Steckbrief Merida Reacto Team E 2021
Einsatzbereich | Rennen, Aero |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 7,4 kg |
Stack | 571 mm |
Rahmengrößen | XXS, XS, S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.merida-bikes.com |
Erst seit September ist das gerade überarbeitete Merida Reacto 2021 offiziell erhältlich. Unter den Händen der Profis war das Aero-Rennrad der Taiwaner mit der auffälligen Team-Lackierung im McLaren-Design jedoch auch vorher schon in der UCI WorldTour zu sehen. Dort dient es als Arbeitsgerät für schnelle Rundfahrt-Etappen, kam aber auch bei Kopfsteinklassikern zum Einsatz. Unser Merida Reacto Team-E-Testrad mit Shimano Dura Ace Di2 entspricht weitgehend dem Profi-Competition-Rennrad, bis hin zu den Sponsoren-Aufdrucken. Nur Schlauchreifen hat es nicht. Mit 7,4 kg in Größe L ist es leicht, holt aber gewichtsmäßig noch nicht alles aus dem Sub-1000-g-Rahmen raus, den man sonst nur noch am noch teureren Schwestermodell mit SRAM Red eTap AXS-Funkschaltung bekommt. Aber das nachweislich sehr aerodynamische Carbon-Rahmenkit gibt es in weniger ausgereizter Carbon-Faserbelegung auch mit Shimano 105 2×11 bereits für 2.699 €.
Video: Merida Reacto Team E Fahreindruck
Ausstattung: Alles zum Powern
Die Ausstattung des Merida Reacto Team-E liegt fraglos auf Top-Niveau, wie man es von einem Rad für 10.299 Euro erwarten kann. Die elektronisch schaltende Shimano Dura Ace Di2 erledigt ihre Gangwechsel-Arbeit Kilometer für Kilometer schnell, exakt und sehr geschmeidig. Ein beidseitig messender Powermeter ist ebenfalls bereits integriert, was übrigens auch in dieser Luxus-Preisklasse keine Selbstverständlichkeit ist.
Die Dura Ace Di2 2×11 ist zur Zeit regelmäßig die Schalt- und Antriebsgruppe für das leichteste Modell einer Baureihe. Gewogen haben wir das Merida Reacto Team-E ohne Steckachsenhebel und das LED-Rücklicht, das in die Sattelstütze integriert ist. Auch der GPS-Halter für den Lenker, der mitgeliefert wird, war nicht am Rad. So kommt das Merida Reacto auf 7,4 kg in Größe L. Das ist für ein Aero-Disc-Rennrad ein sehr guter Wert, zumal die Vision-Laufräder gewichtstechnisch noch nicht ausgereizt sind (1.690 g laut Hersteller). Zum Vergleich: Das Specialized Tarmac SL7 mit Ultegra Di2, aber leichteren Laufrädern, wog an unserer Waage 100 g mehr.
Wenn etwas vielleicht nicht ganz ins Bild der Ausstattung mit den besten Komponenten passt, dann sind es eben jene Vision Metron 55 SL DB Carbon-Laufräder. Denn sie sind mit ihrer vergleichsweise schmalen Maulweite von 19 mm noch nicht auf breitere Reifen optimiert und konnten uns auch in Sachen Windanfälligkeit weniger überzeugen als andere Modelle mit vergleichbarer Bauhöhe.
Doch das eigentliche Pfund des Merida Reacto Team-E und seiner Schwestermodelle ist der aerodynamisch optimierte Rahmen. Deshalb hier ein genauerer Blick auf die Innovationen, die drin stecken. Merida bescheinigt dem neuen Reacto hervorragende Ergebnisse im Windkanaltest nach dem Standard des Magazins Tour (mit Beindummy). Mit 209 Watt für 45 km/h zählt es laut der Herstellerangabe zu den besten Competition-Rennrädern im Windkanal überhaupt. In der Februar-Ausgabe des Magazins Tour mit 10 Wettkampfrädern, darunter auch 3 ausgewiesene Aero-Allrounder, schaffte nur ein Rennrad einen Wert von 210 Watt. Die Ersparnis gegenüber dem Vorgängermodell beziffert Merida mit 1 Watt in diesem Test-Set-up. Dabei dürfte dieser kleine Gewinn fast vollständig auf das Konto vollständig integrierter Leitungen und Kabel am Top-Modell gehen. An den preiswerteren Modellen wurden die Verbindungen aber ebenfalls aus dem Wind genommen und verlaufen unter dem Vorbau hindurch und dann direkt ins Steuerrohr.
Gleichzeitig wuchs die Reifenfreiheit auf nun 30 mm in 700c, womit auch reifenseitig Komfort-Tuning möglich ist. Unser Testrad rollte ab Werk auf 25 mm breiten Continental GP5000-Clinchern.
Das neue Carbonrahmenset als Basis der Innovationen kommt in allen neuen Merida Reacto 2021-Modellen zum Einsatz. Es wird, wie an den meisten Rennräder derzeit, in zwei verschiedenen Carbonqualitäten angeboten. Daraus resultiert ein Gewichtsunterschied. Ansonsten sollen beide Sets jedoch in Abstimmung und Steifigkeiten identisch sein. Das leichte „CF5“-Set wiegt laut Merida 1.422 g. Es ist ausschließlich für elektronische Gruppen vorgesehen. Das schwerere Layup läuft unter dem Kürzel „CF3“. Dann wiegt das Set 1.634,7 g, bringt also rund 200 g mehr auf die Waage und kann dafür auch mit mechanischen Gruppen genutzt werden. Alle Modelle des Reacto 2021 im Überblick findet ihr in der Tabelle zum Ausklappen.
Reacto Team-E | Reacto 9000-E | Reacto Force Edition | Reacto 7000-E | Reacto 5000 | |
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Preis | 10.299 € | 10.799 € | 4.799 € | 4.299 € | 2.699 € |
Rahmen | Carbon, 12-mm-Steckachse, Disc | Carbon, 12-mm-Steckachse, Disc | Carbon, 12-mm-Steckachse, Disc | Carbon, 12-mm-Steckachse, Disc | Carbon, 12-mm-Steckachse, Disc |
Gabel | Carbon 1,5 auf 1,25 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon 1,5 auf 1,25 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon 1,5 auf 1,25 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon 1,5 auf 1,25 Zoll, 12x100-mm-Steckachse | Carbon 1,5 auf 1,25 Zoll, 12x100-mm-Steckachse |
Schalthebel | Shimano Dura Ace Di2 2x11 | SRAM Red eTap AXS 2x12 | SRAM Force eTap AXS 2x12 | Shimano Ultegra Di2 2x11 | Shimano 105 2x11 |
Umwerfer / Schaltwerk | Shimano Dura Ace Di2 / Dura Ace Di2 | SRAM Red AXS / SRAM Red AXS SS | SRAM Force AXS / SRAM Force AXS SS | Shimano Ultegra Di2 / Ultegra Di2 GS | k.A. / 105 GS |
Kurbel / Zähne | Dura Ace / k.A. | SRAM Red AXS / k.A. | SRAM Force AXS / k.A. | Shimano Ultegra / k.A. | k.A/ k.A. |
Ritzel / Zähne | Shimano CS-900 / 11-30 Z. | CS XG 1290 / 10-33 Z. | CS XG 1270 / 10-33 Z. | CS-7000 / 11-30 Z. | CS-7000 / 11-30 Z. |
Bremsen | Shimano Dura Ace hydr. Scheibenbremse 160/160 mm | SRAM Red hydr. Scheibenbremse 160/160 mm | SRAM Force hydr. Scheibenbremse 160/160 mm | Shimano Ultegra hydr. Scheibenbremse 160/160 mm | Shimano 105 hydr. Scheibenbremse 160/160 mm |
Laufradsatz | Vision Metron 55 Clincher TL Disc, 622x18c, 48 mm Profilhöhe | DT Swiss ARC 1400 DiCut DB50, 622x18c, 50 mm Profilhöhe | Reynolds AR 58 DB, 622x21c, 58 mm Profilhöhe | DT Swiss P1800 Spline DB32, 622x18c, 32 mm Profilhöhe | Merida Expert CW, 622x19c, 30 mm Profilhöhe |
Reifen / Größe | Continental Grand Prix 5000, 25-622 | Continental Grand Prix 5000, 25-622 | Continental Grand Sport Race, 25-622 | Continental Grand Sport Race, 25-622 | Continental Ultra Sport III, 25-622 |
Vorbau | Merida, integrierte Kabel- und Leitungsführung | Merida, integrierte Kabel- und Leitungsführung | Merida, integrierte Kabel- und Leitungsführung | Merida, integrierte Kabel- und Leitungsführung | Merida, integrierte Kabel- und Leitungsführung |
Sattelstütze | Merida, Carbon, proprietäre Maße, Flip-Flop-Setback | Merida, Carbon, proprietäre Maße, Flip-Flop-Setback | Merida, Carbon, proprietäre Maße, Flip-Flop-Setback | Merida, Carbon, proprietäre Maße, Flip-Flop-Setback | Merida, Carbon, proprietäre Maße, Flip-Flop-Setback |
Besonderheiten | 2x Flaschenhalter-Gewindepaare, Kühlkörper für Bremshitze an Gabel und Ausfallende | 2x Flaschenhalter-Gewindepaare, Kühlkörper für Bremshitze an Gabel und Ausfallende | 2x Flaschenhalter-Gewindepaare, Kühlkörper für Bremshitze an Gabel und Ausfallende | 2x Flaschenhalter-Gewindepaare, Kühlkörper für Bremshitze an Gabel und Ausfallende | 2x Flaschenhalter-Gewindepaare, Kühlkörper für Bremshitze an Gabel und Ausfallende |
In den Details kann der Rahmen ebenfalls überzeugen: Sehr gut gefiel uns zum Beispiel alles, was mit der Sattelpositionierung zusammenhängt. Das beginnt mit der Sattelstützenklemmung, die 100 % sicher saß. Es geht weiter mit dem Komfort, den die Carbonstütze trotz geringen Auszugs bot und es endet bei der Sattelklemmung: Sie ist perfekt und einfach im Winkel einstellbar. Und sie kann zum Wechsel des Versatzes leicht rotiert werden.
Einen Schönheitsfehler bekam das weitgehend perfekte Bild doch ab. Die Abdeckung der Sattelstützklemmung wanderte bei der Fahrt immer wieder selbsttätig nach oben an die Sattelstütze.
Geometrie: keine M/L-Größe mehr
Das neue Merida Reacto behält auch in seiner 4. Generation die etablierte Renngeometrie des Vorgängers. Bei der Größenauswahl, die mit 6 Rahmenhöhen immer noch nicht üppig ist, kommt ein Modell in XXS hinzu. Zwischengrößen wie M/L, die bei großen taiwanischen Radmarken beliebt sind, werden aus dem Programm genommen. Die Größe „M“ in der neuen Nomenklatur entspricht mit einem 56 cm langen horizontalen Oberrohr eher einem 56er als einem typischen 54er Rahmen.
Insgesamt ist die Geometrie mit steilen Sitz- und Lenkwinkeln wettkampfmäßig ausgelegt. Die Verhältnisse zwischen Stack und Reach gewährleisten, dass man gut eine ausreichende Überhöhung für windschnittige Positionen erreichen kann. Die Stack-to-Reach-Werte (STR) zwischen 1,36 und 1,45 in der größten Rahmenhöhe weisen das Reacto klar als Competition-Gerät aus. So gestreckt platzieren nicht mehr viele aktuelle Rennräder ihre Fahrer.
Der Radstand liegt für ein Disc-Rennrad eher in der Mitte zwischen wendig und beruhigt. Das Testrad in Größe L mit einem 575 mm langen Oberrohr (horizontal) und einem 120 mm langen Vorbau ist für einen 1,8 m großen Fahrer eigentlich zu lang, hinterließ aber dennoch einen ausgesprochen agilen Fahreindruck. Passend für die Körpergröße wäre allerdings Größe M.
Rahmengröße | XXS | XS | S | M | L | XL |
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Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 377 mm | 384 mm | 390 mm | 395 mm | 400 mm | 409 mm |
Stack | 516 mm | 528 mm | 542 mm | 557 mm | 571 mm | 592 mm |
STR | 1,37 | 1,38 | 1,39 | 1,41 | 1,43 | 1,45 |
Lenkwinkel | 70,5° | 72° | 72,5° | 73,5° | 73° | 73° |
Sitzwinkel, effektiv | 74,5° | 74° | 74° | 73,5° | 73° | 73° |
Oberrohr | 520 mm | 535 mm | 545 mm | 560 mm | 575 mm | 590 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 112 mm | 129 mm | 141 mm | 156 mm | 176 mm |
Sitzrohr | 470 mm | 500 mm | 520 mm | 540 mm | 560 mm | 590 mm |
Radstand | 985 mm | 982 mm | 989 mm | 990 mm | 1.000 mm | 1.009 mm |
Tretlagerabsenkung | 70 mm | 70 mm | 66 mm | 66 mm | 66 mm | 66 mm |
Fahreindruck: Reacto auf dem Kurs
Es muss vorausgeschickt werden: Selbst in die Pedale eines Profi-Arbeitsgerätes einzuklicken, das flößt schon eine Portion Ehrfurcht ein, zumal der Bolide in Teamlackierung dasteht. Die Tage, in denen es fast von jeder großen Radmarke eine Team-Replica auf Einstiegsniveau gab, sind gezählt. Auch wenn Merida nach wie vor so eine Replica auf 105er Niveau anbietet – Verwechslungsgefahr besteht nicht.
Entsprechend stellt sich unbewusst eine gewisse Verpflichtung zum Schnellsein ein. Ein Übriges tut das orange „Papaya-Spark“ von McLaren (für Nicht-Motorsport-Fans: ein Farbton des besonders leichten Lacks des F1-Wagens). Das Reacto Team-E sieht einfach nach purer Geschwindigkeit aus.
So sitzt man: Es verwundert wenig, dass das Merida Reacto seine Piloten sportlich platziert. Als 1,8-Meter-Mensch habe ich bei Merida die Wahl zwischen M und L. Das Testrad kam in L, damit eigentlich zu lang für mich, für andere Testfahrer aber passend. Und es kam ohne Spacer. Wie sportlich tief die Haltung dann ausfällt, war doch eine kleine Überraschung. In Zahlen: 11 cm Überhöhung bei 765 mm Sitzhöhe – das M-Rad hätte den Unterschied zwischen Sattel und Lenkerhöhe weiter vergrößert. Die Profis würden auch noch längere und vielleicht nach unten abgewinkelte Vorbauten nehmen.
Gut aufgehoben fühle ich mich auf dem Prologo-Sattel, der trotz seiner langen Bauform eine bequeme Position auf der Sattelspitze für Unterlenkerballern bringt und im urogenitalen Bereich für mich eine gute Druckverteilung hat. Zwiegespalten hinterlässt mich das FSA-Aerocockpit. Ähnlich wie an einem Bahnlenker macht die leichte Vorbiegung des Oberlenkers den Weg frei für den Griff an den Unterlenker, das gefällt. Aber wenn die Hände am Oberlenker liegen, bewirkt die Biegung des Lenkers, dass die Ellenbogen sich nach leicht außen drehen. Das ist erstens nicht besonders windschnittig. Und zweitens fühle ich mich auf längeren Distanzen damit weniger wohl.
Auf der Geraden: Die Sitzposition hat bekanntlich einen entscheidenden Einfluss auf die Aerodynamik: Tief, für mich bis fast zur Grenze gestreckter Rücken – da überrascht es kaum, dass das Reacto in der Lage ist, persönliche Rekorde auf langen Rouleur-Strecken wie die Fliegen zum Fallen zu bringen. Das Merida Reacto befeuert das Gefühl, dass man eine Lokomotive auf Rekordfahrt ist, wie kein anderes Rad, das ich bisher gefahren bin. Das Aero-Rad schneidet wie auf Schienen durch den Wind. Die etwas mehr um das Tretlager nach vorne rotierte Sitzposition lädt ein, mit hoher Kadenz zu fahren. Die Continental Grand Prix 5000 sind bekannt dafür, zur Zeit mit die besten Leichtläufer auf dem Markt zu sein. Insgesamt scheint das Reacto sogar noch etwas besser bei der Tempoarbeit zu unterstützen als das neue Specialized Tarmac SL7, das ich kurz vorher getestet habe – und das mich schon mit Speed bis zum Abwinken faszinierte.
Allerdings wirken die Carbon-Laufräder etwas empfindlicher für Seitenwind als beispielsweise die am Tarmac. Der Tausch gegen einen ähnlich hohen, aber breiteren und bauchigeren Laufradsatz für einen Reifentest brachte ebenfalls eine gefühlt geringere Seitenwindanfälligkeit. Positiv fielen an den Vision-Laufrädern die Seitensteifigkeit und das angenehm dezente Freilaufgeräusch aus.
=> Hier findet ihr unseren Test des Specialized Tarmac SL7
Am Berg: Make no mistakes! Trotz seiner augenscheinlichen Aeroqualitäten und des gegenüber der aktuellen Generation an Competition-Rennrädern leicht erhöhten Rahmenset-Gewichts gefiel das Merida Reacto auch beim Klettern gut. Lenkwinkel, Radstand, Position auf dem Rad und nicht zuletzt die unmittelbare Kraftübertragung spielen am Berg sehr gut zusammen. So leicht wie das teure Testrad sind die darunter liegenden Modelle natürlich nicht. Freilich fährt man ohnehin etwas lieber im Sitzen, um die Aerodynamik zum Tragen zu bringen. Ein Manko für Non-Profis ist die kleinste Übersetzung von 36 zu 30. Sie arbeitet perfekt für das Mittelgebirge, wird aber für das Hochgebirge für viele wohl zu schwer zu treten sein.
In der Abfahrt: Aerodynamik macht sich natürlich auch bergab bezahlt. Das Reacto nimmt bergab besser Speed an. Und es bremst besser: Jedenfalls schleifen die Disc-Rotoren (160 mm vorne und hinten) auch nach härtesten Bremsungen nicht – was sonst im Test schon öfter vorkam.
Trotz steileren Lenkwinkels läuft das Reacto sehr fahrsicher bergab. Viel Gewicht auf dem Vorderrad und eine Front aus Cockpit, Gabel und Laufrädern, die Steifigkeit im Überfluss hat, bringen eine direkte Lenkung und eine hohe Kurvenpräzision. Rennrad für Kriteriumsrennen gesucht? Das Reacto wäre ein guter Kandidat, zumal auch die Tretlager-Absenkung nicht so groß ist wie bei einigen modernen Rennrädern üblich. Für weniger routinierte Fahrer hat die wendige Auslegung der Geometrie aber den Nachteil, dass wechselnde Seitenwindverhältnisse bei hohem Tempo in der Abfahrt einen direkteren Einfluss auf die Lenkung haben. Hier verlangt das Reacto schon eine sichere Hand.
Auf Kopfsteinpflaster: Wenn es ruppig auf der Straße wird, liefert des Merida Reacto Team-E eine kleine Überraschung. Flache Aero-Sattelstützen gelten gemeinhin als unkomfortabel. Aber das Modell am Merida erweist sich als gut dämpfend – trotz der eher schmalen Reifen kann man auch gröberes Pflaster wirklich gut fahren. Am Lenker rüttelt es dagegen ziemlich, ein Tribut an die hohen Felgen und die unnachgiebige Front. Und die Geräusche? Unser Reacto Team-E war kein ausgesprochen leises Rad. Der Freilauf surrt hell, die großen Rahmenrohre und die Carbonlaufkörper geben einen guten Resonanzkörper. Auch klapperte hier und da mal der Flaschenhalter am Rahmen, nicht ständig und nicht laut, aber es kam vor.
Das ist uns aufgefallen
- Sitzposition Wer tief und mit geradem Rücken sitzen will, findet im Reacto einen perfekten Partner
- Komfort am Sattel Trotz brettsteifem „Fahrgestell“ und Laufrädern kommen Stöße deutlich gemildert an, sogar Kopfsteinpflaster geht
- Sattelstützklemmung Super Halt, aber die Abdeckung wandert beim Fahren selbständig nach oben
- Fahrverhalten Eckenfeger – viel Gewicht auf dem Vorderrad und eine direkte, messerscharfe Lenkung
- Aero-Cockpit Für Unterlenkerposition optimiert, aber im Oberlenker für Nicht-Profis unbequeme Abwinkelung
- Disc-Bremsen Wir wissen nicht, ob es an den Kühlrippen liegt oder den Dura Ace-Rotoren, aber die Scheiben schliffen nach harten Bremsungen im Test nie, was bei anderen Shimano Discs öfter vorkommt (aber nach ein paar Hundert Metern wieder aufhört)
- Integriertes Rücklicht Einfach cool, Licht automatisch an Bord zu haben für den Notfall. Davon würden wir gerne mehr sehen, gerade auch am Aero-Cockpit – dort passte nur eine von 10 (!) Frontleuchten in der Redaktion
Fazit
Wer dem Look und der Speed-Gier des Merida Reacto Team-E gerecht werden will, muss schon ein paar Watt aus den Beinen kitzeln. Dabei macht das Competition-Rennrad das Tempobolzen gefühlt noch leichter als vergleichbare Aero-Allrounder. Viele kleine Details überzeugen. Das gefahrene Top-Modell hat trotz dem Preis über 10.000 EUR in Sachen Laufrad-Ausstattung noch etwas Luft nach oben – bei den gleich viel günstigeren anderen Modellen wirkt das Paket runder. Damit gehört des Merida Reacto 2021 aufgrund der rundum überzeugenden Rahmen-Qualitäten auf jeden Fall ins Kalkül, wenn man sich für Aero-Allround-Rennräder interessiert. Und insbesondere dann, wenn man es gern kompakt und wendig mag.
Pro / Contra
Stärken
- Aerodynamik bringt spürbaren Speedvorteil
- Antrittsstark und hohe Lenkpräzision
- Für ein Competition-Rennrad leicht
- Willige Lenkung
- Sehr guter Komfort-Eindruck
- Competition-Geometrie für Aero-Sitzhaltung
- Gute Detaillösungen am Rahmen
Schwächen
- Laufräder halten mit Preis und Leistung des Rades nicht ganz Schritt
- Oberlenker mit wenig Griffpositionen
- Erhöhte Seitenwindanfälligkeit verlangt Routine am Lenker
Was denkt ihr über das Merida Reacto Team-E?
Testablauf
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Bergisches Land Circa 1.500 km auf Straßen, welligem Terrain mit kurzen Anstiegen bis 15 % und maximal 110 Hm am Stück, Sprints bis 50 km/h und Abfahrten bis circa 70 km/h. Auch Gran Fondos über 100 km.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
4 Kommentare
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Merida Reacto 2021 im Test: Einfach mal schnell fahren
Mal wieder ein Preis, den man sich leicht merken kann …
Was genau das Rad so teuer macht, hat sich mir nicht ganz erschlossen.
Aber an einem Gebälk dieser Kategorie darf man mit sich über selbstständig losrappelnden Abdeckungen (Stützklemmung) doch mal so richtig aufregen. Wirkt wie die Inkarnation des Gefrickels aus längst vergessenen Zeiten.
2.500 Euro DuraAce Di2
1.300 Euro die Laufräder
Bleiben also 5.500 Euro für den Rahmen und den Kleinkram...uff
https://shop.visiontechusa.com/de/wheelsets/road-triathlon-time-trial/metron-55-sl-disc-clincher-tl
Sind ja nicht in der 13.000€-Liga 😉
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