Der neue POC Procen Air im ersten Praxis-Test: Wir haben den neuen Aero-Rennrad-Helm der Schweden für unsere Artikelserie “Ausprobiert” praktisch erprobt. Dort findet ihr regelmäßig kurze Vorstellungen von spannenden Produkten, die wir einem ersten Check unterzogen haben.
POC Procen Air kurz und knapp
Während die meisten Aero-Rennrad-Helme eher für den Einsatz bei Zeitfahren oder im Triathlon konstruiert sind, ist der neue POC Procen Air kleiner und gefälliger gestaltet und für die Verwendung bei normalen Radrennen geeignet. Die POC Ingenieure haben sich sogar Gedanken um das gute Hören während der Fahrt gemacht. Hier die Fakten:
- CFD (Computational Fluid Dynamics) getestet für optimale Aero-Effizienz
- Straßentaugliche Belüftung für optimalen Komfort
- Aero- und geräuschoptimierte Ohrabdeckungen
- Magnetisches Visier und Garage
- Leichtes, verstellbares Anpassungssystem
- Inklusive klarer Ersatzscheibe
- Zusammen mit dem EF Pro Cycling Team entwickelt
- Größen S (50–56 cm), M (54–59 cm), L (56–61 cm)
- Farben Hydrogen White, Uranium Black Matt
- Gewicht 359 g (gewogen, Größe M)
- Verfügbarkeit ab sofort
- www.pocsports.com
- Preis 400 € (UVP)
POC Procen Air – Details
Der POC Procen Air, wurde vom POC Procen abgeleitet und soll den geringen Windwiderstand dieses Zeitfahr-Spezialisten mit einer wirkungsvollen Lüftung, mehr Komfort und einem geringeren Gewicht in Einklang bringen.
Auffällig sind die drei großen Lüftungsöffnungen an der Front und die weichen seitlichen „Verkleidungen“, die hauptsächlich zur Verbesserung des Windwiderstandes und der Akustik dienen. Diese haben keine echte Schutzfunktion, sondern dienen lediglich der Performance.
Zur Aero-Performance: POC hat den neuen Procen Air ausgiebig im Windkanal getestet und spricht von einem Vorteil von rund 5 Watt bei „niedriger Geschwindigkeit“ und von einem Aero-Vorteil von bis zu 18 Watt bei „hoher Geschwindigkeit (ca. 30-60 km/h) gegenüber dem POC Ventral Helm, der ohnehin schon ein schneller Rennrad-Helm sein soll. Das mag einem recht vage vorkommen, allerdings muss man bei einem Helm bedenken, dass schon wenige Grad, die er anders auf dem Kopf sitzt, einen großen Unterschied im Windkanal machen können. Letztlich kann man jedoch davon ausgehen, dass der POC Procen Air einen recht deutlichen Vorteil gegenüber einem „Standard“ Rennrad-Helm bringen kann.
Alle technischen Details zum POC Procen Air könnt ihr in unserem BikeStage Artikel nachlesen oder im zugehörigen Video erfahren:
BikeStage 2024: Der neue POC Procen Air Rennrad-Helm
In der Hand
Nimmt man den POC Procen Air zum ersten Mal aus der Verpackung, fällt natürlich das recht hohe Gewicht auf, denn mit 359 Gramm auf unserer Redaktionswaage ist der Aero-Spezialist kein Leichtgewicht. Zumindest nicht, wenn man ihn mit normalen Rennrad-Helmen aus dieser Preisklasse vergleicht, die in der Regel rund 100 Gramm leichter sind.
Selbst aerodynamisch ähnlich ambitionierte Helme wie der Trek Ballista sind deutlich leichter. Dafür ist der POC Procen Air in der Regel aber leichter als echte Aero-Helme, die für Zeitfahren oder Triathlon konzipiert sind. Er bewegt sich also irgendwo in der Mitte zwischen normalen Rennrad-Helmen und echten Aero-Spezialisten.
Die Verarbeitung des POC Procen Air macht einen hervorragenden Eindruck. Die matte Oberfläche wirkt sehr edel, auch dass sich POC mit einem Markenschriftzug zumindest bei der schwarzen Farbe zurückgehalten hat, verleiht dem Procen Air einen sehr cleanen Look. Lediglich am Heck findet sich ein kleines Markenlabel, welches nur von hinten gelesen werden kann.
Das integrierte Visier lässt sich dank der drei integrierten Magnetverschlüsse leicht anbringen und wieder abnehmen. Der Sitz am Helm ist satt und komplett wackel frei. Auch die optische Qualität der Scheibe kann überzeugen. Das Sichtfeld ist groß und verzerrungsfrei. Angenehm ist zudem, dass im Lieferumfang sowohl eine getönte als auch eine klare Scheibe beinhaltet sind. So kann man die passende Scheibe je nach Wetter passend auswählen.
Eine besondere Erwähnung verdienen die beiden seitlichen Abdeckungen an den Ohren. Der eigentliche Helm endet deutlich weiter oben am Kopf, die seitlichen Abdeckungen dienen offensichtlich nur der Aerodynamik und der Geräuschreduzierung, die POC speziell beachtet haben will, um den Fahrerinnen und Fahrern im Rennen die Verständigung mit den Teamkollegen zu erleichtern. Wir haben keine akustischen Messungen vorgenommen, hatten aber durchaus den Eindruck, dass die Windgeräusche recht leise sind, so viel sei hier schon mal verraten.
Ansonsten ist der Helm recht klassisch aufgebaut. Die Polster sind per Klett am Helmmaterial befestigt und können zur Reinigung entnommen werden. Zur Größenanpassung gibt es ein klassisches Einstellrad am Hinterkopf. Die Verbindung nach vorn zur Stirn erfolgt über extrem filigran wirkende Kunststoffseile. Die Höhe des Einstellmechanismus lässt sich in vier Rasterungen variieren. Wie sich der POC Procen Air auf dem Kopf anfühlt, lest ihr im nächsten Kapitel.
Auf dem Kopf
Setzt man den POC Procen Air zum ersten Mal auf, gibt es keine großen Überraschungen, denn er fühlt sich wie ein normaler Rennrad-Helm an. Das Visier kann beim Auf- und Absetzen montiert bleiben, denn es hat genügend Abstand zum Gesicht, um dabei nicht zu stören. Die richtige Helmposition an der Stirn findet man recht einfach, indem man im Unterlenker greift und dabei nach vorn schaut. Dabei sollte die obere Helmkante die Sicht nicht behindern. Das ist mit dem POC Procen Air einfach zu realisieren.
So platziert sucht man sich die richtige Höhen-Position des Einstellrades und zieht dies wie gewohnt leicht an. Danach sitzt der Procen Air wackel frei und komfortabel auf dem Kopf. Die Verstellung des Riemen-Dreiecks unter dem Ohr sieht recht aufwendig aus, für mich hat die Einstellung jedoch im Auslieferzustand bereits perfekt gepasst.
Erst mal in Fahrt, realisiert man recht schnell, vor allem bei den aktuell noch recht kühlen Temperaturen, dass die Belüftung ab ca. 20 km/h gut und effektiv funktioniert. Bei rennradtypischen Geschwindigkeiten um die 30 km/h spürt man den Luftstrom durch den Helm über den Kopf streichen und kann sich über eine sehr effektive Belüftung freuen, die auch im Hochsommer vollkommen ausreichend sein sollte. Lediglich bei langen Bergauffahrten, mit dann gemäßigtem Tempo, dürfte der POC Procen Air im Sommer recht schnell zu einem Schwitzkasten werden, aber dafür ist er auch nicht gedacht.
Auch das recht knapp geschnittene Visier trägt zur guten Belüftung bei, denn der Fahrtwind gelangt auch unter der Scheibe stark abgebremst ins Gesicht. Das ist selbst bei kühlem Wetter nicht unangenehm, allerdings bietet die integrierte Scheibe nicht den gleichen Windschutz wie eine moderne Radbrille mit großer Scheibe und enger Passform. Wer sehr empfindliche Augen hat oder Kontaktlinsen trägt, könnte eventuell Komfortprobleme bekommen.
Da wir gerade beim Thema Komfort sind: Auf meinen Testfahrten hatte ich den Eindruck, dass auch sehr häufig Insekten von dem starken Luftstrom durch die drei großen Öffnungen an der Front ins Innere des Helms gesaugt werden. Das ist meist unproblematisch, denn sie gelangen in der Regel auch wieder durch die hinteren Öffnungen ins Freie, aber im schlimmsten Fall kann es beim falschen Insekt auch mal zu einem Stich kommen. Dieses Problem haben jedoch auch andere Rennrad-Helme. Wobei es beim POC Procen Air, durch die geschlossene Helmschale natürlich etwas „gefährlicher“ sein dürfte.
Die optische Qualität der getönten Scheibe ist, wie weiter oben schon erwähnt, hervorragend. Zudem lässt sie sich auch während der Fahrt mit einer Hand sehr einfach abnehmen und an der „Heckgarage“ verstauen. Und zwar, ohne dass man dabei mit den verschwitzten Fingern unschöne Flecken auf der Scheibe hinterlässt. Einfach am unteren Rand und an dem hervorstehenden „Griff“ anpacken und schon wechselt die Scheibe problemlos den Platz.
Ich bin den POC Procen Air sowohl auf dem Zeitfahrrad, als auch auf dem Rennrad gefahren und er hat für mich auf beiden Bikes einen überzeugenden Eindruck hinterlassen. Auf dem Rennrad passiert es mitunter, dass man beim Blick auf den Radcomputer unter der Scheibe hindurch nach unten schaut und dann keine Tönung mehr hat, das ist jedoch wenig störend und fällt nur auf, wenn man speziell darauf achtet.
Das recht hohe Gewicht ist natürlich auf dem Kopf spürbar, aber der POC Procen Air ist gut ausbalanciert und lässt sich dennoch komfortabel tragen. Die Akustik scheint, meinem subjektiven Empfinden nach, tatsächlich gut gelungen zu sein. Denn es ist auffällig, dass die Windgeräusche auch bei hohem Tempo über 60 km/h zum Beispiel bei schnellen Abfahrten recht niedrig sind. Das fällt vor allem dann auf, wenn man den Kopf zur Seite dreht und der Helm seitlich im Wind steht. Dann wird die Geräuschkulisse nämlich schlagartig deutlich lauter. Selbst wenn man den Kopf nur nach unten dreht, wird es deutlich lauter. Das lässt darauf schließen, dass der Helm im Hinblick auf die Geräuschentwicklung tatsächlich im Windkanal optimiert wurde.
Wer anstatt der bündig sitzenden Scheibe lieber eine Rennrad-Brille tragen möchte, kann dies auch tun. Die Bügel passen unter die Helmschale. Ob die Aerodynamik dadurch beeinflusst wird, könnte nur eine Messung im Windkanal beantworten. Die wäre auch die einzig seriöse Quelle für eine mögliche Einsparung bei der Tretleistung durch den POC Procen Air. Die äußere Form und das funktionierende Belüftungskonzept sprechen jedoch auch ohne diesen Test im Windkanal dafür, dass der POC Procen Air schneller als die meisten herkömmlichen Rennrad-Helme ist. Wer also gerne Gas gibt und die Optik cool findet, sollte sich den POC Procen Air durchaus mal näher anschauen.
Fazit von Rennrad-News.de
Welchen Vorteil der neue POC Procen Air im Wind tatsächlich bringt, lässt sich freilich nur im Windkanal testen. Bei unserem kurzen Praxis-Test konnte der neue Aero-Helm der Schweden jedoch entsprechend seiner Auslegung überzeugen. Passform und Komfort gehen für diese Kategorie voll in Ordnung, die Belüftung funktioniert ab einem Tempo von rund 20 km/h überraschend gut und selbst die Bemühungen um das gute Hören während der Fahrt sind in der Praxis nachzuvollziehen. Für ausgedehnte Touren im Mittelgebirge oder gar in den Alpen bei sommerlichen Temperaturen ist der POC Procen Air sicher nicht die erste Wahl, aber das ist auch nicht sein Fachgebiet. Auf schnellen Kursen oder in Rennen ohne allzu viele Höhenmeter steht seiner Verwendung wenig bis gar nichts im Weg. Hier muss man für den Aero-Vorteil lediglich den Gewichtsaufschlag in Kauf nehmen.
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Weitere kurze Tests aus der Serie Ausprobiert findest du auf dieser Übersichtsseite. Wenn du ein Produkt für einen ersten Test vorschlagen möchtest, schreibe uns einfach hier eine Nachricht!
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