An keiner anderen Stelle des Rennrades lassen sich mit so wenig finanziellem Aufwand so große Effekte erzielen wie am Rennrad-Reifen. Hier erfährst du alles zum Thema: welche Rennrad-Reifen es gibt und was man bei Kauf und Montage beachten muss bis hin zur Reifenwahl der Profis und aktuellen Rennrad-Reifen Tests.
Rennrad-Reifen Typen
Schlauchreifen oder Reifen mit Schlauch, welcher Fahrrad Reifen ist der richtige? Am Rennrad sind das zwei ganz verschiedene Reifen-Typen. Inzwischen sind Schlauchreifen fast nur noch eine Sache für Rennräder der Profis. Dafür gibt es seit ein paar Jahren auch Reifen ohne Schlauch am Rennrad, besser bekannt als Tubeless. Doch was ist was?
Rennrad-Reifen mit Schlauch oder Clincher
Das ist die Sorte Rennrad-Reifen, die meist gemeint ist und die am weitesten verbreitet ist. Das System besteht aus dem Reifen-Mantel, kurz: Reifen, und dem separaten Schlauch, der die Luft hält. Günstige Reifen für Einstieg oder Training findet man nur unter Clinchern (englisch für Wulst) oder Tube Type-Reifen, wie sie auch heißen. Aber es gibt auch die High-End-Modelle. Für 40 € pro Stück kann man im Handel Top-Reifen bekommen.
Vorteile sind die einfache Handhabung und die einfache Reparatur mit bekannten Mitteln, wenn es mal einen Defekt gibt: das Schlauch-Flicken. Ein Nachteil ist das etwas höhere Gewicht der Felge im Vergleich zum Schlauchreifen-System. Gegenüber dem Tubeless Typ ist in der Regel die Rollwiderstand etwas höher und der mögliche Komfort etwas geringer.
Tubeless Rennrad-Reifen
Wenn der Reifen wie beim Auto ohne Schlauch auf der Felge montiert werden kann, heißt er Tubeless Reifen – Tubeless heißt auf Deutsch „Ohne Schlauch“. Reifen und Felge sind dann so aufeinander abgestimmt, dass sie nach der Montage luftdicht sind. Das Ventil sitzt in der Felge und ist extra abgedichtet. Sowohl der Reifen als auch die Felge müssen für den Tubeless-Einsatz ausgewiesen sein. Hersteller verwenden dafür leider verschiedene Kürzel wie „TL“ oder „TLE“. Aber das Wort Tubeless sollte immer vorkommen.
Weil Reifen und Felge verschiedener Hersteller nicht immer 100prozentig zusammen passen, ist zur Montage in der Regel sogenannte Dichtmilch nötig. Die Flüssigkeit setzt sich in verbleibende Rille und Poren und dichtet sie ab. Sie kann auch Durchstiche unterwegs abdichten, wenn das Loch nicht zu groß ist.
Vorteile: Tubeless Rennrad-Reifen können den geringsten Rollwiderstand haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie bei geringerem Druck genauso defektsicher sind und genauso leicht rollen wie Clincher – eine einfache Methode, um den Komfort zu erhöhen.
Nachteile gibt es in der Handhabung: Die Montage ist aufwendiger, nicht selten benötigt man einen Kompressor oder eine Pumpe mit Druckluftkammer, damit es gelingt. Auch das Abdichten kann eine Nerven- und Zeit aufreibende Angelegenheit werden, wenn die Passung schlecht ist. Zudem trocknet die Milch mit der Zeit (circa nach 2 bis 3 Monaten) aus und muss entfernt und erneuert werden. Tubeless ist nichts für Rennräder mit langen Standzeiten.
Drahtreifen vs. Faltreifen
Drahtreifen und Faltreifen sind Typen von Clincher Rennrad-Reifen. Drahtreifen sind in der Regel günstiger, weil schwerer und einfacher herzustellen. Bei Drahtreifen ist der Wulstkern des Reifens aus Metall und nicht sehr flexibel. Bei Faltreifen besteht der Kern dagegen aus Bündeln von Kevlar oder einer anderen Kunstfaser. So kann der Reifen klein zusammen gelegt werden und ist leichter.
Schlauchreifen oder Tubulars
Dieser Rennrad-Reifentyp wird auf die Felge geklebt. Die Felge sieht deshalb anders aus und sie eignet sich auch ausschließlich für Tubulars. Der Schlauch ist im Inneren eingenäht und häufig aus Latex. Nachteil: Er kann nicht zum Flicken herausgenommen werden. Hat man einen Defekt, hilft nur Einfüllen von Dichtmilch und hoffen, dass sie abdichtet. Wenn nicht, ist der Reifen Schrott. Das schmerzt, denn ein guter Schlauchreifen kostet 60 € und mehr. Beliebt sind die Schlauchreifen noch bei Profis. Grund ist, dass sie auch noch auf der Felge kleben, wenn die Luft einmal plötzlich entweicht. So können die Rennfahrer noch in der Abfahrt ausrollen oder weiter fahren, bis der Materialwagen zur Stelle ist. Mit dem Aufkommen von Reifen-Inserts könnte sich das Blatt aber demnächst zugunsten der Tubeless-Reifen wenden. Zumal Tubeless-Reifen auch leichter rollen als Tubulars.
Welche Rennrad Reifenbreite ist am besten?
Rennrad-Reifen in 25-622 gelten aktuell als die Mindestgröße für den optimalen Mix aus Komfort, Leichtlauf und Gewicht und passen in die meisten Rennräder, auch ältere. Der Trend geht aber zu breiteren Reifen. Aus guten Gründen: Sie rollen bei gleichem Luftdruck leichter. Umgekehrt bieten sie mehr Bodenhaftung und Komfort, wenn sie mit geringerem Druck gefahren werden, rollen dann aber nicht schlechter.
- Für komfortbetonte Rennräder wie Endurance Bikes haben sich deshalb Rennrad-Reifen der Größe 28-622 bis 32-22 etabliert.
- Auf Speed getrimmte Aero-Rennräder werden heute mit einem Mix aus 25-622 vorne und 28-622 hinten gerne gefahren. Der schmalere Reifen vorne passt besser zur Felgenform und verringert dadurch den Luftwiderstand – die entscheidende Größe beim Schnellfahren.
Wichtig zu wissen: Breitere Felgen führen auch zu breiteren Reifen. Die Größenangabe auf dem Reifen bezieht sich immer auf eine passende Felge. Die Hersteller geben inzwischen an, bei welcher Felgengröße der Reifen die angegebene Breite erreicht. Mit einer breiteren (aber nicht schweren) Felge, etwa aus Carbon, kann man also die Vorteile eines breiteren Reifens ohne seinen Nachteil – das Gewicht – bekommen.
Rennrad-Reifen bei Tour de France Profis
Die Rennrad-Reifen Wahl der Profis unterscheidet sich zunehmend weniger von der bei den Hobby-Fahrern. Bei unserem letzten Blick auf die Räder der Profis bei der Tour de France waren noch die meisten Teams auf Schlauchreifen unterwegs. Die bevorzugte Reifengröße war dabei 25-622. Inzwischen geben mehr Teams an, Tubeless-Reifen zu fahren oder sogar Clincher. So fährt das erfolgreiche WorldTour Team Deceuninck Quick-Step etwa laut Sponsor Specialized Clincher bei allen Rennen. Die häufigsten Reifenmarken im Profi-Peloton sind Vittoria und Continental sowie Pirelli.
Welcher Rennrad-Reifen Druck ist richtig?
Oft hört man, „7 bar mindestens, sonst rollt es nicht“. Am besten weghören. Der Rat stammt aus einer Zeit, in der Rennradreifen alle etwa gleich groß waren und sehr dünn, etwa 23 mm breit. Richtig ist: Über den richtigen Reifendruck entscheiden viele Faktoren. Zwischen 5 bar und 8 bar wäre eine passendere Antwort, aber nicht die ganze Wahrheit. Es zählt:
- Wie breit ist der Reifen?
- Wie schwer sind Fahrer:in und Rad zusammen?
- Welche Straßenverhältnisse sind zu erwarten? Nass oder trocken?
- Welcher Reifentyp ist es? Hier vor allem: Tubeless oder mit Schlauch?
Und es lohnt sich immens, den Druck optimal anzupassen. Denn wie viel Luft im Reifen ist, entscheidet darüber, wie leicht er rollt, wie gut er haftet und wie komfortabel du fährst. Und das macht sich stärker bemerkbar als der Unterschied zwischen einem Carbon-Rahmen und einem Alurahmen.
Schritt für Schritt zum richtigen Rennrad Reifendruck
- Schau auf der Seite des Reifens. Dort gibt der Hersteller eine Druckempfehlung. In der Regel liest sie sich etwa so: „min. 4 bar max. 10 bar“. Das ist nur ein Beispiel für die Schreibweise. In jedem Fall solltest du weder darunter noch darüber liegen.
- Schau auf der Felge. Bei neuen Rennrädern gibt es oft auch hier eine Angabe für den passenden Reifendruck, abhängig von der Reifengröße. Wenn nicht: Halte dich an die Angaben auf dem Reifen. Wenn doch: Wähle den Druck so, dass die kleinere Maximal-Vorgabe – kann auf Reifen oder Felge sein – nicht überschritten wird.
- Schau in der Tabelle. Dort findest du einen passenden Wert als Ausgangsbasis. Du kannst von Fahrt zu Fahrt verschiedene Reifendrücke ausprobieren. Mehr als 0,5 bar in einem Schritt solltest du aber nicht ändern.
Wenn die Straßen nass sind, empfiehlt es sich, den Druck um circa 0,5 bar abzusenken. So kann sich der Reifen besser an den Untergrund anschmiegen und ist griffiger. Weniger Druck bedeutet auch mehr Komfort. Aber zu wenig Druck kann anfällig für Reifenplatten durch Durchschläge machen. Sie können entstehen, wenn der Schlauch zwischen Reifen und Felge eingeklemmt wird, etwa wenn man schnell über ein Schlagloch fährt. - Fährst du Tubeless? Dann kannst du in der Regel den Druck noch etwas weiter absenken, ohne die Gefahr von Durchschlägen zu erhöhen.
- Hookless – eine besondere Art von Felgen. Für Tubeless-Reifen gibt es auch sogenannte Hookless-Systeme. Bei ihnen ist die Druckobergrenze meist niedriger, zum Beispiel auf maximal 5 Bar begrenzt. Ihr Vorteil ist, dass sie leichter gebaut werden können, aber dennoch robust sind.
Reifendruck-Tabelle für Rennrad Reifen
Reifenbreite | Gewicht circa 60 kg | Gewicht circa 80 kg | Gewicht circa 100 kg | Nässe / Komfort | Tubeless |
---|---|---|---|---|---|
23 mm | 6,5 Bar | 7,5 | 8,5 | minus 0,5 bar | |
25 mm | 6,0 Bar | 7,0 Bar | 8,0 Bar | minus 0,5 bar | minus 0,5 bar |
28 mm | 5,5 Bar | 6,5 Bar | 7,5 Bar | minus 0,5 bar | minus 0,5 bar |
32 mm | 4,5 Bar | 5,5 Bar | 6,5 Bar | minus 0,5 bar | minus 0,5 bar |
35 mm | 4,0 Bar | 5,0 Bar | 6,0 Bar | minus 0,5 bar | minus 0,5 bar |
Wie muss man einen Rennrad-Reifen aufpumpen?
Weil der richtige Druck so hoch ist, benötigt man eine Standpumpe, um einen Rennrad-Reifen aufzupumpen, am besten eine spezielle Rennrad-Pumpe oder eine universelle. Erkennen kann man das daran, dass die Pumpe mindestens einen Druck von 8 Bar erzeugen kann, 10 Bar, wenn du auch Bahnrad fahren willst. Wichtig ist ein Manometer (Druckanzeige).
Unterwegs tut es auch eine Mini-Pumpe für die Trikottasche. Auch sie sollte für hohe Drücke statt für viel Volumen (MTB) optimiert sein. Man erkennt es oft an einem Pumpenzylinder mit geringem Durchmesser, aber nicht immer.
Rennrad-Reifen haben meist sogenannte Sclaverand-Ventile. Der Pumpenkopf sollte dazu passen.
Braucht ein Rennrad-Reifen Profil?
Nein. Entscheidend sind der richtige Druck und die Gummimischung. Die Rennrad-Reifen sind so schmal, dass sie bei Nässe einfach den Wasserfilm durchschneiden – Autoreifen brauchen hier ein Profil, um dem Wasser „Ablaufkanäle“ zu bieten, damit das Auto nicht „schwimmt“.
Auch auf befestigten Kieswegen benötigen Rennrad-Reifen kein Profil. Anders ist es, wenn Kurvenhalt oder Traktion bergauf off-road gefragt sind. Dann benötigt man mindestens Seitenstollen, die sich im Boden verzahnen. Bei Gravelreifen ist das Profil deshalb wichtig – zum Gravel Reifen Test mit 15 Reifen.
=> Interview zu Reifenprofil und Gummimischungen
Rennrad Reifen wechseln – was beachten?
Wann wechseln? Einen Rennrad-Reifen sollte man spätesten wechseln, wenn sich Fäden in der Flanke lösen oder Lücken im Gummi auf der Lauffläche erscheinen. Auch wenn die Gummimischung stark gealtert ist und verhärtet anfühlt, kann es ein Grund zum Wechsel sein. Der Reifen verliert dadurch wichtige Eigenschaften wie Haftung und Leichtlauf. UV-Licht lässt Gummi schneller altern.
Wenn beim Rennrad-Reifen Wechsel auch Modell oder Größe sich ändern, gibt es ein paar Punkte zu beachten:
- Die neue Rennrad-Reifengröße muss zum Rahmen passen. Ältere Rennräder mit Felgenbremsen erlauben meist Rennrad-Reifen bis 25-622, in manche passen auch Reifen bis 28-622. Im Zweifel lieber kleiner wählen oder andere Besitzer im Rennrad-Forum fragen.
- Bei neuen Disc-Rennrädern passen in der Regel Reifen bis 28-622. Bei den aktuellen Rennrad-Neuheiten geht der Trend klar zu breiteren Reifen, so dass selbst viele Aero-Rennräder Reifen bis 30-622 vertragen.
- Manche Allroad-Bikes können breite Reifen bis 35-622 aufnehmen. Bei Gravel Bikes sind inzwischen 40 mm bis 42 mm als Mindestmaß die Regel und 55 mm breite Gravelreifen das Maximum
- Tubeless oder mit Schlauch? Immer mehr Rennräder werden zwar mit Reifen mit Schlauch ausgeliefert, ihre Felgen sind aber für den Tubeless-Einsatz ohne Schlauch vorbereitet. Eventuell lohnt sich beim Reifenwechsel auch ein Umstieg auf schlauchlos. Das ist vor allem eine Überlegung, wenn der Rollwiderstand minimiert werden soll oder die Offroad-Fähigkeiten gesteigert werden sollen.
- Wenn die Felgen nicht Tubeless Ready sind, können auch nur Reifen mit Schlauch gefahren werden, die häufig auch als „Clincher“ bezeichnet werden.
Übrigens: E-Rennrad-Fahrer:innen sind beim Reifenwechsel auf das Original-Modell oder ein alternatives, vom Hersteller zugelassenes festgelegt.
Rennrad-Reifen Schlauch: innere Werte
Welcher Schlauch im Rennrad-Reifen sitzt, hat einen Einfluss auf die Fahreigenschaften. Es gibt 3 verschiedene Arten von Schläuchen:
- Butyl-Schläuche. Die gebräuchlichste Variante und am einfachsten in der Handhabung, aber auch die schwerste, rund 110 g wiegt ein Butylschlauch für die gängigen Rennradreifen-Größen 23-622 bis 28-622. Die Standard Butyl-Variante besitzt einen guten Pannenschutz. Daneben bieten große Hersteller auch „light“ und „extralight“ Modelle an. Die Light-Varianten wiegen rund 70 g und bieten erfahrungsgemäß immer noch einen recht guten Pannenschutz.
- Latex-Schläuche. Sie haben den geringsten Rollwiderstand und sparen circa 1 bis 2 Watt bei Rennradtempo. Deshalb werden sie gerne in Zeitfahren und im Triathlon eingesetzt. Sie wiegen ebenfalls rund 70 g bis 80 g. Weil das Material aber weniger flexibler ist, muss der Latexschlauch genauer zur Reifengröße passen. Er ist außerdem Hitze empfindlicher und deshalb zusammen mit Felgenbremsen im Hochgebirge nur bedingt zu empfehlen. Außerdem halten Latex-Schläuche die Luft schlechter und müssen vor jeder Fahrt nachgepumpt werden.
- TPU-Schläuche. Die neuen Schläuche aus Kunststoff kommen von Herstellern wie Tubolito, Revoloop, Schwalbe, Pirelli. Sie können bis zu dreimal leichter als Butylschläuche sein und rollen dabei etwa gleich gut. Aber auch sie reagieren empfindlicher auf Hitze, je nach Dicke. Die besonders leichten Modelle sind deshalb nur mit Disc-Laufrädern zugelassen. Der Rollwiderstand liegt auf dem Niveau eines leichten Butylschlauches.
Links zu TPU-Schläuchen: Tubolito S-Tubo Test, Schwalbe Aerothan Test, Pirelli Smartube TPU Schlauch
Rennrad-Schlauch nachkaufen
Beim Nachkaufen eines Rennrad-Schlauches gibt es ein paar Details zu beachten:
- Durchmesser: Das Ventil muss passen. Rennrad-Laufräder haben in der Regel nur Löcher für dünne Sclaverand-Ventile in der Felge.
- Auch die Länge des Ventils muss zur Höhe der Felge passen. Bei Aero-Laufrädern sollte man 2 cm zur Felgenhöhe hinzurechnen.
- Tipp: Auch beim Ersatzschlauch an die passende Ventillänge denken, lieber zu lang als zu kurz.
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