SRAM Universal Brake Mount: Kommt jetzt der Bremsen-Standard?
Genau wie Schaltwerke werden auch Hinterrad-Bremsen an modernen Mountainbikes, Rennrädern und Gravel Bikes häufig mittels kleiner Adapter direkt mit dem Rahmen befestigt. Während sich diese Adapter bei Schaltungen zumindest bis zur Einführung des SRAM Universal Derailleur Hanger, kurz UDH, je nach Hersteller und Rahmen unterschieden haben, ist es im Bereich der Scheibenbremsen etwas weniger chaotisch. Trotzdem gibt es unter anderem mit dem Post Mount, dem International Standard und der Flat Mount-Befestigung gleich mehrere Möglichkeiten, den Bremssattel am Rahmen zu befestigen. Je nach Größe der Bremsscheiben sind hierfür unterschiedliche Bremsadapter notwendig.
Ähnlicher Ansatz wie SRAM XPLR und T-Type Transmission
SRAM hat sich offensichtlich diesem Problem, das eigentlich gar nicht als Problem wahrgenommen wird, angenommen und bei der US-amerikanischen Patent-Behörde eine Möglichkeit beschrieben, den Bremssattel koaxial zur Hinterrad-Nabe zu befestigen. Dieser Ansatz, der nun patentiert worden ist, wird von SRAM im veröffentlichten Dokument als Universal Brake Mount bezeichnet und wäre damit das Gegenstück zum Universal Derailleur Hanger. Zunächst über dieses Patent berichtet hat die kanadische Mountainbike-Website pinkbike.com.
Schon der Universal Derailleur Hanger hatte (auch) den Vorteil, dass die Position des Schaltwerks in Relation zur Hinterrad-Achse definiert worden ist. Dadurch konnte SRAM im nächsten Schritt das Schaltauge bei den neuen T-Type-MTB-Schaltungen und der Red XPLR (Test), komplett streichen. Stattdessen werden die T-Type- bzw. XPLR-Schaltwerke direkt am Rahmen befestigt und über die Hinterrad-Achse geklemmt, was zahlreiche Vorteile mit sich bringt.
Geht es nach SRAM, soll dieser Schritt auch bei Hinterrad-Bremsaufnahmen erfolgen. Im Patent wird ein Adapter gezeigt, der ebenfalls koaxial zur Nabe und am unteren Ende zwischen Hinterrad-Nabe und Rahmen sitzt. Geklemmt wird dieser, indem die Hinterrad-Achse befestigt wird. Über eine Bohrung, die weiter oben am Adapter sitzt, wird er an einer zweiten Stelle direkt an der Sitz- oder Kettenstrebe des Rahmens abgestützt – eine entsprechende Halterung/Bolzen an einer definierten Stelle des Rahmens wäre hierfür folglich die Voraussetzung.
Welche Vorteile würde der Ansatz bringen?
Dieser Ansatz des Universal Brake Mounts hätte laut den Angaben im Patent gleich mehrere Vorteile. Indem der universelle Bremsadapter koaxial zur Nabe, auf der die Bremsscheibe befestigt ist, sitzt, soll die Ausrichtung zwischen Bremssattel und Bremsscheibe deutlich verbessert werden. Diesen Bereich hat SRAM als Quelle zahlreicher Probleme wie Vibrationen oder nerviger Geräusche im Betrieb identifiziert. Der Ursprung dieser Probleme liegt aber in den für Rahmenbauer teils schwer einzuhaltenden Toleranzen, auf die es hier sehr ankommt. Durch den neuen Ansatz sollen schleifende Bremsscheiben der Vergangenheit angehören.
The main challenge for proper brake setup is to achieve an accurate parallel alignment between the brake pads and the brake rotor. This parallel alignment is dependant on the axial and radial position of the brake calipers relative to the brake rotor. Current disc brake assembly requires a painstaking adjustment process to ensure the brake rotor is centered between the brake pads to avoid non-braking contact. Often, the brake caliper and/or the brake rotor need multiple shims or spacers to aid in this centering adjustment. With current brake designs, this alignment must be adjusted manually during the caliper assembly process. This process requires manuel dexterity and often results in unproper brake setup and rider dissatisfaction.
SRAM, US-Patent 12,187,377 B2
Für Hersteller von Rahmen soll der von SRAM skizzierte Ansatz ebenfalls Vorteile bieten. So wird die Bremsaufnahme am Rahmen laut SRAM deutlich simpler und damit auch günstiger gestaltet – statt einer Aufnahme mit extrem genauen Toleranzen, auf der dann Adapter und Bremssattel befestigt werden, würden die Rahmen lediglich eine Aufnahme für einen Bolzen oder eine ähnliche Art der Befestigung benötigen – die Position wäre klar definiert und wäre dadurch für Rahmen-Hersteller simpel umzusetzen. Unserem Verständnis nach dient die Befestigung am Rahmen in erster Linie als Schutz gegen Verdrehungen, während der Großteil der Last über die Hinterrad-Achse ins gesamte hintere Rahmendreieck fließen soll.
Auf einem sehr ähnlichen Prinzip basiert die Montage der SRAM T-Type Transmission und der Red XPLR, bei der es zunächst Vorbehalte gab, ob dies zu zahlreichen Rahmenbrüchen führen würde. Diese Befürchtungen haben sich als unbegründet erwiesen. Außerdem dürfte eine Kompabilität mit den meisten gängigen Rahmen-Designs gewährleistet sein.
Ob und wie es mit dem SRAM-Patent weitergeht, bleibt abzuwarten. In der Theorie bietet der Ansatz diverse Vorteile und basierend auf der Resonanz zum SRAM UDH-Standard könnte sich auch das Gegenstück auf der Nicht-Antriebsseite als kluger Schritt erweisen. Zum Patent angemeldet wurde der Ansatz übrigens bereits im Dezember 2021, weshalb man davon ausgehen kann, dass SRAM das Projekt in der Zwischenzeit vorangetrieben hat. Das gesamte Patent ist hier einzusehen.
26 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumNach UDH fragt sich jetzt jeder ob eine Bremse mit integriertem Halter kommt, die sich für jeden Scheibendurchmesser auf einer anderen Position montieren lässt. Ein Teil weniger etwas mehr Freiheit für das Bremsendesign.
Einfach mal im Patent anschauen wie man sich den Abstützpunkt vorstellt:
Erstmal sitzt der Abstützpunkt hier einfach in der Sattelstrebe. Durch was er an Ort und Stelle gehalten wird lässt man mal offen.
Toleranzen können im Bild rechts/links (parallel zur Nabenachse) und oben/unten (radial zur Nabenachse) ausgeglichen werden, bevor der Adapter auf den Bolzen geklemmt wird.
Was passiert wenn der Bolzen aber schief zur Nabenachse steht?
Oben/Unten kann im Langloch ausgeglichen werden.
Wenn der Bolzen aber zur Zeichenebene nicht winkelig ist, wird beim Anziehen der Klemmung der Bremsadapter versuchen sich nach dem schiefen Bolzen auszurichten. Das kann den den Adapter verbiegen und lässt auf diesen und die Sattelstrebe Kräfte wirken.
Um das zu beheben braucht man wieder eine kleine (Hand-)Fräsvorrichtung, welche das Aufnahmeloch und die Anlagefläche für den Bolzen in einen akzeptablen Toleranzbereich bringt.
Dann kann man imho gleich beim jetzigen „Standard“ bleiben und weiter das inzwischen doch bei vielen vorhandene Fräswerkzeug nutzen.
Ganz grundsätzlich sehe ich viele der "Innovationen" insbesondere von Sram und auch die Patent-Politik recht kritisch. Als Beispiele seien hier zum einen der DUB-Standard und zum anderen das Patent auf die Verwendung eines Akkus in unterschiedlichen Komponenten genannt.
Bei DUB wurden die vermeintlich die größeren Kugeln als Vorteil genannt. Das mag theoretisch auch so sein, aber faktisch sind selbst bei Sram einfach die Innenringe der Rillenkugellager mit einer größeren Materialstärke versehen der Kugeldurchmesser ist identisch zu einem 30 x 42 x 7 Lager.
Und dass identische Energiespeicher (egal ob Akku oder Einwegbatterie) in unterschiedlichsten Geräten verwendet werden, ist doch ein uralter Hut. Ich wundere mich immer noch, dass für so etwas ein Patent erteilt werden kann. Mag aber auch mit dem Patentrecht in den USA zusammenhängen.
Und das Thema Kostenreduzierung lassen wir mal schön außen vor. Dass irgendwelche Kostenreduzierungen an den Kunden weitergegeben werden, glauben auch nur noch die, die auch an den Weihnachtsmann glauben. Andere Vorteile als bei der Rahmenproduktion sehe ich jedenfalls keine. Für die Montage der Bremse und deren Einstellung bleibt doch alles beim Alten.
Da wundert es mich dann schon, dass jemands er sich beruflich so viel mit Fahrrädern befasst, das so hochjazzt.
Just my 2 cents.
Ich habe noch nicht alles gelesen, warum nur hinten?
Prinzip ist ja, die Bremsenaufnahme sitzt an der Achse, nicht am Rahmen. Das geht auch vorne.
Der Gegenhalter an Kettenstrebe oder Gabel müsste (dort sind dann doch einige Kräfte beim Bremsen im Spiel) nur die zur Achse parallele Wirkung auffangen. Finde ich schlüssig.
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