Mit dem neuen Specialized S-Works Romin Evo Mirror bringen die Kalifornier ihren zweiten Rennrad-Sattel aus dem 3D-Drucker. Ein Sattel in der längeren Form mit der gedruckten Wabenstruktur war ein Wunsch aus dem Peloton. Wir konnten den Romin Mirror bereits näher unter die Lupe nehmen.
Specialized S-Works Romin Evo Mirror Infos und Preise
- Sattel mit Satteldecke aus 3D-gedruckten Polymer-Waben
- Matrix aus 22.000 Verästelungen und 10.700 Knoten
- Sattelschale Carbon
- Gestell Carbon 7×9 mm
- Sattelbreiten 143 mm, 154 mm
- Gewicht 192 g (154 mm Version, gewogen)
- Preis 450 €
- Verfügbar sofort
- Infos www.specialized.com
Details
Als Specialized vor zwei Jahren – ebenfalls bei der Rad-Weltmeisterschaft einen neuen Rennrad-Sattel aus dem 3D-Drucker präsentierte, war die Neugier groß, aber auch die Skepsis. Wie hält die Wabenstruktur im Alltag, sammelt sich Dreck – und nicht zuletzt ist die sündhaft teure Technik das Geld wert? Denn genau wie Adidas bei seinen Futurecraft 4D Schuhen mit Sohle von Carbon 3D, lässt sich auch Specialized diese bis in kleinste ausdifferenzierte Struktur zur Druckminderung ordentlich bezahlen.
Nach zwei Jahren mit dem Specialized S-Works Power Mirror Sattel am Gravel Bike und weiteren Erfahrungen der MTB-News Redaktion können wir feststellen: Weder porentiefe Verunreinigungen noch übermäßiger Verschleiß sind ein echtes Problem. Im Gegenteil, auf dem Gravel Bike bewährte sich die Satteldecke als besonders unempfindlich. Für das vorwiegende Einsatzgebiet „unbefestigte Wege“ erwies sich vor allem die herausragende Dämpfung der Mirror-Satteldecke als großes Plus. Auch die typische kurze Form des Specialized Power-Sattels traf beim aktiven Fahren mit viel Bewegungsspielraum „vor dem Sattel“ unseren Geschmack.
Bei der Sattelform haben Rennfahrer im Profifeld für ihre Arbeitsgeräte mitunter aber andere Ansprüche. Viele der gesponserten Profis wollten die Mirror-Technik laut Specialized jedenfalls gerne am häufig gefahrenen S-Works Romin Evo-Sattel sehen. Auch wenn einige Fahrer, wie etwa Mark Cavendish, bereits gerne mit dem Power-Modell unterwegs sind.
Mit dem 3D-Druck Verfahren lassen sich Entlastungszonen viel feiner als bei herkömmlichen Fertigungsmethoden definieren – der Weg von der Satteldruck-Analyse zur passenden Wabenstruktur ist deutlich kürzer (hier gibt es eine Erklärung der 3D-Druck Technik am Sattel auf MTB-News).
Power Mirror vs. Romin Mirror
Die Vorgaben für den S-Works Romin Evo Mirror Sattel waren anders als beim Power Mirror. Mit einer Länge von 26 cm und einer Schräge am hinteren Ende des Sattels soll der S-Works Romin Evo Mirror laut Specialized eine ideale Form für Fahrer bieten, die gerne für eine aggressive, aerodynamische Position nach vorne rutschen und bei Kletterpassagen eher hinten sitzen. Anders als beim Power mit Mirror-Technologie hat die Sattelschale aus FACT-Carbon eine auf guten Flex abgestimmte konkave Form. Sie bietet laut Specialized zugleich „mehr Platz“ für die 3D-Druck-Satteldecke. Die Techniker zählen vor: 22.000 Verästelungen und 10.700 Knotenpunkte, die noch mehr „Sitz-Federweg“ ermöglichen sollen, als die 14.000 Verästelungen und 7.799 Knoten am S-Works Power Mirror.
In der Hand
Wie zu erwarten, präsentiert Specialized den S-Works Romin Evo Mirror in einer repräsentativen Kartonverpackung, die aber lobenswerterweise ganz ohne Kunststoff auskommt, bis hin zu den Befestigungs-Materialien. Auf der Waage hält unser Testsattel in Breite 155 mm genau das Gewichtsversprechen, ist mit 192 g kaum schwerer als die offizielle Gewichtsangabe für das 143 mm breite Modell. Wie der S-Works Power Mirror ist auch der Romin mit asymmetrischen Carbonschienen ausgestattet, die mit vielen seitlich klemmenden Sattelstützen nicht kompatibel sind. Darauf weist Specialized jedoch gebührend hin.
Auf den ersten Blick fällt am S-Works Romin Evo Mirror der deutlich breitere Entlastungskanal in der Mitte zwischen den Sitzflächen auf – lange heiße Tage im Sattel muss man derart belüftet nicht fürchten, zumal das Material selbst unserer Erfahrung nach ebenfalls viel Luft durchlässt. Schwitzig sind Mirror-Sättel definitiv nicht.
Von der Seite betrachtet, ist auch deutlich die hinten nach oben gezogene Sattelschale zu erkennen. Bei waagerechter Ausrichtung des vorderen, geraden Teils verspricht sie eine gute Abstützung während ausgedehnter Kletterpartien. Nicht zuletzt ist natürlich die Sattelnase einige Zentimeter länger, nicht aber schmaler.
Der Daumentest fördert weitere Unterschiede zum Power Mirror zutage. So wirkt die Wabenmatrix im Sitzbereich zwar ähnlich fest, aber der Finger senkt sich weniger tief in die Struktur ein. Zu den Rändern hin gibt der S-Works Romin Evo Mirror leichter nach und läuft flacher aus.
Erster Eindruck
Wir konnten zwar eine „erste Runde um den Block“ mit dem neuen Specialized Sattel aus dem 3D-Drucker drehen. Aber diese „erste Kontaktaufnahme“ reicht nicht für eine seriöse Einschätzung, schon gar nicht bei einem Sattel, der explizit für langes Fahren in einer sportlich tiefen Sitzhaltung geschaffen wurde.
Da der neue 3D-Sattel den ebenfalls 3D-gedruckten Vorgänger am Testrad ersetzte, wurden allerdings beim Erstkontakt ein paar Unterschiede spürbar. So wirkt der Romin auf Anhieb straffer. Das Gefühl, gewissermaßen im Sattel „eingelogged“ zu sein, dass beim Power den Fahreindruck dominierte, stellt sich nicht gleichermaßen ein. Gleichwohl gehört auch diese Satteldecke zu den griffigsten, die wir bisher gefahren sind. Muskulöse Oberschenkel haben auf dem Romin Mirror mehr Rotationsraum als mit dem Power Mirror. Insgesamt ist das Gefühl auf den ersten Metern, sagen wir, vertrauter, näher an anderen Sätteln für sehr ambitioniertes Rennradfahren. Weitere Testfahrten stehen in den nächsten Tagen an, wir werden den Artikel im Anschluss entsprechend aktualisieren.
Habt ihr inzwischen auch Erfahrungen mit Sätteln mit der Carbon 3D-Struktur? Schreibt sie uns gerne hier in die Kommentare.
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