Ortlieb Seat-Pack QR Satteltasche im Test: Ein Schnellmontagesystem soll das Bikepacking-Leben mit der neuen Ortlieb Satteltasche einfach machen. Außerdem soll die wasserdichte Tasche mit Variostützen-Kompatibilität und einem wedelfreien Sitz überzeugen. Ob das gelungen ist, erfahrt ihr pünktlich zum Launch der neuen Satteltasche in unserem Test.
Ortlieb Seat-Pack QR: Infos und Preise
Mit dem 13 Liter fassenden Seat-Pack QR (Quick Release) setzt Ortlieb den mit dem im vergangenen Jahr vorgestellten Handlebar-Pack QR eingeschlagenen Weg fort: Die Verbindung der Tasche mit dem Rad erfolgt über eine Hardware-Lösung, die eine schnelle (De-)Montage ermöglicht und bei der keine Teile am Rad verbleiben. Dies unterscheidet das Seat-Pack QR von Satteltaschen US-amerikanischer Hersteller wie der Spinelock von Revelate Designs, bei der die Aufnahme für die Tasche am Sattelgestell verbleibt oder der Mr. Fusion von Rockgeist (ehemals Porcelain Rocket), wo ein Harness-System mit fest montiertem Mini-Gepäckträger den Packsack aufnimmt.
- Höhe ca. 21 cm (hinten, 4-fach gerollt)
- Länge ca. 50 cm (4-fach gerollt)
- Breite ca. 22 cm (am hinteren Ende der Seat-Lock Basisplatte)
- Volumen 13 L
- Gewicht 625 g (Herstellerangabe); 612 g (nachgewogen)
- Max. Zuladung je nach Einstellung 3 kg, 4 kg oder 5 kg
- Material Nylon, PU-beschichtet
- Farbe black-matt
- Platzbedarf an der Sattelstütze ca. 3 cm (ohne Adapterschelle); 4,3 cm (mit Adapterschelle)
- Schutzgrad IP64 (spritzwassergeschützt aus allen Richtungen und staubdicht) bei drei- bis viermaligem Rollen des Verschlusses
- Lieferumfang Seat-Pack QR mit Seat-Lock Befestigungssystem, Adapterschelle für Dropperposts inkl. Shims
- Herstellungsort Deutschland
- Verfügbarkeit ab sofort
- www.ortlieb.com
- Preis 159,99 € (UVP)
Im Detail
Gewichtsmäßig schlägt die 612 g (nachgewogen) schwere Bikepacking-Tasche aus Heilsbronn die Konkurrenz aus den USA: Zwischen knapp 50 g (Mr. Fusion) und fast 150 g (Spinelock 16 L) beträgt der Unterschied zugunsten des Seat-Pack QR. Dass dieser Unterschied teils derart deutlich ausfällt, verwundert angesichts des ersten Eindrucks von der Ortlieb Tasche fast schon ein wenig. Das Seat-Pack QR wirkt extrem robust. Das liegt vor allem an der massiven, seitlich etwas heruntergezogenen Kunststoffplatte. Sie erstreckt sich mit einer Länge von etwa 30 cm über den oberen Bereich des Tascheninneren. Diese Platte verhindert ein Abknicken der Tasche nach unten und ist außerdem die Basis für das gänzlich neu entwickelte Seat-Lock System. Mehr zu diesem Herzstück des Seat-Pack QR später.
Verschlossen wird das Seat-Pack QR wie ein Drybag, denn die Gegenstücke für die Schnallen befinden sich, anders als bei den Seat-Packs ohne QR, nicht mehr seitlich an der Tasche. Passend zur Verwendung mit einer absenkbaren Stütze und an vollgefederten Bikes hat Ortlieb dem Seat-Pack QR zudem einen großzügigen Schutz an der Unterseite verpasst, der die Tasche vor Beschädigungen durch Reifenkontakt bewahrt und darüber hinaus zur idealen Form der Tasche beiträgt – die vier Abspanngurte laufen durch Öffnungen im Randbereich der Schutzplatte.
Ansonsten finden sich am Seat-Pack QR die bereits von den anderen Satteltaschen aus Ortliebs Bikepacking-Kollektion bekannten Features: Ein integriertes Ventil dient dem Ablassen überschüssiger Luft beim Komprimieren, eine elastische Kordel fixiert zusätzliches Gepäck, reflektierende Elemente erhöhen die Sichtbarkeit und eine Daisy-Chain erlaubt das Einhängen eines Rücklichts.
Von den speziell für Variostützen konzipierten Satteltaschen anderer Hersteller wie der Revelate Designs Vole, der Rockgeist Gondola oder der Bedrock Bags Black Dragon unterscheidet sich das Seat-Pack QR primär durch das Volumen. Dieses fällt in etwa doppelt (Revelate Designs, Bedrock Bags) beziehungsweise fast dreimal so hoch (Rockgeist) aus. Erwartungsgemäß sind die drei genannten Taschen größen- und konstruktionsbedingt allerdings auch entsprechend leichter als das Seat-Pack QR.
Jedoch lässt sich das Plus an Volumen des Seat-Pack QR in Verbindung mit einer absenkbaren Sattelstütze nur dann voll nutzen, wenn es sich um relativ leichtes, voluminöses Gepäck wie einen Drei-Jahreszeiten-Daunenschlafsack handelt. Geht es bei der Zuladung in Richtung der maximal möglichen 5 kg, dürfte dies meisten Dropperposts daran hindern, nach dem Absenken wieder auszufahren. Zudem geht wegen der für dieses Gewicht erforderlichen Positionierung des Adapters am Standrohr der Stütze der meiste Verstellweg verloren. Das möchte man in der Regel dort, wo eine absenkbare Stütze wirklich von Vorteil ist, eher vermeiden. Ausnahme: Der Federweg am Hinterbau und/oder ein kurzes Sitzrohr machen eine tiefere Positionierung am Tauchrohr der Sattelstütze erforderlich, um Reifenkontakt beim Absenken zu verhindern.
Funktion, Einstellung und Montage
Bei der Einstellung und Montage des Seat-Pack QR dreht sich alles um das neu entwickelte Seat-Lock System. Dieses sitzt auf einer Trägerplatte im vorderen Bereich der Tasche und verfügt über einen Schlitten, der beidseitig in einer Schiene geführt und mittels vier M4-Innensechskantschrauben arretiert wird. Zur besseren Einstellbarkeit ist der Kunststoff, der die beiden Schienen umgibt, innen geriffelt. Diese Markierungen erhöhen zusätzlich die Reibung und tragen so mit zum sicheren Sitz des Schlittens bei. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass beim Serienmodell der Tasche hier auch die maximal mögliche Zuladung (3 kg, 4 kg oder 5 kg) des jeweiligen Einstellbereichs abzulesen ist. Bei der Testversion, einem Vorserienmodell, fehlt diese Angabe noch.
Der vollständige Text zu Einstellung und Montage zum Ausklappen:
Zwei mittig im Schlitten platzierte Kunststoff-Haken umschließen den Knick im Sattelgestell und verbinden das Seat-Pack QR mit dem Sattel. Die Sattelstütze wird von einer halbkreisförmigen Öffnung der Trägerplatte umschlossen und das Seat-Pack QR mit einem Klettgurt fixiert.
Dieser Kontaktpunkt bestimmt auch die maximal von Ortlieb freigegebene Zuladung: Je weiter dieser vom Stützenkopf entfernt ist, desto weiter kann der Schlitten nach hinten geschoben werden und desto mehr Gepäck ist möglich. Die Fotos am MTB zeigen das Seat-Pack QR in der Einstellung, die die größtmögliche Absenkung der Stütze erlaubt, am Gravelbike ist es in der Position montiert, die bis zu 5 kg Zuladung zulässt.
Für die Anpassung an den Sattel werden zunächst die vier Innensechskantschrauben gelöst und die Kompressionsgurte gelockert. Für eine erste Orientierung kann die Satteltasche an die Stütze gehalten werden. So wird ersichtlich, auf welcher Position sich der Schlitten in etwa befinden muss, damit die Haken im Knick des Sattelgestells eingehängt werden können. Am besten funktioniert dies, wenn das Seat-Pack QR, von Hand und Unterarm abgestützt, gegen die Sattelstreben gedrückt wird, bis die beiden Haken einrasten. Hilfreich kann es sein, die Hebel mit der freien Hand nach oben zu bewegen und das System an einer Seite einrasten zu lassen. Nun hängt die Tasche an einer Sattelstrebe, muss nicht mehr abgestützt werden und lässt sich an der zweiten Strebe bequem einklicken. Falls erforderlich, wird anschließend noch die Positionierung optimiert – Ziel ist hierbei, im Rahmen des gewünschten Zuladungsbereichs den Abstand zwischen Trägerplatte und Stützenkopf zu maximieren sowie die Distanz zum Sattel zu minimieren.
Ist die ideale Einstellung gefunden, wird das Seat-Pack QR vorsichtig wieder entfernt, indem die Haken über die Hebel in Richtung Sattel gedrückt werden, wodurch die Verriegelung gelöst wird. Ein Blick auf die Markierungen neben dem Schlitten hilft bei der Orientierung, falls der Schlitten beim Entfernen vom Sattel verrutschen sollte. Anschließend werden die vier Schrauben angezogen und die Anpassung der Satteltasche auf Sattel und -Stütze ist abgeschlossen.
Wie schon beim Handlebar-Pack QR gehen sowohl die Anbringung als auch die Demontage des Seat-Pack nach ein paar Durchgängen intuitiv von der Hand und machen dem Zusatz „QR“ alle Ehre. Verglichen mit Soft-Satteltaschen, bei denen jede Montage ein Durchfädeln der Gurte durch das Sattelgestell und ein Einhängen an der Tasche erfordert, fällt die durch das Seat-Lock System erzielte Zeitersparnis immens aus. Wichtig ist, die Tasche nach dem Einhängen am Sattelgestell und dem Fixieren an der Sattelstütze unbedingt mit den seitlichen Kompressionsgurten abzuspannen. Dies ist notwendig, damit die Haken des Seat-Lock Systems fest am Sattelgestell sitzen, um das Seat-Pack QR auch auf ruppigem Geläuf sicher an Ort und Stelle zu halten.
Für die Verwendung des Seat-Pack QR mit einer Dropperpost sollte zwingend der mitgelieferte Adapter montiert werden. Dieser ist über die ebenfalls mitgelieferten Shims auf Stützendurchmesser von 22, 25 und 26 mm anpassbar und begrenzt den Verstellweg der Stütze nach unten. Außerdem schützt er das Standrohr der Stütze vor Kratzern und verhindert eventuelle Beschädigungen der Dichtungen durch das Klettband. Angesichts der Tatsache, dass ähnliche Lösungen von Wolftooth oder Apidura zwischen 25 € und 30 € kosten, ist es lobenswert, dass Ortlieb den Adapter standardmäßig beilegt.
Allerdings gibt es beim Seat-Lock System auch einen Wermutstropfen: Konstruktionsbedingt gibt Ortlieb das Seat-Pack QR nicht für Sättel mit Carbonstreben und Sattelstützen aus Carbon frei – eine Einschränkung, die es mit dem Handlebar-Pack QR gemein hat.
Auf dem Trail
„Wie Sie merken, merken Sie nichts“ – so in etwa lässt sich der Eindruck zusammenfassen, den die Tasche während der ersten Ausfahrt hinterlassen hat. Dieser Eindruck sollte sich im weiteren Verlauf auch nicht mehr ändern, denn Ortlieb ist es mit dem Seat-Lock Befestigungssystem tatsächlich gelungen, Seitwärtsbewegungen völlig zu eliminieren. Das Seat-Pack QR sitzt fest an Ort und Stelle. So fest, dass man sich mitunter dabei ertappt, sich beim Stopp an einer roten Ampel zu vergewissern, wirklich eine Tasche am Sattel zu haben. Besonders Bikepacking-Neulinge dürfte dies freuen, denn das richtige Packen einer Satteltasche kostet mitunter einiges an Zeit und Nerven. Hier muss, je nach Modell, teils penibel auf die Anordnung des Inhalts geachtet werden, um der Tasche eine feste Struktur zu geben und so ein Wackeln oder gar Abknicken zu verhindern.
Anders beim Seat-Pack QR: Selbst sperrige und eher unflexible Gegenstände lassen sich sicher verstauen, ohne einen großen Aufwand betreiben zu müssen. Für eine Testfahrt zu einem nahegelegenen See wurde das Seat-Pack QR mit zwei Mini-Campingstühlen von Helinox beladen und ließ sich dabei problemlos so abspannen, dass kein Klappern zu hören war.
Diese Eigenschaft macht die Satteltasche auch interessant für Pendler*innen, die Wechselkleidung und/oder ein zweites Paar Schuhe mit zur Arbeitsstelle nehmen möchten. Das schnelle Abnehmen und Anbringen der Tasche wird diese Zielgruppe ebenso zu schätzen wissen wie Bikepacker*innen und Tourenfahrer*innen, die ihr Gepäck bei sich am Schlafplatz haben wollen, um dort bequem aus- und wieder einpacken zu können. Geht es am nächsten Tag durch technisch anspruchsvolles Gelände weiter, ist die schützende Bodenplatte ein willkommenes Feature, das nicht nur die Tasche vor möglichem Reifenkontakt schützt, sondern auch ein Ausbeulen des Seat-Pack QR nach unten verhindert – unabhängig davon, wie der Inhalt in der Tasche angeordnet ist. Dies gewährleistet den Erhalt des maximal möglichen Abstands zum Hinterrad und die möglichst effektive Nutzung einer absenkbaren Sattelstütze.
Auf Ausfahrten, bei denen die Geschwindigkeit im Vordergrund steht, freut man sich darüber, dass die Tasche auch beim Ortsschildsprint oder beim Bezwingen einer Steigung im Wiegetritt regungslos am Sattel sitzt. Biker*innen, die bei ihren Touren hingegen eher Wert auf Komfort legen und daher mit weniger minimalistischer Ausrüstung unterwegs sind, profitieren von der hohen möglichen Zuladung des Seat-Pack QR sowie dem Volumen von bis zu 13 Litern. Dank des geringen Platzbedarfs an der Stütze und lediglich 5 cm Mindestabstand zum Hinterreifen ist Ortliebs neue Satteltasche außerdem eine echte Option für Fahrer*innen kleiner Rahmengrößen oder von Bikes mit geringem Stützenauszug.
Fazit
Mit dem Seat-Pack QR ist es Ortlieb gelungen, eine Satteltasche zu entwickeln, die sich sehr flexibel nutzen lässt und Einsatzbereich-übergreifend eine große Zielgruppe anspricht. Das neu entwickelte Seat-Lock System ist durchdacht und mit seiner Funktionsweise ein Alleinstellungsmerkmal, das nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis Vorteile mit sich bringt.
Wer auf der Suche nach einer Satteltasche ist, die auf Bikepacking-Touren, langen Rennrad- und Gravelausfahrten, dem Weg zur Arbeit und einem Trail-lastigen Alpencross gleichermaßen eine gute Figur macht, sollte sich das Seat-Pack QR von Ortlieb unbedingt genauer anschauen – vorausgesetzt, es ist kein Sattel mit Carbonstreben und/oder keine Sattelstütze aus Carbon am Bike verbaut.
Pro / Contra
Pro
- schnelle (De-)Montage
- wasser- und staubdicht
- fester, wackelfreier Sitz
- Variostützen-kompatibel (Adapter im Lieferumfang enthalten)
- geringer Platzbedarf an der Sattelstütze
Contra
- systembedingt schwerer als Soft-Bags mit vergleichbarem Volumen
- nicht kompatibel mit Sattelgestellen und -Stützen aus Carbon
Seid ihr gerne mit Satteltaschen unterwegs?
21 Kommentare