Was ist ein Gravel Bike? Was unterscheidet es von Mountainbike und Cyclocrossrad – und was nicht? Wozu braucht man überhaupt ein Gravel Bike – und was kann es eher nicht? Antworten liefert unser Themen-Überblick. Außerdem erfahrt ihr Wissenswertes über die verschiedenen Gravel Bike-Reifen und Laufradgrößen, wo man gemeinsam zu Gravelrides starten kann und noch mehr.
Was bedeutet Gravel?
Ein Gravel Bike ist ein Rennrad, mit dem man auf unbefestigten Wegen schnell und mit Spaß unterwegs sein kann. „Gravel“ bedeutet auf Englisch „Schotter“ oder „Kies“. Von den Kieswegen, die viele entlegenere Landstriche der USA erschließen, hat dieses Rennrad seinen Namen. Denn erfunden haben es die amerikanische Fahrer für lange Rennen auf solchen Straßen. Dafür wollten sie etwas besseres haben als ein Cyclocrossrad, mit dem die meisten anfangs unterwegs waren
Hier findet ihr einen ausführlichen Artikel über den Unterschied zwischen Cyclocross- und Gravelbike
Gravel Bike-Tests
➡️ Hier findest du mehr: Gravel Bike Test.
Was ist der Unterschied zwischen Gravelbike und Mountainbike?
Auch mit dem Mountainbike wollten die Gravel-Racer der ersten Stunde nicht fahren. Dafür bot der Rennlenker zu viele Vorteile auf den langen Strecken. Die wichtigsten: weniger Windwiderstand und mehr mögliche Handpositionen.
Weitere Unterschiede zwischen Gravel Bike und Mountainbike sind:
- Das Gravel Bike hat meist keine Federung, es gibt aber Ausnahmen, die zumindest teilweise Federelemente aufweisen. Beispielsweise Cannondale Slate, das Lauf Grit, Specialized Diverge, Canyon Grail, Trek Checkpoint
- Das Gravel Bike hat meist ein niedrigeres Gewicht, gemessen am Preis
- Das Gravel Bike hat meist schmalere Reifen
Gemeinsamkeiten zwischen MTB und Gravel Bikes:
- Scheibenbremsen sind Standard.
- Die Reifen haben ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Geländeprofil.
Gravel Bike-Highlights auf Rennrad-News
Was macht eine Gravelbike-Geometrie aus?
Viele sagen, die größten Unterschiede eines Gravel Bikes liegen in der Geometrie, also den Verhältnissen von Längen und Winkeln im Rahmen und der Gabel. Wir haben die Geometrien von einem typischen Gravel Bike, Cyclocross und All-Road Rennrad verglichen. Ja, Unterschiede sind vorhanden, aber sie fallen nicht immer riesig aus. Das wichtigste, was man wissen muss: Ein Gravel Bike soll ruhiger laufen, ein sicheres Fahrgefühl auf Trails geben und mehr Komfort auf der Langstrecke bieten.
Die typischsten Kennzeichen einer Gravel Bike-Geometrie sind:
Mehr Komfort durch:
- Platz für dickere Reifen in Rahmen und Gabel
- höheren Lenker, aufrechteren Sitz
- eventuell gefederter Lenker / Sattelstütze
Ruhigeres Fahrverhalten und mehr Kontrolle im Gelände durch:
- mehr Radstand – meist durch längere Kettenstreben erzielt
- flacherer Lenkwinkel für ruhigere Lenkung auf Trails
- tieferes Tretlager (mehr Tretlagerabsenkung) für einen tieferen Schwerpunkt
Wegen all dieser Eigenschaften, sind Gravel Bikes auch ziemlich gute Einsteiger-Rennräder – wenn es nicht um den puren Temporausch geht.
Gravelbike-Rahmen: Alu, Stahl, oder Carbon
Es gibt Gravelbikes in allen Rahmenmaterialien (sogar Bambus). Mancher Hersteller bietet ein und dasselbe Modell auch mit verschiedenen Rahmenwerkstoffen an. Meist richtet sich die Alu-Variante an Einsteiger und ist mit günstigeren Komponenten komplettiert. Das Modell mit Carbon-Rahmen ist dagegen fast immer mit Antriebs- und Schaltteilen ausgestattet, die mindestens der Mittelklasse entstammen (Shimano 105 bis Shimano Ultegra, Sram Rival bis Sram Force, Campagnolo Potenza). Das Rondo Ruut gibt es sogar in Stahl-, Alu- oder Carbonvariante.
Hier geht es zum Test des Rondo Ruut
Ein Vorteil des Carbonrahmens ist das niedrigere Gewicht: Um die 500 bis 800 Gramm kann ein Carbonrahmenset gegenüber einem Alu-Pendant sparen. Auch dämpfende Eigenschaften lassen sich dem Carbon mitgeben – sind aber oft allein durch den Einsatz einer gut dämpfenden Carbonsattelstütze auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Der Vorteil der beiden Metallsorten Alu oder Stahl ist, dass sicherheitsrelevante Schäden durch Stürze, Umfaller oder Steinschlag in der Regel gut zu erkennen sind.
Gravel Bike-Reifen: 650B, 700c oder 29er?
Von allen Rädern mit Rennlenker hat die Gattung der Gravel Bikes die größte Vielfalt an Laufradgrößen. Die Scheibenbremse macht es möglich.
700c
Am nächsten am Rennrad auch vom Fahrgefühl liegt die Größe namens „700c“, auch 28-Zoll genannt. Aktuell haben sich 40 bis 42 mm breite Reifen dieser Größe als Standard etabliert. Sie sind deutlich spürbar komfortabler als typische Cyclocross-Reifen von 33 mm Breite und schützen auf steinigem oder allgemein sehr grobem Untergrund viel besser vor Reifen- oder Felgendefekten durch Schläge.
650 B
Noch komfortabler sind die typischen Gravelreifen in 650B. In dieser Größe liegt die Breite klassisch bei 47 mm, also noch mal 5 mm mehr. Gravel Bikes mit solchen Laufrädern sind in der Regel noch stärker auf Touren ausgelegt – was seine Gründe auch in einer Tradition hat: Schon die Randonneure – französisch für Radwanderer – fuhren anfangs des vergangenen Jahrhunderts auf Reifen dieser Größe ihre Langstrecken-Wettbewerbe aus. Auch mit mehr Beladung können die kleineren Laufradgrößen besser umgehen, weil sie konstruktiv seitenstabiler sind.
29er
Eigentlich ein 700c-Reifen mit mehr Breite als 55 mm, für den sich im MTB-Bereich die Bezeichnung 29er etabliert hat. Die Gravel Bikes, die für solche Reifen ausgelegt sind, haben sind meist auch dem MTB am nächsten. Sie sind mit grobstolligem Profil, versenkbaren Sattelstützen und häufig breiteren Lenkern mit kurzen Vorbauten für Spaß in gröberem Gelände ausgelegt oder der Fokus auf Bikepacking abseits der Kieswege, auf den Trails dieser Welt.
Gibt es ein bevorzugtes Gravelreifen-Profil?
Ja, es ergibt sich aus dem Einsatzgebiet. Meist sind es Reifen mit einem „Laufstreifen“ in der Mitte und Stollen an den Seiten. Der Laufstreifen kann genauso aus dicht beieinander stehenden Stollen bestehen wie aus einer glatten Gummifläche. Ziel ist immer: leichteres und leiseres Rollen auf Asphalt. Die Stollen an der Seite sollen Halt in Kurven auf den Kieswegen und beim Bremsen geben.
Welches ist der beste Lenker für Gravel?
Dropbars und ihre vielfältige Biegung sorgen dafür, dass es hier viel einzustellen und individuell anzupassen gibt. Die gute Nachricht: Es lassen sich wirklich gute Sitzpositionen finden. Die schlechte: Ohne ausprobieren wird es vermutlich nichts. Hier lernst du alles über Drop, Reach, Flare und die richtige Form sowie eine Anleitung, wie du zum passenden Gravel Bike-Lenker (und Rennrad-Lenker) kommst.
Gravel Bike-Lenker und Rennrad-Lenker: Über Drop, Reach und die richtige Form
Bikepacking: braucht man dazu ein Gravel Bike?
Nein, denn Bikepacking bezeichnet nichts anderes als „Wandern mit dem Fahrrad“. Und die typischen Taschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie an fast jedes Rennrad passen, wenn die Abmessungen der Tasche zum Rahmen passen. Hier findest du einen Artikel mit Informationen für Bike-Packing-Einsteiger
Aber viele – nicht alle – Gravel Bikes haben deutlich mehr Gewinde über Rahmen und Gabel verteilt, an denen sich Halter für Flaschen (für Kocher-Benzin oder Wasser) oder noch mehr Taschen anbringen lassen.
Gibt es auch sportlichere Gravel Bikes?
Ja! Für all diejenigen, die keine Bike-Packing Einsätze planen, dafür aber schneller, leichter und sportlicher unterwegs sein wollen gibt es Gravel-Bikes mit einer sportlicheren Auslegung. Ein bekannter Vertreter dieser Gattung ist z.B. das Cervélo Áspero (zum Cervélo Áspero Test)
Gibt es auch Gravel e-Bikes?
Ja, inzwischen gibt es sogar eine größere Auswahl. Die uns bekannten sind 25 km/h-Pedelecs und werden rechtlich wie Fahrräder eingestuft. Als Motoren kommen sowohl der Bosch-Mittelmotor als auch das Fazua-System zum Einsatz, bei dem die Antriebseinheit komplett entfernt werden kann. Auch Modelle mit Hinterrad-Motor sind zu haben. Rennrad-News Meinung: Als Gravel- oder All-Roadbike macht „E“ am Rennrad mehr Sinn. Denn das schnelle Fortkommen auf unbefestigten Wegen ist konditionell auch dann fordernd, wenn sich kein Berg in den Weg wirft.
Tests und Vorstellungen: Cannondale Synapse NEO SE, Bulls Harrier E, Vergleichstest: E-Gravelbikes 2020
Was kostet ein Gravel Bike?
Die Preise für Gravel Bikes beginnen grob bei 900 Euro und reichen bis hin zu 4.000 bis 5.000 Euro. Nach oben sind wie immer kaum Grenzen gesetzt.
- Bis 1.200 Euro gibt es vielfach Modelle mit Shimano Claris 8-fach bis hin zu Tiagra 10-fach Gruppen. Letztere ist dabei funktional so ausgereift, dass die Unterschiede in der Bedienung zu den teureren Gruppen gering ausfallen. Leichtgewichte sind solche Gravel Bikes nicht. Mit Gewichten deutlich über 10 kg muss man rechnen.
- Modelle unter 1.500 Euro bis 2.500 Euro bestimmen überwiegend Gravel Bikes mit Alu-Rahmen das Angebot. Eine Preisgrenze scheint bei um die 2.000 Euro zu liegen. Darüber – aber noch unter 2.500 Euro – findet man sowohl vereinzelt Modelle mit Carbonrahmen und günstigeren Gruppen wie Shimano 105, oder Sram Apex. Aber auch Modelle mit Alurahmen und dafür höherwertigeren Komponenten aus den Serien Shimano GRX RX820 bietet der Markt.
- Wer bereit ist, über 2.500 Euro für ein Gravel Bike zu investieren, wird eine größere Auswahl an Carbonrahmen finden. Die Gewichte liegen dann grob zwischen 8,5 und 9,5 kg. Viel leichter wird es ohne deutlich höhere Investitionen nicht. Häufig haben Carbon-Rahmen weniger Gewindeösen für Extra-Halter integriert als Alu-Modelle – eine Regel ist das aber nicht.
Bei den Antrieben und Schaltungen ist auf dem Niveau Shimano Ultegra Di2, Sram Force oder Campagnolo Potenza in der Serie meist Schluss. Der typische Gravel Bike-Käufer scheint eher weniger Wert auf die letzten 100 g Gewichtsersparnis und feinste Lager- und Oberflächentechnik zu legen.
Beliebte Gravel Bikes
Gravelrides: zum Mitfahren und Nachlesen
Manche nennen es Gravelride, andere nennen es Schottern, wieder andere Gravelfondo. Gemeint ist fast immer eine längere, mal entspannt, mal sportlich mit Zeitnahme gefahrene Tour auf – jetzt kommt die Hauptsache – ganz gemischtem Untergrund. Von glatten Straßen, über feste Kieswege und geschotterte Waldautobahnen bis hin zu leicht verwurzelten und steinigen Trails kann alles dabei sein. Manchmal gibt es eine Zeitnahme oder andere Art von Wertung in Teilstücken – ähnlich dem Enduro-Format beim Mountainbiken. In der Regel geht es beim Gravelride aber auch darum, die Landschaft zu erkunden. Deshalb gibt es auch jede Menge lokaler Gravel-Events, bei denen sich nur wenige Leute anmelden.
Ein Beispiel für die extremere Variante eines mehrtägigen sportlichen Gravelrides gibt: Nathalies Tortour Cyclocross
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