Video: Specialized Turbo Creo SL Test
Steckbrief: Specialized Turbo Creo SL Expert Evo
Einsatzbereich | Gravel, Reise |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Motor | Specialized SL 1.1 |
Akkukapazität | 320-480 Wh |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 13,4 kg |
Stack | 592 mm |
Rahmengrößen | XS, S, M, L, XL, XXL (im Test: M) |
Website | www.specialized.com |
Preisspanne | 4.400 Euro - 13.000 Euro |
Das Specialized Turbo Creo SL Expert Evo hat in mancher Hinsicht eine Sonderstellung im Test – auch abgesehen von der Tatsache, dass Specialized mangels Verfügbarkeit das 2022er Modell schickte (es hat statt SRAM Rival AXS / GX-Eagle AXS-Schaltung noch einen Shimano XT- und Ultegra Di2-Mix an Bord). Vielmehr dient sein Carbonrahmen seit der Premiere 2019 sowohl für E-Gravel Bikes der Kalifornier als auch für E-Rennräder als Basis. Dagegen wurden die meisten anderen Testräder gezielt als Gravel Bike entwickelt. Zudem besitzt es die einzigartige Future Shock 2.0 Federung, die den Vorbau mit 20 mm Federung aufhängt. Außerdem kommt das Specialized Turbo Creo SL Expert Evo als einziges Bike im Test mit einer absenkbaren Variostütze. Unser Testrad markiert für 8.700 € das mittlere Modell der Baureihe mit Carbonrahmen (auch in der 2023er Version) und ist die Gravel Variante. Das günstigste Turbo Creo SL mit Carbonrahmen ist die Comp-Variante für 5.800 €. Mit Alurahmen und Shimano GRX-Schaltung ist das E-Gravel Bike der Kalifornier aber wesentlich günstiger zu haben: für 4.400 €.
Details
Noch vor der ersten Fahrt bestand bei allen Tester:innen weitgehend Einigkeit, dass die Lackierung des Specialized Turbo Creo SL Expert Evo es positiv aus dem Testfeld heraushebt: Tiefe und Finish des Lackkleides sind Zucker für die Augen. Darunter verbirgt sich ein Carbonrahmen, der aus einem höherwertigen Fasermix der Kalifornier, Fact 11r, gefertigt ist und der mit eher bulligen Formen aufwartet. Trotz des leichten Materials wiegt das Testbike in Größe 56 mit 13,5 kg rund 1,5 kg mehr als der leichteste Testkandidat. Ein Teil des Aufschlags erklärt sich dabei durch die Future Shock Federung und die Dropper-Post. Beide bieten für das Einsatzgebiet einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert. Und sie komplimentieren die Stärken des Turbo Creo SL gut – dazu später mehr.
- Steuerlager Future Shock proprietär
- Sattelstütze 27,2 mm, rund
- Schaltungs-Kompatibilität nur 1-fach
- Achsaufnahmen
- Gewichtszulassung 125 kg Fahrer + 2,3 kg Gepäck
vorne 110 mm Steckachse, hinten 148 mm Steckachse
Eine Besonderheit des Specialized Turbo Creo SL Rahmens sind die Achsstandards. Hier setzen die Kalifornier auf Boost-Maße, wie sie auch bei MTBs häufig zum Einsatz kommen, also eine 110 mm lange Achse vorne und eine 148 mm lange hinten. Deshalb können eventuell vorhandene Rennrad-Laufradsätze im Turbo Creo SL nicht eingebaut werden. So verschenken die Kalifornier einen bauartbedingten Vorteil des Mittelmotor-Systems. Die Reifenfreiheit liegt bei 42 mm in 700c und damit im Mittelfeld.
In Sachen Montagemöglichkeiten für Taschentransport ist das Specialized eher mager aufgestellt. Lediglich die üblichen 2 Flaschenhalter-Paare im Rahmen hat es vorzuweisen, wobei der Halter am Sitzrohr für einen Range Extender-Akku in Trinkflaschenform vorbereitet ist. Auch Schutzbleche können an vorhandenen Gewindeeinsätzen montiert werden.
Rahmen und Motor sind insgesamt gut gegen Steinschlag und Kettenschläge geschützt, wobei auch das gedämpfte Shimano XT-Schaltwerk effektiv seinen Teil gegen heftigen Kontakt von Kettenstrebe und Kette beiträgt.
Ausstattung: MTB im Mix
Mit einem Preis von 8.700 € würde man hinter unserem Specialized Turbo Creo SL Expert Evo Testrad nicht das Mittelklasse-Modell der Reihe vermuten. Darüber gibt es aber noch das Specialized S-Works Turbo Creo SL Evo für 13.000 €, das sich im Wesentlichen durch seine Highend-Schaltgruppe mit SRAM Red AXS- und Eagle AXS-Teilen sowie durch mehr und teurere Carbon-Teile unterscheidet. Darunter gibt es das Turbo Creo SL Comp Carbon. Es kommt mit einer mechanischen Shimano GRX-Gruppe und im Road Set-up ohne Dropper-Post für 5.800 € und ist klar das Vernunft-Bike in der Reihe. Alle Bikes besitzen das Specialized Turbo SL 1.1 Motorsystem.
Bei unserem Testrad der 2022er-Reihe ist wie erwähnt ein Shimano Ultegra Di2 / XT Di2-Teilemix an Bord, es entspricht aber ansonsten (bis auf die Lackierung) weitgehend dem 2023er Modell. Das 2023 Turbo Creo SL wartet mit einer noch breiter abgestuften SRAM Rival AXS-Schaltung auf. Benötigt man die größere Bandbreite? Nach den Testfahrten würden wir sagen nein, denn der Motor ist kräftig genug auch steilste Anstiege zu bewältigen. Die bekannt einfache Schaltlogik der AXS-Road-Gruppen wäre aus unserer Sicht ein Plus des neueren Bikes.
Die Testrad-Ausstattung im Überblick
Modell | Specialized Turbo Creo SL Expert Evo |
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Preis | 8.700 € |
Gewicht | 13,35 kg |
Rahmen | Fact 11r Carbon, 12x148 mm Steckachse, 140 mm Flat-Mount |
Gabel | Carbon, 12x110 mm Steckachse |
Schaltung | Shimano Ultegra Di2 / Shimano XT 2x11 |
Motor | Specialized SL 1.1 |
Akku | 320 Wh / Range Extender plus 160 Wh |
Unterstützungsstufen | 3 |
Display | im Oberrohr |
App | Specialized Mission Control |
Übersetzung | 44 - 11-42 |
Laufradsatz | Roval C38 Carbon, 21 mm Maulweite |
Reifen | Pathfinder Pro 2Bliss Ready, 38-622 |
Lenker | Specialized Adventure Gear Hover, 103 mm Drop x 70 mm Reach x 12º Flare |
Vorbau | Specialized, Alu |
Sattel | Body Geometry Power Expert |
Sattelstütze | X-Fusion Manic Dropper, 50 mm Verstellweg |
Besonderheiten |
Das ist uns an der Ausstattung aufgefallen
Das Specialized Turbo Creo SL Expert Evo setzt klar auf High-End-Bauteile, die man bei dem Preis auch erwarten darf. Bestes Beispiel dafür ist der Roval C38 Carbon-Laufradsatz, der dazu beiträgt, das Gewicht niedrig zu halten und andererseits mit für den agilen Fahreindruck verantwortlich sein dürfte, den wir vom Turbo Creo E-Gravel Bike hatten. Robust erscheint er mit der passenden Maulweite und den Naben mit DT Swiss-Technik zudem.
Die Übersetzung ist – zumindest in Kombination mit dem kernigen und im Vergleich kräftigen Specialized-Motor – an das Einsatzgebiet gut angepasst. Das Schaltverhalten fällt dabei Shimano Di2-typisch leise, geschmeidig und immer exakt aus. Kettenabwürfe gab es keine. Weniger gelungen als bei den AXS-Gruppen an anderen Testbikes finden wir die kleinen, nicht so gut unterscheidbaren Taster der Di2-Schalthebel.
Viel Lob gab es für die Bremsen. Mit hartem Druckpunkt und hoher Kraft bei geringen Handkräften verzögern sie das E-Gravel Bike jederzeit sicher, sind aber bei geringeren Geschwindigkeiten nicht ganz so gut dosierbar wie andere Systeme im Vergleich.
Zur Cockpit-Ergonomie: Manche Tester fanden den Hebel für die Dropper-Post nicht optimal positioniert und fühlten sich in der Hood-Position beim Umgreifen eingeschränkt. Über den Specialized Hover Lenker mit dem erhöhten Oberlenker gibt es geteilte Meinungen: Für die Roadies unter den Testern war der eher schmale Lenker mit moderatem Flare ein Perfect Fit. Wer vom MTB kommt, fühlt sich eher nicht so wohl an dem schmalen Alu-Bügel, der auch einen großen Abstand zu den Bremshebeln im Unterlenker bringt.
Specialized SL 1.1 Motor und E-System
Mit dem Turbo Creo SL feierte 2019 das erste 100 % in Specialized-Hand liegende E-Bike-System Premiere: ein 48-Volt-System mit einem eigenen Motor, der in Zusammenarbeit mit einem deutschen Autozulieferer entwickelt wurde. „Wir sehen den Motor nicht als ein Ersatzteil, er ist für lebenslange Leistung ausgelegt“, sagte Specialized Entwickler Jan Talavasek bei der Vorstellung. Im Fokus der Entwicklung stand das Rennrad-Fahrgefühl. 240 Watt steuert der SL 1.1 Motor bei, auch in der Spitze wird diese Leistung nicht überschritten. Dafür liefert er diese Leistung über ein besonders breites Band von Trittfrequenzen von 60 bis zu 120 Umdrehungen in der Minute.
Leistungsdaten
- Max. Support 100 % / aber höchstens 240 Watt
- Max. Drehmoment 35 Nm
- Max. Trittfrequenz: 120 U/min
- Gewicht Motor 1,95 kg*
- Gewicht System 3,75 kg
- Akku Standard 320 Wh / Ladezeit 2 Std. 35 min.
- Optionaler Range Extender 160 Wh / Ladezeit 3 Std. 20 min.
- Unterstützungsstufen 3, Aus / Eco 30 % / Sport 60 % / Turbo 100 %, per App individualisierbar
- Bedienung Schalter im Oberrohr
- Nur für 1-fach Antriebe
- IP67 zertifziert
Motorcharakter
Beim Losfahren aus dem Stand ist die Anfahrverzögerung zwar gefühlt minimal länger, aber die Kraft ist schnell da. Kennzeichnend ist stetiger Schub, der sich mit der selbst eingesetzten Kraft fein dosieren lässt. Er wirkte über das gesamte Trittfrequenzband am harmonischsten unter den Antrieben im Test. Die Charakteristik der Unterstützung lässt sich per Specialized Mission Control App für jede Fahrstufe noch feintunen.
Geräusche
Die Geräuschentwicklung ist gefühlt etwas höher als bei den Hinterradmotoren und dem sehr leisen TQ-Motor, aber deutlich leiser als etwa beim Bosch-Mittelmotor.
Bedienung und App
Über einen Taster mit kreisförmigen LED-Umrundung sind vier Unterstützungsstufen von „0“ über 30 % und 60 % bis 100 % per Druckknopf wählbar. Man kann jedoch nur der Reihe nach durchschalten. Von Stufe 3 auf 2 runtergehen? Dann muss man zunächst über die Modi „Off“ und „1“ gehen – das ist nicht nutzerfreundlich. Der LED-Balken informiert laufend über den Ladestand beider Akkus.
Über die Specialized Mission Control App kann man sich mit dem Bike verbinden. Etwas lästig: Findet man den Code dazu nicht bei den entsprechenden Unterlagen, muss man die Befestigung der Bedieneinheit lösen und sie aus dem Rahmen heben, um den Code abzulesen. Die App selbst ist vorbildlich und die Einstellmöglichkeiten setzen unserer Meinung nach den Maßstab. Sogar eine Reichweitenunterstützung bietet die „Mission Control“. Dabei gibt man vor, wie weit oder wie lange man noch fahren will und die Steuerung passt die Unterstützung automatisch an.
Reichweitenfahrt
Reichweiten-Angaben sind mit großer Vorsicht zu genießen: Am Rennrad kann allein schon die Sitzposition einen Unterschied von 10 Watt pro Stunde Verbrauch ausmachen. Reifendruck, Untergrund, Wind spielen außerdem hinein. Wir haben eine Reichweitenfahrt unter immer gleichen Bedingungen (aber an verschiedenen Tagen) unternommen und geben den ermittelten Wert hier als grobe Orientierung über das Machbare an. Er dient nicht dem Vergleich der Bikes und wurde auch nicht bewertet.
Gefahren wurde eine 22 km lange Testrunde mit 223 Höhenmetern auf der höchsten Unterstützungsstufe vom identischen Fahrer auf überwiegend schlechtem Asphalt und circa 20 % Gravel (im Video zu sehen). Die Akku-Restkapazität wurde abgelesen. Am Specialized Turbo Creo SL waren 61 % der Ladung noch vorhanden. Das ergibt etwa eine Reichweite von 56 km unter den genannten Bedingungen.
Geometrie: kompakt, aber komfortabel
Specialized ist etwas generöser bei der Größenauswahl als einige der anderen Marken im Test. Man bietet das Turbo Creo SL in sechs verschiedenen Abstufungen von XS bis XXL an. Das macht das Finden der genau passenden Größe in der Regel leichter. Weil das Future Shock-System den Vorbau leicht nach oben verlagert, hat das Turbo Creo SL zudem besonders komfortable Stack-to-Reach-Werte. Mit einem Wert von 1,56 in Größe M ist es von der Sitzposition der Papierform nach klar im Endurance-Bereich angesiedelt. Der nach oben geschwungene Oberlenker entlastet dabei die Hände zusätzlich.
In der Praxis wirkte die Sitzposition auf dem Testrad in Größe M kompakter als auf den anderen E-Gravel Bikes in unserem Vergleichstest. Tendenziell fühlte sich Harald (1,76 m) auf Größe M am wohlsten und empfand sich von allen Bikes auf dem Specialized am gemütlichsten platziert. Dagegen war Arne (1,84 m) sehr kompakt auf dem Turbo Creo SL im Werks Set-up untergebracht und hätte für eine 100 %-Fit Sitzposition schon den Auszugsbereich der Sattelstütze überschreiten müssen, wäre also mit L passend bedient gewesen.
Rahmengröße | XS | S | M | L | XL | XXL |
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Laufradgröße | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C | 28″ / 700C |
Reach | 363 mm | 373 mm | 379 mm | 384 mm | 391 mm | 399 mm |
Stack | 573 mm | 575 mm | 592 mm | 615 mm | 643 mm | 675 mm |
STR | 1,58 | 1,54 | 1,56 | 1,60 | 1,64 | 1,69 |
Lenkwinkel | 71,5° | 72° | 72,5° | 73° | 73° | 73° |
Sitzwinkel, effektiv | 74° | 74° | 74° | 73,5° | 73,5° | 73° |
Sitzwinkel, real | 74° | 74° | 74° | 73,5° | 73,5° | 73° |
Oberrohr | 605 mm | |||||
Oberrohr (horiz.) | 527 mm | 539 mm | 548 mm | 566 mm | 581 mm | |
Steuerrohr | 145,5 mm | 145,5 mm | 163,5 mm | 185,5 mm | 217 mm | 250 mm |
Sitzrohr | 415 mm | 447,5 mm | 477,5 mm | 502,5 mm | 527,5 mm | 557,5 mm |
Kettenstreben | 426 mm | 426 mm | 426 mm | 427 mm | 427 mm | 428 mm |
Radstand | 999 mm | 1.005 mm | 1.012 mm | 1.020 mm | 1.036 mm | 1.052 mm |
Tretlagerabsenkung | 80,5 mm | 80,5 mm | 78 mm | 78 mm | 75,5 mm | 75,5 mm |
Tretlagerhöhe | 280,5 mm | 264,5 mm | 267 mm | 267 mm | 269,5 mm | 269,5 mm |
Einbauhöhe Gabel | 390 mm | 390 mm | 390 mm | 390 mm | 390 mm | 390 mm |
In unserem Geometrics Tool könnt ihr die Specialized Turbo Creo SL Geometrie mit anderen E-Gravel Bikes und Rennrädern ganz einfach vergleichen. Einfach auf die Links in der Tabelle unten klicken. Hier ein Vergleich mit den anderen 4 E-Gravel Bike Geometrien.
Ansonsten fällt auf, dass die Specialized Turbo Creo SL-Geometrie – gerade für ein Bike mit Mittelmotor – nah am Rennrad liegt. Die Kettenstreben fallen für ein wendiges Fahrverhalten eher kurz aus, der Lenkwinkel noch recht steil. Kein Wunder, dass das Trek Domane+, das ja der E-Ableger eines klassischen Endurance-Rennrades ist, eine weitgehend ähnliche Geometrie hat.
Entsprechend gespannt waren wir auch, wie sich das Specialized Turbo Creo SL im direkten Vergleich mit den anderen E-Gravel Bikes im Test fährt.
Auf dem Kurs
Und auf den Proberunden rund um Bad Kreuznach gab es dann doch eine kleine Überraschung im Test des Specialized Turbo Creo SL in der Gravel Bike-Variante: Alle Tester waren sich einig, dass sich das Turbo Creo auf Gravel und leichten Trails sicher bewegen lässt, ja sogar Spaß macht. Das E-Gravel Bike der Kalifornier liegt sicher auf dem Schotter und überzeugte mit Fahrstabilität trotz wendiger Basis.
Überraschend sind die Offroad-Fähigkeiten, weil das Turbo Creo SL von allen Testrädern die am geringsten offroad-orientierte Geometrie besitzt. Erklärbar ist es insofern, als der niedrige Schwerpunkt ebenso Sicherheit verleiht wie die zusätzliche Federung am Lenker. Sie lässt manche Wege fahrbarer erscheinen, als sie es sind. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass MTB-News-Tester Arne sich mit der Minimal-Federung nicht anfreunden konnte – wenn man mehr gewohnt ist …
Auch die Specialized Pathfinder Pro Gravel-Reifen bestätigen erneut, dass sie (zumindest im Trockenen) besser offroad abschneiden, als ihr Profil ahnen lässt und auf der Straße unauffällig leise rollen.
Fühlt man sich schon auf Gravel sicher, so hat man auf der Straße mit dem Turbo Creo SL ein echtes Heimspiel. Hier gibt es so viel Rennrad-Feeling, wie es sonst nur dem Trek Domane+ im Test beschieden wird. Speziell Bergab liegt das Specialized E-Gravel Bike wie ein Brett und lässt sich souverän in Kurven legen. Dabei sind die Bremsen auch forscher Fahrweise mit spätem Anbremsen gewachsen und packen kräftig zu – auf nasser Straße für Novizen vielleicht sogar etwas zu kräftig.
Ein Pluspunkt des Turbo Creo SL ist sicher der gesteigerte Komfort am Lenker, der den anderen Bikes im Test überlegen ist. Wer sportlich mit direktem Feedback fahren will, kann das Future Shock-System fast zur Gänze herunterregeln, es lässt sich aber nicht 100 % blockieren. Mit der Dropper-Post kann dabei der Komfort am Sattel nicht ganz Schritt halten – wer nicht zu wilden Geländeauritten neigt, dürfte mit der bekannt gut flexenden Carbonstütze weit besser beraten sein.
Und wie ist der Charakter der E-Unterstützung? Als Erstes fällt leider der etwas lautere Antrieb auf, besonders am Berg übertönt der Specialized SL 1.1-Mittelmotor das neuere Modell von TQ oder den Mahle-Hinterradantrieb, ist aber dennoch deutlich leiser als das Pendant von Bosch im Rose.
Aber der Specialized SL 1.1-Antrieb hat andere, nicht zu unterschätzende Vorzüge. Zum einen spricht er sehr schnell an: Ein leichter Druck und die Unterstützung ist da, auch bei kurzem Aussetzen der Kraft, um etwa bergauf kleine Hindernisse zu meistern. Das geht gefühlt sonst nur mit Bosch so gut. Gleichzeitig hat der Specialized Antrieb aber klassischen E-Antrieben die harmonischere Kraftentfaltung voraus. Die Motorkraft baut sich immer schnell und genau mit dem eigenen Krafteinsatz dosierbar auf.
Dabei entstehen weder plötzliche Leistungssprünge, noch wirkt der Motor (auf Stufe 3) an Steigungen irgendwann zu „schwach auf der Brust“. Alles fühlt sich an wie Rennradfahren, nur mit einem – je nach Fahrstufe – mehr oder weniger starken Zusatzschub. Auch an der Unterstützungsgrenze schleicht sich der Specialized Motor unauffällig heraus. Besonders passend für die meisten Fahrsituationen auf Gravel fanden viele Tester dabei Stufe 2 des SL 1.1-Antriebs.
Fazit: Specialized Turbo Creo SL Test
Das Specialized Turbo Creo SL Expert Evo kann auch in seinem 4. Modelljahr noch ganz vorn mitfahren. Das verdankt es im Wesentlichen seiner sehr gelungenen Geometrie, dem Komfortplus durch das Future Shock-System und der Art der Kraftentfaltung, die am nächsten am Ideal „pure Kontrolle mit den Beinen“ liegt. Zudem der Top-App und der sehr guten Verarbeitung. Etwas hinterher hinkt es in der Geräuschentwicklung – kein ganz unwesentlicher Punkt für Rennrad-Fahrgenuss. Teuer ist Specialized immer – das halb so teure Turbo Creo SL Comp Carbon (mit anderen Reifen) könnte ein E-Gravel-Bike-Tipp zum Sparen sein.
Pro / Contra
Stärken
- Harmonische Motorunterstützung
- Agiles Handling
- Hoher Komfort
- Gravel-Fahrverhalten
- Beste App
- Integration von App-Drittanbietern
Schwächen
- Display und Steuerung der Fahrstufen
- Etwas lauter
- Weniger Montagemöglichkeiten
- Gewicht
Was sind eure Erfahrungen mit dem Specialized Turbo Creo SL? Schreibt sie in die Kommentare!
Hier haben wir unsere Fahreindrücke gesammelt:
- Fahrverhalten / Bad Kreuznach: Alle Räder durchliefen mehrmals einen identischen Testparcours mit knapp 7 km Länge und 100 Höhenmetern. Hier findet ihr den Testparcours auf Komoot. Die E-Gravel-Bikes wurden von insgesamt 3 Testern und einer Testerin gefahren. Nach jeder Runde wurde gewechselt, sodass alle jedes Bike 1x gefahren waren. Anschließend erfolgte die Bewertung nach einem standardisierten Fragebogen. Er diente als Grundlage für die Beschreibung des Verhaltens „Auf dem Kurs“ und die abschließende Bewertung.
- Reichweiten-Näherung / Bad Kreuznach Alle Räder wurden mit gleichem Fahrer und bei vergleichbaren Temperaturen mit 100 % geladenem Akku auf eine identische Testrunde mit 22 km Länge und 223 Höhenmetern geschickt. Nach Beenden der Testrunde wurde die verbliebene Akku-Kapazität in Prozent ausgelesen.
Testräder werden bei den Herstellern für den Test in der beschriebenen Kategorie angefragt. Die Hersteller stellen das Rad kostenlos in der Art und Weise zur Verfügung, wie es der Fachhandel erhält; bei Testrädern von Direktanbietern, wie sie der Endkunde erhält, also vormontiert. Testräder werden in der Redaktions-Werkstatt endmontiert. Für den Test werden die Räder gewogen, die Sitzposition wird bei identischer Sattelhöhe (bezogen auf die Tretlagermitte) vermessen und die Reifen auf den mittleren empfohlenen Reifendruck befüllt. Für eventuelle Geländefahrten wird der Reifendruck zusätzlich auf den unteren empfohlenen Wert gesenkt. Nach Testende erhalten die Hersteller die Testräder zurück.
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, CX-Rennen, Gravelrides
- Vorlieben bei der Geometrie
- Gemäßigt sportlich, eher lang
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, Triathlon-Rennen, Trainings-Einheiten auf dem Rollentrainer
- Vorlieben bei der Geometrie
- Sportlich, nicht zu lang
- Ich fahre hauptsächlich
- Rennradtouren, Mountainbiken, im Winter Trainings-Einheiten auf dem Rollentrainer
- Vorlieben bei der Geometrie
- Sportlich, nicht zu lang
Alle Berichte unseres E-Gravel Bike Vergleichstest 2023 findet ihr hier:
- 5 E-Gravel Bikes 2023 im Test: Alles Motor, oder was?
- Trek Domane+ SLR 7 im E-Gravel Bike Test: E-Rennrad mit Gravel Tauglichkeit
- Specialized Turbo Creo SL im E-Gravel Bike Test: Gekonnter Mix aus Rennrad- und Gravel-Spaß
- Mondraker Dusty RR im E-Gravel Bike Test 2023: Von kultiviert Graveln bis Krachenlassen
- Simplon Inissio PMax im E-Gravel Bike Test 2023: Mit Leichtigkeit überzeugend?
6 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumKorrigiert mich, aber war Gravel nicht mal so ein 300 km am Stück/selfsupported/Overnighter-Ding? Was will man da mit der Reichweite anfangen?
Irgendwo muss ich da den Anschluss verpasst haben...
Dieser Drehgriff an Vorbau erinnert mich an diese billigen Hometrainer von früher, womit man den Widerstand einstellen konnte.
Also ich bin jetzt gerade im mittleren Westen und da ist es definitiv genau das: 300 Miles auf dem Mickelson Trail mit so vielen Rahmentaschen wie möglich am Salsa Gravelbike.
Ich hab das Rad seit drei Jahren. Ich bin weder versehrt noch alt noch unfit und finde es dennoch eine sehr praktische Kiste.
Es ermöglicht mir:
Für unsere Verwendungszwecke sind wir sehr zufrieden damit.
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