Die Rapha Festive 500 geht 2023 in ihr 13. Jahr. Die Herausforderung: zwischen Weihnachten und Neujahr 500 km Radfahren, seit zwei Jahren auch Indoor. Das Vielfahren gehört für manche schon zum Fest wie der Weihnachtsbaum. Wie schafft man das? In einem Rutsch oder an vielen Tagen? Wie motiviert man sich? Das haben wir Festive 500-Fahrer gefragt.
Rapha Festive 500, das steht für ein Fest, das so gar nichts mit der Festlichkeit von Christstollen, Glühwein, Sekt, Flammlachs auf dem Weihnachtsmarkt und langen Abenden auf dem Sofa zu tun hat. Es steht für ein Fest des Rennradfahrens, Entbehrung mitten im Überfluss. Warum Bekleidungshersteller Rapha auf die Idee kam, ausgerechnet zwischen Weihnachten und Neujahr dazu aufzurufen 500 km mit dem Rad zu fahren, liegt einerseits auf der Hand: Zu keiner Zeit des Jahres dürfte die Trägheit der Masse im westlichen Kulturkreis größer sein. Andererseits könnte der Zeitpunkt kaum schlechter gewählt sein. Die Tage sind kurz, die Temperaturen niedrig, zumindest in der nördlichen Hemisphäre. Trotzdem tauschen auch dort jedes Jahr mehr Leute das Sofa gegen den Sattel. Warum?
Dass Rapha jeden erfolgreichen Festive 500-Fahrer früher mit einem Aufbügel-Abzeichen auszeichnete, kann nicht der Grund für den Erfolg sein, denn das ist passé. „Für viele ist es einfach eine jährlich wiederkehrende Motivation“, sagt Steffen Weigold, Rapha Cycling Club Coordinator in Berlin. Die Clubhäuser der Kleidungsmarke sind rund um den Globus während des Aktionszeitraums vom 24.12. bis zum 31.12.2023 ein Treffpunkt für alle, die sich gemeinsam an die 500 wagen wollen. „Die meisten nutzen den Festive 500 Strava Club, um ihre Fahrten zu dokumentieren, das ist am einfachsten. Aber es ist kein Muss, genauso wie die Brevet-Karte kein Muss ist. Ich gehe mal davon aus, dass Ehrlichkeit bei den Kilometern Ehrensache ist“, sagt Weigold. Offizielle Seite: https://www.rapha.cc
Offizielle Rapha Ausfahrten und Strava
Das Berliner Clubhaus bietet zur Rapha Festive 500 2023 jeden Tag eine bis drei gemeinsame weihnachtliche Ausfahrten an. Und bereits am bevorstehenden Wochenende geht es mit einer Trainingsfahrt am 16. Dezember los. Mit dabei sind neben reinen Roadie-Fahrten auch Gravel Rides. Gestartet wird zu unterschiedlichen Zeiten, aber meist morgens zwischen 09:00 Uhr und 11:00 Uhr. Auch das Rapha Clubhouse München bietet jeden Tag Festive 500 Rides an, die immer zwischen um 09.30 Uhr und 11:00 Uhr starten. Hier geht es zur Anmeldung.
Am ersten Festive 500 im Jahr 2010 – ein verschneites – nahmen 94 Leute teil. 2023 haben sich zum jetzigen Zeitpunkt rund 129.133 Mitglieder bei der entsprechenden Herausforderung auf Strava eingetragen. Zu gewinnen gibt es bei Bestehen der Challenge auch etwas: ein Rennrad von Cannondale, einen 1.000 € Rapha-GUtschein werden ausgelost – 20 % Rabatt bei Rapha sind die Belohnung für alle Finisher.
Weil Rapha inzwischen keine echten Aufnäher (Patches) verschickt und manche zudem Indoor-Cycling nicht als wahren Geist der Festive 500 gelten lassen wollen, haben sich inzwischen Alternativen gegründet. Ein Beispiel ist das Gnu Festive 500 – hier gibt es auch Patches.
#Festive500 #InOneGo
Anhänger einer extremeren Art des Festive 500 sammeln sich unter dem Hashtag #InOneGo. Sie fahren die 500 km an einem Stück. Hier findet ihr eine interessante Festive 500 InOneGo-Statistikreihe.
Wenn ihr Treffpunkte für gemeinsame Versuche kennt, postet sie gerne in die Kommentare unten.
Video: Festive 500#InOneGo
Festive 500 in Winterpokal und Forum
Im Rennrad-News Winterpokal bringt allein die erfolgreiche Teilnahme bei den Rapha Festive 500 je nach Fahrtzeit um die 100 Punkte. Wenn ihr sehen wollt, wie Gleichgesinnte ihre Kilometer zusammen bekommen, könnt ihr euch auch dieser Winterpokal-Gruppe zur Festive 500 anschließen.
Hier gibt es Festive 500 Erfahrungen und Austausch im Forum.
Festive 500 auf Zwift
In der großen weiten Online-Radsportwelt von Zwift gibt es ebenfalls gemeinsame Ausfahrten zur Festive 500. Man kann an Pandemie konform an Gruppen-Ausfahrten teilnehmen und sogar das virtuelle Festive 500-Rad-Kit freischalten. Mehr Infos: https://www.zwift.com/eu-de/rapha-festive-500
RuhrRiders veranstalten tägliche Rennen auf Zwift und auch eine Festive 500 InOneGo kann man mit dem Radsportteam aus dem Pott fahren: https://ruhrriders.de/festive500
Festive 500 Erfahrungen und Tipps
Harald Legner aus Hamburg hat mit #InOneGo schon Erfahrungen gesammelt. Der erfahrene Brevet-Fahrer – hier geht es zu seinem Bericht über London-Edinburgh-London – hat sich schon allein und mit anderen auf die Festive 500 begeben. Und zwar insgesamt acht mal. „Bislang habe ich jedes Mal mindestens 500 Kilometer geschafft. Mal habe ich mit 501 km abgeschlossen, mal mit 706“, resümiert er seine Fahrten. Gescheitert ist er nur einmal bei dem Versuch, die ganze Distanz an einem Stück zu schaffen. Sein Tipp für Neu-Einsteiger: „Lieber an den ersten Tagen ein paar Kilometer mehr fahren, damit man nach hinten raus nicht unter Druck gerät“.
Boris „rajas“ Steinberg hat ebenfalls Erfahrungen mit dem Scheitern. Er ist der Long-Distance-Spezialist hinter der Süd-West-InOneGo. Drei Anläufe hat er genommen, irgendwas war immer. Einmal brach der Ladestecker des Navis, und Steinberg brach mangels Orientierung ab. Einmal brach er sich selbst den Ellbogen, weil er unglücklich über eine Kante gefahren war und vom Aero-Auflieger rutschte. Einmal versagte die Kurbel seines Rades – in dem Jahr stückelte er die fehlenden Kilometer einfach bei kleineren Fahrten an. „Erprobtes Material, auf das man sich verlassen kann, ist enorm wichtig“, ist sein erster Tipp. Die Hamburger haben eine Packliste als Empfehlung für ihr Event zusammengestellt, die auch eine Richtschnur für eigene Versuche an der Distanz in der Kälte sein kann. Hier findet ihr die Festive 500 Packliste als Google Doc. Aber: „Generelle Empfehlungen sind schwierig, wenn es um das richtige Mittel gegen die Kälte geht“, schränkt Boris Steinberg ein. Was für den einen schön warm ist, empfinden andere als schwitzig. Auch hier gilt: vorher probieren.
Zur Streckenwahl: Er würde niemandem empfehlen, für die ersten Fahrversuche bei den Festive 500 unbekanntes Terrain aufzusuchen, meint Boris Steinberg, der wie Legner und Rollenberg auch schon Brevets über 1.000 km und mehr alleine gefahren ist. Auch viele Höhenmeter seien im Winter keine gute Idee: „Wenn man auf dem Berg ankommt, ist man warm und verschwitzt und wenn man wieder unten ankommt, wieder sehr kalt“.
Wo nehmen Steinberg, Legner und all die Anderen ihre Motivation für ihre Fahrten durch die Winternacht her? „Wenn ich mit einer Verbissenheit losfahre, geht es nicht gut“, sagt Steinberg. Besser sei es, das Fahren als Option zu sehen. „Jeder Kilometer unter diesen Bedingungen ist ein Gewinn, besonders für Neulinge“, so Steinberg. „Ich glaube für Rapha 500 sind in unseren Breitengraden vor allem die persönliche Motivation, das zu schaffen entscheidend. Ich habe Bekannte, die versuchen wirklich jede einzelne Strecke während dieser Zeit mit dem Rad zu bestreiten: die Brötchen Holen, die Familie Besuchen, eben alles“, erzählt Thorben Kriener. Der Marketing-Mann macht selbst auch gelegentlich bei der Rapha Festive 500 mit.
Auch der erste Festive-Versuch scheiterte übrigens. Denn geplant waren eigentlich 1.000 km, die der Rapha-Designer Graeme Raeburn „zwischen den Tagen“ zurücklegen wollte. Er machte schließlich auf der Hälfte Schluss (zur Geschichte).
Festive 500 und die Familie
500 km Strecke, das entspricht grob 25 Stunden Fahrtzeit bei einem 20er Schnitt. 25 Stunden plus Vor- und Nachbereitung, die von der Familienzeit während und nach den Festtagen abgeknapst werden wollen. „Die Familie unterstützt mich bestens bei meinen Touren – sie lassen mich einfach machen, was ich will“, sagt Harald Legner. Steffen Weigold verbrachte bei seinen Festive 500 die Weihnachtsfeiertage bei der Familie und fuhr die Distanz in einem „Last Minute 500“, wie er es selbst nennt, an den verbleibenden Tagen. Kriener, der zwei Kinder hat, plant das Vorhaben detailliert mit der Familie durch: „An welchem Tag passt es, an welchen Tagen nicht? Wann kann ich lange fahren, wann eher nur kurz?“ So ist er in der Vergangenheit schon mit einem groben Plan gerüstet an den Start gegangen. Beispiel:
- 24.12 – 140km
- 25.12 – Pause
- 26.12 – 80km
- 27.12 – 100km
- 28.12. – 100km
- 29.12 – Pause
- 30.12 – 80km
- 31.12. – 50km
Kriener weiß auch: „Ohne das Verständnis meiner Frau, würde das Ganze sowieso nicht funktionieren. Deshalb haben wir die Abmachung, dass ich versuche morgens relativ früh zu starten und dann am Mittag oder frühen Nachmittag wieder daheim zu sein und Zeit für die Kids zu haben“.
Im Rennrad-News Forum könnt ihr euch im Brevet-Unterforum zur Rapha Festive 500 austauschen.