Das Rondo Ruut macht mit einem spannenden Geometriekonzept, verschiedenen Rahmenmaterialien von Stahl über Carbon bis Titan und ungewöhnlicher Optik auf sich aufmerksam. Wie sieht es aber in der Fahrpraxis aus? Wir haben das Alu-Modell Rondo Ruut AL durch sein angestammtes Terrain gescheucht: von der Straße, über den Forstweg bis auf den Trail.
Steckbrief: Rondo RUUT AL
Einsatzbereich | Cyclocross, Gravel |
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Rahmenmaterial | Aluminium |
Gabel | Carbon |
Website | rondo.cc |
Rondo platzte 2017 mit vier neuen Rädern auf den Cyclocross- und Gravel-Markt. Hinter der neuen Marke stecken die Macher von NS-Bikes, die im Mountainbike-Bereich mit jahrelanger Erfahrung punkten können. Bei der neuen Marke dreht sich nun alles um Räder mit Rennlenkern. Rondo platzierte das Ruut zur Einführung gleich mit vier Modellen auf dem Markt. Auf der Eurobike wurde zudem die Erweiterung um zwei zusätzliche Modelle bekannt gegeben. Das Ruut ist in vier verschiedenen Rahmenmaterialien verfügbar, die man am Kürzel erkennt: AL für Aluminium, ST für Steel/Stahl, CF für Carbon Fibre und TI für Titan. Beim Carbon-Modell hat man zusätzlich die Wahl zwischen dem CF0, CF1 und dem CF2 Modell. Unser Testbike mit Aluminium-Rahmen reiht sich preislich unten in der Produktpalette ein: Mit 1.899 € UVP schlägt das Einstiegsmodell zu Buche. Für 2.299 € bekommt man das Modell mit Stahlrahmen, den Einstieg in die Carbonwelt bekommt man mit dem CF2 Modell ab 2.999 €, das Topmodell CF1 kostet 3.699 €. Zum Preis von 4.899 € hat man die Wahl zwischen CF0 oder TI-Modell, beide kosten gleich viel.
Im Imagevideo sieht man das Ruut vor allem im moderaten, weniger ernsthaften Einsatz: Straße, Gravel, Trails. Doch auch auf der Rennstrecke soll es eine gute Figur machen. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Ist das sinnvoll machbar oder leidet eines der Einsatzgebiete zugunsten besserer Performance im anderen Bereich? Wir waren gespannt, ob sich das Rad auch in der Praxis so vielfältig einsetzen lässt.
Ausstattung
Unser Testrad weicht etwas von der Serienausstattung ab, anstatt des Alu-Lenkers und der Alu-Laufräder, werden jeweils Teile aus Carbon verbaut. Um 1.899 € bekommt man serienmäßig hydraulische Scheibenbremsen und einen 1 x 11 Antrieb von SRAM. Interessant ist auch die hauseigene Carbon-Gabel mit Geometrieverstellung, die an allen Ruut Modellen zum Einsatz kommt. Out of the Box kommt das Rad vormontiert, lediglich Lenker und Laufräder müssen montiert werden – ab Werk ist die Gabel auf die tiefe Geometrie eingestellt. Dazu gleich mehr.
Ruut Ti | Ruut CF0 | Ruut CF1 | Ruut CF2 | Ruut ST | Ruut AL | |
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Rahmen | Ruut Ti 3AL-2.5V | Ruut Flex Design EPS Carbon | Ruut Flex Design EPS Carbon | Ruut Flex Design EPS Carbon | Ruut Tange | Ruut Custom Formed AL6061-T6 |
Gabel | Twintip Carbon | Twintip Carbon | Twintip Carbon | Twintip Carbon | Twintip Carbon | Twintip Carbon |
Gewicht | N/A | N/A | 8,3 kg | 9,1 kg | 10,4 kg | 10 kg |
Entfaltung | N/A | N/A | N/A | N/A | N/A | N/A |
Zulässiges Gesamtgewicht | N/A | N/A | N/A | N/A | N/A | N/A |
Schalthebel | SRAM Force 1 | Shimano Ultegra Di2 | SRAM Force 1 | SRAM Rival 1 | SRAM Rival 1 | SRAM Apex 1 |
Umwerfer / Schaltwerk | SRAM Force 1 | Shimano XT Di2 | SRAM Force 1 | SRAM Rival 1 | SRAM Rival 1 | SRAM Apex 1 |
Kurbel / Zähne | SRAM Force 1 X-Sync 40T | FSA SL-K Light 40T | SRAM Force 1 X-Sync 40T | SRAM Rival 1 X-Sync 40T | SRAM Rival 1 X-Sync 40T | SRAM Apex 1 X-Sync 40T |
Ritzel / Zähne | Shimano XT 11-42T | SRAM XG1175 10-42T | SRAM XG1150 10-42T | Sunrace CSMS7 11-42T | Sunrace CSMS7 11-42T | |
Innenlager | BSA 68 | BB386 Evo | N/A | N/A | N/A | N/A |
Kette | SRAM PC1130 | SRAM PC1130 | SRAM PC1130 | SRAM PC1130 | ||
Bremsen | SRAM Force | Shimano Ultegra | SRAM Force | SRAM Rival | SRAM Rival | SRAM Apex |
Laufradsatz | Rondo Superlight Nabe, Rondo Superlight Alloy Felge | Rondo Superlight Nabe, Hunt Carbon Felge | Rondo Superlight Nabe, Rondo Superlight Alloy Felge | Rondo Superlight Nabe, Rondo Alloy Felge | Rondo Superlight Nabe, Rondo Alloy Felge | Rondo Superlight Nabe, Rondo Alloy Felge |
Reifen / Größe | WTB Riddler 700 X 37 | Panaracer Gravel King SK 700 X 35 | Panaracer Gravel King SK 700 X 35 | Panaracer Gravel King SK 700 X 43 | Panaracer Gravel King SK 700 X 43 | |
Lenker | Easton EA70 AX | Rondo Flare | Rondo Flare | Rondo Flare | ||
Vorbau | Rondo | Rondo | Rondo | Rondo | Rondo | Rondo |
Sattel | Fabric Scoop Flat CR-TI | Fabric Scoop Flat CRO-MO | Fabric Scoop Flat | Fabric Scoop Flat | ||
Sattelstütze | Easton EC90 350 x 27.3 | Rondo 350 x 27.2 | Rondo 350 x 27.2 | Rondo 350 x 27.2 | ||
Besonderheiten | Geometrieverstellung an der Gabel, | Geometrieverstellung an der Gabel, | Geometrieverstellung an der Gabel, zwei Flaschenhalter Aufnahmen | Geometrieverstellung an der Gabel, zwei Flaschenhalter Aufnahmen | Geometrieverstellung an der Gabel, drei Flaschenhalter Aufnahmen | Geometrieverstellung an der Gabel, zwei Flaschenhalter Aufnahmen |
Geometrie: Von gutmütig bis sportlich
Rondo schreibt dem Ruut sowohl eine Endurance/Adventuring-Geometrie, als auch eine sportliche Race-Geometrie zu. Möglich wird das durch die Geometrieverstellung an der Gabel. Die Einstellung ist am Ausfallende durch „High/Hoch“ bzw. „Low/Tief“ gekennzeichnet und wird hier auch im Test so genannt. Bezug wird dabei auf die Lenkerhöhe genommen, nicht auf die Position der Achse, sitzt die Achse an der unteren Position, ist der Lenker oben – also High. Im Gegensatz dazu steht die Achse bei der tiefen Geometrieposition im oberen Loch an der Carbon-Gabel.
Mit 120 mm Vorbau fällt die Geometrie an unserem XL-Testrad sportlich aus. Fahrer mit von der Norm abweichenden Proportionen, mit sehr langen Beinen und kurzem Oberkörper, könnten mit kürzeren Vorbauten experimentieren. Sehr große Fahrer hingegen könnten eine XXL-Version begrüßen, um keinen ellenlangen Vorbau montieren zu müssen. Abgesehen davon ist die Geometrie von kurzen Kettenstreben und einem Lenkwinkel im mittleren Bereich gekennzeichnet. Die Verstellung am Gabel-Ausfallende verschiebt dabei die Sitzposition von sportlich gestreckt (Low) bis komfortabel, aber trotzdem sportlich.
S (High/Low) | M (High/Low) | L (High/Low) | XL (High/Low) | |
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Sitzrohrlänge mm | 495 | 530 | 560 | 590 |
Sitzrohrwinkel in Grad | 73 / 73,5 | 73 / 73,5 | 73 / 73,5 | 73 / 73,5 |
Oberrohrlänge mm | 536 / 538 | 551 / 553 | 569 / 571 | 584 / 586 |
Steuerrohrlänge mm | 110 | 130 | 160 | 180 |
Lenkwinkel in Grad | 70,5 / 71 | 71,5 / 72 | 71,5 / 72 | 71,5 / 72 |
Gabelvorbiegung mm | 45 / 55 | 45 / 55 | 45 / 55 | 45 / 55 |
Gabelnachlauf mm | N / A | N / A | N / A | N / A |
Radstand mm | N / A | N / A | N / A | N / A |
Kettenstrebenlänge mm | 420 | 420 | 420 | 420 |
Tretlagerabsenkung mm | 70 / 74 | 70 / 74 | 70 / 74 | 70 / 74 |
Stack mm | 533 / 534 | 554 / 555 | 582 / 572 | 606 / 601 |
Reach mm | 373 / 381 | 382 / 388 | 391 / 397 | 400/ 406 |
Vorbaulänge mm | 80 | 100 | 110 | 120 |
Kurbelarmlänge mm | 170 | 172,5 | 172,5 | 175 |
Auf dem Kurs
Wir starten unsere ersten Runden auf dem Rondo Ruut AL mit der ab Werk eingestellten Low-Position am Flip-Chip der Gabel. Damit fallen Lenk- und Sitzwinkel ein halbes Grad steiler aus, das Tretlager sinkt um 4 mm, der Lenker um ganze 10 mm. Zudem interessant: Der Vorlauf der Gabel liegt bei langen 55 mm.
Die als sportlich angepriesene Sitzposition der tiefen Einstellung erweist sich jetzt nicht als Übertreibung. Gestreckt sitzt man so auf dem Ruut AL, die Position wird dabei aber nicht unangenehm. Mit dieser Sitzposition lädt das Rad ein, die Grenzen der eigenen Fitness auszutesten – und unterstützt den Fahrer dabei. Panaracers Gravel King SK bringt die Antriebskraft gut auf den Boden, rollt dabei aber recht leicht. Die Kombination aus leichtem Reifen, Carbon-Laufrad und steifem Alu-Rahmen ermöglicht sehr schnelle Antritte aus dem Stand oder an kurzen, knackigen Rampen. Renngene? Ja!
Renngene verbindet man aber oft auch mit weniger Komfort, es zählt schließlich nicht, wer am entspanntesten im Ziel ankommt, sondern wer am schnellsten ankommt. Hier ist vor allem der duale Ansatz des Geometriekonzepts interessant. Lässt sich ein komfortables Gravel-Bike mit einem rennoptimierten steifen CX-Rad vereinen? Rondo bietet hier durch die verschiedenen Rahmenmaterialien die Möglichkeit je nach Vorliebe und Erwartung auszusuchen – aber es wundert uns nicht, dass der Alu-Rahmen kein Komfortwunder ist und eher auf der steifen Seite liegt. Hier sollte bei der Wahl des Reifendrucks sehr genau gearbeitet werden, um die geringe Nachgiebigkeit des Rahmens durch die Reifen etwas zu kompensieren. Auch der Carbon-Lenker spielt mit ins Gesamtkonzept. Mit seiner angenehmen Form und den hohen Bremsgriffen liegt er gut in der Hand und verwindet sich im Wiegetritt kaum. Dennoch könnte man sich vor allem auf längeren, holprigen Abfahrten mehr Komfort wünschen.
Die wohl interessanteste Eigenschaft des Rondo Ruut AL ist aber die Geometrieverstellung. Nicht nur das tiefere Cockpit und die Veränderung der Winkel spielt hier eine Rolle, auch die veränderte Gabel-Vorbiegung (Offset) beim Umsetzen der Achse und die damit einhergehende Änderung des Nachlaufs sind nicht zu vernachlässigen. Mit der längeren Vorbiegung in der Low-Einstellung sinkt der Nachlauf (Trail), was ein spritzigeres Fahrverhalten, aber auch weniger Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten mit sich bringt. Im Gegensatz dazu fällt bei wenig Vorbiegung in der High Einstellung der Nachlauf länger aus. Geringe Vorbiegung und steile Lenkwinkel sind eine beliebte Kombination, um die Wendigkeit für enge Kurven zu erhöhen.
Am Rondo Ruut AL ist der Unterschied stark spürbar. Die Lenkung ist in der Einstellung „Low“, mit langem Offset an der Grenze zum nervös werden – der breite Lenker hilft trotzdem die Kontrolle zu behalten. Auf engen Kursen kann die Agilität hier aber beeindrucken. Gepaart mit der guten Antriebseffizienz und der sportlichen Sitzposition bereitet das Ruut so viel Spaß auf winkligen Kursen. Wechselt man in die hohe Einstellung, wird vor allem die Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten besser, die Lenkung kontrollierter. Mit dem etwas höheren Lenker sitzt man nicht so stark auf Angriffshaltung am Rad. In Steilstücken stellt sich dann nicht so schnell ein Überschlags-Gefühl ein, die etwas weniger quirlige Lenkung schafft Vertrauen. Längere Ausfahrten belasten den Fahrer dank der aufrechteren Sitzposition ebanfalls nicht so stark.
Zusammenfassend: „High“ dürfte für die allermeisten Touren und Gravelraces die angenehmere Position sein. Nur wer das Ruut um einen winkligen CX-Kurs bewegt oder eine High-Speed-Runde im Park dreht, dürfte mit „Low“ passend bedient sein.
Unauffällig ist das Rondo Ruut AL hinsichtlich der Ausstattung. Fans von Felgenbremsen werden zwar enttäuscht, die Scheibenbremse passt aber gut zum Gesamtkonzept und ermöglicht erst die Geometrieverstellung. SRAMs Apex Hydrauklikbremse entschleunigt sehr zuverlässig und kraftvoll. Kombiniert mit dem flachen Profil der Reifen hätten wir uns etwas mehr Dosierbarkeit gewünscht, da hier der Übergang von Verzögern zu Rutschen schneller geht, als es dem Fahrer manchmal lieb wäre.
Die passende Übersetzung ist auch eine Glaubensfrage. Im Test wurde das Rad über mehrere hundert Kilometer vor allem in wechselhaftem Terrain bewegt. Wer viel auf weniger abwechslungsreichen Forstwegen unterwegs ist, könnte sich über eine etwas kleinere Abstufung an der Kassette freuen. Da das Ruut auch für den Einsatz von 2-fach Antrieben ausgelegt ist, könnte man hier umrüsten. Für unser Testgelände stellte sich die 1×11 Schaltgruppe jedoch als passend heraus – einzig auf wirklich steilen Sektionen könnten sich Fans von Komfort ein etwas kleineres Kettenblatt wünschen – wer sich gerne durchbeisst, braucht nicht unbedingt eine kleinere Übersetzung.
Haltbarkeit
Während des Testzeitraums sind keine Defekte an Rahmen, Gabel und Anbauteilen entstanden. Regelmäßige Pflege vorausgesetzt, hatten wir mit 11-fach Antrieben von SRAM selten wirkliche Probleme mit zu starker Abnutzung. Wer Kilometer zählt und mehrere Ketten verwenden will, kann die maximale Kilometerleistung erhöhen. Schwere Fahrer, die lange Abfahrten unternehmen wollen, sollten über metallische Bremsbeläge in der Bremsanlage nachdenken – diese sind erfahrungsgemäß etwas hitzebeständiger.
Mit dem Rondo Ruut AL ist den Polen ein guter Kompromiss für unentschlossene Einsteiger gelungen. Wer sich nicht sicher ist, welche Disziplin die Richtige für ihn ist oder das Rad einfach nach Vorliebe auf die anstehende nächste Ausfahrt anpassen will, bekommt mit dem Vario Geo-Konzept eine geschickte Lösung. Ob High- oder Low-Einstellung – das Rad verändert seinen Charakter spürbar und kann somit ein breites Spektrum an Einsatzbereichen abdecken.
Pro / Contra
Pro
Contra
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