Road to Ironman Frankfurt – Teil 6: Wie schafft man als berufstätiger Familienvater mit 40-Stunden-Job ein ordentliches Finish bei einem Langdistanz-Triathlon über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen? Rennrad-News macht den Selbstversuch und wird bis zum August regelmäßig über alle Aspekte des Trainings und einer sinnvollen Vorbereitung berichten. Dieses Mal geht es um die richtige Triathlon-Bekleidung für den längsten Tag im Leben.
Einer für alles: Der Triathlon-Einteiler
Eines vorweg: Prinzipiell kann jeder beim Triathlon anziehen, was er möchte. Lediglich beim Schwimmen gibt es gewisse Einschränkungen, die von den Verbänden vorgegeben werden. In den Anfangszeiten des Triathlon-Booms in Deutschland war es auch bei den männlichen Teilnehmern üblich, mit möglichst knapper Badehose und einem noch knapperen Oberteil ins Rennen zu gehen, doch diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Heute gibt es hochfunktionelle Triathlon-Bekleidung in Form von Einteilern, die bei allen drei Disziplinen funktionieren und vor allem auf dem Radsplit Vorteile bringen sollen.
Seit einigen Jahren tauchen sogar immer mehr Anzüge in gedeckten und geschmackvollen Farben auf, selbst komplett einfarbige Trisuits gibt es von einigen Herstellern. Warum ich das so betone? Weil es vor einigen Jahren unter vielen Triathleten äußerst beliebt war, wie ein bunter Papagei aufzutreten. Je mehr Farben in einem Kleidungsstück vereint waren, desto besser schien es sich zu verkaufen. Nun ja, die Geschmäcker sind verschieden, aktuell ist es zum Glück so, dass jeder nach seinem persönlichen Geschmack glücklich werden kann.
Warum trägt man einen Triathlon-Einteiler? Ganz einfach, um sich die Zeit für das Umziehen zu sparen. Zudem sind die aktuellen Einteiler so weit entwickelt, dass sie auf dem Rad aerodynamische Vorteile bringen und sowohl beim Schwimmen als auch Laufen ebenfalls gut funktionieren. Wie weit die Entwicklung vorangeschritten ist und wie viel Mühe die Hersteller in die Einteiler stecken, zeigen wir exemplarisch an zwei Anzügen vom dänischen Hersteller Fusion.
Die Nordeuropäer sind so weit gegangen, dass sie drei verschiedene Anzüge für unterschiedliche Anforderungen entwickelt haben. Das Top-Modell Fusion Tempo One ist für Triathleten, die keine Kompromisse eingehen wollen. Um die Aerodynamik auf dem Rad zu optimieren, gibt es keinerlei außen liegende Taschen, zudem ist der Anzug so eng geschnitten, dass er mit geschlossenem Reißverschluss nur auf dem Rad perfekt passt. Beim Laufen sollte man den Frontzipper hingegen öffnen, um dem Oberkörper mehr Platz zum Atmen und freien Bewegen zu geben. Der Preis ist mit 470 € ebenso engagiert wie der Anspruch des Anzugs, erste Wahl für die Besten zu sein.
Der Fusion Tempo Two ist mit einem Preis von 300 € deutlich günstiger, richtet sich an engagierte Amateure, die nicht auf Komfort verzichten möchten. Auch hier sind die Stoffe so ausgesucht, dass sie eine sehr gute Aerodynamik beim Radsplit garantieren sollen, aber der Schnitt am Oberkörper ist nicht ganz so eng geführt, sodass man auch mit geschlossenem Reißverschluss gut laufen kann. Zudem gibt es Taschen am Rücken und an den Oberschenkeln, in denen man in erster Linie beim Laufen Verpflegung transportieren kann.
Das dritte Modell Fusion Tempo Three ist für alle Einsteiger in den Triathlon-Sport gedacht. Es zeichnet sich vorwiegend durch Komfort und einen günstigeren Preis von 240 € aus. Interessanterweise gibt Fusion sogar Zielzeiten für die unterschiedlichen Distanzen vor und gibt damit Anhaltspunkte für die Auswahl des perfekten Einteilers. Mittlerweile gibt es glücklicherweise unzählige Hersteller, die ein buntes Angebot an Triathlon-Einteilern anbieten und somit eine breite Auswahl für jedes Level und jeden Geldbeutel anbieten.
Im Rahmen der Vorbereitung auf den Ironman Frankfurt konnte ich sowohl den Fusion Tempo One, als auch den Fusion Tempo Two schon bei Rennen tragen und fand beide Anzüge sehr durchdacht und hochwertig verarbeitet. Auch die Passform konnte mich überzeugen. In Frankfurt werde ich voraussichtlich den Tempo One tragen, weil er einfach kompakter geschnitten ist und ich mich sehr wohl darin fühle.
Vor einigen Tagen traf auch noch der neue Aero Tri Suit von den Schweizer Aero-Spezialisten Swiss Side bei mir ein. Er fällt vor allem durch verschiedene Stoffstrukturen an den Armen und Schultern auf, die den Windwiderstand auf dem Rad soweit wie möglich reduzieren sollen. Ähnlich wie der Fusion Tempo One verfügt der Swiss Side Aero Tri Suit nur über Innentaschen zum Transport von Proviant. Die Passform ist größengerecht und erwartbar eng, um den Aeroeffekt nicht durch Falten zunichtezumachen. Der Preis liegt mit 395 € im oberen Bereich.
Triathlon-Bekleidung beim Schwimmen: Neopren und Co.
Zum Thema Schwimmen gibt es beim Triathlon zwei unterschiedliche Situationen. Und diese hängen von der jeweiligen Wassertemperatur am Morgen des Wettkampfs ab. Liegt die Temperatur unter der von den Regeln vorgegebenen Temperatur kann man mit einem Neoprenanzug schwimmen, ist das Wasser wärmer, gibt es ein Neopren-Verbot. Die Grenztemperaturen werden vom Verband festgelegt und sind abhängig von der Länge der Schwimmstrecke. Bei der Mitteldistanz und darunter liegt die Grenze meist bei 21,9 Grad, auf der Langdistanz in der Regel bei 24,5 Grad.
Die Neopren-Anzüge für Triathleten unterscheiden sich natürlich von Tauch- oder Surf-Anzügen, denn sie sind speziell für das Schwimmen entworfen. Sie sollen in erster Linie als Kälteschutz dienen, verhelfen aber dank des Auftriebs des Materials auch zu einer besseren Schwimmlage. Für viele Triathleten (auch für mich) wird das Schwimmen von langen Strecken dadurch wesentlich einfacher, zudem kann man in der Regel schneller schwimmen als ohne die schwarze Pelle. Getragen wird der Anzug in der Regel direkt über dem Triathlon Einteiler. So muss man nach dem Schwimmen nur den Neopren abstreifen und kann direkt aufs Rad springen. Die Neopren Anzüge für Triathleten gibt es von vielen Hersteller, das Preisspektrum reicht von rund 500 € bis weit über 1.000 €.
Wird aufgrund hoher Wassertemperaturen ein Neopren-Verbot ausgesprochen, schwimmt man entweder direkt mit dem Triathlon-Einteiler oder in Badekleidung und zieht sich nach dem Schwimmen um. Die meisten Triathlon-Einteiler sind jedoch dafür ausgelegt, dass man sie auch im Wasser tragen kann. Sitzt der Einteiler jedoch schlecht oder hat viele Außentaschen, die sich im Wasser ausbeulen, kann der Anzug im schlimmsten Fall auch bremsen.
Für diese Fälle gibt es sogenannte Swimskins. Das sind dünne Anzüge aus wasserabweisendem Stoff mit einem sehr engen Schnitt. Sie können über dem Triathlon-Einteiler getragen werden und sorgen durch ihre superenge Passform und den Stoff ohne Nähte dafür, dass nirgends Wasser eindringen kann und sich keine bremsenden Falten bilden können. Swimskins haben den Reißverschluss am Rücken und verhindern somit ein bremsendes Eindringen von Wasser am Frontreißverschluss.
Ich bin in der Vorbereitung auf Frankfurt mehrmals mit dem Rebel Pro Plus 1 vom deutschen Hersteller Sailfish geschwommen und kann sagen, dass ein Swimskin auch für einen schlechten Schwimmer wie mich eine Hilfe sein kann. Durch die kompakte Passform und das wasserabweisende Material gleitet man einfach besser durch das Wasser, zudem findet im Bereich des Anzugs kaum ein Wasseraustausch statt und man kühlt nicht so schnell aus wie ohne den Anzug. Gute Schwimmer profitieren in erster Linie von den guten Gleiteigenschaften im Wasser und erreichen mit einem Swimskin in der Regel deutlich verbesserte Schwimmzeiten. Deshalb sieht man kaum einen Profi bei Neoverbot ohne Swimskin ins Wasser gehen.
Der gezeigte Rebel Pro Plus 1 ist das Spitzenmodell von Sailfish und kostet 395 €, es gibt jedoch auch wesentlich günstigere Modell im Angebot der Schwimmspezialisten. Angeboten werden Swimskins von fast allen Unternehmen, die auch Neopren-Anzüge für Triathleten vertreiben, zudem auch von einigen Radsport-Bekleidungsherstellern. Die Preise starten bei rund 80 €.
Bevor wir aufs Rad wechseln, noch eine Kuriosität, die typisch für die Technik-verliebte Triathlon-Szene ist. Während des „Ironman to Frankfurt“-Projektes wurde ich auch auf eine Schwimmbrille aufmerksam, die über ein Onscreen-Display, Pulsmessung und einen integrierten Kompass verfügt. Mit der Form Smart Swim 2 für 249 € kann man sich also während dem Training und Rennen allerhand Daten und sogar Trainingstipps anzeigen lassen.
Als besonderes Feature verfügt sie auch über einen integrierten Kompass, mit dessen Hilfe man beim Schwimmen im Freiwasser auf einen festen Punkt navigieren kann. Einmal angepeilt, muss man sich nur die Gradzahl merken und bekommt fortan auch unter Wasser angezeigt, ob man auf Kurs schwimmt oder nicht. Mag kurios klingen, kann jedoch bei einem Triathlonrennen, bei dem sich schon manch einer „verschwommen“ hat, durchaus eine Hilfe sein. Ich konnte die Form Smart Swim 2 ausgiebig testen und war überrascht, wie zuverlässig sie funktioniert und wie innovativ manche Funktion ist. Für technikverliebte Schwimmer sicher einen Blick wert.
Radschuhe und Helm
Welchen Rennrad-Helm man beim Triathlon trägt, unterliegt keinen speziellen Vorschriften, solange der Helm eine Zulassung für Rennveranstaltungen hat, was bei fast allen Helmen, die man im Fachhandel kaufen kann, der Fall sein dürfte. Da auf der Radstrecke die Aerodynamik ein entscheidender Faktor ist, wird man hauptsächlich auf Langdistanz-Rennen in erster Linie Zeitfahr-Helme jeglicher Ausprägung entdecken.
Ich trage seit einigen Jahren den MET Codatronca (350 €) und habe damit ausgezeichnete Erfahrungen gemacht. Die Belüftung ist trotz der relativ geschlossenen Form einwandfrei und auch der Tragekomfort ist ausgezeichnet. Ich war natürlich nicht im Windkanal, aber zudem dürfte der Codatronca aufgrund seiner kompakten Form auch dann aerodynamisch funktionieren, wenn man den Kopf nicht in der perfekten Position hält. Was bei mir ziemlich oft der Fall sein dürfte.
Ob man das Visier benutzt oder lieber mit einer Rennrad-Brille fährt, dürfte aerodynamisch übrigens wenig Einfluss haben. Die Aero-Spezialisten von Swiss Side haben schon sehr viele Zeitfahrhelme mit und ohne Visier im Windkanal gemessen und dabei kaum nennenswerte Unterschiede feststellen können.
Das Thema Rennrad-Schuhe ist auch beim Triathlon eine sehr individuelle Angelegenheit. Prinzipiell kann man alle Schuhe fahren, es sollte jedoch nicht ewig dauern, bis man sie an- oder ausgezogen hat. Damit es (vorwiegend bei kurzen Distanzen) schneller geht, gibt es spezielle Triathlon-Schuhe wie den Fizik Hydra Aeroweave Carbon (290 €) oder den neuen Shimano TR9 (ca. 360 €).
Sie zeichnen sich dadurch aus, dass der Hauptverschluss am Rist mittels Klettband erfolgt. So kann man die Schuhe schon vor dem Wechsel in die Pedale einklicken und direkt auf dem Rad in die Schuhe schlüpfen. Das ist vorwiegend bei langen Wechselzonen vorteilhaft, wenn man anstatt mit rutschigen Radschuhen, barfuß durch die Wechselzone rennen kann. Als weiteres Feature befinden sich in den Sohlen meist Löcher zur besseren Belüftung und damit Wasser von den nach dem Schwimmen nassen Füßen ablaufen kann.
Die meisten Triathlon-Schuhe sind innen mit besonders hautfreundlichen Materialien und wenn möglich ohne Nähte mit glatter Oberflächenstruktur gefertigt, damit man sie bequem ohne Socken fahren kann. Denn auch hier geht es wieder um das Thema verlorene Zeit beim Umziehen. Auf kürzeren Strecken wird zumindest bei den Profis in der Regel auch ohne Socken gelaufen.
Im Gegensatz zu UCI sanktionierten Radrennen, gibt es beim Triathlon übrigens keine Vorgaben zu den Socken, die man tragen darf. Deshalb haben sich bei den Profis und engagierten Amateuren sogenannte Aero Calf Sleeves durchgesetzt, die über den Waden getragen werden und Aero-Vorteile bis zu 8 Watt bei 45 km/h bringen sollen. Da sie sehr eng sitzen müssen, sind sie in der Regel jedoch auch schwierig an- und auszuziehen und werden deshalb auch beim Schwimmen und Laufen getragen. Beim Schwimmen mit Neoverbot ist es in der Regel auch verboten, die Aero Calf Sleeves schon beim Schwimmen zu tragen.
Laufschuhe und Zubehör
Laufschuhe sind auf Rennrad-News normalerweise kein Thema, da sich auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren jedoch enorm viel getan hat und der Vollständigkeit halber, möchten wir diesen Bereich wenigstens ganz kurz anschneiden. Denn mit dem Auftauchen der Carbonschuhe wurde die Laufszene und vor allem die Triathlon-Laufbubble völlig auf den Kopf gestellt. Kurz zusammengefasst haben die Hersteller eine dünne Carbonsohle in ihre Schuhsohlen integriert und konnten damit wesentlich weichere Schäume für die Sohlen einsetzen als zuvor.
Die Effekte sind enorm und für Läufer auf fast jedem Niveau zu spüren. Man kann nicht nur schneller laufen, sondern zudem werden durch die weicheren und dickeren Schaumschichten in den Sohlen auch die Muskeln und der gesamte Bewegungsapparat geschont. Die Vorteile sind so frappierend, dass mittlerweile praktisch alle namhaften Hersteller von Laufschuhen Modelle mit Carbonsohlen im Programm haben.
Kein Wunder also, dass man auf großen Triathlonrennen mittlerweile den Großteil des Starterfeldes mit entsprechenden Schuhen laufen sieht. Ich nehme mich da nicht aus und absolviere in der Regel auch die ganz langen Läufe, die aktuell wöchentlich im Trainingsplan stehen, mit entsprechenden Carbonschuhen. Das ist bei Preisen von rund 300 € und einer Lebensdauer von nur ungefähr 500 km nicht gerade günstig, reduziert aber in der Regel auch die Belastung auf den Bewegungsapparat.
Damit dürften wir die wichtigsten Basics für Triathlonrennen genannt haben. Davon abgesehen gibt es noch unzählige Accessoires und Zubehör-Teile, die einem das Leben am Tag der Tage erleichtern sollen. Darunter zum Beispiel Mützen, Sonnenbrillen, Schnellschnür-Systeme für die Schuhe, Notfall-Kits, Funktionssocken und viele andere nützliche oder weniger nützliche Dinge. Sie alle haben gemeinsam – genau wie die oben aufgeführte Bekleidung und Ausrüstung – dass man sie nicht unbedingt benötigt. Dass sich ein Triathlon auch in Badehose und Turnschuhen bewältigen lässt, kann man auch heute noch auf manchem Rennen beobachten. Viele Freundinnen und Freunde des Dreikampfes haben jedoch große Freude daran, ihre Ausrüstung zu optimieren und die berühmten „marginal gains“ auch im kleinen Maßstab selbst zu verwenden.
Welche Kleidung tragt ihr beim Triathlon?
Hier lest ihr alle Artikel zur Serie „Road to Ironman Frankfurt“ auf Rennrad-News
- King of the Lake Attersee – Mitgefahren!: Saisonabschluss mit brennenden Beinen
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 9: Bike und Technik für den Radsplit
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 8: Das Rennen – Ziel verfehlt aber überlebt
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 7: Finaler Pacing-Test zum Rennen
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 6: Warum Triathlon-Bekleidung 2.000 € kosten kann
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 5: Finaler Race-Test und Trainingsendspurt
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 4: Vorbereitungsrennen Challenge Walchsee
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 3: Bikefitting und Trainingsintensivierung
- Road to Ironman Frankfurt – Teil 2: Der Renn-Fahrplan plus Bonus steht