Bikefitting bei iQ athletik
Im April ging es wieder zu iQ athletik in Frankfurt am Main. Dieses Mal jedoch nicht zu einem neuen Leistungstest, sondern zum Bikefitting. So nennt man einen Prozess, bei dem man unter Anleitung eines erfahrenen Fitters und allerhand Technik zu einer optimalen Sitzposition auf dem Triathlon-Bike finden soll. Dabei ist zu beachten, dass man auf dem Triathlon-Rad, generell etwas anders sitzt als auf dem Rennrad. Das ergibt sich zum einen natürlich durch die spezielle Position mit den Aufliegern am Lenker, die ja fast eine „Liegeposition“ auf dem Bike erlauben und zum anderen an der Tatsache, dass man nach dem Bikesplit von 180 km auch noch einen Marathon laufen muss. Deshalb achtet man beim Bikefitting auch auf eine Position, mit der man die Beine etwas schonen kann. Doch dazu gleich mehr.
Ein optimaler Zeitpunkt für ein Bikefitting ist schwer zu benennen, denn wie so oft hängt es davon ab, ob man schon Erfahrung mit dem Rad hat, ein ganz neues Bike bekommen hat, wann das Hauptrennen ansteht, wie und auf welchem Rad man trainiert oder von weiteren persönlichen Konstellationen. Generell gilt es bei einem neuen Zeitfahrrad oder bei null Vorerfahrung mit einem solchen Boliden, so bald wie möglich zu einem erfahrenen Bikefitter zu gehen. So bekommt man eine Grundeinstellung, die sicher nicht in Stein gemeißelt sein wird, von der aus ausgehend man jedoch aufbauen kann. Gerade bei Neulingen auf dem Zeitfahrrad ist das Fitting auch ein laufender Prozess, denn die Position sollte immer wieder kritisch überprüft werden. Sei es, weil sich Verbesserungen in Sachen Beweglichkeit oder beim Trainingszustand ergeben haben, oder falls man im schlimmsten Fall Probleme mit körperlichen Beschwerden bekommen hat.
Da ich bereits 2022 ein Canyon Speedmax CFR im Test gefahren bin, hatte ich schon eine Grundeinstellung, auf die ich zugreifen konnte, um die ersten Einheiten auf dem Smarttrainer und draußen zu fahren. Deshalb war Mitte April ein sinnvoller Termin, um die Position zu verfeinern, bevor die ersten richtig langen Einheiten auf dem Zeitfahrrad im Freien anstehen.
Voruntersuchung
Um den körperlichen Status Quo zu erfassen, hat mich Bikefitter Torben Müller von iQ athletik erstmal zu meiner Vorgeschichte und eventuell bestehenden körperlichen Beschwerden ausgefragt. Danach musste ich mehrmals eine spezielle Übrung absolvieren, die man bei iQ athletik nutzt, um ohne viel Aufwand, aber dennoch zielsicher die Beweglichkeit und den muskulären Zustand eines Probanden zu überprüfen.
Dabei muss man eine Stange über dem Kopf halten und im Anschluss so tief wie möglich in die Kniebeuge gehen. Torben überwacht die korrekte Ausführung und filmt den Bewegungsablauf von vorn und von der Seite. Danach konnte mir der Sportwissenschaftler schon erstaunlich viel über meinen Körper erzählen. Die Beweglichkeit sei für mein Alter und einen Triathleten ziemlich gut, wurde mir bescheinigt. Allerdings habe ich auch einen gewissen Schiefstand im Körper, den man mit den Videoaufnahmen gut visualisieren kann. Ein Umstand, der mir aus vielen Sitzungen beim Osteopathen in den vergangenen Jahren nicht unbekannt war. Torben hat mir deshalb zum regelmäßigen Dehnen und zur Stärkung der unteren Bauchmuskulatur geraten. Letztlich wurde jedoch kein Problem festgestellt, dass meine Position auf dem Bike im besonderen Maße einschränken würde.
Dass ich als Altersklassenathlet mit 54 Lebensjahren nicht wie ein Profi auf dem Zeitfahrrad sitzen kann, ergibt sich hauptsächlich aus der mangelnden Rumpfmuskulatur, dem allgemeinen Fitnesszustand und dem spezifischen Training. Noch viel mehr als bei den Profis, geht es bei Amateuren um den Komfort und eine gute Kraftübertragung und primär darum, eine Position zu finden, die man über 180 Kilometer halten kann. Denn die beste Aero-Position nützt herzlich wenig, wenn man während der letzten Stunde aufrecht sitzend auf den Lenker gestützt fährt, weil der Rücken massiv Probleme verursacht.
Sitzposition optimieren
Ab aufs Rad. Hier wird zunächst einmal eine Bestimmung des Ist-Zustandes durchgeführt. Dazu muss ich mich nicht nur statisch auf das in einem Smarttrainer fixierte Bike setzen, sondern mehrere Minuten im Grundlagenbereich pedalieren. So wird sichergestellt, dass man auch in die typische Position findet, die man die meiste Zeit im Rennen fährt.
Um die Kräfte und Bewegungen am Rennrad-Sattel und den Rennrad-Schuhen zu erfassen, werden dort vor dem Fahren Druckmessfolien angebracht, mit denen die genaue Druckverteilung im Schuh und auf dem Sattel gemessen werden kann. Außerdem kann man so messtechnisch erfassen, wie sich das Becken auf dem Sattel bewegt. Ziel ist es natürlich, das Becken in eine möglichst stabile Position auf dem Sattel zu bekommen. Laut den Erfahrungen von Torben spielt es bei der Druckmessung übrigens keine Rolle, ob man eine Radhose mit dickem Sitz-Polster oder einen Triathlon-Rennanzug mit einem spartanischen Mini-Fleece als Polster trägt.
Hier wird wieder frontal von vorn, sowie aus der 90 Grad-Position von der Seite gefilmt, um die Bewegungen auch visuell kontrollieren zu können. Auch hier gibt es glücklicherweise Entwarnung von Torben. Keine krummen Beine oder seitlichen Bewegungen des Knies zu erkennen, somit ist meine Grundvoraussetzung und auch meine bisherige Position auf dem Bike schon mal nicht verkehrt. Aber es gibt noch Potenzial zur Verbesserung, meint der erfahrene Bikefitter und bittet mich abzusteigen.
Als Erstes wird die Sitzhöhe und die Position des Sattels auf der Längsachse so eingestellt, dass mein Kniewinkel im unteren Totpunkt des Pedals kleiner wird, sprich der Sattel wird in zwei Schritten um insgesamt 15 mm nach unten verschoben. Zudem wandert der Sitz rund einen Zentimeter nach vorn. So verringert sich der Kniewinkel von 154,6 Grad auf 148,3 Grad. Gleichzeitig öffnet man damit den Hüftwinkel. Für ein kurzes Zeitfahren, wie es zum Beispiel bei langen Rundfahrten ja immer wieder im Programm steht, würde man die Sitzhöhe nicht so weit nach unten bewegen, erklärt mir Torben, denn die reine Kraftentfaltung ist mit einer etwas höheren Position in der Regel etwas besser.
Im Triathlon muss man jedoch Kompromisse eingehen und eine der Hauptanforderung an den Bikefitter, zumindest auf der Langdistanz, ist es, die Laufmuskulatur der Athleten beim Radfahren so gut wie möglich zu schonen. Denn nach dem Bikesplit steht noch ein Marathon über die Distanz von 42,2 km auf dem Plan. Durch die tiefere Sitzposition wird vor allem der Hüftbeuger geschont und die Spannung auf den hinteren Oberschenkel verringert, die beide beim Laufen besonders beansprucht werden. Deshalb hat sich ein Kniewinkel von 140 – 147° bei der Triathlon-Langdistanz als erstrebenswert erwiesen, um den besten Kompromiss von Leistungsentfaltung auf dem Rad und Schonung für den Marathon zu finden. Natürlich immer unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen und Gegebenheiten.
Zusätzlich verringert sich durch die tiefere Sitzposition die Überhöhung und somit die Belastung für den Rücken. Oftmals lässt sich auch die Körperposition aerodynamischer ausrichten, bei mir verläuft zum Beispiel die Rückenlinie deutlich gerader als zuvor. Ein „Buckel“ der vorher deutlich erkennbar war, ist nach dem Bikefitting verschwunden, der Rücken nahezu gerade.
Die Öffnung des Hüftwinkels ist übrigens auch einer der Gründe für den Trend zu immer kürzeren Kurbeln. Bleibt das Knie weiter unten, bleibt auch der Hüftwinkel größer und somit die Belastung für die Lauf-Muskulatur kleiner. Deshalb fährt man in der Regel mit dem Triathlon-Bike kürzere Kurbeln als auf dem Rennrad. Eine Entwicklung die schon seit vielen Jahren von den meisten Herstellern berücksichtigt wird. Sie statten ihre Triathlon-Bikes in der Regel mit etwas kürzeren Kurbeln als bei Rennrädern mit gleicher Rahmengröße aus.
Neben der Reduzierung der Sitzhöhe baut Torben meine Armauflagen und Extensions noch minimal höher und mit einem leicht ansteigenden Winkel auf. Zudem werden die Armauflagen etwas nach vorn geschoben, nachdem zuvor ja auch der Sattel schon nach vorn gewandert war. Mit dem Anstellwinkel der Unterarme wird nicht nur die Position etwas komfortabler, sondern aus aerodynamischer Sicht auch ein „Loch“ geschlossen, in dem zuvor der Fahrtwind zwischen Armen und Kopf einströmen konnte.
Zum Abschluss gibt es noch einmal eine längere Pedalierphase mit Video- und Messkontrolle, um die gemachten Änderungen zu bestätigen. Da alles passt, und da ich aus meiner Sicht auch nichts zu bemängeln habe, beendet Torben die Einstellung mit dem Hinweis, dass die neue Position natürlich nicht zwanghaft gefahren werden muss. Sollten sich unerwartet Probleme einstellen, wird selbstverständlich nachgebessert und Feintuning betrieben.
Training wird intensiver
Neben dem Bikefitting, stand in den vergangenen Wochen natürlich das Training klar im Vordergrund. Ende März habe ich noch berichtet, dass sich das geplante Training hauptsächlich auf Grundlageneinheiten konzentriert hat und es zunächst darum ging, nach einigen Erkrankungen wieder in einen normalen Rhythmus zu kommen. So kamen immerhin drei Wochen mit 8 – 10 Wochenstunden und eine Entlastungswoche inkl. vier Tagen Skifahren zusammen. Danach wurden die Umfänge länger und es kam langsam aber sicher auch wieder Intensität ins Training.
Anfang Juni kann ich nun auf acht gute Trainingswochen zurückblicken. Aktuell stehen rund 13 Stunden auf dem Plan, lange Radeinheiten gehen in der Regel jede Woche über 100 Kilometer. Dazu kommen jeweils ein bis zwei Einheiten mit Intervallen am Berg oder auf dem Zeitfahrrad, oft auch in Verbindung mit einem Koppellauf. In Sachen Laufen wird das Training ähnlich aufgebaut. Meist stehen zwei lange, ruhige Einheiten und eine Session mit Intervallen auf dem Plan.
Leider läuft nicht alles ganz rund, denn seit ein paar Wochen kämpfe ich mit Problemen und Schmerzen an der rechten Hüfte, die hauptsächlich durch Laufeinheiten getriggert werden. Glücklicherweise war es bisher nur einmal so schlimm, dass ich eine Lauf-Einheit abbrechen musste. Ansonsten habe ich in Abstimmung mit meiner Trainerin die Laufumfänge etwas reduziert, um die Sache wieder in den Griff zu bekommen. Dehnen, Stabilitäts-Training und Behandlungen beim Osteopathen sollen helfen, wieder zu normalen Laufumfängen zu kommen. Allzu beunruhigt bin ich deshalb zum Glück (noch) nicht, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass in meinem Alter mit den aktuellen Trainingsumfängen immer mal wieder etwas „zwicken“ kann.
Das Schwimmtraining verläuft hingegen normal, dank einer Steigerung auf drei Einheiten in der Woche ist die Schwimm-Form deutlich besser geworden und auch das Schwimm-Training wird nun in den kommenden Wochen zunehmend nach draußen verlagert werden. Bisher haben mich die verhaltenen Temperaturen noch von regelmäßigem Training im See abgehalten, aber das wird sich jetzt hoffentlich rasant ändern. Denn in knapp drei Wochen steht mit der Challenge Walchsee der erste Wettkampf und ein ernst zu nehmender Formtest auf dem Plan. Alles dazu zeitnah in der nächsten Folge „Road to Ironman Frankfurt“.
Wer von euch möchte auch gerne mal zum Bikefitting?
Hier lest ihr alle Artikel zur Serie „Road to Ironman Frankfurt“ auf Rennrad-News
- King of the Lake Attersee – Mitgefahren!: Saisonabschluss mit brennenden Beinen
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 9: Bike und Technik für den Radsplit
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 8: Das Rennen – Ziel verfehlt aber überlebt
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 7: Finaler Pacing-Test zum Rennen
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 6: Warum Triathlon-Bekleidung 2.000 € kosten kann
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 5: Finaler Race-Test und Trainingsendspurt
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 4: Vorbereitungsrennen Challenge Walchsee
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 3: Bikefitting und Trainingsintensivierung
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 2: Der Renn-Fahrplan plus Bonus steht
3 Kommentare
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Road to Ironman Frankfurt – Teil 3: Bikefitting und Trainingsintensivierung
Wer von euch möchte auch gerne mal zum Bikefitting?
Wir wollen doch Daten, Fakten, Zahlen vom Training. Wochenumsatz und Intervall Pacing 😉
Kann man alles nicht kaufen 🙄
Hi,
kann es sein, dass die Bilder der Druckmessung an den Füßen vertauscht sind - oder macht es wirklich Sinn, dass in optimierter Position punktuell mehr Druck auf den Fußsohlen lastet? Ich dachte auch auf den Fußsohlen sollte möglichst wenig punktueller Druck zustande kommen, da sich dieser über die ganze (entsprechend harte) Schuhsohle entsprechend verteilen sollte.
Ciao Stephan
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