Wenn die Kanäle zugefroren sind, laufen in Friesland Tausende bei der Elfstedentocht übers Eis. Aber da das inzwischen nur alle paar Jahrzehnte der Fall ist, gibt es die Fietselfstedentocht für Radfahrer. Auch sie verbindet die 11 friesischen Städte im Norden Hollands, auch an ihr nehmen tausende Teil und auch sie ist ein Volksfest. Forums-Nutzerin „Sonne_Wolken“ war schon drei Mal dabei und beantwortete gedudig unsere Fragen. Wie war es bei der Fietselfstedentocht?
RRN: Hallo Sonne_Wolken, wann hast Du die Entscheidung getroffen, an der Fietselfstedentocht teilzunehmen?
Sonne-Wolken: Freunde von mir haben mir 2015 von der Fietselfstedentocht vorgeschwärmt. Habe mich dann im Dezember 2015 für Pfingsten 2016 angemeldet und Glück gehabt.
Was hat Dich daran so gereizt?
Ich wollte schon länger mal einen Marathon fahren. Dazu kommt, dass ich sowieso gerne in den Niederlanden fahre.
Warst Du (inzwischen) schon öfter dort. Wenn ja, warum bist Du wiedergekommen?
Drei Mal habe ich bisher dort teilgenommen. Für mich ist das mittlerweile ein fester Bestandteil meines Radsportkalenders. 15.000 Starter und mehrere 100.000 Zuschauer, die uns anfeuerten, machten die Atmosphäre jedes Mal einzigartig. Das muss man einfach erlebt haben!
War das Deine erste Veranstaltung dieser Art allgemein?
In der Größenordnung, ja. Allerdings bin ich 2016 als Vorbereitung ein 200 km Brevet in Münster und einen 200 km Marathon in Herne gefahren. Mittlerweile fahre ich jedes Jahr Brevets – und natürlich die Fietselfstedentocht.
Wie würdest Du Deine Rennradevent-Biografie in 5 Sätzen beschreiben?
1979 fing ich mit dem Radsport mit Jugendrennen an. In den 90er Jahren bin ich dann die ersten Jedermannrennen gefahren. Nach einer schweren Knieverletzung 2004 war damit Schluss. 2015 fing ich dann mit RTF und 2016 mit Langstrecken (Brevet und Marathon) an. Auch den 24 Stunden Marathon in Nortorf bin ich schon zweimal gefahren.
Kommen da in all den Jahren 1.000 Eventkilometer oder eher 10.000 oder eher 100.000 zusammen?
Ein paar 1.000 km fahre ich schon jährlich auf verschiedenen Events. Dazu kommen noch “normale” Touren, oft mit den Klassikerfahrern/innen. Die letzten Jahre waren es insgesamt zwischen 7.000 und 8.000 km.
War es schwer, einen Startplatz zu bekommen?
Man braucht etwas Glück. Über 30.000 Bewerber/innen melden sich jedes Jahr für die 15.000 Startplätze an. Deshalb werden dann die Teilnehmer ausgelost. Bisher war ich aber immer dabei. Ab 6 erfolgreichen Teilnahmen hat man dann ein Teilnahmerecht, das heißt man muss nicht mehr in die Lostrommel.
Wie lief es dann vor Ort?
Beim ersten Mal hatte ich zum Glück schon Freunde dabei, die dort bereits gefahren waren und wussten wie der Hase läuft. Das hat mir sehr geholfen. Man hat einen Startblock und muss sich rechtzeitig dort einfinden. Man bekommt dann einen Startstempel ins Kontrollheft und los geht es. Unterwegs gibt es noch 13 Stempel an den Kontrollen und im Ziel den Finisher-Stempel. Das Ganze ist aber gut organisiert und fast selbsterklärend.
Entsprach die Veranstaltung Deinen Erwartungen?
Die Veranstaltung hat meine Erwartungen noch übertroffen. Die Fietselfstedentocht ist schon einmalig. Ich selber kenne nichts direkt Vergleichbares. Die Niederländer sind aber auch total Radsport verrückt.
Wie fandest Du die Streckenführung (Deine eigene Wahl oder die der Organisatoren)?
Es gibt nur eine Strecke über 235 km. Von Bolsward aus wird in zwei Schleifen gefahren. Zunächst geht es nach Norden, hoch an die Nordsee. Die zweite Schleife führt dann nach Süden. Mir gefällt die Strecke gut, auch wenn die einzigen Steigungen die Rampen auf die Deiche hoch sind. Dafür selektiert der Gegenwind ordentlich. Der ist an der Küste meistens sehr stark, und gegen den Wind fahren kann ich sehr gut. Der Zustand der Straßen ist durchweg gut. In den Städten muss man allerdings bei Regen ein wenig auf dem roten Steinpflaster aufpassen. Das kann schon mal etwas rutschig werden.
Waren es die Region/die Landschaft wert, den Kopf zu heben und auch mal die Beine hängen zu lassen?
Die Landschaft ist durchaus abwechslungsreich: Nordsee, Ijsselmeer, Felder, Waldgebiete und die elf friesischen Städte lassen die Strecke nicht langweilig werden. Man bekommt schon was zu sehen.
Wie sieht es kulinarisch bei der Veranstaltung und drum herum aus?
Es gibt regelmäßig Verpflegungsstellen. Da wird Einiges geboten: Suppe, Milch, Äpfel, Getränke etc. Dazu kommen in den Städten Verpflegungsstände, die kostenpflichtig sind. Da gibt es auch Kuchen, Kaffee, Pommes etcetera.
Wie bist Du gefahren, wie die anderen Teilnehmer? Gemütlich oder eher Puls 200 mit Ansage?
Sehr unterschiedlich. Da ich immer mit einer ganzen Clique dort bin, habe ich mich teilweise nach deren Tempo gerichtet. Zwischendurch habe ich aber auch mal Gas gegeben und dann an der nächsten Kontrolle gewartet.
Wie war die Stimmung? Schnell Freunde gefunden?
Die Stimmung war super. Einige niederländische Gruppen hatten Musik dabei und entsprechend wurde auf dem Rad auch mal geschunkelt, wenn wir auf so eine Gruppe auffuhren. Und natürlich hatte ich immer Freunde dabei. Unsere Gruppe wird jedes Jahr etwas größer. Aber man findet auch schnell Anschluss, wenn man alleine unterwegs ist.
Was waren Deine Highlights – menschliche, sportliche landschaftliche?
Eines meiner Highlights ist immer wieder die Fahrt nach Harlingen und der Anblick der Nordsee dort. Vor zwei Jahren fuhr ich mit meiner Gruppe über einen asphaltierten Feldweg mitten auf dem Lande. Mitten auf dem Feld saß eine junge Frau mit einem Schlagzeug und begrüßte jede vorbeifahrende Gruppe mit einem Schlagzeugsolo. Sportlich ist mir noch eine Fahrt gegen den starken Wind in Unterlenkerhaltung mit einem Tempo von 30 km/h in Erinnerung. Ich holte eine Gruppe nach der anderen ein und powerte mich für einige Zeit so richtig aus.
Welche Ausrüstung hattest Du, also was für ein Rad und welche Kleidung?
Ich starte jedes Jahr mit einem anderen Rad. Es sind allerdings immer alte Stahlrenner aus den 80er Jahren, die ich speziell für die Tocht präpariere (z.B. mit Schutzblechen bei schlechtem Wetter). Es sind immer langstreckentaugliche Räder. Ich trage immer die Vereins-Rennkleidung von BioRacer. Natürlich angepasst an die Temperaturen und die Witterung.
Warst Du zufrieden damit oder hat Dir irgendwas unterwegs gefehlt?
Ich habe eigentlich immer alles Nötige mit, da ich die Bedingungen in NL gut kenne.
Kennst Du vergleichbare Veranstaltungen auf dem Rennrad?
Keine, die ich schon selber gefahren bin. Ein bisschen erinnert mich die Atmosphäre an die Tour de France, wo ich schon selber mehrfach als Zuschauerin in Frankreich an der Strecke stand.
Was müsste passieren, damit Du dort nochmal am Start stehst – oder was könnte Dich davon abhalten?
Noch brauche ich Losglück. Dieses Mal war es mir wieder hold, und ich stehe das vierte Mal am Start. Abhalten könnten mich nur Verletzung oder Krankheit.
Jennifer, a.k.a Sonne-Wolken im Rennrad-News Forum, berichtet auch auf ihrem eigenen Blog über ihre Touren. Meist ist sie auf Stahlklassikern unterwegs. Hier geht es zum Sonne-Wolken-Blog.
Fakten zur Fietselfstedentocht
Die Fietselfestedentocht findet jährlich statt und verbindet elf friesische Städte miteinander. Seit mehr als 100 Jahren radeln am Pfingstmontag bis zu rund 15.000 Teilnehmer mit. Sie starten in 23 verschiedenen Gruppen, am Morgen zwischen 05.00 und 08.00 Uhr im Zentrum von Bolsward. Alle 8 Minuten beginnt eine Gruppe mit ca. 650 Teilnehmern. Spätestens um 24.00 Uhr muss man wieder am Ziel sein.
- Startort: Bolsward, Niederlande
- Termin: Pfingstmontag, 10. Juni 2019
- Einschreibung: für 2019 abgeschlossen, auf der Webseite soll eine Startplatzbörse eingerichtet werden
- Strecken: 235 km
- Streckencharakter: flach, überwiegend Asphalt
- Infos: www.fietselfstedentocht.frl