Das Stevens Izoard Pro ist eines der wenigen Carbon-Rennräder aus dem Fachhandel, das mit kompletter Ultegra-Gruppe für 2.199 Euro zu haben ist. Für 2018 haben die Hamburger den Izoard-Rahmen überarbeitet. Im Rennrad-News Einzeltest sollte das neue Izoard zeigen, was es kann.
Steckbrief: Stevens Izoard Pro
Einsatzbereich | Tour, Rennen |
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Rahmenmaterial | Carbon |
Gabel | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 7,6 kg |
Stack | 563 mm |
Website | www.stevensbikes.de |
Das Izoard Pro ist ein Dauerläufer bei Stevens. Im Modellprogramm der Hamburger hat es schon immer die Stellung des hart kalkulierten Mittelklasse-Renners mit Ultegra inne. Die Devise lautet „soviel Rennrad wie möglich fürs Geld“. Da wundert es nicht, dass das Izoard Pro als eines der wenigen Modelle nicht im immer umfangreicheren Custom-Programm aus Hamburg zu finden ist. Individualität kostet Geld. Stattdessen muss sich der Interessierte mit einer einzigen Rahmenfarbe begnügen: Foggy Grey – Nebelgrau. Dafür gibt es ein großes Spektrum an Rahmengrößen. Wer es lieber leuchtend hat, dem bleibt nur das günstigere Modell „Izoard“ mit Shimano 105-Gruppe, das auf dem identischen Rahmen basiert.
Ausstattung
Aber das Foggy Grey am Izoard Pro hat auch etwas für sich: Es greift den Farbton der Shimano Ultegra R8000 Gruppe auf, die vollständig bis zu Kassette hin verbaut ist. So kleidet Stevens ein preislich aggressives Paket in hanseatisches Grau-in-Grau-Understatement. Am Rahmen wechseln sich matt-graue Oberflächen mit glänzend schwarzen Farbfeldern. Das voluminöse Unterrohr besitzt ein Kammtail-Profil, wie es viele Rennräder haben, die eine Aero-Optimierung für sich beanspruchen.
Stevens zieht das Beiwort Aero aber nicht für das Izoard heran: Das Oberrohr setzt breit am Steuerrohr an und verjüngt sich zum Sitzrohr – ein mögliches Indiz für hohe Verwindungssteifigkeit des Rahmensets. In diese Richtung deutet auch die ordentliche Gewichtszulassung von 115 kg – mehr, als häufig für Rennräder ausgewiesen wird. Gleichzeitig müssen Rahmen und Gabel schon ein hohes Leichtbaupotential besitzen, um das für ein Rad dieser Preisklasse niedrige Gewicht von 7,55 kg (gewogen ohne Pedale) zu erreichen.
Das Freilaufgeräusch der soliden, aber leichten DT-Swiss-Laufräder ist auf der eindringlicheren Seite
Bei den Komponenten stechen – neben der Ultegra-Gruppe – besonders die DT Swiss P1850 Laufräder hervor. Sie sind das Felgenbrems-Pendant zu den P1800-Disc Laufrädern der Schweizer. Trotz nur 24 flachen Speichen hinten und 20 vorne punkten sie mit einer soliden Gewichtszulassung bis 120 kg bei recht geringem Gewicht. Die Maulweite der Felgen von 18 mm sorgt dafür, dass der 25 mm-Reifen am Izoard Pro in der Praxis 28 mm breit läuft; dabei wäre unter den Ultegra-Bremsen auch noch genug Platz für einen nominell 28 mm breiten Reifen. Mit einem Continental Grand Prix 4000 SII ist ab Werk einer der derzeit leichtlaufendsten konventionellen Rennrad-Reifen montiert.
Komplettiert hat Stevens das Izoard Pro mit hauseigenen Oxygen-Komponenten – was inzwischen fast alle großen Hersteller so handhaben. Lenker und Vorbau bestehen aus Aluminium. Dass der Lenker den Zusatz Aero trägt, lässt sich an seiner Form allerdings nur schwer festmachen: er ist vergleichsweise rund. „Ergo“ hätte besser gepasst, denn eine leichte Rückbiegung am Oberlenker bietet eine bequeme Handablage. Etwas zur Bequemlichkeit trägt die Sattelstütze bei, die aus Carbon gefertigt ist. Wegen ihrer geringen Auszugshöhe kann sie das Dämpfungspotential des Werkstoffs allerdings nicht ganz ausspielen. Der Sattel der Hausmarke hingegen federt sichtbar ein, seine Form mit einer kleinen Vertiefung in der Mitte findet Gefallen.
Passend zum Berg im Namen hat Stevens die Übersetzung gewählt. Sie ist mit „sportliche Bergübersetzung“ treffend charakterisiert. Wegen der Semi-Kompaktkurbel fehlt der ganz leichte Berggang einer 50-34-Kurbel. Aber die kleinste Entfaltung von 2,37 m/Kurbelumdrehung lässt sich für einigermaßen Trainierte auch an deutlich zweistelligen Steigungsprozenten noch eine Weile treten.
Rahmen | Carbon, für Schnellspanner | |||||
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Gabel | Carbon, 1 1/8-1 1/4-Zoll A-Head | |||||
Gewicht | 7,55 kg (gewogen ohne Pedale) | |||||
Entfaltung | 2,37 - 9,97 m pro Kurbelumdrehung | |||||
Zulässiges Gesamtgewicht (Rad & Fahrer) | 115 kg | |||||
Schalthebel | Shimano Ultegra R8000 2x11 | |||||
Umwerfer / Schaltwerk | Ultegra R8000 / Ultegra R8000 GS | |||||
Kurbel / Zähne | Ultegra R8000, 172,5 mm / 52-36 T | |||||
Ritzel / Zähne | Ultegra R8000 / 11-32 T | |||||
Innenlager | Pressfit 86,5 | |||||
Kette | Shimano HG701 | |||||
Bremsen | Ultegra R8000 Felgenbremse | |||||
Laufradsatz | DT-Swiss P1850 Spline/ Alu-Felgen, v. 20 / h. 24 Speichen | |||||
Reifen / Größe | Continental Grand Prix 4000 SII, 25-622, Falt | |||||
Lenker | Oxygen Scorpo oben 420 / unten 420 mm / Drop 130 mm | |||||
Vorbau | Oxygen Scorpo, 100 mm | |||||
Sattel | Oxygen Triton | |||||
Sattelstütze | Oxygen Scorpo Carbon | |||||
Besonderheiten | 2 Paar Flaschenhalter-Ösen, interne Zugverlegung |
Geometrie: Sportlich direkt
Die Sitzposition auf dem Stevens Izoard Pro ist tendenziell auf der sportlichen Seite einzuordnen. Der STR-Wert von 1,44 weist das Testrad klar als „langen“ Rahmen aus. Zwar liegt der Lenker etwa auf einer Höhe zwischen Endurance- und Renngeometrie unter dem Sattel, doch der Griff an die weit vorne in der Lenkerbiegung montierten STI-Hebel bringt den Fahrer schon in eine recht gestreckte Haltung. Um die Unterlenkerposition längere Zeit mit Übersicht zu fahren, braucht es schon eine gut trainierte Rumpf- und Nackenmuskulatur. Die unteren Lenkerenden sind eher normal weit zum Fahrer hin gezogen. Der Lenker fällt mit 420 mm für die Rahmenhöhe normal breit bis schmal aus, das sorgt ebenfalls für eine leicht aerodynamischere Fahrersilhouette. Breitschultrige Fahrer könnten sich einen breiteren Lenker wünschen. Stevens setzt einen 100 mm-Vorbau ein, das macht die Lenkung direkt. In die gleiche Kerbe schlägt auch der kurze Radstand und die vergleichsweise große Tretlagerabsenkung, die ein wendiges Fahrverhalten bei einem niedrigen Schwerpunkt bringen – wie gemacht für schnelle Abfahrten.
Rahmengröße cm | 50 | 52 | 54 | 56 | 58 | 60 | 62 |
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Sitzrohr mm | 542 | 555 | 570 | 587 | 611 | 631 | 646 |
Oberrohr horizontal mm | 525 | 535 | 545 | 560 | 575 | 590 | 598 |
Steuerrohr Winkel | 72 | 72,5 | 72,5 | 73 | 73,5 | 73,5 | 73,5 |
Sitzrohrwinkel | 74,5 | 74 | 73,5 | 73,5 | 73 | 73 | 73 |
Radstand mm | 978 | 978 | 978 | 978 | 993 | 1008 | 1016 |
Kettenstrebenlänge mm | 406 | 406 | 406 | 406 | 406 | 406 | 406 |
Steuerrohrlänge mm | 120 | 130 | 145 | 160 | 180 | 200 | 215 |
Tretlagerabsenkung mm | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 | 70 |
Gabelvorbiegung | 43 | 43 | 43 | 43 | 43 | 43 | 43 |
Reach mm | 380 | 382 | 383 | 393 | 397 | 406 | 409 |
Stack mm | 522 | 533 | 546 | 563 | 584 | 603 | 618 |
STR | 1,36 | 1,33 | 1,39 | 1,44 | 1,45 | 1,48 | 1,52 |
Kurbellänge mm | 170 | 170 | 172,5 | 172,5 | 175 | 175 | 175 |
Vorbaulänge | 90 | 90 | 100 | 100 | 110 | 120 | 120 |
Auf dem Kurs
Wie erwartet entpuppt sich das Stevens Izoard Pro auf der Teststrecke als souveräne Fahrmaschine. Ein 80-Kilo-Tester konnte dem Rad in keiner Situation einen Hauch von Unsicherheit entlocken. Unterwegs war das Izoard auf der Rennrad-News Standard-Teststrecke: Sie umfasst lange steile Geraden, bei denen man rollend auf 70 bis 80 km/h kommt, einige Hügel fürs große Blatt sind dabei, Kopfsteinpflaster-Passagen und ein längerer Abschnitt mit steilen Kuppen und schlechten Straßen, der eines Frühjahrsklassikers würdig wäre. Insgesamt rund 800 Höhenmeter kommen zusammen.
Schon bei den ersten Pedaltritten offenbart das Stevens Izoard Leichtfüßigkeit – es drängt förmlich nach vorne. Die recht sportliche Sitzposition und der Vorwärtsdrang reizen zu schnellem Fahren. Gemütliches Cruisen fühlt sich immer etwas deplatziert an. Die Conti-Reifen rollen leise ab, lässt man die Beine hängen, dann meldet der Freilauf dies auch vernehmbar für entferntere Mitradler oder Passanten.
Auf der Abfahrt nagelt das Izoard jede Kurve. Viel Gewicht auf dem Vorderrad und eine hohe Lenkpräzision vermitteln Sicherheit auch bei hohen Geschwindigkeiten. Die Ultegra-Bremsen besitzen einen hervorragenden Druckpunkt und ihre Beläge harmonieren gut mit den DT Swiss-Laufrädern. Die Handkräfte für Vollbremsungen sind geringer als bei mechanischen Scheibenbremsen. Ein gutes Gefühl vermitteln beim Bremsen die breiten Reifen, weil sie die Bremskraft besser übertragen als 23 mm-Modelle.
Die Rennrad-News-Teststrecke führt auch über eine zirka 500 Meter lange Kopfsteinpflaster-Passsage. Dort ordnet sich das Stevens Izoard bei einem mittleren Komforteindruck ein. Vor allem der Komfort am Sattel ist gelungen, die Dämpfung der Carbonstütze und des Oxygen-Sattels mit Stahlstreben liegt gefühlt in der oberen Mittelklasse dessen, was mit Dämpfungen auf der Basis von Faserbelegung möglich ist. An den Händen kommen dagegen die Schläge ziemlich ungefiltert an – wenn auch spürbar abgemildert gegenüber allem, was man mit 23 mm Pneus gewohnt ist. Wie schon erwähnt, fallen die Continental Grand Prix SII Reifen auf den DT Swiss Spline 1850 Laufrädern relativ breit aus.
Sehr gut lassen sich mit dem Izoard gleichmäßige lange Anstiege hinaufklettern. Das dynamische Verhalten im Wiegetritte, die Geometrie, die Fahrwerkssteifigkeit spielen ihm dort genau in die Karten. Nur mit leichteren Laufrädern ließe sich der Kletterspaß noch steigern.
Haltbarkeit
Alle Flächen und Übergänge am Stevens Izoard Pro wirken sehr sauber verarbeitet, die Carbonsattelstütze sitzt satt und ohne Spiel im Carbon-Sitzrohr. Die getaperte Gabel dreht sich in einem semi-integrierten Steuersatz. Im Zweifel verschleißen hier die Lagerschalen, nicht der Rahmen, wenn einmal Spiel im Steuersatz und Dreck den Lagersitz beanspruchen. Auch das Shadow-Design des Schaltwerks ist ein Vorteil; es eckt weniger schnell an als normal aufgebaute Wechsler hinten. Trotz Dreck und Splitt auf den spätwinterlichen Straßen holten die Bremsbeläge während der Testdistanz keine Aluspäne aus der Felgenflanke.
Mechanische Felgenbremsen stellen grundsätzlich auch die geringsten Anforderungen an die Schrauberkenntnisse bei der Wartung. Bei den DT-Swiss-Laufrädern kann man von lange ausreichender Ersatzteilversorgung mit den nicht gekröpften Spezialspeichen ausgehen, das macht den Unterhalt auf Dauer einfacher. Dass die Züge innerhalb des Rahmens liegen, erfordert dagegen eine kundige Hand oder eine Werkstatt beim allfälligen Tausch. Die Funktion der Schaltung war während des gesamten Testzeitraums von 6 Wochen unverändert tadellos.
Das Stevens Izoard Pro ist ein wettkampftaugliches Rennrad für Vernünftige. Dass es mit 2.199 Euro als Schnäppchen in der Ultegra-Klasse mit Carbonrahmen kalkuliert ist, merkt man weder an der Ausstattung noch an der Verarbeitung. Im Gegenteil: Fahrverhalten, Gewicht und Geometrie können sportlich ambitionierte Rennradfahrer rundum glücklich machen. Auch der Komfort ist gut, für Endurance-Wettbewerbe ist das Izoard Pro aber eher nicht ausgelegt. Ein schnörkelloses Rennrad ohne echte Schwachstellen im besten Sinne, das noch dazu auch für schwerere Fahrer geeignet ist.
Pro / Contra
Pro
- vollständige Ultegra 2x11 Gruppe
- geringes Gewicht
- hohe Lenkpräzision und Fahrdynamik
- Top-Reifen und solide Laufräder
- Preis-Leistung
- einfache Pflege und Wartung
- Gewichtszulassung auch für schwerere Fahrer geeignet
Contra
- eingeschränkter Komfort am Cockpit
- lautes Freilaufgeräusch
- wenig extravagant