Mit der neuen Campagnolo Ekar 2021 machen die Italiener den Schritt zu 13-fach an einer neuen Gravelgruppe. Sie ist leicht und schaltet ausschließlich mechanisch – aber wie! Unsere ersten Testfahrten verliefen sehr vielversprechend. Wie das mechanische Meisterstück auf dem Kurs funktioniert, alle Gewichte und alle Übersetzungen findet ihr in unserem ersten Test der Campagnolo Ekar 1×13.
Die Grenze zur nächsten Gangzahl ist endgültig gebrochen. Mit der neuen Campagnolo Ekar kommt die erste 13-fach Gruppe eines der großen Schaltungshersteller – die bereits vorgestellte Rotor Uno 1×13 ist bis heute ein Nischenprodukt geblieben. Es ist bezeichnend, dass Campagnolo den Schritt zu „13“ mit einer Schaltgruppe macht, die ausdrücklich für den Einsatz am Gravelbike oder Allroad Bike gemacht ist. Dort hatten die Italiener bisher eine Lücke im Schaltungsprogramm, obwohl mit der Campagnolo Chorus durchaus potente Allroad-Übersetzungen und Bremsleistung zur Verfügung stehen. Für die Premiere im Gravelbike-Bereich haben sich die Erfinder des Schaltwerks nun Großes vorgenommen: Nichts Geringeres als die leichteste und zuverlässigste Schaltgruppe für Gravelbikes proklamiert Campagnolo für sich. Damit soll die Ekar anderen Gruppen wie der Shimano GRX (1×11 oder 2×11) oder der SRAM Force (1×11, 1×12 Funk, 2×12 Funk) Anteile abnehmen. Die wichtigsten Eckdaten:
Campagnolo Ekar 1×13: Infos & Preise
- Mechanische 1×13-Schaltgruppe mit hydraulischen Disc-Bremsen für Gravel, Allroad
- Nur 1-fach
- Carbon-Kurbel mit Stahlachse, Kettenblattwechsel ohne Demontage der Kurbel möglich
- Bandbreite der Übersetzung max. 467 %
- 4 Kettenblatt-Optionen 38, 40, 42, 44 T.
- 3 Kassetten-Optionen 9-36 T., 9-42 T., 10-44 T.
- Gedämpftes Schaltwerk ein Schaltwerk für alles
- Neuer N3W-Freilaufstandard per Adapter kompatibel zu 12-fach Gruppen
- 1×13 Ergopower Schalthebel 1 Schaltschritt pro Klick in jede Richtung
- Gewicht 2.385 Gramm (inkl. Bremsen)
- Verfügbar begrenzt sofort bzw. Oktober
- Infos https://www.campagnolo.com
- Preis 1.749 € (UVP)
Die 10 wichtigsten Fragen & Antworten zur neuen Campagnolo Ekar
- 13 Ritzel, bringt das wirklich noch Vorteile? Ja, denn die Zahl der möglichen kleinen Gangsprünge steigt und gleichzeitig können leichtester und schwerster Gang weiter auseinander liegen. In Kombination mit nur einem Kettenblatt (1×13) sind dadurch effizientes Pedalieren bei hoher Geschwindigkeit und leichtes Fortkommen am Berg theoretisch vereinbar. Campagnolo hat die Ekar entsprechend ausgelegt.
- Kleinstmögliche Übersetzung Abenteurer – so bezeichnet Campagnolo Fahrer, die weniger nach maximaler Geschwindigkeit streben, sondern vermehrt Wert auf das langfristige Fahrerlebnis legen. Die Adventure-Übersetzung der Ekar-Gruppe: 38 Zähne am Kettenblatt und eine 10-44-Abstufung an der Kassette.
- Größtmögliche Übersetzung Für den Einsatz bei höheren Geschwindigkeiten und damit insbesondere auch für den Einsatz bei elektrisch unterstützten Gravelbikes und Rennräder konzipiert bietet Campagnolo ein 44 Zähne umfassendes Kettenblatt an. Die größtmögliche Übersetzung in Kombination mit diesem Kettenblatt erhält man dann, wenn man dazu die „Endurance“-Kassette mit 9-36 Zähnen wählt.
- Kann man Ekar-Komponenten mit anderen Komponenten kombinieren? Nur ganz beschränkt. Schaltwerk, Freilauf, Kassette, Kurbel, Schalthebel, Kette und Kassette bilden ein geschlossenes System. Manche Campa-Laufräder können jedoch auf den neuen Freilaufstandard mittels Achstausch nachgerüstet werden. Verschiedene andere Laufradhersteller wie DT Swiss oder Tune werden den Freilaufstandard anbieten.
- Kann ich die Ekar-Gruppe mit meiner bestehenden Kurbel fahren? Nein, die Kette hat eine andere Breite.
- Gibt es eine Zweifach-Variante der Ekar? Nein. Campagnolo ist überzeugt, dass 1×13 im Gravelbereich die beste Lösung ist. Darüber hinaus würden bei 13 Ritzeln der Kassette zwei Kettenblätter nur wenig Sinn machen.
- Was wiegt die Gruppe? Mit der neuen Ekar-Gruppe möchte sich Campagnolo die Spitze des Gravelmarktes erobern. Was das Gewicht angeht, gelingt dies den Italienern bereits auf Anhieb: Mit einem Gesamtgewicht von 2.385 Gramm (inkl. Bremsen) sticht man alle vergleichbaren 1-fach Gravel-Schaltgruppen aus.
- Wo steht die Ekar im Vergleich zu anderen Schaltungsgruppen? Die Zielgruppe der neuen Schaltgruppe sind Fahrerinnen und Fahrer, die einerseits viel Wert auf Funktion und Langlebigkeit legen, zugleich aber hohe Maßstäbe an die Qualität der Produkte fordern. Firmenintern rangiert die Ekar etwas unterhalb der Campagnolo Chorus-Gruppe.
- Was kostet die Ekar-Gruppe? Mit einer Preisempfehlung von 1.749 € liegt die Gruppe zwischen dem Niveau einer SRAM Force eTap AXS 1×12 im Mullet-Build (ca. 2.000 €) und einer Shimano GRX RX815 Di2 1×11 Gravelgruppe (ca. 1.300 €). Die mechanischen 1×11-Gruppen von Shimano und SRAM sind deutlich günstiger und kosten unter 1.000 €.
- Wird es die Ekar auch elektronisch geben? Nein. Aktuell ist die Campagnolo Ekar eine rein mechanische Schaltgruppe. Campagnolo produziert aber elektronische Schaltgruppen – auf einer wurde gerade die Tour de France gewonnen.
Video: Campagnolo Ekar Techniküberblick
Im Detail
Komponenten Gewichte & Einzelpreise
In Sachen Gewicht haben die Italiener jetzt die Nase vorne. Mit 2.385 g ist der Vorsprung gegenüber der Shimano GRX 810 1×11-Gravelgruppe deutlich. Sie wiegt mit 40er Kettenblatt und 11-34er Kassette sowie Disc-Rotoren in vergleichbarer Größe 2.661 g (unsere Berechnung auf Basis der Herstellerangaben). Die SRAM Force eTap AXS kommt in einem vergleichbaren 1×12-Set-up mit 10-36er Kassette und 38-Zähne Kettenblatt auf 2.647 g. Die Gewichte und Preise der einzelnen Komponenten findet ihr in der Tabelle. Außerdem konnten wir die gesamte Gruppe bereits wiegen. Die Fotos zum Ausklappen findet ihr direkt darunter.
Gewicht | Preis | |
---|---|---|
Kurbel | 615,4 g (172,5 mm, 38T) | 347 € |
Kassette | 340 g (9-36T), 390 g (9-42T), 410 g(10-44T) | 265 € |
Schaltwerk | 275 g | 247 € |
Kette | 242 g (C-Link & Pin) | 48 € (C-Link), 46 € (Pin) |
Tretlager | 50 g | 33 € |
Bremskolben | 110 g (Vorderbremse inkl. Adapter Kit), 95 g (Hinterbremse inkl. Adapter Kit) | 382 € (rechter Brems-/Schalthebel, Bremskolben, Öl), 304 € (linker Brems-/Schalthebel, Bremskolben, Öl) |
Brems-/Schalthebel | 420 g (Paar) | s.o. |
Bremsscheiben | 157 g (160 mm), 123 g (140 mm) | 36 € |
Gesamt / Gruppe | 2.385 g | 1.749 € |
Ekar-Kurbel & ProTech-Innenlager
Die neue Ekar-Kurbel aus Carbon versteht Campagnolo als Dreh- und Angelpunkt der Gruppe. Das stimmt insofern auf jeden Fall, als dass ihr Lochkreis-Durchmesser (BCD) von 123 mm die mögliche Kettenblattgröße – oder besser Kleinheit – vorgibt. Viel kleiner wird es nicht gehen. Da zudem offiziell nur die Campa-Kettenblätter für den Einsatz mit der schmaleren 13-fach-Kette kompatibel sind, ist hier eine Grenze gesetzt. Die wichtigsten Eckdaten:
- Carbon-Kurbel mit Stahlachse
- Kettenblattwechsel ohne Demontage der Kurbel möglich
- Abnehmbarer Kurbelarm-Schützer
- Kettenblatt-Optionen 38, 40, 42, 44 T
- Q-Faktor von 145,5 mm
- Kurbellängen 165 mm, 170 mm, 172,5 mm oder 175 mm
- Kettenblattstandard 4 Arm / 123 mm (wie Chorus)
Technisch wartet das Set aus Kurbel und Innenlager – sie gehören zwingend zusammen – mit einigen Neuerungen auf. Sie sollen vor allem der Lebensdauer entgegen kommen, den Schutz vor Schmutz und den Lauf der Lager verbessern. Sehr überzeugend wirkt die neue Abdichtung. So soll eine zusätzliche Fase am Lager für eine perfekte Abdichtung zum Gehäuse sorgen.
Wie bei den anderen Campagnolo-Gruppen ist jeder der beiden Carbon-Kurbelarme mit einer Hälfte der Kurbelwelle verbunden. Die Lager sind auf der Achse verpresst, der 4-Loch-Spider ist ausschließlich für 1-fach Kettenblätter ausgelegt. Letzere sind typisch für den Einsatzzweck im Narrow-Wide-Prinzip angeordnet, bei dem sich dickere Zähne mit dünneren stets abwechseln, um ungewünschte Kettenabwürfe zu verhindern. Die passenden Aluminium-Kettenblätter der Ekar-Gruppe sollen äußerst einfach vom Spider der Kurbel demontiert werden können. Der Q-Faktor von 145,5 Millimeter ist vorteilhaft eng. Sehr gutes Detail: Standardmäßig wird die Ekar-Kurbel mit montierten Abdeckkappen für die Ausfallenden der Kurbelarme ausgeliefert – eine Stelle, an der Kurbeln auch bei achtsamem Umgang sehr schnell Kratzer und Riefen davontragen.
Für einen staub- und wassergeschützten Sitz hat Campagnolo Tretlager und Kurbel aufeinander abgestimmt. Neu ist die sogenannte ProTech-Technologie. Durch eine Fase an den Lagern sollen diese noch dichter mit den Lagerschalen abschließen. Im Inneren schützt ein Rohr aus Polyamid die Lager und die Achse vor Umwelteinflüssen.
N3W-Freilauf
Die Kassette passt ausschließlich auf den neuen N3W-Freilaufstandard von Campagnolo, der aber auch von anderen Herstellern eingesetzt werden kann. Laut Campa haben unter anderem bereits DT Swiss und Tune die offene Lizenz für den Freilauf erworben. Der Clou daran: Die kleinen Ritzel bilden eine Einheit, die quasi vor den Freilauf geschraubt wird. Das Werkzeug ist identisch mit dem bisherigen Campa Kassettenabzieher. Über einen Adapter, der zum Freilauf gehört, können auch ältere Road-Kassetten montiert werden.
Ekar-Kassette
Mit der Einführung des 9er Ritzel macht Campagnolo noch einen Schritt nach unten gegenüber SRAM, deren 10er Ritzel der SRAM eTap AXS Gruppen bisher die geringste Größe darstellte. Der Zweck ist identisch: Fein abgestufte Schaltschritte im Bereich der kleinen Ritzel für hohes Tempo und größere bei den leichten Gängen sollen die Campagnolo Ekar Kassette fit machen für das Fahren auf und abseits der Straße.
Konkret haben alle 3 Kassetten-Optionen in den 6 größten Gängen jeweils nur 1 Zahn mehr pro Schaltschritt. Wer die gleichmäßigste Abstufung über die gesamte Bandbreite will, greift zur 9-36 Kassette. Hier liegen alle Gangsprünge bis zum 9. Schaltschritt zwischen circa 6 % und circa 13 %. Die maximale Bandbreite von 467 % gibt es mit der 9-42-Kassette.
Zum Vergleich: SRAM bietet an der 12-fach eTap AXS ebenfalls 1 Zahn pro Schritt in den schwersten 6 Gängen mit der 10-33er Kassette an. Bei der breiter gespreizten SRAM Force eTap AXS Wide sind gibt es sie dagegen nur in den schwersten 4 Gängen.
Ritzel (sortiert nach Größe) | Campagnolo Ekar 1x13 9-36T | Campagnolo Ekar 1x13 9-42 | Campagnolo Ekar 1x13 10-44 | Vergleich: SRAM 1x12 10-50 |
---|---|---|---|---|
1 | 9 | 9 | 10 | 10 |
2 | 10 | 10 | 11 | 12 |
3 | 11 | 11 | 12 | 14 |
4 | 12 | 12 | 13 | 16 |
5 | 13 | 13 | 14 | 18 |
6 | 14 | 14 | 15 | 21 |
7 | 16 | 16 | 17 | 24 |
8 | 18 | 18 | 19 | 28 |
9 | 20 | 21 | 22 | 32 |
10 | 23 | 25 | 26 | 36 |
11 | 27 | 30 | 32 | 42 |
12 | 31 | 36 | 38 | 50 |
13 | 36 | 42 | 44 | |
Bandbreite | 400 % | 467 % | 440 % | 500 % |
Was bedeutet das im Fahren? Als Beispiel haben wir die am breitesten gespreizte und universellste Kombination einmal im Ritzelrechner durchspielen lassen. Mit 38er Kettenblatt und 9-42er Kassette sieht das dann so aus: Im leichtesten Gang kommt man mit 60 U/min auf rund 7 km/h (42-622 Reifen). Wer seine Zeiten schonmal angeschaut hat, weiß, dass das an einem Anstieg von 10 % im Wald immer noch nicht ganz einfach zu treten ist. Auf der Speed-Seite dagegen kann man mit 100 U/min auf rund 57 km/h kommen, genug um auf der Straße mitzutreten, wenn es flach bergab geht. Um es gleich zu sagen: Größere Kettenblätter als das 38er mit der Ekar zu fahren, halten wir bestenfalls im sportlichen Allroad-Einsatz für angebracht. Für einen Überblick haben wir alle 3 Kombinationen mit 38er Kettenblatt im Ritzelrechner eingegeben:
- Campagnolo Ekar Übersetzung 38 T zu 9-36 T
- Campagnolo Ekar Übersetzung 38 T zu 9-42 T
- Campagnolo Ekar Übersetzung 38 T zu 10-44 T
Einen kleinen Haken hat der Übersetzungsreichtum in Kombination mit nur einem Schaltwerk bei der neuen Campa Ekar: Wer die gesamte Übersetzung um mehr als 4 Zähne ändern will, muss laut Hersteller die Kette neu ablängen (oder verlängern). Sprich: 9-36er Kassette statt 9-42er Kassette anbauen bedeutet: Kette anpassen. Der unwahrscheinliche Fall eines Kettenblattwechsels von 38 auf 44 bedeutet ebenfalls: Kette anpassen. Ob das in der Praxis tatsächlich eine so gravierende Rolle spielt, wie Campagnolo angibt, wird sich zeigen müssen.
Schaltwerk
Das neue Ekar-Schaltwerk kann alle drei Kassettengrößen bedienen und ist gezielt auf das Gravelbike ausgelegt. Ein eingebauter Schwingungsdämpfer verhinderte im Test sehr effektiv das Schlagen der Kette. Damit der Laufradausbau trotz sehr hoher Spannung leicht fällt, kann das Schaltwerk nach hinten geschwenkt und festgestellt werden, wie von anderen Marken bekannt. Dabei gefiel uns der Campagnolo-Mechanismus gegenüber anderen dadurch, dass er einfach und vor allem mit der geringsten Gefahr dreckiger Finger durchgeführt werden kann. Das Schaltwerk ist aus Aluminium und Carbonfaser-verstärktem Kunststoff gefertigt. Alle Einstellschrauben und auch die Stellschraube für die Zugspannung sind solide gearbeitet, sitzen satt – es ist ein haptisches Erlebnis, sie zu drehen. Die Schaltwerksröllchen verfügen oben 12 und unten 14 Zähne.
Ergopower
Campa-Fahrer werden sich beim Griff an die neuen Ekar Ergopower-Hebel in vertrauter Sicherheit wiegen. Der Griffkörper der 1×13-Schalthebel ist den Road-Ergopowern sehr nahe. Auch die Schaltlogik mit der Trennung von Schalten und Bremsen ist gewohnt: Ein schwererer Gang wird per Daumendruck eingelegt, ein leichterer über die Schaltwippe hinter dem Bremshebel – letztere hat eine schön angeraute Oberfläche und war im Test sehr griffig. Neu ist, dass jeweils per Daumenhebel nur 1 Gang runtergeschaltet werden kann. Richtung „leicht“ sind 3 Gänge möglich. Neu ist auch die Form des Daumenhebels: Er ist jetzt aus dem Unterlenker viel einfacher zu erreichen. Im Test störte seine neue Form auch in Bremsgriffhaltung nicht. Die Griffweite ist getrennt vom Druckpunkt einzustellen.
Für alle, die gerne selber schrauben, warten die neuen Ekar Ergopower mit ein paar Highlights auf. So kann bei eventuellen Problemen die Schaltmechanik separat von der Hydraulik repariert werden. Außerdem kommen die Hydraulikleitungen befüllt und mit einer Einfädelhilfe für die Innenverlegung. Laut Campagnolo können sie angeschlossen werden, ohne danach eine Entlüftung zu benötigen.
Disc-Bremsen
Damit zu den Disc-Bremsen der Campagnolo Ekar – auch hier hat sich etwas gegenüber den Road-Gruppen getan. Es handelt sich nun um eine Campagnolo-Eigenentwicklung statt einer Kooperation mit Magura. Wie gehabt dient Mineralöl als Bremsmedium. Auch die Beläge haben sich nicht geändert (DB310, organisch). Aber die Bremssättel sind eine Neuentwicklung und nun für vorne und hinten identisch. Sie sind auf 140 mm Disc-Rotoren ausgelegt und werden per Adapter an den Einbauort angepasst. Den Bremsscheiben hat Campagnolo besondere Aufmerksamkeit gewidmet, sie sind trotz des Gewichtsvorteils der Gruppe eher schwer. Das spricht für eine potentiell gute Wärmeableitung der Bremshitze und standfeste Funktion.
Kette
Ketten sind eine Domäne von Campagnolo. Die neue 13-fach-Kette der Campa Ekar ist eine Eigenentwicklung und soll nicht mit anderen Kettenblättern als denen der Ekar-Gruppe kompatibel sein. Zum Ablängen und Verschließen dient standardmäßig ein Nietstift. Fürs Vernieten wird jedoch das teure und große Campa Spezialwerkzeug (UTCN400) benötigt. Auch ein Kettenschloss soll es demnächst geben, was unterwegs hilfreich sein kann.
Gravelbikes mit Campagnolo Ekar
Laut Campagnolo haben bereits einige große Hersteller zum Start Gravelbikes mit der neuen Ekar-Gruppe im Modellprogramm. Sie gehören preislich eher der oberen Mittelklasse bis Oberklasse an. So wird es das Wilier Jena Carbon in einer Ekar-Spezifikation mit Shamal Carbon DB 21 für 5.600 € geben sowie mit Wilier-Laufrädern auf Alufelgen-Basis für 4.700 €. Ridley wird das neue Kanzo Fast auch mit der Ekar ausstatten, auch das Specialized Diverge soll um ein Modell mit Ekar ergänzt werden, zu dem wir aber noch keine Details haben. Außerdem ist 3T mit dem Exploro unter den Ekar-Debütanten.
Campa Ekar – erster Test
Sie schaltet schnell, sehr schnell – für eine mechanische Gruppe überraschend schnell und exakt. Das ist der bestimmende Eindruck nach der ersten kurzen Testfahrt mit der Campagnolo Ekar. Wir konnten die Gruppe eine Stunde lang auf Offroad-Terrain vor den Toren des Campagnolo Service Centers in Leverkusen fahren. Sprich: verschlungene Waldwege, Kieswege, aber keine langen Steigungen (und kein Schlamm). Montiert war die Ekar 1×13 mit 38er Kettenblatt und 9-42er Kassette an einem Ridley Kanzo Gravelbike, bei dem alle Züge durch den Rahmen, aber nicht durch das Cockpit verlegt sind. Das ist deshalb erwähnenswert, weil die Schaltvorgänge tatsächlich so schnell erfolgten und immer 100 % saßen und die Zugverlegung hier durchaus Einfluss nehmen kann.
Die Schaltwippe und der Bremshebel (aus Alu) gefielen mit ihren fein angerauten Oberfläche, die sie sehr griffig machen. Der Schaltvorgang an der Wippe nach oben benötigt gefühlt so wenig Kraft wie bei anderen mechanischen Systemen. Dabei ist die Wippe auch für kleine Hände sehr gut erreichbar. Zum Schalten in einen schwereren Gang über den Daumenhebel genügt ein sehr leichter Druck, dennoch fällt der Vorgang knackig und definiert aus. Weil es so schnell geht, kann man die Gänge aus der Bremsgriffposition gefühlt förmlich abfeuern. Eine Multi-Shift-Option habe ich deshalb nicht vermisst. Aus der Unterlenkerposition läuft der Vorgang nicht ganz so intuitiv, gegenüber dem bekannten Daumenhebel ist die Ekar-Form aber viel leichter zu erreichen und zu betätigen. Gleiches gilt für die Bremshebel, die stärker ausgeformt sind und so sehr sicher in den Fingern liegen.
Vorbildlich war auch das Schaltverhalten unter Last, bei dem die Kette in beide Richtungen leicht über die Ritzel geht. Das dabei erwartbare Krachen im Getriebe fällt etwas leiser aus als bei manchen anderen Ritzelpaketen. Kettenabwürfe gab es trotz Wurzelpassagen und Tragen nicht.
Besondere Aufmerksamkeit richtete ich auch auf die Laufgeräusche der Kette auf den kleinen und dem kleinsten Ritzel. Es liegt nahe, dass sich der Wirkungsgrad aufgrund der engeren Umschlingung hier verschlechtert und das Ablaufen unrunder wird. Spürbar war beides nicht, aber Klarheit über die tatsächlichen Reibungsverluste bringen nur Messungen. Auch die Dämpfung des Schaltwerkes funktioniert 100 % zuverlässig – den geringen Geräuschen am Antriebsstrang nach zu urteilen.
Die Campagnolo Ekar-Bremsen waren auf dem eher flachen Kurs deutlich unterfordert. Sie gefielen aber mit der gleichen hervorragenden Dosierbarkeit wie die Disc-Bremsen der Straßengruppen. Die Kraftentfaltung ab dem Druckpunkt setzt weniger plötzlich und bissig ein als bei anderen Road-Bremsen, etwa von Shimano. Meiner persönlichen Meinung nach ein Verhalten, das beim Graveleinsatz und Straßeneinsatz mit den doch eher geringen Kontaktflächen der Reifen eher Vorteile hat – zumal die Bremskraft am Ende nicht geringer erscheint.
Noch ein Wort zu den Laufrädern, deren Auswahl ja zumindest anfänglich eingeschränkt sein wird: Im Ridley Kanzo drehten sich die neuen Campagnolo Shamal Carbon DB Allroad-Laufräder. Sie wirkten ausgesprochen seitensteif, der Freilauf ist immer schnell im Eingriff. Und nicht zuletzt ist das Finish des Carbons, das laut Campagnolo nicht nachbehandelt wird, nachdem es aus der Form entnommen wurde, ein Augenschmaus.
Unterm Strich: Ein Schalt- und Bremsverhalten, das sich für ambitionierten Einsatz mit häufigen Gang- und Tempowechseln andient. Ob die Komponenten auch unter widrigen, nassen und schlammigen Bedingungen bestehen, war nicht zu testen. Wir bemühen uns um Testprodukte, um das Versprechen der ausgesprochen guten Dauerhaltbarkeit auf die Probe zu stellen.
Fazit @Rennrad-News.de
Wieder ist es Campagnolo, die den nächsten Schritt im Ritzelreigen der großen Schaltungshersteller einläuten: Während alle Welt schrittweise auf E-Schaltungen umschaltet, glaubt Campagnolo mit der 1x13-Gang-Gravelgruppe Ekar an die Zukunft der Mechanik. Außer dem 13. Ritzel sind keine vollmundigen Technikwunder vollbracht. Aber nach dem ersten Fahren können wir sagen: Wie die Schaltmechanik und Ergonomie hier Hand in Hand gehen, ist aller Ehren wert. Die Gangwechsel erfolgen superschnell, sitzen immer direkt, auch wenn der Untergrund rau ist, und es rasselt nirgends. Die Campagnolo Disc-Bremsen sind in punkto Dosierung und Leistungsabgabe unserer Meinung nach ohnehin vielleicht die beste Wahl zur Zeit für Räder mit Rennlenker. Das Schaltwerk ist dem Geländefahren gewachsen, macht den Radausbau leicht und die Kette flog nie ab, lief leise. Noch dazu hat man in Sachen Leichtgewicht die Messlatte höher gelegt. Sehr überzeugend auf dem Papier ist auch das Konzept für die Dichtung und Langlebigkeit.
Und? Ist die neue Ekar so viel besser, dass man ein Rad mit ihr statt mit SRAM Force eTap AXS 1x12 oder Shimano GRX RX810 1x11 haben will? Schwer zu sagen. Wer maximale Kompatibilität (oder gewohnte Logik) haben will, wird wohl weiter zu Shimano greifen oder auch dorthin geführt, weil die Auswahl an Rädern mit der Gruppe einfach um ein Vielfaches größer ist. Wer einfachste Schaltlogik und minimale Wartung will, wird zur Force eTap tendieren. Aber wer Wert auf Funktion unabhängig vom Stromnetz legt und gleichzeitig feine Gangabstufungen für sportliches Fahren an einer 1-fach-Gravelgruppe will, für den gibt es jetzt endlich eine Alternative. Schön, dass Campa die Mechaniktradition hoch mit diesem 13 Gänge Feinkost-Menü hochhält! Wir sind gespannt, wie Nutzererfahrungen auf Dauer ausfallen. Bitte nur noch eine echte Adventure-Kurbel für kleinere Kettenblätter nachreichen...
Pro / Contra
Pro
- Einfache Schaltlogik
- Sehr direktes und exaktes Schaltverhalten
- Einmalige Kombination von großer Bandbreite mit kleinen Gangsprüngen bei 1-fach
- Geringes Gewicht
- Sehr gute Hydraulik-Bremsen
- Technik verspricht Robustheit
- Geringere Schaltwerk-Ersatzteilkosten im Vergleich zu Funkschaltung
Contra
- Wieder ein neuer Freilaufstandard
- Seltener Lochkreisdurchmesser
- Keine kleineren Kettenblätter als 38 Zähne zu haben
- Verschleißfrage des 9er Ritzels offen
- Kettenlänge muss bei starkem Übersetzungswechsel angepasst werden
13 Gänge und nur ein Kettenblatt! Glaubt ihr, dass dies die optimale Lösung für den Gravelbereich ist?
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