Specialized Roubaix SL8 im ersten Test: Nicht weniger als das schnellste und komfortabelste Endurance-Rennrad will Specialized ins Rennen schicken. Mehr denn je präsentiert es sich mit stark gewachsener Reifenfreiheit als vielseitiger Allrounder. Zu viel Vielseitigkeit für ein Rennrad mit solchen Kopfstein-Klassiker-Palmarés? Oder wirklich eins für alles? Wir konnten es vor der Premiere erfahren.
Video: Specialized Roubaix SL8
Specialized Roubaix SL8 Infos und Preise
Das Specialized Roubaix SL8 des Jahrgangs 2024 tritt ein reiches Erbe an. Im Schnelldurchlauf: In seiner 20-jährigen Modellgeschichte war es das erste Specialized-Rennrad mit Carbonrahmen. Dabei musste es immer mehr sein als nur einfach ein Endurance-Rennrad. Es musste sich immer auch als Arbeitsgerät für die Profis bei den Kopfstein-Klassikern beweisen – was es tat: unter Fahrern wie Tom Boonen oder Fabian Cancellara. Um die Kräfte der Pros zu schonen, bekam es eine einzigartige Vorbau-Federung, das Future Shock-System. Der letzte Sieg auf dem Roubaix 2020 – beim Ultracycling-Rennen Transcontinental unter Christoph Strasser – deutet schon an, welche Richtung das Roubaix in seiner neusten Generation einschlägt. Noch mehr Komfort und Vielseitigkeit dank mehr Reifenfreiheit und mehr Transport-Möglichkeiten, aber auch Detailarbeit an Gewicht und Aerodynamik, die der Wettkampf-Geschichte Rechnung trägt. Und das sind wichtigsten Fakten dazu:
- Neu entwickeltes Carbonrahmen-Set
- Neue Future-Shock 3.3 vorne mit 20 mm Federweg und neuem Dämpfer
- Bessere und einfachere Einstellbarkeit durch Federtuning
- Aerodynamisch 4 Watt effizienter als das Vorgänger-Modell bei 45 km/h
- 50 g Gewicht gespart am Rahmen
- Reifenfreiheit bis 40 mm in 700c (gemessene Breite, nominell 38-622)
- Ausstattung ab Shimano Tiagra 2×10 aufwärts
- Gewicht Rahmen / Gabel 835 g / 380 g (S-Works, Größe 56)
- Gewicht Komplettrad 7,3 kg (S-Works, Größe 56)
- www.specialized.com
- Verfügbar sofort (je nach Modell)
Preise
S-Works Roubaix SL8 SRAM Red AXS 2×12 | 14.000 €
S-Works Rahmenset | 5.500 €
Roubaix SL8 Pro Force AXS 2×12 | 9000 €
Roubaix SL8 Expert Rival AXS 2×12 | 6500 €
Roubaix SL8 Comp 105 Di2 2×12 | 4800 €
Roubaix SL8 Sport Apex AXS 1×12 | 4.000 €
Roubaix SL8 Sport105 2×12 | 3.800 €
Roubaix SL8 mit Tiagra 2×10 | 2.800 €
Was ist neu?
Einsatzbereich | Tour, Rennen |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 8,7 kg |
Stack | 605 mm |
Rahmengrößen | 44, 49, 52, 54, 56, 58, 61, 64 (im Test: 56) |
Website | www.specialized.com |
Preisspanne | 2.800 Euro - 14.000 Euro |
Neues Rahmenset: noch etwas leichter
Beim Roubaix-Rahmenset handelt es sich um eine vollständige Neu-Entwicklung – die schon angesichts der gewachsenen All-Road-Qualitäten gefordert war. Trotz gewachsener Reifenfreiheit und mehr Montagemöglichkeiten will Specialized den neuen S-Works Roubaix-Carbonrahmen 50 g leichter gemacht haben. Neben dem S-Works-Rahmen in der Top-Carbonqualität 12r gibt es noch die schwerere 10r-Version, die als Basis für alle anderen Modelle dient. Sie wiegt 120 g mehr als der Top-Rahmen. Ein S-Works Roubaix Komplettrad soll 7,3 kg in Größe 56 wiegen. Unser Specialized Roubaix Expert-Testrad mit (eher schwerer) SRAM Rival AXS-Gruppe haben wir mit 8,7 kg inklusive 2 Flaschenhaltern gewogen.
Mehr Reifenfreiheit
Vielleicht die wichtigste Neuerung am neuen Specialized Roubaix SL8: Es passen jetzt Reifen bis zu gemessen 40 mm Breite in den Rahmen – nah am Gravel Bike, aber dennoch in einer Rennrad-Geometrie. Ab Werk sind – an fast allen Modellen (!) – schon für die Kopfsteinklassiker gebaute, aber dennoch leicht rollende S-Works Mondo-Reifen in 32 mm montiert. Sie dehnen sich auf den breiten Felgen auf 34 mm aus (hier zu unserem S-Works Mondo Reifen-Test). Damit eröffnen sich dem Roubaix 2024 eine Vielzahl an Wegen, für die es vorher nicht die ideale Wahl war.
Mehr Montagepunkte
In Sachen Montagepunkte macht das Roubaix ebenfalls einen großen Schritt. Für Schutzbleche sind jetzt Gewinde-Einsätze sowie Platz vorhanden – und noch ausreichend Luft, um Reifen bis 35 mm Breite mit dem Wetterschutz zu kombinieren. Außerdem gibt es Gewinde für eine Oberrohrtasche und eine zusätzliche Trinkflasche unter dem Unterrohr.
Komfort: neues Future Shock 3.3 und Aftershock
Die rahmenintegrierte Future Shock-Federung entkoppelt Vorbau und Lenker mit 20 mm Federweg vom Fahrrad. Sie ist seit zwei Modellgenerationen eines der Markenzeichen des Specialized Roubaix – und fand von hier auch den Weg in andere Bikes der kalifornischen Marke wie das Gravel Bike Diverge oder das E-Rennrad Turbo Creo SL. Die Idee dahinter: Die Fahrer:innen sollen „an die Federung gehängt“ werden, nicht das Fahrrad. So soll die typische Direktheit eines ungefederten Bikes erhalten bleiben. Aber trotzdem soll weniger von der Bodenbeschaffenheit den Körper ermüden.
Specialized hat die Wirkung des Future Shock 3.0. mit Beschleunigungssenoren am Roubaix und anderen Endurance-Rennrädern getestet, um zu vergleichen, wie Stöße bei den Fahrer:innen ankommen. Demnach erzielt Future Shock 3.0 um 53 % mehr Reduktion vorne im Vergleich zum besten Wettbewerber an der Front (bei 22 mm hohem Wellen mit 35 km/h).
In seiner dritten Generation soll das bewährte Vorbau-Federungssystem vor allem noch besser an Fahrer:innen anpassbar und noch wartungsfreundlicher geworden sein. Dazu bekam das Future Shock 3.3 einen neuen Dämpfer und das Innenleben wurde sozusagen „auf den Kopf gestellt“, um den Ausbau und Austausch der Feder einfacher zu machen. Hintergrund: Je nach Sitzposition oder Fahrverhalten liegt mehr oder weniger Gewicht auf dem Lenker.
Aber: Ich war rund 110 km in der Werkseinstellung auf grobem Terrain und glattem Asphalt unterwegs und habe keinen Tuningbedarf gehabt, soviel vorab. Das sollte der Mehrzahl der Fahrer:innen so gehen, sagt Specialized. Wer sich für die Details interessiert, kann sie hier nachlesen:
Drei Federhärten stehen dafür zur Verfügung sowie 3 sogenannte „Token“, mit denen sich die Feder zusätzlich vorspannen lässt. Den Austausch konnten wir vor Ort live erleben. Er geht mit erweitertem Hobby-Werkzeug (sprich: 22er-Nuss oder Maulschlüssel) in ungefähr 15 Minuten und erfordert keine besonderen Kenntnisse oder Fertigkeiten.
Mit viel Druck auf dem Lenker kann der Vorbau schon tief sinken und es bleibt wenig Spielraum zum Federn übrig, in der Fachsprache: Der „Sag“ ist zu groß. Ein Extrembeispiel dafür wäre Fahren auf dem Auflieger. Umgekehrt: Mit wenig Gewicht auf den Händen – man denke an kleine Fahrer:innen und aufrechte Sitzpositionen – gibt eine harte Feder kaum nach.
Überarbeitet hat Specialized auch die Einstellung der Dämpfung. Wie gehabt ist das System in seiner Top-Variante 3.3 mehrstufig bis zur Beinahe-Blockierung über ein Drehrad über dem Vorbau einstellbar. Dabei wurden früher Rebound und Kompression gemeinsam verstellt. Jetzt bleibt der Rebound unverändert. Der Effekt war für mich deutlich spürbar, die Federung wirkt im Vergleich zum Future Shock System 2.0 richtig neutral im Wiegetritt in fester Einstellung und etwas straffer, ohne hart zu sein, im Normalbetrieb.
und Bedürfnisse einstellen.
Wichtig zu wissen: Je nach Modellvariante kommen, wie gehabt, auch verschiedene Future Shock-Systeme mit verschiedenen Features zum Einsatz. Gemeinsam ist allen, dass sie über Federhärte und Token zu tunen sind. Die Unterschiede:
- Future Shock 3.3: Rebound über Drehrad einstellbar, mit neuem Dämpfer | S-Works und Pro
- Future Shock 3.2: mit neuem Dämpfer, ab Werk in „Weich“-Stellung | Comp, Expert
- Future Shock 3.1: ohne Dämpfer | alle anderen Modelle
Für den Komfort im Sattel des Roubaix setzt Specialized auf das unveränderte Sattelstütz- und Klemmungs-Design: Dank flexender Carbonsattelstütze und tief angesetzter Klemmung soll der Sattel 18 mm nachgeben können. Dabei soll die Bewegungsrichtung 45° zur Horizontalen sein, sodass nicht zu stark in den Tretzyklus eingegriffen wird.
Aerodynamik: windschnittig ohne Integration
Weil Specialized das Carbonrahmen-Set von Grund auf neu entwickelt hat, nahm man auch die Aerodynamik ins Visier. Allein mit neuen Rahmenformen will man das Roubaix SL8 im hauseigenen „Win-Tunnel“ 4 Watt effizienter gemacht haben als das Roubaix, das 2019 erschien. Laut Specialized liegt es damit ganz oben in der Endurance-Kategorie und etwa gleich auf mit dem gerade erst erneuerten Canyon Endurace CFR. Dabei verzichtet das Roubaix auf ein integriertes Cockpit, um es auch bei der Größen- und Fahrstil-Anpassung einer Vielzahl an Fahrer:innen leicht zu machen (mittels Distanzhülse können alle herkömmlichen Vorbauten gefahren werden). Wer einen Roval Rapide Aero-Lenker statt des wahrlich nicht windschnittigen Hover Bar fährt, kann laut Specialized-Messungen noch einmal rund 2 Watt Ersparnis herauskitzeln.
- Innenlager-Bauart BSA
- Steuerlager proprietär für Future Shock
- Bremsaufnahme Flat-Mount 160 mm / 140 mm
- Antrieb- /Schaltungs-Kompatibilität 1-fach und 2-fach, Umwerfer abnehmbar
- Garantie 2 Jahre
- Gewichtszulassung 125 kg
Ausstattung: große Modellpalette
Vergleicht man das Specialized Roubaix SL8 mit dem gerade erneuerten Specialized Tarmac SL8, stellt man fest, dass das Endurance-Rennrad viel breiter aufgestellt ist. Von einer Einstiegsvariante mit Shimano Tiagra 2×10-Gruppe für 2.800 € bis hin zum S-Works Top-Modell für 14.000 € reicht das Spektrum. Obwohl bereits das günstigste Modell das Future Shock-System besitzt und den 10r-Carbonrahmen als Basis hat, dürfen die Preise als eher hoch bezeichnet werden.
Preis-Leistungs-Orientierte werden sich das Modell Roubaix SL8 Comp mit Shimano 105 Di2 2×12-Gruppe für 4.800 € genauer anschauen wollen: Es ist das günstigste Modell mit dem gedämpften Future Shock 3.2. Und es bildet zugleich den Einstieg in die Welt der elektronischen 2-fach-Schaltungen am Specialized Roubaix. Verzichten muss man auf diesem Preisniveau aber noch auf einen Rennrad-Laufradsatz mit Carbonfelgen. Interessant für eher Offroad-Orientierte dürfte das darunter angesiedelte Roubaix SL8 Sport Apex für 4.000 € sein, an dem es die neue SRAM Apex AXS-Schaltung in einem 1×12 XPLR Set-up mit guter Untersetzumg für steile Anstiege gibt.
Wo wir gerade von Übersetzungen sprechen: Das Specialized Roubaix SL8 ist ab Werk in allen Varianten so gut für lange und steile Anstiege gerüstet, wie es ein Rennrad mit sportlichem Anspruch eben sein kann. An den Shimano-Modellen ist der Berggang 34 vorne zu 36 hinten (außer Tiagra und Red AXS mit 1:1). Am Roubaix mit SRAM 2-fach AXS-Schaltung ist der leichteste Gang sogar noch ein bisschen leichter mit 33 vorne zu 36 hinten und der schwerste etwas schwerer mit 46 zu 10.
Noch ein Blick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Ausstattungsniveaus: Interessant ist, dass alle Modelle in den Genuss der leichten und proprietären S-Works Carbon-Sattelstütze kommen. Auch der Specialized Hover Bar mit dem erhöhten Oberlenker für eine komfortablere aufrechte Sitzposition ist an allen Modellen zu finden – an den beiden Top-Modellen ist er aus Carbon. Alle Roubaix bis auf das Tiagra-Modell sind zudem für Tubeless-Aufbau geeignet, kommen aber ab Werk mit Schläuchen. Carbon-Laufräder sind ab Expert-Niveau inklusive.
S-Works Roubaix SL8 | S-Works Roubaix SL8 Frameset | Roubaix SL8 Pro | Roubaix SL8 Expert | Roubaix SL8 Comp | Roubaix SL8 Sport Apex | Roubaix SL8 Sport 105 | Roubaix SL8 | |
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Preis | 14.000 € | 5.500 € | 9.000 € | 6.500 € | 4.800 € | 4.000 € | 3.800 € | 4.000 € |
Gewicht | 7,3 kg (Herstellerangabe) | 825 g (Rahmen, Herstellerangabe) | k.A. | 8,7 kg (gewogen) | k.A. | K.A. | K.A. | K.A. |
Rahmen | Fact 12r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 12r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount | Fact 10r Carbon, 12x142 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount |
Gabel | Future Shock 3.3 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.3 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.2 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.2 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.1 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.1 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.1 Carbon, 12x100 mm Steckachse | Future Shock 3.1 Carbon, 12x100 mm Steckachse |
Gruppe | SRAM Red AXS 2x12 | SRAM Force AXS 2x12 | SRAM Rival AXS 2x12 | Shimano 105 Di2 2x12 | SRAM Apex AXS 1x12 | Shimano 105 2x12 | Shimano Tiagra 2x10 | |
Übersetzung | 46/33 - 10-33 | 46/33 - 10-36 | 46/33 - 10-36 | 50/34 - 11-36 | 40 - 10-44 | 50/34 - 11-36 | 50/34 - 11-34 | |
Laufradsatz | Roval Terra CLX II, 25 mm Innenweite 32 mm Höhe, Tubeless ready, Keramiklager | Roval Terra CL II, 25 mm Innenweite 32 mm Höhe, Tubeless ready, DT 350-Naben | Roval Terra CL, 25 mm Innenweite 32 mm Höhe, Tubeless ready, DT 370-Naben | DT Swiss G540, Alu 24 mm Innenweite, Tubeless ready | DT Swiss G540, Alu 24 mm Innenweite, Tubeless ready | DT Swiss G540, Alu 24 mm Innenweite, Tubeless ready | ||
Reifen | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | S-Works Mondo 2BR, 700x32c | Specialized RoadSport, 700x32c | |
Sattelstütze | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon | S-Works Pave, Carbon |
Sattel | S-Works Power | Power Pro | Power Expert | Power Comp | Power Sport | Power Sport | Power Sport | |
Lenker | S-Works Carbon Hover Drop 125mm, Reach 75mm | S-Works Carbon Hover Drop 125mm, Reach 75mm | Specialized Hover Expert, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach | Specialized Hover Expert, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach | Specialized Hover Comp, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach | Specialized Hover Comp, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach | Specialized Hover Comp, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach | Specialized Hover Comp, Alu, 125mm Drop, 75mm Reach |
Besonderheiten | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg | Future Shock mit 20 mm Federweg |
Was fällt an der Ausstattung unseres Specialized Roubaix SL8-Testbikes daneben besonders auf? Zunächst ist es das Einstiegsmodell in die Carbon-Laufrad-Riege und hat den Roval Terra C-Laufradsatz an Bord. Richtig, hier handelt es sich um den günstigsten Gravel Carbon-Laufradsatz. Das spiegelt sich auch in der Innenweite von 25 mm. Dank der messen die S-Works Mondo-Reifen nun real rund 34 mm statt der aufgedruckten 32 mm. Im Test sind wir übrigens mit 3,0/3,1 bar tubeless gefahren, wobei die dicken Reifen auf den meisten Wegen gefühlt sogar noch leichter liefen als dünnere, wenn auch das Gewicht etwas Antritt-Schnelligkeit kostet. Eingespeicht sind DT Swiss 370-Naben, die mit einem unaufdringlichen Freilaufgeräusch und robuster Konstruktion ins Positiv-Konto einzahlen.
Einen guten Eindruck hinterließ auch (erneut) der Body Geometry Power Expert-Sattel, der mit straffer, aber gut druckausgleichender Polsterung nicht nur bei diesem kurzen Roubaix-Testrunden, sondern auch in längere Tests im besten Sinne unauffällig blieb. Damit zur Sitzposition.
Geometrie: vorne länger geworden
An der Grund-Sitzposition auf dem Specialized Roubaix SL8 soll sich gegenüber dem Specialized Roubaix aus 2019 nichts geändert haben. Sie zählt traditionell eher zu den besonders komfortablen im Endurance-Umfeld. Und das liegt zum Teil an der Bauhöhe des Future Shock-Systems, denn Specialized gibt die Stack-Werte bis zur unteren Kante des Vorbaus an, nicht bis zum Ende des Steuerrohrs. Bikes wie Rose Reveal AL (56), Canyon Endurace (M) oder Trek Domane (56) haben durch die Bank einen rund 1 cm geringeren Stack als unser Roubaix SL8 in 56.
Rahmengröße | 44 | 49 | 52 | 54 | 56 | 58 | 61 | 64 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 353 mm | 363 mm | 370 mm | 381 mm | 389 mm | 397 mm | 403 mm | 409 mm |
Stack | 540 mm | 555 mm | 570 mm | 585 mm | 605 mm | 630 mm | 665 mm | 685 mm |
STR | 1,53 | 1,53 | 1,54 | 1,54 | 1,56 | 1,59 | 1,65 | 1,67 |
Lenkwinkel | 69,3° | 70,8° | 71,5° | 72,3° | 73° | 73° | 73,5° | 73,5° |
Sitzwinkel, real | 75° | 74° | 74° | 74° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73° |
Oberrohr (horiz.) | 503 mm | 523 mm | 534 mm | 550 mm | 569 mm | 584 mm | 600 mm | 618 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 90 mm | 105 mm | 122 mm | 140 mm | 168 mm | 202 mm | 222 mm |
Sitzrohr | 365 mm | 410 mm | 446 mm | 465 mm | 485 mm | 505 mm | 545 mm | 581 mm |
Überstandshöhe | 686 mm | 719 mm | 747 mm | 766 mm | 787 mm | 809 mm | 847 mm | 865 mm |
Kettenstreben | 418 mm | 418 mm | 418 mm | 420 mm | 420 mm | 423 mm | 423 mm | 423 mm |
Radstand | 994 mm | 992 mm | 998 mm | 1.005 mm | 1.012 mm | 1.031 mm | 1.042 mm | 1.054 mm |
Tretlagerabsenkung | 80 mm | 80 mm | 80 mm | 78 mm | 78 mm | 78 mm | 78 mm | 78 mm |
Einbauhöhe Gabel | 375 mm | 375 mm | 375 mm | 375 mm | 375 mm | 375 mm | 375 mm | 375 mm |
Gabel-Offset | 52 mm | 52 mm | 52 mm | 47 mm | 47 mm | 47 mm | 47 mm | 47 mm |
In unserer Geometrie-Datenbank könnt ihr das Roubaix SL8 ganz einfach mit anderen Endurance-Rennrädern vergleichen. Einfach auf die Links in der Tabelle unten klicken.
Tatsächlich entsprechen die Stack-Werte, die mitentscheidend sind für die mögliche Lenkerhöhe, genau dem Vorgänger. Aber der Reach ist minimal länger geworden, etwa 5 mm in Rahmenhöhe 56. Auch den Lenkwinkel hat Specialized etwas abgeflacht. Beides zusammen ergibt eine längere Front, was Platz schafft für die breiten Reifen. Zum gleichen Zweck streckten sich die Kettenstreben etwas, insgesamt wuchs damit der Radstand um 16 mm in Größe 56 – durchaus ein spürbares Ausmaß. Um die Reifenhöhe etwas auszugleichen, senkte Specialized das Tretlager weiter ab.
Unterm Strich verspricht das Roubaix SL8 damit ein beruhigteres und noch mehr auf Spurstabilität auf schlechten Wegen getrimmtes Fahrwerk als beim Vorgänger-Roubaix – immerhin sind unter anderem die Kettenstreben nun beinahe so lang wie bei aktuellen Cyclocross-Bikes. Fahrer:innen sollen bei der neuen Endurance-Geometrie mehr „im“ Rad als auf ihm platziert werden.
Löblich ist, dass mit 8 Rahmengrößen von 44 cm bis 64 cm ein großes Spektrum in kleinen Schritten abgedeckt wird.
Fahreindruck Roubaix SL8
Wie begegnet man einem Rennrad, das man schon bei der Vorstellung des Vorgängers so überzeugend fand (hier zum Specialized Roubaix 2020 Test), dass man es am liebsten gleich behalten hätte? Mit hohen Erwartungshaltungen. Eine schwere Aufgabe für das Roubaix SL8 aus 2024.
Gewohnt präsentiert sich die Sitzposition: Für meine Proportionen (siehe Testerbrief) ist das 56er Roubaix ein Perfect Fit. Auf den Händen liegt fühlbar weniger Gewicht als bei sportlichen Aero-Rennrädern. Wenn ich an den höheren Oberlenker greife, wird es sogar geradezu tiefenentspannt – übrigens macht die Erhöhung auch das Fahren mit den Unterarmen auf dem Oberlenker leichter, also die Aero-Haltung ohne Auflieger. Kurz, eine Haltung und Lenkerform, bei der ich mir sicher bin, dass ich sie auch 200 km gut fahren könnte, wenn es auf meiner Wunschliste stünde.
Nicht ganz so gelungen empfand ich am Specialized Hover Bar den Übergang zu den SRAM Rival AXS-Hebeln – entweder Lenkerform oder Hebelpositionierung verhinderten für mich am Testrad an dieser Stelle 100-prozentiges Wohlgefühl.
Um den Erwartungshaltungen gerecht zu werden, tritt das Roubaix SL8 die Flucht nach vorne an. In die Richtung, in der es ohnehin schon stark war, hin zum Komfort. Der bestechende Eindruck auf den ersten Kilometern, die gleich über Kopfsteine führen: viel mehr Dämpfung. Mit 3 bar in den gemessen 34 mm breiten Reifen kommt jetzt wirklich nur noch ein müder Abklatsch des Straßenreliefs an Händen und am Gesäß an. Dabei rollen die S-Works Mondo-Reifen so leicht, dass sogar die Idee entsteht, noch mehr Luft aus den Reifen zu lassen, um den Gleiteffekt weiter zu verstärken.
In schnell gefahrenen Kurven freue ich mich über das vertrauenerweckendere Abtasten des Bodens durch die breiteren Reifen. Währenddessen verhindert das Future Shock-System, dass gröbere Schläge Unruhe ins Gefährt bringen. Dabei liegt durch den traditionell langen Vorbau (besonders im Vergleich zum Gravel Bike) noch gut Druck auf dem Vorderrad, was Sicherheit in schnellen Kehren gibt. Generell erfordert die neue Auslegung der Lenkgeometrie aber etwas mehr Einsatz am Lenker und Bewegung im Oberkörper.
Und die Future Shock 3.3-Vorbaufederung (anders als in Serie am Expert-Modell montiert)? Sie wirkt einerseits straffer, andererseits aber auch sensibler als das Vorgänger-System, das ich noch vor ein paar Wochen im Specialized Turbo Creo SL gefahren bin. Eine besser abgestimmte Leistung aus 20 mm Federweg kann ich mir schlicht nicht vorstellen. Auch auf kilometerlangen Gravel-Passagen ist der Komfort so höher als mit vielen echten Gravel Bikes.
Der Wunsch nach Feintuning durch Federwechsel kommt gar nicht auf. Ebenso merke ich, dass ich den Drehknopf zum „Feststellen“ der Federung kaum nutze. Das liegt zum einen daran, dass er in der Nässe etwas rutschig ist – hier hat mir der alte Knopf besser gefallen. Aber vor allem finde ich das Verhalten in Kurven ebenso wie im Wiegetritt schon in der weichen Einstellung vollkommen befriedigend. Kraft geht hier nicht in nennenswertem Maße verloren.
Am Sattel erreicht die Federung nicht die Glattbügel-Qualitäten der Front oder echter Federsattelstützen. Es gilt das im alten Test Gesagte: Die neue Pavé-Stütze mit dem Federkonzept überzeugt besonders dann, wenn viele eher starke Schläge vom Untergrund kommen. Und sie passt damit gut zum Future Shock-System. Wippen bei schnellem Pedalieren ist kein Thema.
Schnell Fahren kann man mit dem Specialized Roubaix SL8 natürlich auch – wenn auch die Antritte auf dem Expert-Modell und mit den etwas schwereren Reifen und Laufrädern nicht ganz so leichtfüßig wirken wie etwa bei einem reinen Competition-Rennrad mit 28-mm-Pneus. Wer in Renntempo vorwärts kommen will, muss außerdem natürlich der Sitzposition und dem etwas breiteren Lenker Tribut zollen und etwas mehr Kraft aufwenden. Dafür lassen sich im Unterlenker oder in belgischer Aero-Position bequem und schnell die Kilometer um Kilometer abspulen, auch wenn der Rücken nicht zu 100 % gestählt ist.
Allen Aero-Ambitionen zum Trotz verzichtet Specialized auf echte Aero-Felgenprofile am Roubaix SL8 – und das ist mit den dicken (und hohen) Reifen auch gerechtfertigt. Denn in den Atlantikwinden in Portugal zerrte es bisweilen auch schon mit den 30 mm hohen Felgen hier und da am Lenker.
Für sehr lange Ausfahrten auf nicht zu bergigem Terrain, etwa durch die Mittelgebirge, würde ich die Kassette auf 10-33 wechseln für engere Abstufungen. Wer dagegen das Potenzial des Bikes ausschöpft und auch mal längere Kieswegpassagen einbaut, ist mit der Werksübersetzung perfekt bedient.
Mein vorläufiges Zwischenfazit ziehe ich mit einem kleinen weinenden und einem größeren lachenden Auge. Dem agilen, sehr Tarmac-ähnlichen Fahrverhalten des Specialized Roubaix 2020 trauere ich ein wenig nach. Letztlich eine persönliche Vorliebe. Denn das Roubaix 2024 ist in sich das rundere Paket und liefert genau das, was man von einem kompletten Endurance-Rennrad heute erwarten darf. Es ist viel näher dran am „einen Rennrad für alles“, vielleicht sogar am nächsten von allen von mir je gefahrenen Modellen. Das fängt damit an, dass das Future Shock 3.3 für mich noch etwas besser zum Rennrad-Charakter passt als die 2er-Ausgabe und auch serviceseitig vorhandene Bedenken ausräumt. Vergleichbar gute und schnell einstellbare Terrain-Entkopplung an der Front bekommt man schlicht nicht. Es geht weiter mit der Reifenfreiheit, die so groß ist, dass man für die allermeisten Wege, die man mit Rennrädern flüssig fährt, nicht mehr braucht. Und auf die Montagemöglichkeiten würde ich nicht verzichten wollen. Dass der Rahmen dabei noch leichter geworden ist, willkommen, aber kein Riesenplus. Eher schon würde ich mir noch den letzten Marginal Gain bei der Aerodynamik mit einem schmaleren Aero-Lenker abholen, um das ganze Potenzial des Roubaix 2024 auszuschöpfen. Denn dass es immer noch zum Schnellfahren gemacht ist, lässt sich nicht verhehlen.
Würde ich es kaufen? Wahrscheinlich ja, wenn ich noch eine Probefahrt mit leichten Aero-Laufrädern und noch etwas schmaleren Reifen gemacht hätte und ein dickeres Portemonnaie für die höherwertige Variante. Wenn schon ein Rennrad für alles, dann richtig.
Fazit: Roubaix SL8 Expert Test
Der gefühlte Gesamtkomfort des Roubaix SL8 sucht in der Endurance-Rennrad-Klasse seinesgleichen. Dem Eins-für-alles Rennrad mit Competition-Kompetenz kommt es näher als alle anderen Endurance- und All-Road-Rennräder, die ich kenne, und führt neben dem Komfort auch gestiegene Fahrsicherheit ins Feld. Wie immer bei Specialized klebt jedoch leider ein sehr dickes Preisschild an den wirklich competitiontauglich leichten Modellen. Als Eins-für-alles-Rennrad geben aber sicher gerade die günstigeren Modelle mit Shimano 105 ein in dieser Art sonst nicht zu findendes Paket ab.
Pro / Contra
Pro
- Hoher Komfort
- Reifenfreiheit
- All-Road-Charakter
- Verarbeitung
Contra
- Je nach Modell etwas schwerer
- Geschmackssache: Leitungsintegration
Ist das noch Endurance oder schon Gravel – was sagt ihr zum neuen Specialized Roubaix SL8?
Testablauf
Testablauf
Das getestete Fahrrad-Modell wurde während einer Präsentation in Portugal gefahren. Das Terrain war hügelig, stellenweise gab es teils 20-prozentige Anstiege mit Kopfsteinpflaster. Auch Gravel-Abschnitte lagen auf den Teststrecken, die Testfahrten findet ihr hier: Specialized Roubaix SL8 Loop1, und Specialized Roubaix SL8 Loop2.
Das Rad steht nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung. Das Rad wurde jedoch in der Größe passend zum Tester gewählt, alle nötigen Anpassungen wie Luftdruck und Bremseinstellungen werden durch die Tester vorgenommen.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
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