Pinarello Bolide F HR 3D – kurz und knapp
Das Pinarello Bolide F HR 3D ist eine Zeitfahrmaschine, die individuell für den Fahrer angefertigt wird. Der komplett individuell angepasste Rahmen wird aus einer Aluminium-Legierung mit dem Namen Scalmalloy im 3D-Druckverfahren hergestellt. Den ersten Einsatz erlebte das Rad bereits beim Stundenrekord von Dan Bigham am 19. August in Grenchen (SUI). Damals hielt sich Pinarello allerdings noch sehr bedeckt und Bigham ging auf einem Prototyp ohne Markenlabel ins Rennen.
Vor dem Rekordversuch von Zeitfahr-Spezialist Fillipo Ganna am 8. Oktober wurde das Projekt nun in allen Details offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Es soll übrigens nicht bei den Prototypen für die beiden Profis bleiben. Bei entsprechender Nachfrage wird Pinarello das Bolide F HR 3D auch zahlungskräftigen Privatkunden auf den Leib schneidern oder besser gesagt drucken.
Bevor wir auf die vielen höchst interessanten Details des neuen Projekts der Italiener eingehen, hier ein kurzer Film mit paar Einblicken hinter die Kulissen:
Video: Pinarello Bolide F HR 3D Teaser
Pinarello Bolide F HR 3D im Detail
Aerodynamik und Komfort
Der entscheidende Faktor bei einem Rad, welches speziell für die Jagd nach dem Stundenrekord produziert wird, ist natürlich die Aerodynamik. Doch Pinarello betont, dass es bei dem neuen Bolide F HR 3D auch ganz speziell um eine komfortable Geometrie gegangen sei. Niemand kann eine Stunde lang seine maximale Leistung abrufen, wenn er dabei unkomfortabel auf dem Rad sitzt und schon nach wenigen Minuten Schmerzen hat. Deshalb wurde das Bike für den Weltrekord-Versuch für Ganna maßgeschneidert.
Dass der Italiener komplett vermessen ist und auch seine bisherigen Bikes speziell auf ihn angepasst wurden, ist sicher keine Überraschung. Mit dem neuen Rad aus dem 3D-Drucker ergeben sich allerdings noch einmal ganz neue Möglichkeiten, wie man den Rahmen an individuelle Besonderheiten des Fahrers anpassen kann.
Pinarello will mit eigenen Messungen und Simulationen herausgefunden haben, dass vor allem die Region rund um Sitzrohr und Sattelstütze enormen Einfluss auf die Aerodynamik eines Rades habe. Durch die ständige Bewegung der Beine sei dieser Bereich sehr sensibel und mache fast 40 % des gesamten Windwiderstandes aus.
Um diesen Bereich optimal zu gestalten, hat man sich deshalb an der Natur orientiert und die Brustflossen von Buckelwalen als Vorbild genommen. Diese weisen an der Front eine sehr unregelmäßige Form mit großen Knollen auf, die sich sehr positiv auf die Strömung rund um die Flosse auswirken sollen. An der Universität von Adelaide wird bereits seit 2006 an dieser besonderen Flossenform geforscht, die unter anderem dafür verantwortlich sein soll, dass die Wale gemessen an ihrer Größe sehr flink durchs Wasser manövrieren können.
Davon abgeleitet sind das Sitzrohr und die Sattelstütze am neuen Bolide F HR 3D mit vielen kleinen Einkerbungen ausgebildet. Diese sollen dafür sorgen, dass der Luftstrom rund um die flächigen Rohre so ruhig wie möglich fließt und nicht durch die Tretbewegungen der Beine abreißt. Durch dieses Design, das in vielen Probeläufen im Rechner und Windkanal entstanden sei, habe man eine signifikante aerodynamische Verbesserung erreichen können.
Ansonsten wurden natürlich die neuen Regeln der UCI ausgereizt, um sämtliche Bauteile des Rahmens maximal aerodynamisch zu gestalten. Interessant ist dabei auch, dass Pinarello sowohl die Gabelscheiden, als auch die Sitzrohre nicht weit ausstellt, sondern sehr eng an den Scheibenrädern hält. Man habe keine Vorteile mit breit ausgestellten Rohrformen erkennen können und sich deshalb dazu entschieden, die Stirnfläche des Rades so klein wie möglich zu halten.
Hohe Steifigkeit durch 3D-Druck
Die Möglichkeiten des 3D-Drucks eröffnen nicht nur neue Chancen bei der individuellen Anpassung der Rahmenabmessungen, sondern können auch ideal dazu genutzt werden, den Rahmen an genau definierten Stellen zu versteifen. Pinarello betont, dass die Steifigkeit des Rahmens auch bei einem Bahnrad von entscheidender Bedeutung sei. So habe man unter anderem interne Verstärkungen am Rahmen integrieren können, um die immense Tret-Power von Ganna in direkten Vortrieb umwandeln zu können.
Um die Steifigkeit und Haltbarkeit des Rahmens zu validieren, hat Pinarello eng mit dem EFBE-Prüfinstitut in Waltrop zusammengearbeitet und den Rahmen nach ISO4210 testen lassen.
Bike-Fertigung der Zukunft?
Pinarello ist so begeistert von den neuen Möglichkeiten, dass sie darin große Chancen für die Zukunft sehen. „Wir denken, das ist der Beginn einer neuen Ära“, versichert Federico Sbrissa, der Marketing-Leiter von Pinarello. „Im nächsten Schritt müssen wir das Verfahren günstiger gestalten. Es geht darum, die Fahrer mit einfacheren Mitteln zu vermessen und den Fertigungsprozess für den individuellen Rahmen zu automatisieren. So können wir individuell gefertigte Räder für Weltmeister, World Tour-Fahrer und schließlich jeden Privatkunden anbieten.“
In letzter Konsequenz könnte dies natürlich auch dazu führen, dass nicht nur hoch spezialisierte TT und Triathlon-Räder im 3D-Druck gefertigt werden, sondern auch Rennräder und Gravel Bikes für ambitionierte Nutzer. Bis die Fertigungskosten allerdings so niedrig sind, dass diese Art und Weise der Bikeproduktion massentauglich wird, dürften noch einige Jahre ins Land ziehen.
Was sagt ihr zum neuen Pinarello Bolide und der 3D-Drucktechnik für Fahrradrahmen?
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31 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumRein intuitiv würde ich sagen, daß die rechte Seite schon sinnvoller ist hmm?
Grüße
Bei Windkanalmessungen kommen meist asymmetrische Kurven raus und häufig wird ein geringerer Luftwiderstand bei Anströmung von der Antriebsseite her gemessen. Alledings eher bei weit größeren Anstömwinkeln als sie auf einer Bahn auftreten.
Interessant.. dann ist es möglicherweise aufgrund des Reglements so?
Grüße
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