Der Cyclocross-Profi Marcel Meisen ist der Überraschungs-Champion bei der DM Straße 2020. Der Alpecin-Fenix-Mann konnte sich gegen die favorisierten WorldTeam-Fahrer von Bora-Hansgrohe durchsetzen, denen Maximilian Schachmann auf dem schweren Kurs am Sachsenring fehlte. Zweiter wurde Pascal Ackermann.
„Das war eine Sensation“, kommentiert der Bund Deutscher Radfahrer in seiner Pressemitteilung zur Straßenrad DM 2020 auf dem Sachsenring: Nicht die als Top-Favoriten ins Rennen gegangenen Fahrer des deutschen Rennstalls Bora-Hansgrohe stellten den neuen Deutschen Meister. Nachfolger von Maximilian Schachmann wurde auf dem Sachsenring der Stolberger Marcel Meisen vom Team Alpecin-Fenix. Er siegte im Sprint gegen Pascal Ackermann (Bora-Hansgrohe) und seinen Teamkollegen Alexander Krieger auf Platz 3.
Meisen: „Das war ein perfekter Tag! Im Finale ging es Mann gegen Mann, und ich merkte, dass ich Pascal schlagen kann. Wir sind lange bei Bora am Hinterrad gefahren. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Auch unser Teamkollege Philipp Walsleben ist sehr offensiv gefahren und hat dazu beigetragen, dass Bora im Finale etwas angeschlagen war.“
Damit schlug die „Allianz der Crosser“ – Walsleben war ebenfalls CX-Spezialist – das dominierende Team Bora-Hansgrohe. In den letzten drei Jahren war der Deutsche Meister stets aus den Reihen des UCI WorldTeams Bora-Hansgrohe hervor gegangen. Insgesamt kamen sie auf vier Triumphe in fünf Jahren: Emanuel Buchmann (2015), Marcus Burkhardt (2017), Pascal Ackermann (2018) und Maximilian Schachmann (2019). Der als Top-Favorit gehandelte Lennard Kämna, vor einer Woche Sieger der vierten Etappe der Dauphiné Libére, ging leer aus, musste im Finale abreißen lassen.
„3800 Höhenmeter haben wir zurückgelegt. Das wäre ein Kurs für Schachmann gewesen. Meine Enttäuschung ist relativ groß. Es tut weh, wir wollten das Meistertrikot, aber Marcel war im Sprint einfach der Stärkere. Das ist für uns schade, aber das Leben geht weiter“, kommentierte Marcel Ackermann den verpassten Sieg.
„Leider war es ziemlich ruhig, und einige der anderen Fahrer blickten auf uns. Wir kontrollierten das Rennen, und Pascal konnte den ganzen Tag über Energie sparen. Letztendlich konzentrierte sich das Team schließlich auf ihn und unterstützte ihn in den letzten Runden gut. Am Ende wurde er Zweiter, um ehrlich zu sein, nicht ganz das, was wir uns erhofft hatten, aber leider war das alles, was er heute hatte“, sagte Sportdirektor Enrico Poitschke.
Marcel Meisen hatte niemand auf der Rechnung. Der 31-Jährige ist aber im Cross-Sport ein bekannter Fahrer, gewann fünfmal den deutschen Meistertitel im Querfeldeinfahren.
Für Bora war es eine Frage des Prestiges, auch in Corona-Zeiten bei der Deutschen Meisterschaft um den Titel kämpften. „Das Hygienekonzept hat mich überzeugt, darum sind wir mit fast allen Fahrern zum Sachsenring gekommen“, sagte Teamchef Ralph Denk. Bora-Hansgrohe ging aber ohne den verletzten Titelverteidiger Maximilian Schachmann und den Tour de France-Vierten von 2019, Emanuel Buchmann, an den Start.
168 Kilometer mussten die Fahrer unter die Räder nehmen, 48 Runden auf dem traditionsreichen Sachsenring, auf dem vor 60 Jahren Bernhard Eckstein Weltmeister der Amateure wurde.
In der ersten Rennhälfte gab es immer wieder Ausreißversuche einzelner Fahrer, doch das Team Bora-Hansgrohe hatte das Renngeschehen im Griff, hielt den Abstand gering und verschärfte das Tempo, wenn es nötig war.
Zur Hälfte des Rennens setzte heftiger Regen ein und für einige Kilometer wurde das Tempo langsamer. In der 35. Runde setzten sich Jakob Stenzel (Veloclub Ratisbona p/b Zweirad) und Kim Alexander Heiduk (Team Lotto – Kern Haus), der in der kommenden Woche bei den Europameisterschaften in Frankreich im Straßenrennen der U23 an den Start geht, aus dem Hauptfeld ab und erreichten schnell einen Vorsprung von über einer Minute.
Zehn Runden vor Schluss begann der Showdown: Vier Bora-Fahrer, Rüdiger Selig, Pascal Ackermann, Lennard Kämna und Andreas Schillinger reihten sich an der Spitze des Feldes ein und drückten aufs Tempo, dann schossen Roger Kluge (Lotto-Soudal) und Patrick Haller (Leopard) nach vorn.
Sechs Runden vor Schluss zeigte sich Top-Favorit Lennard Kämna an der Spitze, trat an und beendete mit seiner Tempoverschärfung einen Ausreißversuch. Doch im Finale konnte Bora nicht allein dominieren, die Konkurrenz, die das Team fest im Blick hatte, hielt dagegen und so konnte Marcel Meisen im Sprint den Überraschungscoup landen.
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