Jan, Rennrad-News: Du bist beim Belgian Waffle Ride in Utah, USA, aufs Podium gefahren. Glückwunsch dazu erst einmal. Ich persönlich, als Klassikerfan, mag ja den Titel. Das Rennen startete bereits vor 10 Jahren zum ersten Mal und gilt als eine Hommage an belgische Frühjahrsklassiker. Es enthält traditionell viele „Offroad-Sektoren“ anstatt der Kopfsteine und Hellingen und es werden Belgisches Bier und Waffeln gereicht. Inzwischen ist es eine ganze Rennserie mit vier Austragungsorten. Du bist das Event in Utah gefahren, das über 209 km führt. Man kennt dich eher als Bergfahrer, denn als Klassikerspezialist. Wie lief es? Wer waren deine härtesten Gegner?
Paul: Das Rennen lief eigentlich zu 80 Prozent auf Gravel, der Rest war Straße. Wir sind gleich sportlich losgefahren. Nach ungefähr 35 km habe ich mich dann entschieden, eine Vorentscheidung herbeizuführen. Ich bin dann bei der ersten Gravel Passage, die auch ein bisschen technisch war, mit Sand, etwas Windkante, direkt von vorne gefahren. Das hat dann auch gleich eine Gruppe aus dem Feld gelöst. Wir kamen dann aus diesem Stück mit vier Fahrern raus, der spätere Gewinner Peter Stetina, der Zweite Griffin Easter und noch ein anderer Fahrer.
Wenig später bin ich leider gestürzt, weil ich mit meinem Vorderrad das Hinterrad von einem anderen Fahrer berührt habe. Durch den Sturz, der viel Zeit gekostet hat, bin ich dann in einer zehn oder zwölf Mann starken Gruppe gelandet. Es gab immer wieder Attacken, das Tempo war hoch, es gab einen Anschluss. Ungefähr bei Kilometer 120 haben Stetina und Griffin das Tempo noch mal richtig erhöht und wir konnten uns wieder zu viert absetzen, später zu sechst. In den letzten schweren Anstieg sind wir dann zu sechst gefahren. Der war 4 km lang und im Schnitt 9 % steil, aber eigentlich über 3 km so um die 10 % bis 14 % knonstant steil, auf Schotter. Meine Übersetzungen waren auf jeden Fall hart an ihrer Grenze, und ich konnte den beiden nicht mehr folgen
In der Abfahrt, auf dem technischen Stück konnte ich dann wieder zwei Fahrer einholen. Ich wusste, dass ich auf den technischen Passagen besser sein werde, von daher habe ich mich am Anstieg auch vorher darauf konzentriert, mein eigenes Tempo zu fahren. Die Abfahrt war dann 4 km Singletrail, die man auch eher mit dem MTB hätte fahren können. Da habe ich dann alle wieder überholt, sogar den Zweitplatzierten, der aber wieder auf dem Asphalt aufschließen konnte. Am Schluss hatte ich dann Krämpfe und konnte ihn nicht halten, da merke ich dann doch, dass mir die Rennhärte fehlt, durch die wenigen Rennen, die ich habe.
Am Ende bin ich aber jetzt mit dem dritten Platz mega happy. Da hat sich die US-Reise definitiv schon gelohnt.
Gab es noch andere Fahrer*innen aus D im Rennen?
Ich war der einzige deutsche Fahrer vor Ort. Es waren eigentlich nur Amerikaner*innen und Kanadier*innen am Start.
Du bist in dieser Saison richtig ins Gravel Rennen eingestiegen und fährst sozusagen eine Renntournee in den USA. Wie anders ist das als Profi-Rennen?
Da drüben ist es auf jeden Fall komplett anders, als es in Europa ist. Die Rennen sind richtige Rennen. Es ist nicht wie bei uns, wo Rides ja eher Events sind (zum Beispiel der Gravel Fondo oder die Schwalbe Gravel Games, Anmerkung der Redaktion). Es geht in den USA wirklich um die Performance, da braucht man auf jeden Fall das richtige Equipment. Es ist alles ähnlich, wie es bei Straßenrennen ist.
Inklusiver ist es aber auf jeden Fall auch. Es gibt ungeschriebene Gesetze, die jeder befolgt. Dadurch gibt es mehr Kameradschaft, Unterstützung und Zusammenhalt und man versucht, sich nicht gegenseitig fertig zu machen.
Unterscheiden sich Gravel-Rennen dort untereinander stark?
Ja, die unterscheiden sich schon stark voneinander. Der Belgian Waffle Ride in Utah war schon großteils ein klassisches Gravel-Rennen, dennoch waren auch viele harte Singletrails dabei und etwas Asphalt. Der Belgian Waffle Ride in San Diego führte zum Beispiel dagegen über sehr, sehr viel Asphalt. Von daher: Es gibt schon große Unterschiede.
Deshalb finde ich es auch schwierig, Graveln so in eine Schublade zu stecken. Jedes Gebiet auf der Welt hat ja seine eigene Topograhie und Gravel-Belagsarten. Es gibt echte Highspeed-Kurse, bis hin zu technisch sehr anspruchsvollen, bis hin zu auch sehr bergigen.
Was sagst du zur UCI Entscheidung, Gravel-Rennen zu lizenzieren? Fährst du die Rennserie dann mit?
Dazu kann ich eigentlich nicht viel sagen, weil ich nicht weiß, welche Rennen es dann letztendlich werden. Ich weiß aber schon, dass wahrscheinlich keins der großen internationalen Rennen Teil dieser Serie sein wird. Wenn es dann so eintritt, kann man auf jeden Fall die sportliche Relevanz infrage stellen. Ich werde mir das angucken und dann entscheiden, ob ich mich für die WM qualifizieren will oder ob ich wieder dieses amerikanische Programm fahre und dann ein paar europäische Bikepacking-Events fahren werde, wie ja zuletzt das Badlands. Das macht mir einfach auch sehr viel Spaß.
Glaubst du, es wird auch in Deutschland mehr Gravel Rennen mit Massenstart und Zeitnahme geben? Welche Kandidaten siehst du, wenn?
Ich denke, dass sich in Deutschland in Zukunft etwas entwickeln wird. Ich merke von meinen Partner*innen auf jeden Fall, dass das Interesse da ist. Es braucht einfach diesen einen initialen Anstoß in diesem Stadium von ein, zwei Veranstaltungen, die es ein wenig größer aufziehen, damit man in Gang kommt. Ich habe auf jeden Fall Bock, mich zu engagieren. Und vielleicht kann man ja im nächsten Jahr schon irgendwas auf die Beine stellen. Auf jeden Fall glaube ich, dass die Zeit reif ist, und man muss es jetzt einfach mal machen.
In den Staaten sind die Events riesengroß, vergleichbar mit einem Ironman oder auch einem Marathon. Das ist dieses Inklusive, dass du mit den Top-Athleten am Start stehst und auch die gleiche Strecke fährst. Das ist das Tolle am Gravel Sport, wie er dort ausgeübt wird.
Könntet ihr euch Gravel Rennen nach US-Vorbild in Deutschland vorstellen?
13 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumAha.
Klar, der Veranstalter hat immer Recht. Selber denken ist viel zu kompliziert, was?
Von der gleichen Seite:
Dort ist der Straßen-Anteil mit 45% sogar noch größer ->
https://ridewithgps.com/routes/33822415Das mit den 10 Straßen-Sektoren scheint immerhin zu stimmen 😉
Die Strecke schließlich in Komoot importiert, sieht es - je nach Interpretation- zwischen 90 und 105 km Straße aus. Bei knapp 200 km Strecke.
Überzeugt aber wahrscheinlich immer noch keinen. Der Algorithmus lügt doch eh!
Ja, ich würde dem Veranstalter, der die Route bestimmt und nicht nur einmal live abgefahren ist, mit Sicherheit mehr glauben, als einer Karte, die darauf basiert, dass Nutzer die Straßenattribute richtig flaggen.
Ist aber latte. Wenn Voß hier die Veranstalterangaben übernimmt, kann man ihm das wohl kaum vorwerfen, da er im Rennen mit Sicherheit nicht Buch geführt hat. Soviel zu Dampfplauderer.
Wie auch immer. Das ist auch etwas müßig. Aber wo Du in jedem Fall ungesagt Recht hast: Im Zweifel müßte man's glatt selber abfahren und Buch führen 😛.
Im übrigen wollte ich auch nicht Voß' sportliche Leistung kleinreden. Ich war nur etwas verwundert über die, nach Selbsteinschätzung, falsch gewählte Übersetzung und das "sich abhängen lassen" in den Straßenanteilen. Der Mensch war jahrelang Profi (selbst wenn ihm die Team-Mechaniker das Setup abnahmen), sollte ungefähr wissen was er kann und wie sein Trainingsstand ist, das Streckenprofil war hinlänglich bekannt und nicht zuletzt reklamiert der Veranstalter wenig subversiv:
Prost!
[Bild]
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