Giant TCR Advanced 2021 Infos
- Neu entwickeltes Rahmen- und Gabelset aus Carbon
- Aerodynamik im Windkanal mit bewegtem Dummy optimiert
- Rund 140 g Gewichtsersparnis gegenüber Vorgänger
- Nochmals gesteigerte Rahmensteifigkeit
- Als Disc- und Felgenbremsmodell
- Unveränderte Geometrie
- Gewicht Rahmenset: ab 1266 g*
- Gewicht Advanced SL Disc: 6,6 kg (gewogen M/L)
- Reifenfreiheit: 32 mm (Disc) und 28 mm (Felgenbremse)
- Preis Komplettrad voraussichtlich ab 1.799 € bis 10.999 €
- Verfügbar ab 5. Mai 2020, Rahmenset später
- Infos: https://www.giant-bicycles.com/de
*Herstellerangabe Größe M, inkl. Sattelstütze, ungekürzte Gabel, Parts
Innovationen: aero mal anders
Einsatzbereich | Rennen |
---|---|
Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 6,6 kg |
Stack | 562 mm |
Website | www.giant-bicycles.com |
Zwei Wochen waren wir mit der neuen Generation des Competition-Rennrades von Giant in der Öffentlichkeit unterwegs – und niemand hat es gemerkt. Dermaßen ähnlich sieht das Giant TCR 2021 dem Giant TCR 2020. Dennoch stecken in dem neuen Rahmen- und Gabelset so viele Innovationen wie schon lange nicht mehr in einem TCR. Den größten Wert legt Giant auf die Aerodynamik, die auf reale Fahrbedingungen optimiert wurde. Mit pedalierendem Fahrer, drehenden Rädern und 2 Trinkflaschen im Rahmen maß man im Windkanal von GST in Immenstaad. Unter diesen Voraussetzungen will man in Sachen Aerodynamik Wettbewerber wie das Cervélo R5 oder Specialized S-Works Tarmac minimal unterbieten – das TCR war bisher alles andere als ein Aero-Rad.
-> Aktuelle Rennrad-Tests 2021 im Überblick
Gegenüber dem alten TCR soll das neue auf einer 40 km langen Fahrt mit konstanter Leistung von 200 Watt 34 Sekunden einsparen. Beeindruckend ist außerdem das reduzierte Gewicht: Rund 140 g will Giant am höherwertigen Rahmenset des Advanced SL Disc gespart haben. Das ist angesichts der Ausgereiztheit moderner Carbonrahmen aus der Großserie ein beachtlicher Sprung.
Laut Giant blieb bei der Entwicklung sprichwörtlich keine Faser und Form unangetastet. Neue Fertigungsmethoden – der Bereich, in dem die Taiwaner ihre Kernkompetenz ins Spiel bringen – kommen zum Einsatz. So legen etwa Roboter die Giant eigenen Carbonfasern an gewichtskritischen Stellen in die Form, man greift auf schlagfestere Nano-Tube-Kunstharze zurück und einiges mehr. Auch die neue sogenannte „ThinLine“-Lackierung soll 50 g einsparen. Trotz geringerem Gewicht wuchs die Verwindungssteifigkeit des ohnehin schon als fahrstabil geltenden TCR-Carbonrahmens nochmals. Giant ermittelte auf Basis des Tour-Messprotokolls einen Wert von 149,8 N/mm in der Summe aus Tretlager- und Lenkkopfsteifigkeit für den Rahmen.
Aerodynamik
In der Aerodynamik des neuen Giant TCR 2021 liegt laut Giant der größte Entwicklungssprung. Das überrascht umso mehr als das TCR 2021 bei oberflächlicher Betrachtung kaum von der vorhergehenden Generation unterscheidet. Bei genauerem Hinsehen erkennt man allerdings, dass alle Profile in Fahrtrichtung elliptisch sind und an der Fahrwind abgewandten Seite abgeflacht. Doch es verstecken sich noch mehr Aero-Neuerungen in der weitgehend gewohnten Form. Hinterbau und Gabel sind symmetrisch, wo sonst Asymmetrie wegen der Disc-Bremse herrscht. An der Gabelkrone wird der Luftstrom besser geführt und es gibt mehr Luft zum Reifen. Und sogar der Lenker ist, obwohl er nur gering abgeflacht wurde, ein Produkt aus dem Windkanal.
Leitgedanke bei der Entwicklung war eine praxisnahe Aerodynamik. Das erkennt man schon am Verzicht auf die Innenverlegung der Züge am Cockpit. Giant sagt, man reagiere damit auch auf den Wunsch der Händler und Kunden. Die Praxisnähe spiegelt sich aber auch im Testprotokoll der Taiwaner: Die Effektivität der Maßnahmen hat Giant mit eigenen Messungen im deutschen Windkanal von GST in Immenstaad überprüft. Zum Einsatz kam ein bekleideter Fahrer-Dummy, die Räder drehten sich und im Rahmen waren zwei 0,75-Liter-Trinkflaschen montiert. Bei 40 km/h ermittelte man so einen gemittelten Kraftaufwand von 247,5 Watt für das Giant TCR Advanced SL Disc mit Dummy, das auch wir getestet haben. Damit liegt Giant nach eigenen Messungen 0,5 Watt unter dem Specialized S-Works Tarmac und 0,4 Watt unter dem Cervélo R5 Disc.
Interessant:Bei den Versuchen hat Giant herausgefunden, dass sich Scheibenbremsen besser für die Windkanal-Optimierung eignen als Felgenbremsen – unabhängig davon, ob die Felgenbremse vor oder hinter der Gabel angebracht ist. Man begründet das mit dem Luftfluss um die Gabelkrone, der sich mit der Disc besser optimieren ließe.
Gewicht
An der Gewichtsschraube hat Giant für das neue TCR noch einmal kräftig gedreht. Im Vergleich zum bisherigen TCR Advanced SL Disc-Rahmenset soll die neue Version durch die erwähnte neue Fertigungstechnik 140 Gramm einsparen. Interessant ist, dass die Taiwaner mit dem reinen Rahmengewicht von 765 g nicht groß hausieren gehen. Rahmen und Gabel (330 g) alleine überschreiten die magische Kilo-Grenze nur knapp um 90 g. Wo die Gramm im Vergleich zum Vorgänger purzelten, ist in der Tabelle dargestellt: Vor allem der neue Lack mit minus 50 g und der Rahmen mit minus 53 g trugen dazu bei.
Komponente/ Gewicht (g) | TCR Advanced Sl Disc 2020 | TCR Advanced Sl Disc 2021 | Unterschied (g) |
---|---|---|---|
Rahmen | 818 | 765 | -53 |
Gabel | 331 | 330 | -1 |
Gabelkonus | 7,19 | 3,64 | -3,55 |
Spacer | 14,37 | 19,59 | +5,22 |
Sattel-Klemmung | 118 | 103,9 | -14,1 |
Rahmenlackierung | 100 | 50 | -50 |
Gabellackierung | 25 | 10 | -15 |
GESAMT | -140,43 |
Alle Angaben beziehen sich auf das Giant TCR Advanced SL 2021 mit integriertem Sitzdom, das auch wir getestet haben. An der Redaktionswaage pendelte sich das Rad bei 6,6 kg ein. Es unterschreitet damit das UCI-Gewichtslimit um 200 g, was nur wenigen aktuellen Disc-Rennrädern im Serien-Trimm gelingt. Einen nicht unerheblichen Anteil daran haben auch die neuen Cadex 42 Carbon-Laufräder, die mit 1.265 g Gewicht (Laufradsatz) zu den leichtesten 42 mm-Carbonlaufrädern auf dem Markt gehören.
Komponenten: vom Carbon-Knowhow profitiert
Giant führt mit seinem neuen Flaggschiff der Competition-Rennräder auch viele markante Verbesserungen an den hauseigenen Komponenten ein. Es ist kein Geheimnis, dass das Carbon-Fertigungs-Knowhow von Giant auch Rennradherstellern mit anderen großen Namen zugute kommt. Und für 2021 ließ Giant das Knowhow auch in neue Laufradsätze fließen.
Giant SLR-Laufradsätze
Die Wiederauferstehung des Namens Cadex für Top Carbon-Komponenten war nur der erste Schritt. Jetzt kommt Giant bei den günstigeren SLR-Laufradsätzen zusätzlich mit einer ganze Reihe Verbesserungen. Gute Nachricht für Traditionalisten: Auch bei den Felgenbrems-Laufrädern geht die Innovation weiter. Ein Beispiel: Der neue SLR 1-Carbonlaufradsatz wiegt fast 200 g weniger als der Vorgänger: Mit 1404 g* in der Felgenbrems-Variante und 1452 g in der Disc-Variante unterbietet er auch viele vergleichbare Modelle. Außerdem macht Giant den Schritt zu breiteren Felgen und zum Hookless-Rim-Design. Die Taiwaner versprechen dabei einfache Montage und hohe Sicherheit auf Dauer, weil sie die die passenden Reifen dazu gleich mitentwickelt haben. Bei den Giant Tubeless-Reifen soll ein Wulstkern mit Carbonfaser-Anteil die Ausdehnung mit der Zeit verhindern. Auch die Naben ließ Giant nicht unangetastet: Man nutzt das ausgelaufene Stirnzahn Freilauf-Patent von DT Swiss für eine eigene Konstruktion. Sie soll durch eine besondere Beschichtung sogar haltbarer sein als das Original.
Die Naben drehen sich auch im Cadex 42 Carbon-Laufradsatz des Testrades – zumindest der lautere Sound erinnerte bei den Testfahrten an die Produkte aus der Schweiz. Mehr zu den Laufrädern unten.
Ausstattung: Konzentration auf den Rahmen
Bei derart gesteigertem Entwicklungsaufwand ist das Highlight der Ausstattung natürlich der Rahmen. Fast schon obligatorisch ist bei Giant die Aufteilung der Modellpalette in zwei Carbon-Qualitäten: Advanced SL und Advanced.
Giant TCR 2021 Advanced SL
Am oberen Ende rangiert Advanced SL. Es steht für die Speerspitze des technisch Machbaren, alle Aussagen über Gewichtsreduktion unter „Innovationen“ beziehen sich auf dieses Rahmenset, mit dem Giant den Maßstab im Verhältnis von Steifigkeit neu setzen will. Advanced SL-Niveau gibt es am TCR 2021 nur zusammen mit der integrierten Sattelstütze (Integrated Seat Post). Sie sieht am 2021er Modell anders aus als bisher und führt die Form des Sitzrohrs fort – die an Tragflügel erinnernden Designs der Vergangenheit sind passé. Auch das von uns getestete Modell mit SRAM Red eTap AXS gehört in die Riege der exklusiven Advanced SL-Modelle, der Preis stand bei Artikelerstellung noch nicht fest.
Giant TCR 2021 Advanced
Alle anderen Giant TCR-Modelle kommen in Advanced Carbon-Qualität und – was für viele noch entscheidender sein dürfte – ohne integrierte Sattelstütze. Gleichwohl setzt Giant, wie es inzwischen üblich ist, auf eine eigene Form der Carbonstütze speziell für das TCR. Der Advanced-Rahmen entsteht in einer weniger aufwendigen Produktionsmethode: ohne Laserzuschnitt, ohne Legen der Fasern durch Roboter und mit anderen Harzen. Aber auch hier kommt eine neue Produktionsmethode zum Einsatz, bei der das gesamte vordere Rahmendreieck aus einem Teil gefertigt wird. So soll auch der TCR Advanced-Rahmen um rund 100 g leichter geworden sein und verspricht die gleichen aerodynamischen Verbesserungen, wohlgemerkt unter der Bedingung, dass aerodynamisch ähnlich gute Laufräder an Bord sind wie beim Giant Windkanal-Test.
Das TCR Advanced kommt ebenfalls sowohl mit Disc als auch mit Felgenbremse. Es bedient das Mittelklasse- und obere Mittelklasse-Segment, letzteres ist erkennbar am Kürzel „Pro“. Die Pro-Modelle profitieren von den den neuen Giant SLR-1 Carbon-Laufrädern mit 42 mm Felgenhöhe. Pro-Modelle kommen außerdem mit Giants Power Pro Powermeter. Das Giant System Power Pro sitzt an der Kurbel, beruht auf einem eigenen Algorithmus und misst beidseitig. Darunter gibt es noch das Advanced-Niveau, in dem auch das Einstiegsmodell beheimatet ist und das voraussichtlich ab 1799 Euro zu haben sein wird – für ein Paket mit einem Racebike-Rahmen wie dem des TCR Advanced kein hoher Preis.
Giant hat außerdem die Philosophie der eigenen Komponenten konsequent umgesetzt. Außer den Schalt- und Antriebsteilen gibt es kein Teil, das nicht aus dem hauseigenen Programm stammt. Das bedeutet teilweise einen Vorteil statt Nachteile: So gibt es durchgängig die bekannt gut dämpfende Giant Carbon-Sattelstütze und auch die günstigste Variante kommt mit Tubeless-Faltreifen aus dem Giant-Programm.
Apropos Reifen: Alle Modelle rollen auf 25 mm breiten Tubeless-Reifen. Platz für 32 mm breite Pneus gibt es bei den Disc-Modellen, was einen erheblichen Sprung gegenüber dem Vorgänger bedeutet. Giant setzt außerdem seine Tubeless-Offensive konsequent fort und liefert alle Bikes tubeless aus. Am mit Dichtmilch ausgerüsteten Testrad hielten die Reifen die Luft gut. In 24 Stunden verloren sie im Schnitt 0,25 bar, ausgehend von 5,5 bar.
Testrad-Ausstattung
Vorab in die Redaktion kam das Giant TCR Advanced SL Disc mit SRAM Red eTap AXS 2×12-Gruppe und dem erwähnten ISP-Sitzdom. So viel Carbon in einem so leichten Paket ab Werk gibt es selten: Bei 6,6 kg blieben die Ziffern der Waage für unser Testrad in M/L stehen. Vorbau, Lenker, Sattelstütze, Sattelklemmung, ja sogar die Aero-Speichen der Cadex 42-Laufräder sind aus Kohlefaser-Verbund – und natürlich die SRAM Red eTap AXS-Parts wie Kurbel und Schalthebel. Das Rahmenset ist im puristischem Stealth-Look ein Blicke-Magnet. Bei näherem Hinsehen erscheint die Carbonstruktur wie Schichten im Eis durch den dünnen Lack. Auch die Farbe des grazilen Schriftzugs wechselt je nach Blickwinkel.
Obwohl nicht alle Leitungen komplett verschwinden, wirkt das TCR Advanced SL-Rahmenset aufgeräumt. Gefällig und fließend sind alle Übergänge, besonders am Steuerrohr, wo jetzt neue elliptische Spacer den Vorbau über dem Gabelschaft positionieren. Letzterer ist übrigens bei Giant mit 1 1/4-Zoll oben etwas größer als üblich, was seinen Teil zur äußerst präzisen Lenkung beitragen dürfte. Bei den Steckachsen und Bremsaufnahmen folgt Giant den aktuell üblichen beinahe Standards: Flat-Mount und 100/142 mm.
Offene Ausgänge für die Shimano Di2 sind schön abgedeckt. Führungen für mechanische Züge besitzt das Advanced SL Disc nicht. Das boxartige Tretlager ist in PressFit-Bauart ausgeführt, die bei Giant nach eigenen Aussagen seit Jahren problemlos in Betrieb und Wartung ist.
Am Cockpit fällt – neben dem griffigen Lenkerband – der feine Übergang zu den DoubleTap-Schalthebeln auf. Der Contact SLR-Carbonlenker liegt in allen Positionen gut in der Hand, am Oberlenker sogar besser, als es die nur leicht abgeflachte Form vermuten lässt. Neu ist auch der Sattel: Fleet nennt Giant sein erstes Modell mit kurzer, etwas breiterer Sattelnase für mehr komfortable Sitzpositionen. Dank Carbon-Untergestell soll er nur 180 g auf die Waage bringen.
Ein echter Wettbewerbsvorteil ist der Cadex 42 Carbon-Aerolaufradsatz, der einzig und allein dem Top-Modell der Advanced SL-Baureihe vorbehalten ist. Mit seinen 1265 g Leichtgewicht prägt er das Fahrverhalten nachhaltig (eine übrigens ebenfalls verfügbare Schlauchreifen-Variante soll laut Giant sogar nur 1163 g wiegen). Die leichten Aero-Räder sind vollgestopft mit Neuheiten: Giant steigt um auf ein Felgenprofil ohne Felgenhorn und hat die eigenen Reifen so optimiert, dass sie weniger anfällig für das Weiten des Felgenkerns sein sollen. Innen rotieren neue Naben mit Stirnzahn-Freilauf. Und die Speichen (v. 21 / h. 25) mit starkem Aero-Profil sind aus Carbon gefertigt. Sie lassen sich aber dennoch über Nippel konventionell spannen. In der Praxis zeigten sich die Räder sowohl ausgesprochen seitensteif als auch wenig windanfällig. Mit 19 mm Innenweite sind sie aerodynamisch allerdings eher für 25 mm breite Reifen optimiert und nutzen das Potential des Rahmens für breite Reifen nicht ganz aus.
Am Testrad sind zudem die neuen Cadex Race Tubeless-Reifen in 25 mm aufgezogen. Sie werden laut Giant auch von einigen Profis des gesponserten Teams CCC gefahren und sollen mit einer einlagigen Karkasse Unebenheiten der Straße noch besser absorbieren und leicht rollen. Giant gibt ihr Gewicht in Größe 25-622 mit 270 g an – keine ausgesprochenen Leichtgewichte also, aber sie hielten die Luft im Test sehr gut. Auf den Cadex-Felgen bauen sie 26 mm breit. Damit maßen wir einen Freiraum von 6,5 mm zu beiden Seiten der Kettenstrebe. Wer 32 mm breite Reifen aufziehen will, sollte also je nach Reifenmodell den Luftspalt im Auge behalten. An der Gabel dagegen ist der Bauraum generös.
Geometrie: ready to race
Rahmengröße | XS | S | M | M/L | L | XL |
---|---|---|---|---|---|---|
Sitzrohrlänge mm | 680 / 425 | 710 / 445 | 740 / 470 | 770 / 500 | 800 / 525 | 830 / 550 |
Oberrohr horizontal mm | 520 | 535 | 550 | 565 | 580 | 600 |
Steuerrohr mm | 120 | 130 | 145 | 165 | 185 | 200 |
Lenkwinkel Grad | 71,00 | 72,25 | 73,0 | 73,0 | 73,0 | 73,0 |
Sitzwinkel Grad | 74,5 | 74 | 73,5 | 73,0 | 73,0 | 72,5 |
Kettenstrebe mm | 405 | 405 | 405 | 405 | 405 | 405 |
Tretlagerabsenkung mm | 72 | 69,5 | 69,5 | 67 | 67 | 67 |
Radstand mm | 976 | 977 | 980 | 991 | 1006 | 1020 |
Gabelvorbiegung mm | 45 | 45 | 45 | 45 | 45 | 45 |
Stack mm | 517 | 528 | 545 | 562 | 581 | 596 |
Reach mm | 376 | 383 | 388 | 393 | 402 | 412 |
STR | 1,38 | 1,38 | 1,41 | 1,43 | 1,45 | 1,45 |
Warum etwas Neues machen, wenn das Gute liegt so nah? Den Grundsatz haben die Taiwaner bei der Geometrie des Giant TCR 2021 befolgt. Das wird viele Fans des Rades freuen – und man fährt nach unseren Fahreindrücken sehr gut damit. Schön auch, dass Disc- und Felgenbremsmodell die gleiche Geometrie besitzen. So kann man sich zwischen Bremsarten entscheiden und muss sonst nichts überdenken.
=> Hier findet ihr unseren letzten Test des Giant TCR Advanced mit Geometrie-Einordnung
Die größten Änderungen bei der Geometrie: Der Radstand wuchs, wohl auch als Tribut an die neue zulässige Reifengröße, um geringe 4 bis 5 mm quer über alle Größen. Zudem bekamen die kleinen Rahmenhöhen etwas mehr Reach, wodurch kleine Fahrer nun noch einen Tick sportlicher sitzen dürften. Ansonsten gibt es nur minimale Anpassungen. In Größe M/L und XL wurde das Oberrohr 5 mm kürzer. Die Steuerrohrlänge reduzierte sich überall um 3 mm.
Die Geometrie des Giant TCR-Rahmens liegt damit über alle Größen hinweg – wie gehabt – klar auf der wettbewerbsorientierten Seite. Steile Winkel bei Sitz- und Steuerrohr stehen dafür ebenso wie der recht kurze Radstand mit immer noch kurzen Kettenstreben. Noch klarer macht das Einsatzprofil der STR-Wert. Er rangiert zwischen sehr sportlichen 1,38 und immer noch ziemlich gestreckten 1,44 je nach Rahmenhöhe.
Giant wählt zudem traditionelle Vorbaulängen. Man folgt nicht dem Trend zu etwas verkürzten Vorbauten, der vom Gravelbike auch in den Rennrad-Bereich durchsickert. Bei den Lenkerbreiten liegen die Taiwaner auf der normalen bis schmalen Seite: 420 mm in Größe M/L; die leichte Innenbiegung im Unterlenker schlägt dem Wind noch ein letztes Schnippchen.
Auf dem Kurs: stark beschleunigt
Es gibt steife Rennräder, es gibt sehr steife Rennräder und es gibt Rennräder wie das Giant TCR. Wie das TCR Jahrgang 2021 am „Kurbelgas“ hängt, verschiebt die Maßstäbe. Gut, es spielen an dem gefahrenen Top-Modell viele Faktoren zusammen: Die Sub-1300-Gramm-Laufräder allein können das Beschleunigungserlebnis an jedem Rennrad schon stark beflügeln. Aber im Zusammenspiel mit dem superleichten Rahmen- und Gabelset, das wirklich kein Quentchen Kraft irgendwo liegen lässt, ergibt sich ein Gefühl, das man am liebsten immer haben möchte. Keine Frage, diese Leichtigkeit von 6,6 kg ist so spürbar, dass es schwer fällt, wieder etwas Schwereres zu fahren. Jedenfalls, wenn man einfach nur richtig schnell fahren will, egal, in welcher Situation.
Ein Gefühl, das man am liebsten immer haben möchte.
Unweigerlich drängt sich die Frage auf, was eigentlich mehr Spaß macht? Mit konstanter Kraft einen Aero-Boliden durch die Gegend zu hämmern oder sich immer wieder dieses Beschleunigungserlebnis zu verschaffen? Meine Antwort nach den Testfahrten wäre Letzteres. Dass das Giant TCR 2021 dabei auch noch aero wirkt – fast geschenkt.
Doch von vorne: Wer das Bein über den integrierten Sitzdom schwingt, landet erstmal auf einem recht unnachgiebigen neuen Sattel: straffes Polster, wenig flexible Carbonstreben, der Schalensitz für Rennradfahrer sozusagen. Der erste Eindruck täuscht manchmal, doch auch nach ein paar hundert Kilometern war für mich der Giant-Sattel klar in der Kategorie „mit dickerem Bib-Polster perfekt kombiniert“ zuhause.
Dann rollt man los und der Freilauf der Nabe knattert sonor vor sich hin. Dann kommt das beschriebene Antritts-Aha-Erlebnis. Dann klettert die Watt-Anzeige, die das zugehörige Quarq-Powermeter an das Gerät am Halter liefert, die Gänge rauschen maschinenartig präzise durch, wie von einer elektronischen Schaltgruppe erwartbar, und das Tempo steigt. Die Hände wandern an den wahrhaft tief liegenden Unterlenker, der auch keine „Komfortposition“ am weiter zum Fahrer reichenden Lenkerende hat. Und man ertappt sich dabei, wie man am liebsten gleich Durchsprinten will, statt sich tempomäßig irgendwo leicht oberhalb des Komfortbereichs einzupendeln.
Gleiches Spiel am Berg: Ja, das Giant TCR hat einen Komfortgang für Flüssiges, aber kraftvolles Pedalieren an den meisten Mittelgebirgs-Steigungen (für einen Bergmarathon ist die kleinste Übersetzung mit 35-28 deutlich zu dick). Aber es reizt doch immer wieder, nochmal das kleinere Ritzel zu ketten, aus dem Sattel zu gehen und sich ein paar Tritte erlebte Leichtigkeit im Wiegetritt zu gönnen.
In der Abfahrt liegt Giants Pro-Rennmaschine wie ein Brett. Weil die klassische Geometrie es so willig jedem Lenkbefehl folgen lässt und die höchst seitensteife Lenkzentrale so präzise Rückmeldung gibt, lädt es ein zur Kurvenhatz in engen und weiten Kehren. Wenn stark und dosiert angebremst werden muss, zeigen die SRAM Red AXS-Hydraulikbremsen eine hervorragende Leistung. Auch die kleine 140-mm-Scheibe hinten war mit System-Gewichten um 85 bis 90 kg im Mittelgebirge nicht an ihre Grenzen zu bringen. Dennoch würde für große Fahrer ein Umrüsten auf eine 160-mm-Scheibe gleich beim Kauf die Reserven erhöhen – ohne anderweitige Nachteile. Gegenüber vorübergehendem Verziehen durch Bremshitze zeigten sich die SRAM-Bremsscheiben unempfindlicher als einige Modelle von Shimano.
Etwas Selbstvertrauen in die eigenen Steuerkünste fordert das Giant TCR in der Variante mit den Aero-Laufrädern in schnellen Abfahrten bei stärkerem Wind. Obwohl die Cadex 42-Laufräder gefühlt zu den weniger seitenwind-anfälligen Modellen gehören, wirkt sich die Höhe der Felge natürlich aus. Im Zusammenspiel mit der agilen Geometrie erfordert das eine höhere Konzentration, als sie Räder mit längerem Radstand und gezielt beruhigter Lenkung verlangen.
Lange schnell zu fahren macht mit dem TCR 2021 Freude.
Das konstante Schnellfahren will das Giant TCR Advanced 2021 mit seiner neu gewonnenen Aerodynamik natürlich ebenfalls nochmals erleichtern. Ohne Messfahrten, die wir bisher nicht durchführen konnten, lassen sich Giants Werte letztlich nicht bestätigen oder widerlegen. Subjektive Vergleiche zu Mitbewerbern machen aufgrund der schon zahlenmäßig geringen Unterschiede keinen Sinn. Was sich aber sagen lässt: Das Paket aus stark geneigter Sitzposition, den Cadex Aero-Laufrädern und den leicht rollenden Cadex Race Tubeless-Reifen führt dazu, dass sich das TCR Jahrgang 2021 gefühlt kaum hinter einem ausgewiesenen Aero-Allrounder verstecken muss. Lange schnell zu fahren macht mit dem TCR 2021 Freude. Punkt. Auch die kleinen Gangsprünge der Red eTap AXS 12-fach-Kassette tragen dazu sicher bei. Welchen Anteil die neue Rahmenform daran hat, bleibt offen.
Nicht offen bleibt hingegen die Komfortfrage. Bei groben Stößen scheint der ISP-Sitzdom zwar effektiv die Härte zu nehmen, aber von den Leistungen vieler typischer Endurance-Rennräder – auch von Giant – ist das TCR in der Advanced SL-Version noch recht weit entfernt. Gut, dass im Modelljahr 2021 auch 32-mm-Reifen passen. Nutzt man außerdem den Spielraum für geringeren Druck des Tubeless-Systems, lässt sich das TCR dann auch komfortabel ohne Leistungseinbußen fahren. Wir konnten den Druck der 25-mm-Reifen problemlos auf 5,5 bar absenken und damit sowohl den Komfort als auch das schon gute Gefühl von Griffigkeit der Reifen in Kurven nochmal steigern. Dass die Teamfahrer wie Greg van Avermaet für die Klassiker dennoch auf ein Giant Defy umsteigen, ist kein Geheimnis.
Das ist uns aufgefallen
- Fahrdynamik & Fahrsicherheit Eine betörende Kombination am Giant TCR Advanced SL 2021
- Cadex-Komponenten Dynamische Leichtbau-Laufräder und schnelle Reifen
- Glanzlicht Carbon Carbon-Rahmenset und -Komponenten wirken top verarbeitet
- Übersetzung im Speed-Trimm Geringe Gangsprünge und hohe Entfaltung
- Mäßiger Komfort am Sattel ISP-Sitzdom dämpft kaum
- Felgenbreite Für 32-mm-Reifen nach heutigen Aero-Maßstäben zu schmal
Fazit
Dem Giant TCR Advanced SL Disc 2021 ist ein Podiumsplatz unter den besten Disc-Rennrädern gewiss. Das Gewicht unter UCI-Limit und das begeisternde Handling sind eine einnehmende Kombination. Ungekannte Leichtigkeit der Beschleunigung trifft auf messerscharfes Handling und eine Geometrie, die wie geschaffen zum Kurvenjagen ist. Soweit so TCR. Dazu kommt das gute Gefühl, nicht unnötig Kraft wegen offenkundiger Aero-Nachteile zu verlieren sowie ein Design und eine Verarbeitung, die auch dem zweiten und dritten Blick standhalten. Auch die großen Sprünge bei Komponenten wie Laufrädern und Reifen tragen viel zur Faszination bei. Aus der Packung ein Rad für Rennen und Bergmarathons – letzteres vielleicht mit anderer Übersetzung. Für die ganz lange Strecke wäre ein Hauch mehr Komfort ein Wunsch.
Pro / Contra
Stärken
- Für ein Disc-Rennrad super leicht
- Atemberaubende Fahrdynamik
- Höchste Lenkpräzision
- Aerodynamisch verbessert, aber servicefreundlich
- Herausragender Aero-Laufradsatz
- Durchdachtes Tubeless-System
- Race-ready
- Hervorragend verarbeitet
Schwächen
- ISP-Sitzdom erschwert Transport im Koffer oder Kofferraum
- Eher geringe Stoßdämpfung am Sattel
- Plus/Minus: Übersetzung fürs Mittelgebirge
Testablauf
Das Testrad wurde uns vom Hersteller für einen begrenzten Zeitraum vor der offiziellen Vorstellung zur Verfügung gestellt. Das Testrad wurde vom Hersteller endmontiert und in der empfohlenen Größe bereitgestellt. Für den Test wurde das Rad, teilweise auch seine Komponenten, gewogen, die Sitzposition wurde bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den oberen sowie den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Hier haben wir getestet:
- Bergisches Land: Circa 550 km bei trockener Straße in typischem Mittelgebirge, auf glattem Asphalt, auf Kopfsteinpflaster und schlechten Wirtschaftswegen, mit Abfahrten bis 75 km/h und an Steigungen bis 18 %.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
Noch mehr Rennrad-Tests auf Rennrad-News auf Rennrad-News:
12 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDa ich mich schon vor 20 Jahren an die Slop-Rahmen im MTB-Bereich gewöhnen konnte, ist mir das von Dir erwähnte starke Sloping erst im Nachhinein aufgefallen.
EinÜbergang von Oberrohr zu Sitzstreben ist mir einfach wichtig, weil er meinen Gestaltserfahrungen entspricht.
Trotzdem ist mir klar, dass die Strebenkonstruktionen der Hersteller zuweilen durchaus Sinn machen.
Das Rad ist sehr fein.?
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