George Hincapie gab am Montag bekannt, dass er nach dieser Saison seine Karriere beenden werde. Der dreifache amerikanische Meister im Strassenbewerb sagte, dass die Tour de France und die USA Pro Cycling Challenge im August die letzten beiden Rundfahrten in seiner 19-jährigen Profikarriere werden.
Nach vielem Nachdenken und Gesprächen mit jenen Personen, die George Hincapie sehr nahe stehen – vor allem seiner Frau Melanie, die er während der Tour de France kennengelernt hatte – sei diese Entscheidung gefallen. „Es ist mir wirklich nicht einfach gefallen. Aber ich wollte zu einem Zeitpunkt aufhören, an dem ich noch konkurrenzfähig bin und noch etwas zum Renngeschehen beitragen kann. 19 Jahre als Profi im Radzirkus dabei zu sein ist etwas, das ich mir nie erträumt hatte. Aber gleichzeitig will ich mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, die nun in ein Alter kommen, in dem sie mich sehr vermissen, wenn ich unterwegs bin“, erklärte George Hincapie. Der am 29. Juni 39 Jahre alt werdende Amerikaner hat im Team eine wichtige Rolle gespielt. Er unterstützte Cadel Evans (Dritter beim Critérium du Dauphiné) und Alessandro Ballan (Dritter bei Paris-Roubaix und der Flandern-Rundfahrt) bei ihren Erfolgen. Sein bestes Resultat in dieser Saison erzielte er beim Auftakt der Amgen Tour of California, als er im Massensprint Sechster wurde. „Mein Unternehmen, Hincapie Sportswear, hat ebenfalls mit dem Radsport zu tun. Ich will dabei sein, wenn die Firma wächst und auch mehr Zeit mit meinen Liebsten verbringen. Aber ich fühle mich immer noch stark und auch gesund. Ich bin bereit, meinen Beitrag für das Team in den nächsten und letzten zwei Monaten zu leisten. Ich bin zu einhundert Prozent motiviert, Cadel Evans bei einem weiteren Toursieg zu unterstützen“, betonte der Amerikaner.
Cadel Evans, der Titelverteidiger der Tour de France, bedauert, dass sein sehr vertrauter Teamkollege nur noch ein Mal an seiner Seite das grossartigste Radrennen der Welt bestreiten werde. „Ich hoffe, dass er es sich noch anders überlegt, genauso wie sicher viele Radsportfans, wenn sie von seinem Rücktritt hören. George ist unglaublich. Er ist sozusagen das Kernstück des BMC Racing Teams und nicht nur ein Kapitän auf der Strasse, sondern auch was die Teamstruktur betrifft. Er ist in vielerlei Hinsicht ein Teil des Erfolgs, weil er einfach hervorragende Führungsqualitäten hat“, betonte Cadel Evans. Nichts würde ihn mehr freuen, als dass George Hincapie ihn auf der Champs-Élysées zu seinem zweiten Tour-Sieg führen würde. „Es ist ein Traum – ein Traum, den ich gemeinsam mit George verwirklichen möchte, um ihm für seinen enormen Einsatz in den letzten Jahren zu danken“, betonte der Australier.
George Hincapie habe während seiner Karriere mit selbstloser und unermüdlichem Teameinsatz überzeugt und sich mit seiner Arbeitsethik in die Geschichtsbücher geschrieben, wie BMC Racing Team Präsident Jim Ochowicz betonte. „George war der erste grosse Fahrer, der an das BMC Racing Team glaubte. Er hat uns durch die letzten drei Jahre geführt, sei es durch die Klassiker, die Grand Tour Saison. Und das sowohl als Leader als auch als Teamkollege. Ich bin sehr stolz, dass er 1994 als Profi mit mir im Motorola Team begonnen hat. Es war mir eine Ehre, seine Karriere weiterhin zu fördern. Er ist ein netter Mensch und zudem einer der grossartigsten Radprofis, die es jemals in den Vereinigten Staaten gab“, betonte Jim Ochowicz. Auch BMC Racing Team Sponsor Andy Rihs war nicht glücklich, als er von George Hincapies Rücktritt gehört hatte. Aber man müsse seine Entscheidung respektieren, dass er an einem Punkt aufhören wolle, an dem er immer noch eine wichtige Stütze für das Team sei. „Wir werden ihn sehr vermissen. Er ist ein grosser Champion und obwohl es mich traurig stimmt, verstehe ich, dass alles einmal ein Ende hat. Wir wünschen ihm alles Gute und hoffen, dass er dem Sport in einer Funktion treu bleibt. Ich habe ihn immer den ‚Champion der Champions‘ genannt“, so Andy Rihs.
George Hincapie nahm fünf Mal an den Olympischen Spielen teil (1992, 1996, 2000, 2004, 2008). Er gewann Etappen bei der Tour de France und hat heuer langjährige Teilnahme-Rekorde gebrochen, wie etwa bei Paris-Roubaix, das er 17 Mal beendete oder die Flandern-Rundfahrt, bei der er ebenfalls 17 Mal ins Ziel kam. Sein Start bei der Tour de France in diesem Jahr wird noch einen Rekord bringen: 17 Teilnahmen am grössten und bedeutendsten Radrennen der Welt. Er teilt den Rekord mit 16 Tour-Starts (davon 15 Mal im Ziel) mit dem Niederländer Joop Zoetemelk. Eine weitere Rekordmarke ist, dass er bereits neun Mal einem Teamkollegen half, das dreiwöchige Etappenrennen zu gewinnen.