den Nachteilen einer zur Untertätigkeit eingebetteten Fußmuskulatur berichtet.
Nun ist klar, dass Schuhe immer technische Hilfsmittel darstellen, die manche Tätigkeit mit hoher Intensität/Belastung erst ermöglichen und so ist das Thema Ermüdungs- und Schmerzfreiheit sehr relevant, aber evtl. nicht nur mit der Stereotype - Einlegesohle Standard = schlecht, Sohle mit Fußbett = super.
Die Ergon-Einlegesohlen fahren ich schon seit Jahren. Sind nicht sehr teuer und daher durchaus ein Versuch wert.
Anders als bei Laufschuhen ist bei Fahrradschuhen und Skischuhen der Fuß nicht in Bewegung. Größtelteils geht es darum, mittels fester Sohle die Krafteinleitung zu unterstützen. Anders als bei Laufbewegungen, bei denen der Fuß "abrollt", bewirkt hier eine Unterstützung der Kraftaufnahme durch eine passende Sohle, daß der Fuß "korrekt" steht und nicht plattgetreten / punktuell überlastet wird. Maßgefertigte Sohlen sind toll, aber auch die Ergon bzw. Solestar - Sohlen sind schon sehr sehr gut. Die Carbon-Sohlen sind nochmal Klassen besser, weil wirklich steif. Habe die Dinger im Radschuh seit einem Jahr - nie wieder ohne! Noch krasser ist es beim Skischuh - fahre seit 40 Jahren Ski, seit ich eine maßgefertigte Sohle im Schuh habe weiß ich, daß ich zuvor noch nie passendes Schuhwerk hatte - so fühlt es sich an!"
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