Fahrradschläuche aus Kunststoff befinden sich von kleineren Marken seit etwa 2 Jahren auf dem Markt. Sie locken vor allem mit einem besonders niedrigen Gewicht. Jetzt präsentiert Marktführer Schwalbe einen eigenen Kunststoffschlauch, der auch in vielen anderen Punkten den gebräuchlichen schwarzen Butylschläuchen und in mancher Hinsicht sogar Tubeless-Systemen überlegen sein soll. Schwalbe nutzt als Material TPU, das man mit Chemiekonzern BASF innerhalb von 5 Jahren Entwicklungszeit zur Marktreife für Schläuche brachte. Hier die wichtigsten Eckdaten:
Schwalbe Aerothan – Infos und Preise
- Neuer Schlauch für Road, Gravel und MTB
- Weniger als halb so schwer wie normale Schläuche
- Verspricht besseren Schutz gegen Durchstiche als alle Systeme
- Am MTB gleicher Snake-Bite-Schutz wie Tubeless Easy
- Rollwiderstand geringer als mit Butylschlauch
- Road ab 41 g* / 28″ / 23-622 bis 35-622
- Allround ab 61 g / 28″ / 37-622 bis 50-622
- MTB ab 83 g / 26″, 27,5″, 29″ / bis 62-622
- Material TPU, recycelbar
- Info https://schwalbe.com/aerothan
- Preis ab 27,90 € UVP
Im Detail
Schwalbe investierte zusammen mit BASF viel Zeit in die Entwicklung des neuen Aerothan-Materials. Als Herausforderung nennt der Hersteller unter anderem die nötige Verbindung des TPU-Schlauches, die mittels Lasertechnik gelöst wurde. Die Hitzebeständigkeit bei Bremsungen mit Felgenbremsen zu erzielen, soll ebenfalls Mehraufwand erfordert haben, bevor der Aerothan-Schlauch aus TPU-Kunststoff marktreif war.
Der Aufwand soll sich gelohnt haben, denn grundsätzlich verspricht Aerothan beeindruckende Leistungen. Bekannt sind Kunststoffschläuche für das geringere Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Schläuchen aus Butyl. Am Rennrad spart ein Satz Aerothan zirka 120 g gegenüber einem normalen Schwalbe Road-Schlauch und rund 40 g gegenüber den Extralight–Varianten ein. Für eine Gewichtsersparnis in diesem Bereich investieren nicht wenige viel Geld in Laufräder. Auf unserer Waage wogen je zwei gemessene Road- und Allrund-Schläuche rund 4 Gramm mehr als der Hersteller angibt. Für den ausprobierten Allound-Schlauch zum Einsatz am Gravelbike haben wir eine Gewichtstabelle aufgestellt.
Gravelbike – Schlauchgewichte im Vergleich
Für Reifengröße | Gewicht | |
---|---|---|
Schwalbe Aerothan | 37 mm bis 50 mm | 66 g |
Schwalbe SV17 / 32 - | 28 mm bis 47 mm | 166 g |
Vittoria Latex / | 30 mm bis 38 mm | 105 g |
Schwalbe SV18 (light Butyl) | 28 mm bis 44 mm | 105 g* |
Dichtmilch | 28 mm bis 55 mm | 30 ml bis 60 ml |
Aber Schwalbe verspricht noch mehr: Die Durchstichfestigkeit mit einem stumpfen Fremdkörper soll doppelt so hoch wie bei anderen Materialien sein. Auch im Snake Bite-Test mit einem Fallbeil soll Schwalbes neuer Schlauch deutlich größeren Fallhöhen standhalten als Butyl-, Latex- oder andere Kunststoffvarianten. Im MTB-Einsatz soll er etwa gleichauf mit einem Tubeless-System liegen, wenn es um die Standfestigkeit gegen Snake-Bites geht. Zudem soll der Aerothan-Schlauch bei einem Defekt nicht schlagartig platzen, stattdessen entweicht die Luft nur langsam. Und: Selbst bei extrem niedrigem Luftdruck soll das Material in seiner Form bleiben und das Fahrverhalten damit berechenbar machen – also sozusagen die Vorteile von Tubeless ohne die Gefahr von Burping bieten.
Für Rennradfahrer interessant: Im Rollwiderstandstest in der Straßensimulation mit 40 km/h liegt er laut Schwalbe etwa gleichauf mit dem traditionell schnellen Schlauchmaterial Latex. Tubeless-Systemen ist er hier um 1 bis 2 Watt unterlegen. Interessant für alle, die den Schlauch mit Felgenbremsen fahren wollen: Schwalbe verspricht eine herausragende Hitzebeständigkeit, die bei Temperaturen bis über 150°C bei 78 km/h getestet wurde.
VERSION | Bezeichnung | Für Reifengröße | Ventil | Gewicht | UVP (€)* |
---|---|---|---|---|---|
RACE | 20E | 23/28-622 | SV 40 mm | 41 g | 27,90 € |
ENDURANCE RACE | 16E | 28/35-622 | SV 40 mm | 50 g | 27,90 € |
ALLROUND | 17E | 37/50-622 | SV 40 mm | 61 g | €27,90 |
MTB | 13E | 54/62-559 | SV 40 mm | 81 g | 27,90 € |
MTB | 19E | 54/62-622 | SV 40 mm | 87 g | 27,90 € |
MTB+ | 19FE | 62/75-622 | SV 40 mm | 116 g | 29,90 € |
MTB | 21E | 54/62-584 | SV 40 mm | 83 g | 27,90 € |
MTB+ | 21FE | 62/75-584 | SV 40 mm | 109 g | 27,90 € |
In der Hand
Ob Aerothan das kann, was seine Macher versprechen, konnten wir zumindest teilweise schon testen. Die neuen Schwalbe Aerothan-Schläuche kommen in einer Kartonverpackung – damit sind Inhalt und Verpackung recycelbar. Zusätzlich gibt es ein passendes, selbstklebendes Flicken-Set. Der Ventilsitz wirkt robust. Verfügbar sind nur 40 mm lange Sclaverand-Ventile. Wer Aero-Laufräder fährt, muss Ventilverlängerungen nutzen, der Ventilkern lässt sich dazu herausschrauben. Der Ventilschaft aus Kunststoff besitzt kein Gewinde, ob die eigene Mini-Pumpe trotzdem fest sitzt, sollte man vorher prüfen. Ein Klemmpumpenkopf (SKS) hielt problemlos.
Die Montage gestaltet sich tatsächlich so locker, wie Schwalbe behauptet. Wir haben den Aerothan Allround-Schlauch für den Einsatz mit einem Gravelreifen in 44-622 zum Test herangezogen. Die gleiche Felgen/Reifen-Kombi war kurz vorher im Tubeless-Test im Einsatz, so konnten wir die Fahreigenschaften später besser vergleichen. Apropos: Dauerhafter Kontakt zu Tubeless-Milch sollte laut Schwalbe vermieden werden. Als Ersatzteil für Tubeless-Systeme eignet sich Aerothan also nur, wenn es anschließend nicht wochenlang so weitergefahren wird.
Die verwendete Ryde-Felge gehört zu den Typen, auf denen Reifen besonders eng sitzen, was die „Einklemmgefahr“ für den Schlauch erhöht. Fürs Einsetzen wird der Schlauch leicht „angepumpt“, bis er Form annimmt (max. 0,3 bar empfiehlt Schwalbe). Dabei dehnt er sich nicht ganz bis zum Durchmesser der Felge aus, liegt beim aufziehen also rundum recht straff im Felgenbett. Dennoch ging alles einfachst von der Hand: Reifen zum Ventil hin aufgehebelt, fertig – 2x völlig problemlos ohne Ansatz von Quetschungen, ein echter Bonus gegenüber Latex- und Butyl-Leichtschläuchen.
Auf dem Kurs
Um den Schwalbe Aerothan direkt ordentlich auf den Zahn zu fühlen, haben wir uns für ein extremes Setup entschieden: Gleiche Felge (28 mm Maulweite) und ein noch leicht geringerer Druck als bei unserem letzten Tubeless-Reifentest des WTB Raddler. Mit 1,69 bar vorne und 1,8 bar am Hinterrad lagen wir ziemlich exakt an der Grenze dessen, was WTB als geringsten Druck empfiehlt (25 psi). Schwalbe sagt selbst, dass man sich im Tubeless-Alternativbetrieb für die Aerothan-Schläuche an der Druckempfehlung des Reifenherstellers orientieren kann.
So ging es für eine erste Testfahrt mit dem Gravelbike über Asphalt und einige grobe Schotterpisten sowie einen noch fahrbaren, steinigen Trail mit dem Handicap der einbrechenden Dämmerung hinab. Die größte Überraschung war dabei, wie gut die Seitenstabilität der Reifen mit dem geringen Druck auch in Kurven war, vielleicht noch einen Tick besser als im Tubeless-Einsatz. Über kleine Unebenheiten fühlten sich die Reifen nicht ganz so geschmeidig an wie ohne Schlauch. Die Rolleigenschaften auf Asphalt und festem Kies wirkten vergleichbar. Unterm Strich sind die Unterschiede zum Tubeless-Betrieb aber so gering, dass sie sich fast dem Fahr-O-Meter entziehen. Beeindruckend ist, dass das Aerothan Set-up allen Steinkanten und Wurzeln zum Trotz defektlos blieb, auch wenn mehr als ein Durchschlag spürbar war. Spannend wird, wie sich die Schwalbe Aerothan weiterhin verhalten.
Wir haben Extremsportler Jonas Deichmann, der dich zur Zeit auf einem Triathlon um die Welt befindet, per Whatsapp nach seinen Erfahrungen mit dem System gefragt, das er für Schwalbe bereits lange vor dem Markstart fuhr (er wird von Schwalbe gesponsert): Das sagte Jonas: „Ich habe sie circa 3.000 km auf dem Gravelbike gehabt. Ich habe keinerlei Defekte gehabt, Rolleigenschaften sind auch gut. Aber der wirkliche Vorteil für mich als Bikepacker sind natürlich die Größe und das Gewicht. Zusammengerollt sind die halb so groß oder noch kleiner als ein normaler Schlauch. Für mich die perfekte Kombi ist Tubeless und Aerothan-Schläuche im Gepäck.“ Wir werden den Artikel nach längerer Fahrzeit mit unseren Eindrücken updaten.
Fazit von Rennrad-News.de
Superleicht, bisher sehr einfach in der Handhabung und in Sachen Fahreigenschaften auf der ersten Testfahrt mit einem Tubeless-Setup vergleichbar: Der erste Eindruck von den neuen Schwalbe Aerothan-Schläuchen kann überzeugen. Für alle, die sich nicht mit Dichtmilch anfreunden können, dürften sie interessant sein, wenn der Pannenschutz tatsächlich so ausfällt wie versprochen. Rein preislich gesehen kann man für das Geld 10 x Dichtmilch austauschen. Eine bessere Schlaucht-Alternative sind sie auf jeden Fall – ob auch auf Dauer, das muss sich noch zeigen.
Pro / Contra
Stärken
- Sehr Leicht
- Sehr einfach in der Handhabung
- Gute Fahreigenschaften
- Praktisch als leichter Ersatzschlauch
Schwächen
- Teuer
- Nicht für Betrieb mit Dichtmilch geeignet
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101 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumHallo,
bin auch hier gerade auf dieses Thema ´gestoßen´. Ich habe diese Schläuche auf meinem Gravelbike mit
28" DT Swiss GR 1600 Spline DB 25 montiert.
Der Schlauch liegt extrem weit weg von der Felge.
Siehe Bilder.
Ob das so laut Beitrag von SIMPLONSKI und SCHWALBE so gemeint ist und alles in Ordnung ist ??? 😬
Was meint ihr ???
P.S. Ja ich weis das ich im Rennrad-Forum bin, aber das Thema steht nun mal hier
Bist nicht der erste der sich darüber wundert, auch wenn es durchaus Leute gibt wie mich denen das auch bei mehrmaliger Montage überhaupt nicht auffällt.
Wirklich verstanden hat es glaube ich noch niemand der nicht direkt an der Entwicklung beteiligt war, also weder warum es so ist noch warum sich daraus kein Problem ergibt.
Sicherlich ist es “irgendwas mit Fertigung“, aber warum man das nicht eleganter lösen kann und vor allem mit weniger Problempotential, keine Ahnung. Bei mir funktioniert's bisher, aber irgendwie will ed mir nicht in den Kopf dass es ok ist wenn ein so aufgespannter Freiraum von 8 bar kleingedrückt wird.
Wilde Spekulation: vielleicht ist es schlecht wenn sich die übereinanderliegenden Schichten konkav (aus Sicht “unserer“ Seite) gebeugt werden, also so dass das transparente gestaucht und das schwarze gespannt ist während anders herum (transparent spannen, schwarz stauchen) völlig ok, vielleicht sogar wünschenswert ist und sie mussten sicherstellen dass der “Teller“ in einer schmalen Felge links und rechts vom Ventil nach oben gebogen wird? Wenn dieser Ventilsockel ein kleines “Zelt“ aufspannt gibt es ja rundherum einen Ring wo es ganz klar konkav ist (wenn man von der Spitze des Ventils zum Sockel blickt)
OK. Dann mal danke an alle für die schnellen Antworten.
So ganz 'geheuer' ist mir das Aerothanzeugs noch nicht.
Hab erst ein so ca. 500-600 km runter. Fahreigenschaften sind auf alle Fälle top!
Werd's aber im Auge behalten und mich bei einem Problem hier melden. Bis denn und "Happy Aerothan" ✌️
Hallo alle zusammen!
Nach etwa einem Jahr Gebrauch sind diese meine Schlüsse:
Ich fahre 25er Conti 5000, normalerweise mit 7 Bar, obwohl ich nicht so schwer bin (65kg).
Das Fahrverhalten (ich weiss nicht genau, ob es das richtige Wort ist), oder anders gesagt: wie sich das Rollen anfühlt ist anders. Man fühlt, dass die Mäntel ein Bißchen härter und lauter geworden sind. Es stört mich nicht, aber Butyl-Schläuche sind bequemer. Der Rollwiderstand sieht aber geringer aus.
Die Hitzebeständigkeit beim Bremsen war kein Thema, obwohl ich Südspanien lebe. Alles hat reibungslos funktioniert.
Ich bin etwa 10,000km gefahren, und in dieser Zeit habe ich die Schläuche nur 2 Mal reparieren müssen. Die Flicken werden einfach raufgeklebt. Es empfiehlt sich, die Oberfläche vorerst gründlich zu saubern. Ich habe 96% Alkohol benutzt und hat geklappt. Die Investition ist meiner Meinung nach amortisiert.
Was mir nicht so gut gefällt:
Ich glaubte, als ich das Ding gekauft habe, dass ich mit diesen Schläuchen nicht vor jeder Fahrt die Schläuche nachpumpen muss. Fehlanzeige: nach 2 Tage fällt der Luftdruck von 7 auf 6 bar. Pumpen muss ich leider vor jeder Fahrt.
Die 40mm lang Ventile sind ein bisschen zu kurz für meine 38mm Felgen, aber es klappt, sieht aber nicht gut aus.
Die Schläuche sind nicht mehr weiss, die Farbe ist jetzt braun/beige. Sie sehen sehr komisch aus, aber trotzdem alles in Ordnung.
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