Steckbrief Giant TCR Advanced Disc 1
Einsatzbereich | Tour, Rennen |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Aluminium, Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,6 kg |
Stack | 562 mm |
Website | www.giant-bicycles.com |
Das Giant TCR war das Modell, mit dem sich der weltgrößte Fahrradproduzent in Europa als Rennradhersteller einen Namen machte. Es führte in den Händen von Joseba Beloki die Compact-Road-Geometrie international ein. Seine Form bewegte damals ähnlich die Gemüter wie heute die Scheibenbremsen am Rennrad oder der Lenker des Canyon Grail. Auch die Carbonfertigung führte Giant als einer der ersten Hersteller ein, und es ist kein Geheimnis, dass in der Giant-Produktionssttätte in Taiwan auch hochwertige Rahmen für andere Marken entstehen. Das aktuelle Giant TCR gibt es auch als Disc-Rennrad. Der Zusatz „Advanced“ bei unserem Testrad bezieht sich auf die Bauart und Qualität des Carbonrahmens. Nur „Advanced“ steht bei Giant für die Einstiegsqualität. Dass damit auch schon leichte Rennräder zu bauen sind, zeigt das Gewicht des Testrades. Mit 8,6 kg ist es für ein Disc-Roadbike und die Preisklasse niedrig, aber nicht rekordverdächtig. Etwas über dem Üblichen in der Klasse liegt das Ausstattungsniveau. Mit Shimano Ultegra-Komponenten bei der Schaltung und vor allem einer Ultegra-Kurbel. Wir waren gespannt, ob sich Giants Erfahrung mit Carbonrahmen und die leicht bessere Ausstattung auch in der Fahrpraxis niederschlägt.
Gibt es eine Alternative ohne Disc? Ja. Das Giant TCR Advanced gibt es in vielen felgengebremsten Varianten mit ansonsten identischem Rahmen. Interessanteste Alternative ist aus unserer Sicht das TCR Advanced 1 Ltd, das mit kompletter Ultegra R8000 Gruppe 1.999 Euro kostet.
Ausstattung: Klassenprimus?
Etwas ist beim Giant TCR Advanced Disc 1 auf den ersten Blick anders als bei den anderen Roadbikes mit Disc der Preisklasse im Vergleich. Es hat etwas mit der Farbe zu tun, aber es ist nicht die Farbe selbst. Die ist natürlich nicht zu übersehen – Geschmackssache. Im Test stellte sich etwas wie ein Liebgewinnungseffekt zum dem Neon-Orange ein. Auch fühlt es sich irgendwie doch gut an, dass Autofahrer von der Seite und von vorne sofort Krankenwagen-Orange sehen. Da kann man selbst getrost zu gedeckterer Kleidung greifen (die Kombi mit anderen Neonfarben ist „verboten“).
Besonders ist, dass Giant das Farbspiel bis zur Satteldecke und zu den Felgenflanken durchhalten kann. Außer den Shimano-Komponenten sind nur Giant-Teile am Rad. Das sieht im Fall der Semi-Aero-Laufräder mit hohen Alu-Flanken schlüssig aus. An anderer Stelle, bei dem dünnen und dadurch etwas unbequemen Lenker, führt es zu Abstrichen. Auch auf die halbrunde Giant Variant Sattelstütze ist man durch die Bauweise festgelegt. Deren Integration und Klemmung in den Rahmen ist technisch sehr gut gelöst und handwerklich sauber ausgeführt. So genügen geringere als die zugelassenen Drehmomente am Testrad zur Fixierung.
Daten Giant TCR SL | ||||||
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Rahmen | Advanced Carbon, 2x Flaschenhalter 142mm Steckachse | |||||
Gabel | Advanced Carbon - Alu-Schaft 1 1/8 zu 1 1/4 Zoll A-Head | |||||
Gewicht | 8,60 kg (gewogen ohne Pedale), M/L | |||||
Entfaltung | 2,56 - 9,59 m pro Kurbelumdrehung | |||||
Zulässiges Gesamtgewicht (Rad & Fahrer) | 126,5 kg | |||||
Schalthebel | Shimano RS-505 2x11 Schaltbremshebel | |||||
Umwerfer / Schaltwerk | Ultegra R8000 / Ultegra R8000 Shadow (langer Käfig) | |||||
Kurbel / Zähne | Ultegra R8000, 172,5 mm / 50-34 T | |||||
Ritzel / Zähne | Shimano 105 CS-5800 / 11-28 T | |||||
Innenlager | PF86 / Hollowtech II | |||||
Kette | KMC-X11EL-1 | |||||
Bremsen | Shimano RS505 | |||||
Laufradsatz | Giant PR2 Disc Laufradsatz, 17-622, 28 Speichen vorne und hinten | |||||
Reifen / Größe | Giant Gavia AC1, 25-622, Tubeless | |||||
Lenker | Connect, Alu, oben 410 / unten 420 mm | |||||
Vorbau | Connect, Alu, 115 mm | |||||
Sattel | Giant Contact Forward | |||||
Sattelstütze | Giant Variant Carbon / Segmentklemmung | |||||
Besonderheiten | Vorbereitet für RideSende Sensor in Kettenstrebe, innenliegende Züge, Aero-Sattelstütze |
Insgesamt hinterlässt die Verarbeitung des Carbonrahmens einen ausgezeichneten Eindruck. Er ist mit Steckachsen (hinten: 142mm) und Flat-Mount-Standard zeitgemäß ausgestattet, der Lack schimmert matt, lässt hier und da eine unidirektionale Lage Carbon durchscheinen. Alle Züge und Leitungen verlaufen im Rahmen. Auf dem Sitzrohr prangt das UCI-Logo, der Rahmen ist für Rennen auf internationalem Niveau zugelassen. Nicht sehr üppig erscheinen die Durchläufe an Rahmen und Gabel. Mit dem 25 mm-Reifen sind gerade noch 6 bis 8 mm Luft zu beiden Seiten. Das ist im Zweifel eher zu wenig, um mal einen breiteren 28mm-Pneu nachzurüsten.
Apropos Reifen: Giant lässt das TCR Advanced Disc direkt mit Tubeless-Setup zum Kunden rollen. Die Giant-Laufräder sind dafür ausgelegt und mit einer Maulweite von 17 mm auch in der Breite passend für die gewählte Reifenbreite. So bauen die Gavia-Reifen in der Praxis 26 mm breit. Vorteil der Tubeless-Technik: Mit ihr lassen sich niedrigere Drücke fahren, ohne die Durchschlaggefahr zu erhöhen.
Die Brems- und Schalthebeltechnik des Giant TCR Advanced Disc entspricht dem Preisniveau. Die gruppenlosen Shimano RS-505 Hebel und hydraulischen Bremszangen scheinen hier gesetzt. Giant montiert eigene Bremsscheiben in 160 mm vorne wie hinten, die in der Praxis keinen fühlbaren Unterschied zu den ebenfalls oft genutzten günstigen Shimano-Modellen machten. Allenfalls lässt sich hier mit Ice-Tech-Scheiben, die nominell zu den montierten Belägen passen würden, noch etwas Gewicht herauskitzeln.
Eine Klasse höher als bei den 2.199-Euro-Disc-Roadbikes mit Carbonrahmen üblich rangieren die 2×11 Gang Ultegra Antriebs- und Schaltkomponenten am Giant TCX. Vor allem die Kurbel, die eines der teureren Teile am Rennrad ist, macht einen Unterschied. Das Giant TCX hat die Ultegra-Kurbel in der Compact-Version mit 50-34 Zähnen. In Kombination mit der 105er-Kassette mit 11-28 Zähnen ist das immer noch eine vergleichsweise sportliche Übersetzung ohne echten Berggang für alpine Anstiege.
Geometrie: stark am Rennfahren orientiert
Da das TCR Advanced das Modell der Profiteams ist, läuft es bei Giant in der Kategorie „Race“. Und das ist kein leeres Versprechen. Die Eckdaten des Rahmens sind über die verschiedenen Größen hinweg klar auf der wettbewerbsorientierten Seite angesiedelt. Steile Winkel bei Sitz- und Steuerrohr stehen dafür ebenso wie der recht kurze Radstand mit kurzen Kettenstreben, der allerdings auch den Platz für breite Reifen begrenzt. Noch klarer macht das Einsatzprofil der STR-Wert. Er rangiert zwischen sehr sportlichen 1,4 und immer noch ziemlich gestreckten 1,44 je nach Rahmenhöhe.
Rahmengröße | S | M | M/L | L | XL |
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Sitzrohrlänge mm | 445 | 470 | 500 | 525 | 550 |
Oberrohr horizontal mm | 535 | 550 | 570 | 580 | 605 |
Steuerrohr mm | 133 | 148 | 168 | 188 | 203 |
Lenkwinkel Grad | 72,5 | 73,0 | 73,0 | 73,0 | 73,0 |
Sitzwinkel Grad | 73,5 | 73,0 | 73,0 | 73,0 | 72,0 |
Kettenstrebe mm | 405 | 405 | 405 | 405 | 405 |
Tretlagerabsenkung mm | 68 | 68 | 65 | 65 | 65 |
Radstand mm | 970 | 976 | 997 | 1007 | 1021 |
Gabelvorbiegung mm | 45 | 45 | 45 | 45 | 45 |
Stack mm | 529 | 545 | 562 | 581 | 595 |
Reach mm | 378 | 383 | 398 | 402 | 412 |
STR | 1,40 | 1,42 | 1,41 | 1,45 | 1,44 |
Und so sieht das Testrad der Größe M/L im Stand auch aus: Der Sattel ragt weit über dem Lenker auf und der Lenker steht weit vorne über dem Vorderrad. Den Vorbau wählt Giant 1cm länger als von der Größe vergleichbare Räder in der Endurance-Klasse, die ebenfalls zum Test anrollten. Am Testrad waren zudem nur 2 cm Spacer unter dem Vorbau. Zusammen mit dem langen Oberrohr ergibt das eine Sitzposition, die den Namen „rennmäßig“ vollkommen verdient. Mit einem dünnen Oberlenker, der etwas hart in der Hand liegt, ermuntert das Giant nicht gerade zum entspannten Rollen, obschon auch das geht. Aber schon in Bremsgriffhaltung setzt man dem Wind weniger Fläche entgegen. Und die Unterlenkerposition verlangt bereits eine Rückenmuskulatur, die einigermaßen an schnelle Sitzhaltungen gewöhnt ist. Der Giant Sattel mit der schmalen Kontur und Spitze harmoniert gut mit dieser Position, gehört zu der härteren Fraktion, hat aber eine wirksame Entlastungszone im Dammbereich.
Auf dem Kurs
Auf der Straße stellt sich mit dem TCR Advanced Disc 1 keine Überraschung ein. Der Eindruck nach den ersten Pedaltritten bestätigt das erste Gefühl im Sattel auf ganzer Linie: geht ab! Als richtiges Beschleunigungswunder präsentiert sich das TCR in der Einstiegsvariante mit Disc zwar nicht, obwohl das Radgewicht mit 8,6 kg eher auf der leichten Seite der Preisklasse liegt. Aber das mag an den Laufrädern liegen. Sie sind mit Alu-Hochprofilfelgen weniger auf Dynamik als vielmehr auf Seitensteifigkeit und Aerodynamik getrimmt. Der Rahmen gibt im Tretlager kein Quäntchen nach, die Ultegra-Kurbel und die Kettenstreben flexen ebensowenig, und so fühlt sich der Kraftfluss auf die Straße sehr direkt an. Die Arme etwas Supermann-mäßig nach vorne an die Bremsgriffe gebracht, den Rücken leicht gestreckt, kann der Körper hoher Tretleistung gut etwas entgegensetzen. Also tritt man auch gerne etwas fester rein. Das Fahrverhalten auf der Geraden kommt Rouleuren entgegen, die dem Wind ein Schnippchen schlagen müssen und mit hoher Leistung flüssig pedalieren.
Solche Rouleur-Abschnitte sind auf der Rennrad-News Teststrecke zwar vertreten, dominieren aber nicht. Getestet haben wir das Giant neben der Standard-Testfahrt auch auf einigen anderen Trainingsfahrten im Bergischen Land über insgesamt rund 300 km.
Am Teststreckenabschnitt zur Radklassiker-Simulation mit schlechtem Kopfsteinpflaster und kurzen bis zu 25 Prozent steilen Rampen schlägt sich das Giant TCR besser als die verhältnismäßig schmalen Reifen erwarten ließen. Sowohl die schlanke, asymmetrische Sattelstütze als auch die Gabel scheinen etwas an Stößen wegzudämpfen, erreichen aber natürlich nicht das Niveau von Komfort-Spezialisten. Eventuell zahlt sich hier auch das Tubeless Setup der Reifen und Laufräder aus. Am steilen Stumpsberg verlangt die etwas schwerere Übersetzung auch etwas stärkere Beine – Wiegetritt liegt dem Giant TCR dabei sehr gut, nie hat man das Gefühl, Kraft zu verlieren.
Glänzen kann das Testrad auf der Abfahrt vom Hordtberg, die auch Teil der Teststrecke ist. Willig folgt das TCR jedem Lenkbefehl, liegt extrem spursicher in der Kurve und vermittelt dabei hervorragende Kontrolle, weil einfach mehr Gewicht auf dem führenden Vorderrad liegt. Auch die Giant-Reifen erzeugen vorhersagbar guten Grip. Die gruppenlosen hydraulischen Shimano RS-505-Bremsen zeigen beim Anbremsen der Kehren im Mittelgebirge keine Schwächen. Sowohl Druckpunkt als auch Bremswirkung sind positiv unauffällig und liegen deutlich über dem von Felgenbremsen Gewohnten, ohne dabei zu bissig beim ersten Anziehen zu sein. Es ist dabei nicht zu spüren, dass die Bremsscheiben nicht von Shimano stammen.
Dagegen ist das „Upgrade“ auf die Shimano Ultegra-Komponenten am Antriebsstrang ein fühlbarer Vorteil gegenüber anderen typischen Disc-Roadbikes des Preisniveaus. Wie die Kette mit geringen Handkräften und ohne Rassseln vorne zwischen den Blättern der Kompaktkurbel wechselt, ist ein Vergnügen und setzt im direkten Vergleich den Maßstab.
Haltbarkeit
Giant gewährt den Erstkäufern sozusagen eine lebenslange Garantie auf die Rahmen- und Gabelsets. Das spricht für das Vertrauen des Herstellers in die eigenen Fertigungstechniken, die gerade bei Carbon eine große Rolle spielen.
Das Ultegra-Schaltwerk ist in Sachen erwartbarer Lebensdauer ein kleiner Vorteil gegenüber sonst häufigen 105-Komponenten in dieser Preis-Range. Die Shadow-Technik macht es weniger anfällig für Schäden durch Umfallen oder beim Transport und seine Rollen sind besser gedichtet. Auch dass die Laufräder mit konventionellen Speichen aufgebaut sind, dürfte auf Dauer ein Plus bei der Ersatzteilversorgung sein. Hohe Felgen und 28 Speichen deuten außerdem auf gute Belastbarkeit und Eignung für schwere Fahrer hin.
Spannend war, wie sich das Tubeless-System in der Praxis verhält. Erster wichtiger Unterschied: Nachpumpen ist bei Standzeiten über einer Woche unumgänglich. Aber bei einem Rennrad nicht vor jeder Fahrt den Druck zu kontrollieren, ist ohnehin nicht empfehlenswert. Zweite Erkenntnis: Es gab keine Defekte. Das ist zwar bei einer Testdistanz von rund 300 km keine Aussage von hohem Wert, aber immerhin ein Indikator, zumal wir mit einem Druck bis hinunter zu den minimal erlaubten 5,8 bar (85 psi) unterwegs waren, um den Komfortgewinn zu testen, auch auf grobem Kopfsteinpflaster. Vermisst wurde eine zusätzliche Stellschraube für die Zug-Nachspannung des Schaltwerks. Der Weg der Spannschraube am Schaltwerk reichte nicht aus, um den Spannungsverlust auszugleichen und das Nachspannen des Innenzuges per Neuklemmen ist bei den neuen Shimano Shadow-Schaltwerken umständlicher als bei den alten konventionellen Modellen.
Übrigens unter der Marke „Liv“ verkauft Giant die speziellen Frauenmodelle. Dort gibt es das Langma Advanced Disc, das für das gleiche Einsatzgebiet wie das TCR gedacht ist (aber zum Beispiel andere Scheibenbremsen besitzt).
Testfazit zum Giant TCR Advanced Disc
Das Giant TCR Advanced Disc 1 fällt optisch sofort auf. Fahrtechnisch sticht es durch seine konsequent rennorientierte Auslegung und Sitzposition hervor: Sein williges Fahrverhalten, die extreme Fahrsicherheit, die engere Abstufung der Kassette und die leicht gestreckte Haltung kommen Racern und Rouleuren entgegen. Dazu gibt es noch etwas Komfort, aber für die ganz lange Strecke ist es kein Top-Kandidat. Überzeugend: die Verarbeitung des Carbonrahmens und die lange Garantie.
Pro / Contra
Stärken
- extreme Fahrstabilität
- konsequent sportliche Geometrie und Gangabstufung
- trotzdem noch gut dämpfend
- Ausstattung über Klassen-Niveau
- bestes Schaltverhalten an Kurbel
- relativ leicht
- Komponenten-übergreifendes Designschema
- bereits Tubeless ab Werk
- Reifen mit gutem Grip und berechenbar
Schwächen
- dünner Oberlenker etwas unbequem
- Übersetzung verlangt Kraft am Berg
- Reifen rollen gefühlt etwas schwerer
- Gabel nicht für breitere Reifen geeignet
- nur Giant-Sattelstütze passt
Alle Tests zu Disc-Rennrädern für 2.199 EUR
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