Der neue SQlab 312 R im Test ist der erste Rennrad-Lenker der Ergonomie-Spezialisten und macht vieles anders als bekannte Rennbügel. Grund genug, den leichten Carbon-Lenker für unsere Artikelserie “Ausprobiert” einem Praxis-Check zu unterziehen.
SQlab 312 R Rennrad-Lenker kurz und knapp
Wenn SQlab etwas anpackt, dann ist der Ausgangspunkt immer die Ergonomie. So auch beim ersten Rennrad-Lenker der Münchner. Markentypisch prägt den neuen SQlab 321 R eine andere Formgebung als es Rennradfahrer:innen gewohnt sind. Ein flächiges Design mit abgerundeten Ecken soll der Hand einen natürlicheren Griff erlauben. Mit 241 g (gewogen) zählt der Carbon-Lenker von SQlab gleichzeitig zu den leichten Modellen. Er liegt etwa auf dem Niveau eines Ritchey WCS Carbon Streem oder Pro Vibe Carbon. Mit diesen teilt er auch den abgeflachten Oberlenker und das stattliche Preisniveau. Die Eckdaten:
- Carbon Rennrad-Lenker mit SQlab Ergonomie-Ansatz
- Flacher Oberlenker mit 10° zu 2° Frontsweep
- Leicht eckige Formen für besseren Griff
- Größen 380 mm, 400 mm, 420 mm (Mitte-Mitte)
- Reach 80 mm
- Drop 120 mm
- Material Carbon
- Gewicht 241 g (gewogen)
- Verfügbar wieder ab Mitte Juni
- https://www.sq-lab.com/
- Preis 299,95 € UVP
SQlab 312 R Auspacken und Montage
Auspacken und Kennenlernen
Erfreulicherweise kommt der neue SQlab 312 R Rennrad-Lenker mit einer minimalen Verpackung aus Kartonage aus, die mit den wichtigsten Informationen aufwartet. Sie informiert auch darüber, dass es sich in unserem Fall um einen Lenker mit dem Maß 400 mm Mitte-Mitte handelt. Das entspricht meinem Schultergelenk-Abstand, so wie es sein soll. Zudem ist es auch meine persönlich bevorzugte Lenker-Breite. Mit 3 verfügbaren Breiten von 380 bis 420 mm folgt SQlab dem Trend zum schmaleren Lenker, der eine bessere Aerodynamik verspricht.
Montage
Die Carbon-Montagepaste hat SQlab erfreulicherweise gleich beigelegt. Die Paste mit kleinen Partikeln erhöht die Haftung zwischen zwei Oberflächen und wird immer benötigt, um Carbon-Teile mit geringen Drehmomenten zu montieren. Ein Blick auf die Klemmfläche des SQlab 312 R bringt allerdings zutage, dass die Klemmschrauben hier mit bis zu 8 Nm angezogen werden dürfen, was sehr großzügig ist. Die meisten Vorbauten gestatten weniger. Und im Test genügten bereits 4,5 Nm für sicheren Halt. Selbst dann, wenn die Strecken gravellig und ruppig ausfielen.
Die aufgedruckten Ausrichtungshilfen erfüllen ihren Zweck für die mittige Platzierung und Nivellierung der Schalt-Bremshebel. Bei der Montage der Hebel fällt gleich eine Eigenheit auf: Die genutzten SRAM Rival Double Tap-Hebel können weit oben in der Biegung platziert werden, sodass ein fast ebener Übergang zum Lenker entsteht. Gleichzeitig sind die Bremshebel auch ohne Reduzierung der Griffweite für mich mit meinen eher mittelgroßen Händen gut erreichbar. Heißt umgekehrt: Rennradfahrer:innen mit eher großen Händen sollten die Position genau prüfen, bevor sie das Lenkerband wickeln.
Griffpositionen
Einmal am Rad, kann man gleich zum Kern des SQlab 312 R Rennrad-Lenkers vordringen: der Ergonomie. SQlab hat verschiedene Bereiche anders ausgeformt, um eine optimale Handhaltung in allen möglichen Griffpositionen zu gewährleisten. So soll langes bequemes Fahren auf sicheren Griff für die Kontrolle des Rades treffen. Das sind:
- Der großflächige, abgeflachte Oberlenker, der weit in die Biegung gezogen ist.
- Die Vorbiegung (Frontsweep) von 10° des Oberlenker-Teils.
- Eine leicht boxartige Form des flachen Teils, die SQlab zufolge besser zu greifen ist, weil sie dem natürlichen Griff der Hand angepasst ist. Gute Erfahrungen mit dieser Form hat man bereits bei den MTB-Griffen gesammelt (zum Eindruck der SQlab 711 R Griffe bei MTB-News).
- Minimaler Flare von 1,5°.
- Abgeflachte Griffpartie im Unterlenkerbogen.
=> Beratung zu Drop, Reach und Flare am Rennradlenker und ihre Auswirkung auf das Sitzen
Ein erster Test aller Griffpositionen vor der endgültigen Fixierung und dem Lenkerbandwickeln (sollte man immer machen) ergibt: Die Stellungen passen mit parallel zum Boden ausgerichteten Lenkerenden auf Anhieb. Die Schalthebel richte ich leicht nach innen, dem Flare folgend aus, weil dann der Bremsgriff für mich optimal positioniert ist. Das erweist sich später als zweischneidige Sache. Dazu unten mehr.
Dabei fühlt sich der Griff auch ohne Lenkerband bereits so gut an, dass ich mich gegen das verfügbare SQlab Lenkerband entscheide, das gut gepolstert ist. Stattdessen kommt ein dünneres Textil-Lenkerband dran, das besonders auch im Sommer ohne Handschuhe ein gutes Handklima bietet.
Test am Rad
Was kann man über einen Rennrad-Lenker schon herausfinden, könnte man meinen. Jede Menge. Neben der passenden Sitzposition kann der richtige Rennbügel zu Wohl und Wehe entschieden beitragen. Und so gab es auch für mich den einen oder anderen Aha-Moment mit dem SQlab 312 R. Ausprobiert habe ich ihn bisher auf rund 210 km, überwiegend am Gravel Bike, aber auch auf langen Touren mit 5 Stunden im Sattel.
Vergleich mit Aero-Bars
Was in Oberlenker-Haltung sofort auffällt ist, dass die Vorbiegung tatsächlich die Arme in eine andere Stellung bringt. Dadurch wandern die Ellenbogen leicht nach außen – „naturally Sprinting“ könnte man unken. Obwohl die Haltung anfänglich etwas anstrengender für die Muskulatur wirkt, schont sie doch auf längeren Strecken auf eher schlechtem Belag die Handgelenke spürbar. Pluspunkt 1 für den SQlab – und ein klares Statement meinerseits gegen den häufigen Backsweep am Oberlenker, der eine Innendrehung der Ellenbogen bringt.
Auch gegenüber anderen Aero-Bars mit Frontsweep wie etwa dem FSA Vision 4D, den wir beim Merida Reacto Test fahren konnten, wirkt der SQlab 312 R am Oberlenker besser durchdacht. Außerdem sorgt der abnehmende Frontsweep dafür, dass man nicht ständig gegen eine zu starke Rotation arbeiten muss, wie ich es am Vision Modell empfand.
Mein Lenker hat drei Ecken?
Zudem ist die große, vorne leicht eckige Fläche tatsächlich besser greifbar. Und der Druck auf die Handinnenflächen verteilt sich hervorragend – ich fahre gerne auch mal ohne Handschuhe, das begünstigt die Form. Darüber hinaus begibt sich die Hand fast wie von selbst in die passende Position und der Griff ist etwas fester als an runden oder ovalen Lenkern.
Die leicht eckige Fläche erwies sich übrigens schon einmal im Test des Specialized Tarmac SL7 mit dessen Aerofly-Lenker als äußerst bequeme Form. Beim SQlab Rennrad-Lenker kommt die natürliche Griff-Form hinzu, was die Hand stark fixiert. Umgekehrt wirkt das Umgreifen dafür etwas umständlicher, was bei einem sehr aktiven Fahrstil negativ auffällt.
Hervorragend gestaltet sich der Übergang zu den Brems-Schalthebeln. Hier gleitet die Hand geradezu geschmeidig und übergangslos vom Lenker auf die Hoods. Überhaupt sind eigentlich alle Positionen am Oberlenker greifbar, keine wirkt unbequem.
Halte die Hoods!
In Bremshebelposition unterscheidet sich der Lenker natürlich nicht von anderen. Die Montage mit leichter Innenrotation der Hebel in der Verlängerung des Flares empfand ich als nicht optimal. Auch sie bringt die Ellenbogen an den Hoods weiter nach außen. Ich fahre hier aber gerne auch mal aerodynamisch günstig mit parallel zur Fahrtrichtung ausgerichteten Unterarmen und möglichst senkrechten Oberarmen. Deshalb mussten die Hebel dann wieder nach außen rotiert werden. Das macht das Bremsen in Unterlenkerhaltung weniger intuitiv, stellt aber noch lange kein Problem dar.
Weiter geht’s runter in den Bügel. Dank des maßvollen, aber nicht betont geringen Drop von 120 mm kann man hier lange verweilen. Auch dort erweist sich die Kante in der Biegung als Bequemlichkeits-Merkmal und sorgt für einen sicheren Griff. Noch weiter, am geraden Ende der Drops, fühlt sich der SQlab 312 R an wie jeder andere Rennrad-Lenker. Für lange Strecken könnten die Lenkerenden für meinen Geschmack noch etwas weiter Richtung Fahrer gezogen sein, um noch eine zusätzliche, weniger geneigte Position zu bieten – selbst auf die Gefahr von mehr Knie-Konflikten hin. Aber das ist eine Frage des Einsatzschwerpunktes.
Den häufig zitierten Flex von Carbon-Lenkern konnte ich übrigens nicht (eigentlich noch nie) spüren. Der Komfort des SQLab resultiert einzig und allein aus den guten Handpositionen.
Test-Fazit SQlab 312 R
Gewagt gewinnt. Der SQlab 312 R Lenker macht vieles anders und ergonomisch alles richtig. Vor allem der Griff an den Oberlenker unterscheidet sich deutlich. Er bringt eine besonders komfortable und griffsichere Handhaltung. Für Oberlenker-Vielfahrer definitiv einen Test wert. Insgesamt überzeugt die Formgebung. Nur wer sehr häufig und schnell die Handposition wechselt, fühlt sich vielleicht mit anderen Lenkern wohler – Stichwort Trail-Graveln. Die tadellose Verarbeitung und keine Grenze bei der Gewichtszulassung nehmen zusätzlich für die Premiere des Rennrad-Lenkers bei SQlab ein. Bleibt zu wünschen, dass der Anklang so gut ist, dass eine günstigere Alu-Variante folgt.
Pro / Contra
Pro
- Durchdachte Ergonomie
- Gewicht
- Gewichtszulassung
- Verarbeitung
Contra
- Keine Größe für besonders breitschultrige Rennradfahrer:innen
- Preis
Habt ihr eure persönliche Rennrad-Lenker Form gefunden oder experimentiert ihr, wenn neue Formen vielversprechend scheinen?
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Weitere kurze Tests aus der Serie Ausprobiert findest du auf dieser Übersichtsseite. Wenn du ein Produkt für einen ersten Test vorschlagen möchtest, schreibe uns einfach hier eine Nachricht!
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